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Morgenausgabe inqn9/ 10& su9SC

Rr. 509

A 256

46. Jahrgang

Böchentlich 85 Bt. monatlich 3,60 TR tim voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 M. einschließlich 60 Pfg. Poftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat

Der Bormärts erscheint mochentág. lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilagen Bolf und Zeit" und Rinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen, Frauen. timme". Technit Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

maiton

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Mittwoch

30 Oftober 1929

Die

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

talpattig. Nonpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das fettge brudte Wort 25 Pfennig( zuläffig zmet fettgedruckte Worte), jedes weitere Wor 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig, jedes mettere Bors 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben gablen für gmet Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt eschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Ubr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Vorwärts- Verlag G.m. b. H.

Hugenberg durchgefallen.

Klägliches Ergebnis des Inflationsbegehrens.

Gegen Mitternacht waren aus Orten und Kreisen mit insgesamt 11 175 000 Stimmberechtigten 603 138 Eintragungen gezählt. Der Durchschnittssak der Eintragungen in diesen Orten ist 5.4 Prozent. Wenn auch die Ergebnisse vom flachen Lande diesen Durchschnittssak noch etwas nach oben ver­schieben werden, so kann doch jest schon angenommen werden, daß die für das Zustandekommen des Volks: begehrens notwendige Eintragungsziffer nicht er reicht worden ist.

In Berlin   sind rund 240 000 Eintragungen erfolgt. Das sind 7,6 Prozent der Stimmberechtigten, noch nicht die Hälfte der Stimmen, die die Parteien des Inflationsbegehrens bei der lekten Reichstags= wahl erreicht haben.

In Hamburg   beträgt die Zahl der Ein­tragungen etwa den dritten Teil der Stimmen der Volksbegehrensparteien bei der Ichten Reichstags=

wahl.

Der letzte Tag in Berlin  .

Am Dienstag, dem letzten Tage, trugen fich in Berlin   ein:

Reutöln

Friedrichshain  

Brenzlauer Berg

Wedding

Reinickendorf

29. 10.

28. 10.

1213

1066

1440

1369

1639

1411

1262

1182

644

557

Die Gesamtzahl der Eintragungen in Berlin   wird rund 240 000 betragen, das find 7,6 Proz. der Wahlberechtigten.

Die Stimmenzahl der Parteien des Inflationsbegehrens bei der Reichstagswahl im Mai 1928 betrug 513 000, noch nicht die Hälfte ihrer Wähler hat sich eingezeichnet!

Wahlkreis Düsseldorf   Oft.

: 791 Babifrei

Barmen. 29. Oktober.

Nach dem vorläufigen amtlichen Gesamtergebnis haben sich im Reichstags- Wahltreis Düsseldorf  - Off von 1465 384 Wahlberechtigten 29 280 in die Ciften zum Volksbegehren ein­getragen.

Boltsstaat Heffen.

Frankfurt   a. M., 29. Oftober. Jm ganzen Volksstaat Hessen   haben sich von 913 867 Stimm­berechtigten 27 586 für das Boltsbegehren eingezeichnet.

Einzelergebnisse.

Hugenberg- Fiasko in den Städten.

Bon endgültigen Einzeichnungsergebnissen liegen bisher vor: Eintragungen Stimmberechtigte 9107 266 000 25 700 1.789

Stadt Stuttgart  

Trier  

Düren  Koblenz  - Stadt

Stadtkreis Schneidemühl  

2160

Insel Helgoland  .

128

Rostod und Warnemünde  

8.993

Schwerin  

4274

Frankfurt am Main  

Chemniz

6.500 46.936

München  

28 550

117

107

682

Krefeld

2978

Duisburg

8017

Dortmund

4 340

Mühlheim

3588

Landkreis Solingen  

1418

Hamburg   Stadt u. Land

35 630

Stadt Effen.

6545

58 615 33 374 425.000 239.000 464 000 40 000 26 000 42 000 103 000 268 000 365.000 87.500 99 000 880 000 164 000

Bochum  .

5.509

137 000

Dresden  

28 215

8 360

486 000 323 000

nalds

Hannover  

Die Krise in Frankreich  .

-

Postscheckkonto: Berlin   37 536. Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depositentasse Lindenstr. 3.

Der Pariser   Beschluß.

Mehrheit gegen Koalitionspolitik.

Politische Entscheidungen ausländischer Bruderparteien sollen stets mit Objektivität, aber auch mit Offen­heit gewürdigt werden. Die traditionelle Pflicht der inter­nationalen Solidarität darf nicht zu einem Mangel an Auf­richtigkeit führen. Wir würden gegen das Gebot der Offen­heit verstoßen, wenn wir hier verschweigen würden, daß der gestrige Beschluß des Nationalrats der Sozialistischen Partei Frankreichs   in weiten Kreisen der deutschen   Sozialdemokratie Enttäuschung hervorrufen wird.

Wir unterschäzen feineswegs die Schwierigkeiten und Bedenken, die gegen eine Entscheidung im Sinne der Re­gierungsbeteiligung sprachen. Wir wissen, daß einmal das Schwergewicht einer antiministeriellen Tradition stärker in der französischen   Partei ist als in den meisten übriger Ländern. Wir verfennen nicht, daß die Mehrheit, auf die fich das von Daladier   in Aussicht genommene. Rabinett hätte stüzen müssen, recht unsicher gewesen wäre: sie wäre auf die Stimmen der sogenannten Radikalen Linken, der Loucheur- Gruppe, angewiesen gewesen, die noch unzuver­lässiger ist als ein Teil der Radikalen Partei. Wir unter­schäzen nicht die Macht des Finanzkapitals, die in Frankreich   ganz besonders gefährlich und bösartig ist, wo mit Hilfe einer von den Banken völlig abhängigen Presse panikartige Bewegungen unter den Sparern entfesselt wer­den, um mißliebige Regierungen zur Strecke zu bringen. Mir perkennen nicht die starke Belastung, die die französische  Rolonialpolitit für unsere Genossen in einer Koa­fition bedeuten würde: sie müßten, da eine Räumung Ma­rottos praktisch einfach undenkbar ist, die Verantwortung für eine Politif scheinbar tragen, die sie seit Jaurès  ' Zeiten stets bekämpft haben; ebensowenig fönnten sie eine Preis­gabe des Völkerbundsmandats über Syrien   durchsetzen, zu­mal das faschistische Italien   nur auf den Augenblick wartet, mo es an Stelle Frankreichs   diese imperialistische Aufgabe im Nahen Osten übernehmen könnte. Durch die Aufzählung aller dieser Gründe und es gibt sicher noch mehr füllen wir die Pflicht zur Objektivität, die die Voraussetzung einer offenen Kritik darstellt.

-

er=

Demgegenüber muß aber ausgesprochen werden, daß die französischen   Sozialisten als Attioposten in der europäischen   Politik abzuschreiben wären, wenn sie aus doftrinären Gründen jedes noch so porteilhaftes Roalitionsangebot grundsäglich ablehnten. Die Kritik, die sie als Oppositionspartei an der Politik der bürgerlichen Re­gierungen üben, ist gewiß sehr nüglich und mit ihren 100 Mandaten sind sie sogar in der Lage, zusammen mit der bürgerlichen Aber wenn im

Das Nein der Sozialisten.  - Weitere Bemühungen Daladiers. Endeffett, wie das schon dreimal in den letzten Jahren ge

Paris  , 29. Oktober.  ( Eigenbericht.) Der außerordentliche Delegiertentag der Sozialistischen Partei beschloß am Dienstag das Angebot Daladiers mit 1590 gegen 1451 Stimmen abzulehnen.

Die Sizung nahm einen recht lebhaften, stellenweise stürmischen Berlauf. Als erster Redner sprach Brade, Ab-. geordneter des Departements der Seine, aus programmatischen Gründen gegen die Annahme. Ihm folgten mehrere Redner für das Angebot Dalabiers. Laroches, der Deputierte von Buy- de- Dome, der in der Balamentsfraktion gegen die Beteiligung gestimmt hatte, erklärte sich auf Grund der Umstände, unter denen ein Ein tritt in die Regierung erfolgen sollte, für die Entsendung sozialisti scher Minister in ein Kabinett Daladier  . Aehnlich äußerte sich Tellier, der erklärte, die Tatsache, daß Daladier die Forderungen der sozialistischen   Gewerkschaften restlos in sein Regie rungsprogramm aufgenommen habe, verpflichte die Barter geradezu, die Macht mitzuergreifen.

Paul Boncour   führte aus, es handele sich nicht um ein Problem der Doktrin, sondern um eine aftuelle tattische Frage. Auch die Gegner der Beteiligung erklärten sich zur Uebernahme der Macht bereit, wenn der Sozialistischen Partei eine dominierende Rolle an der Regierung gesichert werde. Das aber sei es gerade, was Daladier anbiete, nicht nur Eintritt, sondern gemeinsame Hebernahme der Macht. Es sei daher zu verlangen, daß die Partei ihrer Parlamentsfraktion Vertrauen schenke, auch wenn sie auf die Regierungsbant übersiedle. Wenn schließlich der Versuch nicht gelinge, bliebe immer noch der Weg der Demission offen. Gerade er, Paul Boncour  , habe mit seinem Berzicht auf sein Amt als Böllerbundsdelegierter gezeigt, daß er sich nicht an die Macht flammere und sie wegzuwerfen misse, wenn es seine Ueberzeugung fordere. Gelinge der Versuch, so sei für die Demokratie Unabfen bares gewonnen; mißlinge er, so sei immer noch nichts verloren. Léon Blum   erklärte sich überzeugt, daß der Versuch, von dem Soncour gesprochen habe, in der Kammer von vornhereingum

Scheitern verurteilt sei. Dann aber habe der Sozialismus durch seine folgenschwere Abweichung von der Parteidottrin nicht nur nichts gewonnen, sondern selbst auch einem reaktionären Kabinett die Wege geebnet.

Es folgte die Abstimmung, deren Ergebnis mit großer Span­nung aufgenommen wurde.

-

Daladier gescheitert. Kommt Briand   wieder? Paris  , 29. Oktober.  ( Eigenbericht.) Daladier, dessen Bemühungen um die Konftituierung einer ausgesprochenen Linksregierung nach der Entscheidung des fozia­liftifchen Delegiertentages ausfichtslos geworden sind, hat den ihm erteilten Auftrag am Dienstag abend an den Präsidenten der Re­ publik   zurüdgegeben. Jetzt dürfte zunächst Briand  , und falls er wiederum ablehnen sollte, ein mehr nach der Mitte ten­dierender Politiker der radikalfozialen Partei mit der Kabinetis­bildung beauftragt werden.

Die sozialistische kammerfraktion hat am Diens­tag abend beschlossen, innerhalb der nächsten zwei Monate die Ein berufung eines außerordentlichen Parteitages zu fordern.

Daladier setzt seine Bemühungen fort.

Paris  , 29. Oktober.

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schehen ist, eine noch reaktionärere Regierung ans Ruder tommt als die soeben gestürzte, dann ist damit der franzöfi schen und der europäischen   Demokratie alles eher denn gedient. Die französische   Partei lehnt mit Ausnahme des rein doktrinären Flügels um 3yromsti- die Koalitionspolitik nicht grundsätzlich ab. Die Führer der jezigen Parteimehrheit, Léon Blum   und Paul Faure   haben betont, daß fie bereit wären, in eine von Sozialisten geführte und in ihrer Mehrheit aus Sozialisten gebildete Regierung auch einige Vertreter der bürgerlichen Linken aufzunehmen.

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Die Sozialisten sind aber in der Deputiertenkammer vom Senat gar nicht zu reden wesentlich schwächer als die Radikalen. Sie verfügen in der Kammer nur über 101 Mandate, also nur über weniger als ein Sech stel der Stimmen. Die Lage ist also doch anders als in England oder in Dänemart, wo den Sozialisten nur verhältnismäßig wenige Stimmen zur Mehrheit fehlen.

Im übrigen sind es keineswegs nur Gründe der Doktrin, die die Gegner der Regierungsbeteiligung bewegen. Diese mögen bei den Schülern Jules Guesdes maßgebend sein, aber bei vielen anderen spielen auch lokale politische Er­mägungen die entscheidende Rolle: dort, wo sich der Wahl­tampf hauptsächlich zwischen Sozialisten und Radikalen, auch in der Stichwahl, abspielt, ist man gegen ein Zusammen­arbeiten mit den Radikalen im Kabinett; dort, wo dagegen

Wie in später Nachtstunde gemeldet wird, sest Daladier   nach einem Gespräch mit Briand   seine Be mühungen um die Regierungsbildung fort. Er wird am Mittwochmorgen abermals dem Präsidas Kartell der Linken" bei den Wahlen spielt und gegen denten der Republik   einen Besuch abstätten.

Mongolische rote Truppen haben die chinesische   Grenzwache geschlagen und sind 60 Kilometer tief in chinesisches Gebiet ein­gedrungen. Die Mongolen haben vier Städte besetzt und drohen, gegen Hailar porzugehen. Berstärkungen haben die Mongolen wieder zurückgeschlagen. Zwei mongolische Flugzeuge haben Bomben über Hailar abgeworfen.

die Reaktion oder die Kommunisten den Ausschlag gibt, ist man für Koalitionspolitit. Das gilt natürlich für beide Flügel der Partei.

Wir wünschen von Herzen, daß der geftrige Beschlußz unserer französischen Genossen weder für ihre eigene Bartei, noch für die europäische Politik nachteilige Rückwirkungen zur Folge habe.