Film un Tonfilm„Atlantic". Gloriapalost. Allen, die sie miterlebt haben, wenn auch nur in Form der Lcitungsber>6)t«, steht die Katastrophe des englischen Riesenschiffes „Titanic ", die im April 1912 mit einem Eisberg zusammenstieß und mit über 1609 Personen in di« Tiefe sank, lebendig oor Augen. Man erinnert sich an die Begleitumstände, den Uebermut und Leichtsinn des Direttors der Schisfsgeseltschaft, der mit an Bord war. an die Panik, die unter Passagieren und Mannschaft ausbrach, die wilde» Kämpf« uni di« Boote, wobei der Direktor«ine unrühmliche Rolle spielte, und schließlich an das Ergebnis der Untersuchung, di« große Mißstände zutage förderte. Wenn jetzt in einem Tonfilm, der unter der Regie E. A. D u« p o n t s von einer englischen Gesellschaft gleichzeitig in englischer und deutscher Fassung herausgebracht wird, dieses Ereignis neu belebt wird, so ist eine groß« Aufgabe heraufbeschworen. Obwohl nicht verkannt werden soll, daß der Film in technischer Hinsicht einen Fortschritt bedeutet, so ist doch trotz des großen Aufwandes an Mitteln und künstlerischen Kräften das Gesamtergebnis ziemlich mager. Stellen wir zuerst das Plus fest: Es ist der erste deutsche Filni, der die Tonsilmeinrichtung benützt, um nicht nur Geräuschs, eingestreute Lieder und die Musikbegleitung, sondern auch den vollen Text im Worte wiederzugeben. Di« Musik ist nicht irgendwie her» vorstechend, sie beschränkt sich im großen und ganzen auf die Leistungen der Bordkapelle, tiefere Wirkung erzielt sie nur, wenn kurz vor dem lintergang ein Choral intoniert wird. Um so besser aber ist der Dialog geraten. Man hört klar und deutlich jedes Wort, und auch der Klangcharakter der Sprechenden kommt gut heraus und dos, trotzdem allerhand Schwierigkeiten vorliegen, da mit einem amerikanischen Apparat aufgenommen und durch«inen deutschen wiedergegeben wird. Die Premiere litt darunter, daß ein Teil der Vorführung viel zu lichtschwach ausfiel. Die Mängel des Films sind im wesentlichen Mängel des Manuskripts. Die Handlung ist aufgelöst in kleine Szenen und reine Dialoge, die alle zwischen den Passagieren der besseren Plätze spielen und di« ganze Hohlheit und Nichtigkeit dieser Klasse wiederspiegeln. Kleine Familien- und Liebeegeschichten, ja di« Gewohnheiten des Alltags mit Poker, Spiel und Alkohol kennzeichnen die Sorglosigkeit der Passagiere. Als es dann Ernst wird, gruppiert sich das Inter- esse uni das Schicksal einiger Paare, in deren Mittelpunkt der vchriftsteller Heinrich Thomas steht, sin Zyniker, der gelähmt, wie er ist, wenigstens im Sterben noch seinen Mitmenschen hilfreich die .Hand bietet. Cr redet den nichtsahnenden Frauen zu, sich zu retten, versöhnt ein verfeindete? Ehepaar, hilft einem jmigen Mann, der in Verzweiflung über die Trennung von seiner jungen Frau zusammen- gebrochen ist, zur Rettung. Er selbst stirbt heroisch mit seiner Frau, die sich von ihm nicht trennen will, umgeben von den Passagieren und der Mannschaft, die jetzt kurz vor dem Ende noch gesellschaftsfähig geworden ist, und in der ersten Kajüte zwischen Poker und Alkohol den Choral mitsingen und das Vaterunser mitbeten darf. Di« wüsten Vorgänge, die sich in Wirklichkeit beim Untergang der„Titanic " abgespielt haben, sind sehr gemildert, wie denn der ganze Film den Eindruck macht, daß er nirgends anstoßen will. Trotzdem find die Szenen des Rettungswerkes auch filmisch noch die wirksamsten. Der Zusammenstoß mit dein Eisberg versagt. Unter den Darstellern zeichnet sich Fritz K o r t n e r als der überlegene Schriftsteller aus, sonst sind Heinrich Schrojh, Franz Lederer und Luci« Mannheim , das jung« Ehepaar, Hermann Vallentin als humorvoller Alkoholiker, Philipp M a n n i n g als Kapitän, der immer die Ruhe behält, und G. A. Koch als menschenfreundlicher Offizier zu erwähnen. Die große seelische Wirkung bleibt aus: die Schicksal« dieser Menschen mögen uns kaum zu rühren, geschweige denn zu er- schütter». Sie bleiben klein und unbedeutend mich im Tode. Sie als Bestien zu zeigen, dazu fehlt auch der Mut. Und die Mann- schaft wird uns summarisch in ihrer festen Disziplin gezeigt. II.
> Musik. „Die Straße der verlorenen Seelen." Eapitol Die Dirne, die am gebrochenen Herzen stirbt, ist schon feit langem eine Lieblingsfigur der internationalen Filmindustrie. Darum war es ziemlich unklug, auch den neuen Pola-Regri-Film wieder im Dirnenmilieu spielen zu lassen. Sie liebt einen Leuchturmwärter auf den ersten Blick.(. ie bittet ihn um Errettung aus ihrem Milieu. Er will nichts von ihr-wissen, doch als er in Seenot ist, schwört er zu Gott „Rettest du mich, rette ich die Dirne." Darum heiratet er sie, als er dem Tode entrinnt. Die beiden finden zueinander und leben glücklich, bis ihr ehemaliger Zuhälter im Dorfe erscheint. Er ist ein von der Polizei verfolgter Verbrecher, der aus der Flucht stirbt. Die Frau aber sucht den Freitod, weil ihr Mann sie zu Unrecht eine Hure nannte. Paul C z i n n o r führt gute Regie. Er vermeidet alles Krasse und läßt die Handlung sich ruhig entwickeln. Vor allen Dingen gibt er P o l a R e g r i die gewünschte große Rolle. Pola Negri ist eine verführerische Dirne, ein liebendes Weib und ein seelisch zer- brochener Menfch. Der interessant« W a r w i ck Ward spielt ein- drucksvoll den Zuhälter und Hans R e h m o n n ist als Mann eine echt« Persönlichkeit. Der Photograph Adolf Schlasy ist viel- seitig, er oersteht sich auf Stimmung sowohl in den Landschafts- aufnahmen wie im Millieu. Ebenso sicher beherrscht er aber auch die künstlerische Personenphotographie. Schade, daß Paul Czinners Manuskript nur auf den Serien- erfolg spekulici't, zumal sein Können als Regisseur Ihm den Ehrgeiz nach einer Spitzenleistung erlaubt. e. d. Herbstkonzert in Südende. Die Gesangsgemeinschaft Friedenau -Steglitz (Chormeister Otto Schumacher) und Tempclhof-Marien- darf lWilli Friedrich) gab im Parkrestaurant in Süd- ende ihr erstes Konzert. Es war erfolgreich und gediegen. Ein vorbildliches Programm, aus dem klassischen Fonds der schwereren Kampflieder(von Trunk, Swbbe, Eschbach und Uthmann u. a.) und aus den populärsten Volksliedern in den besten Bearbeitungen zu- sammengesetzt, wurde sehr tüchtig.und sangesfreudig interpretieri. Die Gefangsgemeinschaften erweisen sich überhaupt immer mehr als eine sehr glückliche Idee, sowohl aus künstlerischen Gesichtspunkten heraus(größere Fülle des Chors, anregender« Aufgaben) als auch vom Standpunkt der genießenden Hörsrschaft aus. Mag auch aus technischen Gründen nicht alles restlos aufgehen, so überwiegen die Vorteile des Grundsatzes„Getrennt marschieren, vereint schlagen" doch bedeutend. So auch in diesem Konzert, in dem Otto Schumacher die gemischten Chöre und Willi Friedrich die vereinigten Männer- chör« dirigierte. Beide Chormassen haben gutes, gebildetes Material und streben unter erstklassiger Leitung noch wirkungs- vollster Ausbeutung. Chormeister Schumacher, der bei seinen Frauenstimmen«ine sonst leider noch recht seltene Höhe der Gc- sangskultur erreicht hat, und der trotz seiner großen Jugend ab- solitt sattelfeste Friedrich sind zwei Musikernoturen, die direkt zur gegenseitigen Ergänzung vorherbestimmt erscheinen. Und zwar ist der ältere der intensivere, feurigere, exklusivere, während der jüngere. der kühlere, fast etwas blasierte, aber routiniertere, noch über- legen«?« ist. Ein seltsames Naturspiel: Unter den bis jetzt weniger bekannten Liedern sind der prachtvoll«, tief und unmittelbar wirkende„Chor der Vcrgleute" von Richard Trunk und das Abend- lied, ein« lyrische Delikatesse von Karl Thiel, besonders zu erwähnen. Selbstverständlich ist. daß die humoristischen, samos hingelegten Vclksliedchen noch weit mehr wirkten, als die schweren Chöre, in denen ernstere Kunst steckte. 1k. dl. Der Sltmnbell, daZ bekannte Künstlei-Kostümicst der Expresfionikten, findet am IS. November im KeiclllchailSbauS. Potsdamer Straße 0, statt. Auskunft und Karten Kurfürstendamm 173, Oliva 5073.
KpO. will Blut sehen! Hetze zum Strasienkampf. Seit einiger Zeit signalisieren oppositionelle Komnmnistenblätter neue Straße n kampfabsichten der KPD. -Zentrale, die sie mit Recht als ein„Verbrechen an der Arbeiterklasse" bezeichnen. Bis gestern konnte man diese Boranzeigen für Produkte eines überhitzten Richtungskampfes halten. Heute ist das nicht mehr möglich. Das Zentralorgan der KPD. berichtet heute über Verhältnis- mäßig unbedeutende Rempeleien, die am Sonntag in oer- fchiedenen Städten zwischen kleinen Kommunistenhaufen und der Polizei vorgekommen sind, in einer Weise, die nur als Bor- bereitung zu Neuen Aktionen von gleichem Stil aber größerem Ausmaß gedeutet werden kann. „Seit den Maikämpfen", jubelt die„Rote Fahne",„stand das deutsche Proletariat nicht in so aktiver Gegenwehr, im direkten Zusammenstoß mit der Staatsgewalt wie an diesem Tage... Die Staatsautorität... scheiterte an der offenen Auflehnung der Arbeiterbataillone..." Wie sehr das geschwindelt ist, geht aus der Verlustliste der „Fahne" selbst hervor, die in Leipzig 54, in Dresden 50, in Düfscl- dorj 40 Verhaftete und„zahllos« Verwundete und Verhaftete in den übrigen Städten" meldet. Ueberoll gelang es der Polizei, di« Demonstranten zu zerstreuen. Todesopfer hat es diesmal glücklicher- weife nicht gegeben. Aber nun genieße man die„revolutionären" Siegesberichte der „Roten Fahne": Aus Leipzig :..Mehr als 40 Polizeilschakos bedeckten nach der t-äumung des Platzes den Lindauer Markt." Aus Hamburg :..3 m Handgew enge wurde auch eine An- zahl Polizeibeamle erheblich verletzt." Aus Essen :„Ein Arbeiter streckte einen Polizisten durch einen kräsligen Fausthieb nieder, so daß ihm der Unterkiefer zer- fchmetkcrt wurde." Aus Düsseldorf :„Am Nachmittag kam es zu schweren Zusammenstößen, nachdem... die Beamten mit Stühlen und Bierglösern zurückgeschlagen wurden." Aus Königsberg :„Die Menge nahm aktiv gegen ine Polizei Stellung." Die Krawalle, die weit unbedeutender waren, als die „Fahne" es wahr haben will, waren überall nach dem gleichen Schema aufgezogen. Leute in der Uniform des verbotenen„Rot- irontkämpferbundes" wurden auf die Straße geschickt, und bei dem Versuch der Polizei, sie festzustellen, wurde gegen die Beamten iätlich vorgegangen. Die Art, in der das kommunistische Zentralorgan diesen oer- brecherischen Blödsinn verherrlicht, kann keinen Zweifel daran lasien, daß weiter« Heldentaten solcher Art beabsichtigt sind. . Mit Politik hat dieses Treiben kaum noch etwas zu tun. Daß ruf diese Weise„Revolution" gemocht und die„Diktatur des Pro- lemrials" erreicht werden kann, das zu glauben, sind selbst Thäl- mann und L e o w nicht dumm genug! Vielleicht aber sind sie klug genug, durch Ablenkung nach außen ihre Rettung aus den K o r r u p t i o n s a f f ä r e ii zu versuchen, in die sie sich verstrickt baden. Di« neue Straßenkampshetze der Kommunisten ist eine kriminelle Angelegenheit. Pflicht der Regierung ist es, g-gen diese organisiert« Gefährdung von Menschenleben zweckdienlichen und gesetzlich zulässigen Maßnahmen zu ergreifen..
Die„neuiralen" Höheren. preußische höhere Derwaitungsbeamte kehren ihrem Berufsverein ven Bücken. Der„Reichsbund der höheren Beamten", dessen Vorsitzender der «'.krankte volksparteiliche Fraktionsführer Scholz ist, hat es abge- lehnt, aus Gründen angeblicher Neutralität Stellung zum Hugen- b:ra-Begehren zu nehmen. Er mußte allerdings in einer zweiten Erklärung hinzufügen, diese Nichtstelliingiiahme dürfe nicht als eine Zustimmung zu dem Inholt des Hugenberg-Gefstzes gedeutet werden. Eine ähnlich ausreichende Stellungnahme hat auch der Beruisverein der höheren Verwaltungsbeamtcn Preußens fiir ge- nügend gehalten. Darauf sind die im preußischen Ministerium des Innxrn tätigen höheren Verwaltungsbeamlen gemeinsam aus dem„neutralen" Berufsverband ausgetreten, indem sie das Verholten des Vereins scharf oerurteilten und er- klärten: „Wir lehnen es ab, uns weiter von einer Organisation ver- treten zu lassen, die in einer Schicksalsfrage des deutschen Volkes nicht die erforderliche Verantwortung und Entschlußfreudigkeit hat aulbringen können." Diesein entschiedenen Vorgehen ihrer Kollegen aus dem Innen- Ministerium haben sich jetzt auch die höheren Beamten im preußischen Wohlfahrtsmini st«rium anoeschlossen. Auch sie haben ihren Auc tritt aus dein Berufsverband erklärt. Weitere Austritts- erkiärungen dürften folgen._ Die Nauernrevolie in Holstein. Zusammenstöße von Beumnnster vor Gericht. Reuniünsker, 29. Oktober. (Eigenbericht.) Bor dem erweiterten Schöffengericht in Neumünstcr begann am Montag der Prozeß gegen die an dem Zusammen st oß zwischen Landvoltanhängern und Polizei am I. August beteiligten Personen. Insgesamt sind 107 Zeugen geladen. Der Prozeß wird vier bis fünf Tage dauern.
Der Llniergang der„Ciiy s? Aome". Drei Leichen bisher geborgen. Mailand . 29 Oktober. An der toskanischen Küste ist das englische Großflugzeug„City of Raine" untergegangen. Trotz eifriger Nachforschungen tonnte auch am Montag keine Spur gefunden werden. Bis jetzt wurden in d.'r Nähe von Spezia z w e i L e i che n. und zwar die Leiche des Radiotelegraphiften Stoni und die des Piloten Birt aufgefunden und von einem Beamten der Imperial Airways Co. identifiziert. Der Frau des Radtotelegraphisten Stoni. die in Nervi ansässig ist, wurde die Nachricht von dem britischen Konsul in Spezia überbrocht. Die Arbeiten der zur Hilfe ausgesandten Torpedoboote gestalten sich äußerst schwierig, da die See dort 100 Meter tief ist. In letzter Stunde wird berichtet, daß eine dritte Leiche x-su c worden jei. Unter den vier Passagieren des Wasserflugzeugs befand sich auch«ine Dame.
Ludwig-Hardi-Matinee. Im Benaissonte-Theater. Ludwig Hardt ist einer von jenen Vortragskünfttern, wie wir sie heute kaum noch haben. Er ist von Wort besessen. Er spricht ein« Dichtung nicht; man kann nicht einmal sagen, er gestatte sie. Denn nichts, was«in Nachformen,«in Fellen verrät, wird in Hardts Vorträgen fühlbar. Es ist, als schaffe er alles im Augenblick neu, ja, als fei er mir das Medium, dem das Werk entsttömt. Dabei ist Hardt aus seine Vortragskunst eitel und bespiegelt sich gern selber darin. Dann bringt er bisweilen«in« Dichtung virtuos, manieriert, cffetthoschensch. Aber man ist iyuner wieder hingerissen, wenn man«riebt, wie Hardt manchmal«in Wert so voll Selbst- gefälligkeit beginnt und dann plötzlich von der Dichtung überwältigt wird und gor nicht mehr anders kann, als sie vollkommen sprechen. In dieser Matinee sprach er Wedekind, eine Novelle von Man- possant und Heine, seinen Lieblingsdichter. Die„Erinnerung an Krähwinkels Schreckenstage",„Karl I.", Prinzessin Soball" hat man schon so ost von Hardt gehört. Man hört sie immer wieder neu. Wedekinds Verse peitschte, bänkelsängerte er dahin, daß sie von unerhörtem Leben leuchteten. Eine Kostbarkeit war der Vor- trag der Prosadichtung„Rabbi Esra". T«.
Feierliche Zonglierkunst. Lohelan d-Gymnafiik auf dem Podium. In feierlichen weißen Kitteln, ungeschmintt. ernsthaft und sehr jung standen fünf Loheländerinnen aus dem Podium des Bach- Saales. Man sah ihnen ist die Gymnastik Ausdruck der Weltanschauung, Raumgefühl, nicht körperliches, sondern seelisches Er- leben. Das machte ihre Bewegungen beängstigend feierlich und hiett jedes fröhliche Lächeln von ihren Lippen zurück. Me Bewegungen schienen das vorgeschrieben« Zeremoniell eines strengen Kultus zu sein. Daß trotzdem die Darbietungen weder Spott noch Langemelle heraufbeschworen, lag an der Tatsockx, daß diese fünf jungen Mädchen wirklich etwas konnten. Sie besitzen ein erstauniiches gym nastisches Training, das allerdings di« Durchbildung der Bein, und Hüftpartien nicht so zu berücksichtigen scheint wie die des Ober- korpers. Schließlich begannen sie, mit Kupserkugeln und-stäben regelrecht zu jonglieren. Das Programm teilte mit, daß man im Lohelandbund dem Kupfer«inen therapeutischen Wert zuspricht: vielleicht trägt dieser Glaube dazu bei, daß di« Loheländerinnen mit den schweren Kugeln>• D Stäben, die beim Herunterfallen eine ganz bedeutende Wucht verrieten, so jorglos und sicher spielten, als seien es leichte Bambusstäbe und Gummibälle. T. E. Schuir.
Heinrich Heine in Moskau . „Bücher haben ihre Schicksale", könnte man von der neuen Hein«-Ausgab« des Moskauer Staatsverlages sagen. Es gibt von bedeutenden russischen Dichtern stammende musterhaft« Uebersctzungen Heines, doch dies« oberflächlich redigiert« Sammlung ist wahllos zusammengekleistert und prunkt geradezu In Derballhornungen Heinescher Verse und Rhythmen. Das Lied„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" z. B. ist in folgendem Polkarhythmus ühenfs!'- „Ach was soll es wohl bedeuten, Das mein-Herz so traurig ist.. Noch komischer aber ist ein anderes Pech, da? dem angeblich marxistischen Textrevisor passiert ist. Er hat nämlich in seiner Ahnungelosigkeit die vom religiösen Standpunkt vorgenommenen Zensurstrichc aus der Vorrevolutionszeit in dies« Sowjetausgab« itbernommen und präsentiert uns einen„entgifteten" Heine. Sa heißt es z. B. statt:„Mir träumt': ich bin der lieb« Gott "— „Mir träumt': ich bin der Jupiter", und in demselben Gedicht stall „Engel Gabriel "—„Merkurius ". Sogar durch Pünktchen kenntlich gemachte Zensurlücken sind unbeanstandet stehen gelassen worden! In Moskauer literarischen Kreisen erregt dieser zahme Sowjet- Heine ungetrübt« Heiterkeit und man fragt sich beklommen, wie wohl die anderen Weltklassiker aussehen werden, die der Moskauer Staatsverlag laut dem Fünsjahrplan als Serieliausgabcn In einer Gesamtauflage von 131,81 Millionen Exemplaren vorbereitet.
Baleska Gert. Sie produziert« sich im S ch w e ch t« n s a o l. Neben bekannten Nummern(darunter„Sport", der nicht besser geworden ist. und die immer noch glänzende„Canaille") gab es mehrere Neuheiten. Aber das Tänzerische trat fast ganz in den Hintergrund. Ein Genre, das noch keinen Namen hat, wurde gepslegt. Musikalische Parodien: „Song ",„Chansonette" und— die Gipfelleistung des Abends— .Koloratursängerin". Man hörte Töne, die an nichts Menschliches mehr erinnern. Man hörte ein Klavier, das mit zwei Fäusten bearbeitet wurde. Man sah«ine famose Verulkung der charakt«- ristischen Gavotteschritte und-schwünge und man sah«ine Menuette, die in feinen, langsamen Arm- und Handbewe-pingen, in erstaunlich zarten Zusammenfallungen ahnen ließ, welch starke tänzerische Be- gabung in dieser Künstlerin schlummert. Und man fragt« sich wieder. ob grelle Fratzen, schrille Tön«, überhitzte Verrentungen das Beste sind, was sie zu geben hat. Die Gert verdankt dieser Spezialität ihren Ruf. Das Publikum jubeltc. Aber mir scheint, daß eine Manier, die nur durch dauernd« bewußte Uebersteigerunii der kan- katuristifchen Esselte wirken kann, schließlich erlahmen und auch in ihrem Eindruck auf die große Menge verblassen muß. J. 5.
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