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föetlage Sonnabend, 26. Okiober 1929
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Z)as neue China  :HUAN HUA KANG
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ff Szene aas dem DramaDer gelbe Blumenhügel
Während der Wirtschaftskampf im modernen China   und der politische Umwandlungzprozctz auch in Europa   mit Interesse verfolgt wird, kennt man von der kulturellen Entwicklung so gut wie gar nich'.s Und doch Hot China auch in dieser Hinsicht mit der alten Aeit gebrochen Die Probe aus L u Thuns NovelleDie wahre Geschichte vom Zduli Ah-Q(Unterhaltung und Wissen Nr. 483 und 431 desVorwärts") zeigte bereits den Durchbruch zum Gegen- wärtigcn und Naturalistischen in der modernen chinesischen Litera- tur. Wir veröfsentlichen an dieser Stelle die Eingangsszene aus einem chinesischen Drama, das in China   seit Iahren mit stürm'- schcm Erfolg gespielt seinen Stöfs mit kühnem Griss der politi- scheu Gegenwart entnimmt. Es handelt sich um die Erhebung der Jweiund'siebzig kurz vor Ausbruch der Oktoberrevolution, die un'er dem gelben Blumenhügel bei Kanton ihr Grab fanden. M:
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Der gelbe Blum enhü gel" ist denn auch der Titel dieser sünsaktigen Tragödie, deren Uebersetzung aus dem Urtext Franz K u h n und deren Nachdichtung Axel A r h e u s besorgt. *** Futschou. Im Hause des Kio Min. Personen der ersten Szene: Kio Min. M a n T s ch- n, seine Frau. L i u, sein Freund. Man T s ch e n: Du siehst mich ja so verliebt an... Kio Min: Du Liebes, du Gutes du, ich hob dich so lieb. Man Tschen: Wir haben doch schon ein großes Kind. Kio Min. und du redest immer noch so verliebtes Zeug. Kio Mi n: Laß mich dich ansehen! Wie lange konnte ich's nicht die ganze Zeit in Tokio  ! Man Tschen(rückt ein bißche» von. ihm- weg): Ach. Tokio  . ... Du sogst. Du liebst mich... und bist kaum einen Monat nach unserer Hochzeit weggesähren, ohne ein Wort, heimlich... Kio Min(unterbricht sie): Aber wieso denn heimlich? Ich hatte dringende Geschäfte. Man Tschen: Männer haben dann immer Geschäfte, ich weiß. Aber daß du nur sehr weh tun würdest, daran dachtest du nicht und auch nicht an deinen alten Vater? K i o M i N(verlegen lachend): Mit Vater, das war sehr komisch. Der Alte reiste mir nach Amoy   noch, findet mich nicht, und als er zurückkommt, wer macht ihm die Tür aus? Ich! Man T sch e n: Lache du mir noch darüber, ober du hättest damals den Alten sehen sollen halb zu Tode hat er sich geängstigt! Kio Min: Ich weiß, es war häßlich(wird ungeduldig). All dies Drum und Dran! Ich kann's doch nicht ändern, daß ich für die groß«, heilige Sache leben muß! Seit zehn Jähren.., Man Tschen: Kio Min. was bedeutet das...?. Kio Min: Erschrick doch nicht gleich!(wirf, sich auf einen Stuhl): Ich nwg nicht mehr darüber sprechen. Ihr versteht mich doch nicht. Immer, wenn ich wiederkomme, dieses Gerede! Am besten, ich komme überhaupt nicht wieder! Man Tschen: Du willst wieder weg von Frau und Kind? Kio Min: Nein, nein, nein! Gerede w-nl ich euch besitzen will, darf ich mich durch nichts von meinen Dingen abbringen lassen! M a n T s ch c n: Ich verstehe nichts von alledem. Warum ist ? fi i 0 Min: Wieso? Wieso? Immer dieses Gefrage. Weil wir letzt gar nicht uns gehören, sondern den Fremden! M a n T s ch e n: Ich Hab solche Angst um dich... K i o M i n: Du glaubst schon wieder, die Kio min tang bedeutet weiter nichts als Mord und Totschlag. Natürlich bin ich dabei, wenn es ans Befreiungswerk gehl, aber wer denkt da gleich ans Sterben? Du weißt, ich habe in Tokio   nur Philosophie und Logik studiert und Vi« die Soldatenspielcrei mitgemacht. M a n T s ch c n: Ich weiß nicht, ob ich dir glauben soll, Kio Min. Du bist so gesühlsroh... K i o M i n: Gesühlsroh? Ich tue dos alles nur, weil ich fühle. Man Tschen: Das ist alles so rätselhaft. Kio Min: Gar nichts ist röts-lhaft dabei. Vertrau mir. Man Tschen, ich habe alles jahrelang durchdacht und ich weiß genau, wie es kommen muh. Man Tschen: Verzeih mir, Kio, aber es ist so schwer, dich zu verstehen. K i o M i n: Du wirst mich noch einmal verstehen. Du denkst in diesen Dingen zu sehr mit dem Herzen. Man Tschen: Vielleicht ahne ich, was du meinst Aber je deutlicher ich sehe, um so mehr habe ich Angst um dich,(plötzlich): Du willst die Revolution! Kio Min: Aber Liebes, du weißi doch, was die Ausländer von uns sagen: die Chinesen sind gute Theoretiker aber Ichlechte Praktiker. und ich bin doch ein Chinese! Man Tschen(streicht ihm traurig lächelnd über das Haar): Das klingt ja etwas beruhigend. Aber ich glaube, du sogst mir nicht die Wahrheit, du warst doch sonst nicht feig«. Kio Min: Wenn i ch feige bin. dann waren es unsere Eltern erst recht! Man Tschen: Laß das bloß nicht den Vater hören! Kio Min: Warum? Wären die damals mutiger gewesen, hätten wir nicht dreihundert Jahre lang die Fremdherrschast tragen
Man Tschen: Ich sag« nicht, daß du feig« b i st, ich' wundere mich nur, daß du jetzt so feige sprichst Ich will nur, daß du endlich zu mir offen bist. Kio Min. wo kommst du her? Kio Min(etwas unsicher): Aus Tokio  , woher sonst? Man Tschen: Während der großen Ferien hattest du kein« Zeit zu kommen. Ilicki gerade letzt... Kio Min: Die Universität hatte wegen der Kirschblüte ge- schlössen. Da bin ich mit einigen japanischen Freunden noch Schaag- Hai gefahren, um ihnen den chinesischen Frühling am Hsi-Hu-See zu zeigen. Von da habe ich einen Abstecher zu euch gemacht. Man Tschen: Du warst in Schanghai  ? Wie kommt denn der Stempel vom Hongkong-Palace-Hotel auf deinen Koffer? Kio Min: Was du alles siehst! Ich bin eben über Kanton gefahren! Man Tschen: Warum hast du denn einen Umweg über Kanton gemocht? Kio Min: Warum? Darum! Kann ich nicht reisen, wohin ich will? (Aufs äußerste erregt, will Kio Mir. herausstürzen, prallt aber in der Tür mit seinem Freunde Liu zusammen, der eintreten will.) L i u: Kio, alter Junge, wieder im Lande? Guten Tag, Frau Man Tschen(überreicht ihr Blumen). Man Tschen: Schon wieder eine Aufmerksamkeit? Sie verwöhnen mich so. Kio Min: Du bleibst natürlich zum Essen, lieber Freund! Man Tschen. bitte, laß etwas herrichten. (Man Tschen geht ab). Kio Min: Warst du oft hier, als ich fort war? L i u: Hin und wieder, dein Vater plaudert gern mit mir. (lejfe): Was Neues aus Tokio  ? Warst du mit Kwang Tschen zu- sammen? K i o M i n: Ja.(Sie setzen sich zusammen.) Ich bin mit ihm nach Hongkong   gereist. Aus einen Brief von Huang Ko Kiang und Tjchao Po Hisiän hin haben wir in einer Sitzung beschlossen, daß Kwang Tschen sofort nach Hongkong   fahren sollte, um die Leitung der Sache in Kanton zu übernehmen. Ich selbst sollte in Futiän olles vorbereiten, aber bei meiner Ankunft in Hongkong   bestand Huang Ko Kiang daraus, daß ich ihm bei den Vorbereitungen in Kanton helfe. Jetzt ist alles fertig in Kanton, und ich bin hierher- gekommen, um euch zu verständigen. Liu: Ursprünglich sollte es doch in Tünnan losgehen. K i o Min: Pünnan liegt zu weit ab. Wir haben uns auf den ausdrücklichen Wunsch Suiiyatsens auf Kapton geeinigt. Gewiß, in Schanghai  , Hantau, Nanking und Hunden anderen Plätzen ist unsere Organisation auch fertig, aber nirgends jo stark wie dort! Kanton ist am wichtigsten! Haben wir Kanton, ist das andere ein Kinderspiel. Vor allein steht dort das Militär auf unserer Seit«. Ganze Regimenter rekrutieren sich aus unseren Leuten. L i u: Endlich, endlich! Glaube mir, hier habe ich es auch ge- schafft. Kio Min: Wieviel sind es? Liu: Etwa sechshundert, die mit uns durch dick und dünn gehen.. Kio Min: Glaubst du, daß sie mit nach Kanton kämen? L i u: Sofort!
Kio Min: Dann verständige sie. Aber wir müssen bis Mitte des Monats in Kanton sein. (Man Tschen tritt unerwartet ein) Man Tschen: Ihr wollt nach Kanton? Ki o Min(sehr verlegen):... Ja... natürlich noch Kan- ton. Da... ist ein Schausliegen, das ein französischer Flieger veranstaltet. Man Tschen: Schaufliegen? Bitte, Herr Liu, was ist in Kanton los? L i u: Wie Kio sagte, ein Schaufliegen... ich fahre auch hin. K i o M i n: Ja, Liu kommt auch mir. Man Tschen(zwischen beiden): So, so... ein Schauflug? ... Dos ist nicht wahr! K i o M i n: Du bringst einen ja mit deinem ewigen Argwohn zum Rasen!(Wütend ab.) M a n T s ch e n(nach einer kleinen Pause): Jetzt läuft er wieder weg, ich wollte ihm ja gar nicht weh tun. Ich habe solche Angst um ihn! Liu, Sic müssen mir sagen... sein ganzes Wesen ist gegen früher verändert. Sonst war er so sorglos und froh... und heute? Sie haben ja selbst gesehen! Und dann lügt er. Erzählt etwas von Kirschblütenferien, aber die dauern nie länger als drei Tage, das weiß ich. Und drei Wochen ist er schon von Tokio   fort. Cr sagt, er wäre über Schang» Hai   gefahren, und ich finde an seinem Koffer den Stempel vom Hongkong-Palace-Hotel. Liu, was wollen Sie in Kanton? L i u: Aber ich bitte Sie, Man Tschen, wir wollen uns den Schauflug ansehen. Man Tschen: Und was ist mit den sechshundert, die auch mitkommen sollen? Liu: Sie haben gehört? M o n T s ch e n: Ja, ich habe gehört, und ich will, daß Sie mir jetzt endlich die Wahrheit sagen. (Liu schweigt.) Man Tschen: Fürchten Sic nicht, daß ich etwas verraten werde, Liu. Ich schwöre Ihnen... (Liu schweigt immer noch.) Man Tschen: Mißtrauen Sie mir? L i u: Das nicht, aber... Man Tschen: Nicht aber! Verstehen Sie mich doch! Die entsetzliche Ungewißheit quält mich....(plötzlich): Ihr wollt jetzt losschlagen? Liu(zögernd): Ja. Man Tschen: Und darum d!« Reise nach Kanton? Liu: Ja. Man Tschen: Ich danke Ihnen,(sie weint.) Liu(noch einer Pause): Sic müssen nicht weinen, Frau Moni Tschen. Man Tschen: Nein... natürlich... nichts ist schlimm, gar nichts... ich... bitte, gehen Sie jetzt, Liu... ich muß jetzt allein sein. (Liu geht leise ab.) Man Tschen: Ich muß jetzt... ganz allein sein... (Sie fällt weinend und ein Gebet stammelnd vor einem Bildnis der Kwannon nieder. Der Vorhang schließt sich ganz langsam.)
Ton der anderen Seite gesehen... Punkts sozialer Fürsorge gilt Neuseeland   als dos leuchtende Vorbild. Jede Dicnstbotenstub«, jede Schusterwerkstatt wird gefundheitsaintlich inspiziert, ob sie hell und luftig genug ist; es wird strenge darauf geachtet, daß sich niemand überarbeitet und jeder so viel Lohn bekommt als irgend möglich. Neuseeland   ist ein Arbeiterparadies, der Garten Eden der Haus- angestellten. Mein Weg führte mich von da nach einem anderen Insel- Paradies: Samoa  . Ich nächtigte unter den Palmfoserdächern der Eingeborenen und wandelte im üppigen Grün, bis ich müde und hungrig war, dann kehrte ich ein. Und wo immer ich eintrat, war ich willkommener Gast. Am Wege winkten Bananenbüsche voll reifer Früchte und Kokospalmen mit Kugeln voll erfrischender Milch: bald hotte ich vergessen, daß es so erwas wie Geld und Geldsorgen gibi aus dieser Erde, und Not und Plage. Einmal machte ich Mittagsrast in der Holzsäulenhalle eines Häuptlings, der, so schien mir, von unserer so hochgepriesenen Kultur beleckt war. Und als ich ihn frage: richtig, er hat schon eine Reise gemacht nach Neuseeland  . So, so," sagte ich,und wie hat es Ihnen denn in Neu. seeland gefallen?" Wunderbar," rief er begeistert aus.Diese Villen und die Fabriken... diese Kaufhäuser.. Eisenbahnen... Schaf- Farmen... wunderbar! Aber eines hat niederschlagend auf mich gewirkt..." Was ist dos?" fragte ich gespannt. Ach." sagte der Samoaner Und seufzte,ach, dieses ent­setzliche sozial« Elend! Es schnürt mir das Herz zu- sammen, wenn ich daran denk«..." beb«.
Schlädüereien in Dänemark  Von sachverständiger Seite werden wir darauf aufmerksam ge- macht, daß dem Genossen Simon in seinem Bericht über die Studienreise durch Dänemark  (Abend" vom 7. August 1328) bei der Schllderung einer Großschwcineschlächterei einige Äußerungen unter. laufer. sind, die da- betreffende Unternehmen scheinbar sehr herab- setzen Dos war. wie uns Genosse Simon versichert, durchaus nicht die Absicht dieser Zeilen. Seine Kvitik bezog sich keineswegs auf die Behandlung und die Verarbeitung der Produkte, noch auf die tierärztlich« Kontroll«, sondern lediglich aus einige sozial- hygienische Maßnahmen, über die er bei seinem kurzen Besuch keine aussührlichen Auskünfte erhalten konnte.
Jßerlin, JHexanderplais" Franz Biberkopf   wird aus dein Tegeler Gefängnis entlassen und willanständig" werden. Ida hatte er inRasche" tot» geschlagen i dann vier Jahre hinter den roten Mauern: das liegt bald hinter ihin. Aber es ist ichiver, als Zeitungshändler zwischen demAlex" und dem Rosenthaler Platz sein Auskommen zu finden. Lange weigert er sich,Obst" zu handeln: lieber nimmt er seinem Freund Rcinhold alle vier Wochen eine Lina oder Cilly ab. Ja, dos tut er lieber. Aber schließlich möchte er doch einmal ein bißchen mehr Geld bekommen. Zwanzig Märker oder so. Er glaubt wirk- lich, daßder Verein" Obst handelt. Ahnungsvoll entdeckt er, daß sie in einem Konfektionsladen einbrechen. Aber er muß Schmier« stehen. Seinbester" Freund Reinhold wirft ihn, als sie sich ocr- folgt sehen, aus dem Auto. Franz« verliert einen Arm. Der Krüppel wird Zuhälter, Lude. Und er ist so glücklich mit seiner Mieze; bis Reinhold sie ihm totmacht. DieBullen", die Kriminal, glauben ihn mitbeteiligt. Aber er war es ja nicht. Rcinhold war es doch. Der kriegt dann auch 13 Jahre, aber nur weil ihn Franze, unser gutes Franzeken,schont". Der war in Buch zur Beobachtung. Da hat er in freiwü>i'gsr Hungerkur mit dem Tod« abgerechnet; als neuer Mensch entrinnt Franz dem Schicksal des Einsamen. Er ist Hilssportier in einer Fabrik. Was ist denn das Schick- sal? Eins ist stärker als wir. Und wenn wir zwei sind, ist es schon schwerer, stärker zu sein als ich. Wenn wir zehn sind, noch schwercr. Und wenn wir tausend sind und eine Million, dann ist es ganz schwer. Ader es ist auch schöner und besser, niit anderen zu sein. Da fühle ich und weiß ich alles noch einmal sc, gut. Ein Schiff liegt nicht fest ohne großen Anker, und ein Mensch kann nicht sein ohne viele ander« Menschen" Berlin   Alexonderplätz." Börsen-, Diehmarkt-, Wetterberichte, Elektrische Bahnen, Autobusse, nackte Tagesereignisse und Tatsachen, herrlich ungeschminkte Dialoge, Leben, Schicksal, Tod sind m diesem Buch, zu dem wir bedingungslos ja sagen. In einer Zeit, in der der Präsident der preußischen Akademie der Dichtkunst. Herr Walter von Molo  , für Firma Ullsteins Grüne Post" Retlame macht:Die Grüne Post" hat das geschaisen, worum die Dichter sich so lange allein bemühten, was sie mit ihren Werken herbeizwingsn wollen- seelische Einigkeit aller Deutschen  , den Weg zur Einigkeit aller Menschenseelen auf unserer Erde  "(vgl. Vossische Zeitung" vom 23. Oktober 1323 Literarische Umschau, 4. Seite) verbirgt sich die Gestalt des Dichters?llfrcd Döblin  hinter der Anonymität seiner Leistung ü Berlin Zllexanderplatz.") Nut ein Bedenken muß notiert werden: Für 3.33 Mark ist dieses Buch für unsere Arbeiter zu teuer. /. P. M.
*) Alfted DöäünBerlm Alexanderplatz"(Perlag& Fischer).