Konkurrenz im Bombenwerfen.
Deutschnationale und Wirtschaftspartei raufen um die Ehre.
Im Stlaret- Untersuchungsausidyuß follte am Mittwoch die große deutsch nationale Bombe plagen: es sollte der Nachweis geführt werden, daß die deutschnationalen Stadtverordneten schon vor Jahren die Brüder Stlaref enthüllt hätten, daß aber die böse Mehrheit von Magistrat und Stadtverordneten all ihre Angaben und Tatsachen einfach in den Wind geschlagen hatten. Die Bombe ermies sich als indei.
Die beiden vernommenen Zeugen, Dr. Lüdide, Vorsitzender der Berliner Stadtverordnetenfraktion und Landtagsabgeordneter der Deutschnationalen , und Merkel, deutschnationaler Stadtverordneter, Beruf Major a. D., verlasen stundenlang Strafanzeigen, die sie im Jahre 1927 und 1928 an die Staatsanwaltschaft gerichtet hatten. Es ist darin mit keinem Wort von Stlaret und ebenso mit feinem Worte von Direktor Kieburg die Rede; die Strafanzeigen richten sich pielmehr gegen ein paar untergeordnete Einfäufer der Berliner Anschaffungs- Gesellschaft, die angeblich von den Lieferanten Schmiergelder genommen oder bei den Lieferungen ihre Angehörigen bevorzugt haben. Auf eindringliches Befragen der Ausschußmitglieder gaben die 3eugen an, daß sie von diesen Straf anzeigen weder dem Oberbürgermeister, noch dem Magistrat, noch dem deutsch nationalen Mitglied im Aufsichtsrat des Anschaffungsamtes Mitteilung gemacht haben. Erst die Staatsanwaltschaft gab dem Oberbürgermeister Kenntnis von den erhobenen Beschuldigungen.
Deswegen wurde nun die Staatsanwaltschaft heftig angegriffen; cber der Vertreter des Justizministers Oberjustizrat Damm er. 10iderte mit Recht, es wäre ein ganz ungewöhnliches Borgehen ge. mejen, wenn man von den angeblichen oder wirklichen Verfehlungen 1: ntergeordneter Angestellter nicht dem Chef der Behörde Mitteilung gemacht hätte. Der Oberbürgermeister hat dann eine unter: fuchung angeordnet, die nichts ergab. Die Staatsanwaltjaft hat ermittelt, daß die Beschuldigungen auf die Angaben eines ausgeschiedenen Angestellten der AnschaffungsGesellschaft zurüdgehen, aber nicht erweisbar feien. Das Landgericht hat dann durch Beschluß die Anzeigen zurückgewiesen und das Verfahren eingestellt.
Auf Vorhalt erwiderte der 3euge Merkel. es sei ihm auch gar nicht auf die einzelnen Angestellten angekommen, die übrigens inzwischen sämtlich längst ausgeschieden sind, sondern um einen Stoß gegen das ganze System.
Nach dem 72jährigen demokratischen Stadtverordneten Braun, ber nicht viel zu sagen wußte, wurde der wirtschaftsparteiliche Stadtverordnete hate als Beuge vernommen, der mit feierlich erhobener Stimme dreimal Verwahrung dagegen einlegte, daß die Deutschnattonalen irgend etwas gegen den Claret- Standal unternommen hätten. Er allein, der Schneider abermeister Hate, habe schon vor zwei Jahren die Monopolstellung und die schlechten Lieferungen der Stlarets in öffentlicher Stadtverordnetensitzung angeprangert. Aber er habe nicht wie die Deutsch nationalen jetzt ein Triumphgeheul angestimmt, daß seine Befürd tungen weit über Ermarten hinaus gerechtfertigt worden seien. Herr Hate hielt dann eine donnernde kandidatenrede gegen Die Berteuerungsmaschine" des Anschaffungs amtes. Das Anschaffungsamt habe sich in einzelnen Fällen von Lieferanten bis zu 45 Pro3. Rabatt bewilligen lassen.
Der Tote und der Lebende.
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STRESEMANN
RESULAT
BEGEHRENS
VOLKSDES
HUGENBERG
Wer von den beiden ist nun ein toter Mann?
Linternehmerstandal um die Reichsbahn.
Herr von Giemens war selbst in Paris. - Die Reichsbahn bestätigt es.
Wir haben kürzlich die ausgerechnet im Saargebiet vom Reichsverband der deutschen Industrie erhobene Forderung als dreiste Zumutung zurückgewiesen, die Reichsregierung solle die in Paris bei den Reichsbahnverhandlungen beratend tätigen Bertreter der Eisenbahner Gewerkschaften zurüdberufen.
Jegt enthüllt die Zeitschrift des deutschen Beamtenbundes, daß Herr von Siemens selbst, der Berwaltungsratsvorsitzende der Reichsbahn und ausgeprägte Bertreter des deutschen Unternehmerinteresses, in Paris war und vernommen wurde. Herr von Siemens war dazu noch nach den Feststellungen des deutschen Beamtenbundes gegen den ausdrücklichen Willen der Reichs regierung in Baris erschienen. Der Beamtenbund" schreibt 29. Dftoher über die näheren Umstände dieser Reise:
Der Schmerz, daß die Stadt im großen einkaufen kann und das ausnugt, war nicht für alle Mitglieder des Ausschusses überzeugendam Aber jedenfalls hatte die Wirtschaftspartei ihre Bombe etwas ge fchidier geworfen als die Deutschnationalen. Benn Hugenberg an Hitler verliert, warum nicht Könnede on Ladendorff?
Die achtstündige Sigung endete in stürmischer Seiter. feit. Der Zeuge Safe produzierte sich in der Beantwortung von Fragen. Es ging etwa eine Stunde lang so zu:
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Ausschußmitglied: Woher mußten Sie, daß die von Sflare! gelieferten Waren minderwertig maren?
3euge Hate: Ich habe doch eine Hose selbst als Sachver ständiger geprüft. Die Hofe war zur Bekleidung für einen Mann ganz ungeeignet.( Zuruf: Für Damenbekleidung auch?) Mit der Bekleidung der Damen hat sich der Bezirksverordnete Berl befaßt.
Ein Ausschußmitglied: Hat die Stadtverordnetenverfammlung nicht auf Grund Ihrer Anträge einen Prüfungsausschuß eingesezt?
3euge Hate: Nein, nur einen Ausschuß zur Abschaffung der Anschaffungsgesellschaft. Ein Ausschuß für die Hose ist niemals eingesetzt worden.
Am Donnerstag wird es etwas ernster werden: man wird Bürgermeister Kohl, Stadtrat Gäbel und viele andere über die Stlaret Berträge hören.
Die Beisehung von Arno Holz . Gestern mittag war im Wilmersdorfer Krematorium die Ein asderung von Arno Holz . Unter Blumen der Sarg. Aus dunklem Lorbeergrün ragt die Isensteinſche Arno- Holz- Büste. Ihr zur Seite, mit umflorier Bannern, Schüler, des Königstädtischen Gymnasiums, das Holz einft besucht hat.
Das Streichquartett des Philharmonischen Orchesters leitet die Feier ein. Else Benar spricht Verse der„ Blechschmiede":
Emige Ruhe!
Durch Leid, durch Luft! Durch Luft, durch Leid!
Ach, wie nun schon so lange Zeit
Nach dir zerwandre ich meine Schuhe!
Du wirst sie haven.
Was man auch tut! Wie man's auch treibt!
Daß einmal alles enhet, ist und bleibt
Die föstlichste von allen Gaben!
Hans W. Fischer , der das Holzsche Werk im Diez - Berlag herausgegeben hat, spricht den Nachruf. Seinen Wortlaut bringen mir in unserer Beilage lnterhaltung und Wissen". Alfred Döblin , im Namen der preußischen Dichterakademie, gibt eine pfychologisch feine und tiefe Analyie vom Wesen des Verstorbenen. Brauchte Holz, fragt er, nicht vielleicht ben Kampf und die Einsam feit? War fein Martyrium ihm, dem Dichter, nicht vielleicht eine Lebensnotwendigkeit, die es erklärt, daß er, geschlagener als Hiob", wie er sich nannte, immer wieder niedergeworfen, sich immer wieder aufraffen fonnte? Für den Reichsverband des deutschen Schrifttums Spricht Alfred Richard Mener menige tiefst empfundene Worte. Worte eines Dichters. Den Dichter, den Menschen, den Ründer. den Kämpfer ehren mir, Arno Holz , in dir! Du lebtest, du wirst sein!" ittibald Baate bringt den Scheidegruß der Familie und Freunde. Else Beyer spricht die Schlußverse des Phantasus", und während die Worte flingen
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wie ein Stern
ftrahlt mein Gedächtnis
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Der frühere franzöfliche Eisenbahntommilfar Beberfe, der felbft fehr start industrielle Intereifen verfritt, hatte den Wunsch geäußert, daß von dem Organisationskomitee auch der Präsident des Verwaltungsrats der Reichsbahn, Herr D. Siemens, gehört würde. Die Reichsregierung hat demgegenüber geltend gemacht, daß es ihr überlassen bleiben müsse, die Sachverständigen zu benennen. Dieser pöllig forrefte Standpunkt der Reichsregierung ist von Herrn v. Siemens nicht aner fannt worden. Wie wir von durchaus gut unterrichteter Seite hören, hat Herr v. Siemens erflärt, daß er trotz der Auffassung der Reichsregierung nach Paris fahren würde, um seinen Standpunkt beim Organisationskomitee geltend zu machen. Selbst eine Intervention des Generaldirektors der Reichsbahn, Dr. Dorpmüller, bei Herrn v. Siemens war ergebnislos. Herr v. Siemens ist also gegen den ausgesprochenen Willen der Reichsregierung und ohne von ihr als Sachverständiger zugelassen zu werden, in Baris erschienen und hat seinen Standpunkt geltend gemacht. Daß die Auffassungen des Herrn v. Siemens nicht in der Linie der Bestrebungen der Reichsregierung auf Wiederherstellung der Reichshoheit der Reichsbahn, sondern vielmehr in der Linie der Berankerung des Einflusses der Brivatwirtschaft bei der Reichs. bahn liegen, braucht nicht besonders erwähnt zu werden."
Die hier aufgestellten Behauptungen merden in fenfationeller Beise durch eine Erklärung der Reichsbahngesellschaft im wesentlichen bestätigt. In dieser Erklärung heißt es:
,, Dem Organisationskomitee für die Reichsbahn gehört befanntlich fein Vertreter der Reichsbahn an. Lediglich zur Ausfunft stehen ihm wunschgemäß in Paris zmei Beamte der Reichs bahnhauptverwaltung zur Verfügung. Im Laufe feiner viel möchigen Beratungen hat das Romitee es offenbar als not. wendig erachtet, auch Vertreter des perfonals und der Verwaltung der Reichsbahn zu hören. Das Komitee
Berg- Arbeitszeit wird verfürzt.
Durch die britische Arbeiterregierung. 2ondon, 30. Ottober.( Eigenbericht.) Die Regierung hat den Vertretern des Berg arbeiterverbandes ihre Entwürfe für die Verkür zung der Arbeitszeit im Kohlenbergbau und die Reorganisationspläne der nächsten Zeit übermittelt. Die Exekutive des Bergarbeiterverbandes wird die Vorschläge der Regierung am Donnerstag prüfen.
Russisch - chinesischer Banfftreit. Deutsches Eingreifen.
Der Dit- Expreß erfährt von der Garantie und Kreditbank für den Osten( Gartrebo) in Berlin folgendes: Diese Bant, 1923 als Tochterunternehmen der Russischen Staatsbant gegründet, unterhielt bereits seit langen Jahren Korrespondentenbeziehungen zur Fernöstlichen Bant. Mitte 1928 eröffnete die Gartrebo der Fernöstlichen einen laufenden Kredit. Als sich die Berhältnisse zuspizten, entsandte bie Gartrebo ihren Direktor Schulz nach Charbin , wo er seit
bas ,, Integer vitae" ertönt, die Banner sich fenten, verschwindet Anfang September dieses Jahres ist. Er traf mit der Fernöstlichen der Sarg in der Tiefe. ein Abkommen über die Abdeckung des Kredits. Nach den letzten
hat Bertreter der Eisenbahngewerkschaften gebeten, Auskunft über bestimmte Fragen zu geben und ebenso Bertreter der Reichsbahn gesellschaft. Offiziell hat das Komitee an den Präsidenten des Verwaltungsrates und den Generaldirektor der Reichsbahn schriftlich die gleichlautende Bitte gerichtet, a ch= verständige(!) für bestimmte Fragen nach Paris zu ents senden. Dieser Bitte hat der Präsident des Verwaltungsrates persönlich(!) entsprochen, und der Generaldirektor der Reichs. bahn hat die betreffenden Sachbearbeiter der Hauptverwaltung dem Komitee zur Verfügung gestellt."
Hinzugefügt wird, daß der Präfident des Berwaltungsrates und die Delegierten der Hauptverwaltung nur auf ausdrückliche Aufforderung des Organisationskomitees ihre Meinung geäußert haben.
Diese Feststellungen der Reichsbahngesellschaft machen die ForDerung des Reichsverbandes der deutschen Industrie, die Gewerkfchaftsvertreter zurüdzuberufen, zu einem politischen Stan dat Die Reichsbahn als Arbeitgeber war bei den Berhandlun gen beratend vertreten. Daß die Gewerkschaften gehört werden, ist, demnach eine Selbstverständlichkeit. Die Gewerkschaften sind aus. drüdlich vom Organisationsfomitee um die Entfendung von Delegierten gebeten worden. Das mußte der Reichsverband der deutschen Industrie wissen, als er seine Forderungen erhob.
Aber es tommt noch besser. Obwohl der Verwaltungsrat nur um die Stellung von Sachverständigen gebeten worden ist, ist Herr Don Siemens, der Präsident des Verwaltungsrates, selbst. nach Paris gefahren und ist dort gehört worden, während der Generaldirektor der Reichsbahn, Herr Dorpmüller, nur die betreffenden Sachbearbeiter zur Verfügung gestelt hat. Was hatte Herr von Siemens persönlich in Paris zu tun?
Es ist durchaus wahrscheinlich, daß die Reichsregierung, wie die Zeitschrift des Deutschen Beamtenbundes behauptet, die persönliche Teilnahme des Herrn von Siemens an den Pariser BeSprechungen nicht gewünscht hat. Es ist wahrscheinlich, daß Herr von Siemens sich diesem Wunsche nicht gefügt hat. Und Herr daß die Brivatisierungstendenzen gegenüber der Reichsbahn abgebaut von Siemens hat ganz gewiß in Paris sich nicht dafür eingesetzt.
merden.
Herr von Siemens, der ausgeprägte Bertreter des deutschen Unternehmertums, hat persönlich die Verhandlungen in Paris beeinflußt, möglicherweise gegen den Willen der Reichsregierung, mas noch aufzuklären ist. Dennoch hat der Reichsverband der deutschen Industrie es gemagt, die Abberufung der Gewerkschaftsvertreter, die vom Organisationskomitee nach Paris gerufen waren, von der Reichsregierung zu fordern.
Wer regiert in Deutschland ? Die Regierung oder die Unternehmer? Den Anmaßungen des organisierten Unternehmertums muß ein Ende gesetzt werden.
Meldungen aus Charbin suchen die Chinesen die Durchführung dieses Abkommens zu verhindern, mas von der Bank darauf zurückgeführt wird, daß die Hauptschuldner chinesische Behörden sind, denen daran gelegen ist, das Inkasso durch Dritte zu verhindern. Die Garantie und Kreditbank für den Osten hat sich als Firma deutschen Rechts an das deutsche Auswärtige Amt mit dem Ersuchen um Eingreifen gewandt. Das Auswärtige Amt hat den deutschen Gesandten in Beting angewiesen, die erforderlichen Schritte zu unternehmen. Der Gesandte wies den deutschen Generalkonsul in Charbin , Stobbe, an, einzugreifen.
Der Abschluß des Kleinen Handelsvertrags. Generallandschaftsdirettor von Hippel, Königsberg , hat sein Amt als landwirtschaftlicher Generalfachverständiger für die deutsch - polnischen Handelsvertragsverhandlungen niedergelegt.
Diese furze Mitteilung von dem Desintereffiment eines oftagrarischen Sachverständigen läßt darauf fchließen, daß die jeßt pon dem Gesandten Ulrich Rauscher geführten Handelsvertragsverhandlungen Fortschritte gemacht haben, wenn auch vielleicht in dem Sinne, daß sie den unerfüllbaren Forderungen der deutschen Agrarier nicht voll entsprechen.