Der Abend
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Nr. 522
B 260 46. Jahrgang
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Schwindel beim Volksbegehren!
Die amtliche Feststellung beginnt.
Der Kreiswahlleiter des Reichstagswahltreises Franten hat gemeldet, daß in einer Gemeinde dieses Wahlkreises 133 Eintragungen verzeichnet sind, 43 dieser Eintragungen jedoch nicht von den Namensträgern felbst, sondern von anderen Leuten vorgenommen worden sind. Auch aus fünf anderen Reichstagswahlsreisen liegen bereits amtliche Meldungen beim Reichswahlleiter vor, wonach dort die Zahl der ungültigen Eintragungen verhältnismäßig bedeutend ist.
Die Kreismahlausschüsse werden vom 18. bis 20. November ihre Sigungen zur Entscheidung über Anfechtungen der Listen und zur amtlichen Feststellung des Ergebnisses abhalten. Etwa am 22. bis 23. d. m. erwartet man diese Ergebnisse beim Reichswahlleiter und unmittelbar darauf wird das amtliche Ergebnis bekanntgegeben werden.
Ueber die Frage, ob der mit vorläufig 10,05 Proz der Wahlberechtigten begehrte Gefehentwurf verfassungsändern. den Charakter hat, wird sich die Reichsregierung bei der Ein. bringung dieses Gefehentwurfs an den Reichstag äußern,
Unser Aufstieg.
3m ganzen Reiche: Starter Zuwachs der Sozialdemokratie! Wie in Berlin und Chemnik, worüber wir schon be richteten, konnten auch im übrigen Reich in den letten Wochen sehr erfreuliche Anzeichen für ein starkes Wachstum der Sozialdemokratie trok aller vereinten Hehe von Hugen- und Münzenberg festgestellt werden. Wir erfahren aus dem Bezirk Ostpreußen , das dort seit Mitte Oktober 1338 neue Mitglieder ( 1142 Männer und 196 Frauen) der Partei beitraten. Im Bezirk Magdeburg wurden 2936( 2147 und 789) gezählt, im Bezirk Halle , wo die blutrünstigsten Kommunisten noch immer eine gewisse Rolle spielen können, 1861( 1441 Männer und 420 Frauen).
Sehr stark ist das Anwachsen der Mitgliederzahl auch in der Provinz Hannover . Dort wurden 3717
Neuanmeldungen( 3003 Männer und 714 Frauen) gezählt; im Bezirk Franken wurden 3136( 2861 und 275) neue Parteigenossen gemustert.
Aber nicht nur die Organisationen wachsen, auch die Presse der Partei ist in erfreulichem Aufschwung begriffen. Von den rund 200 sezialdemokratischen Zei tungen im Reiche liegen bis jetzt Angaben von 79 Zei tungen in verschiedenen Teilen des Landes vor. Diese 79 verzeichneten in wenigen Wochen einen Leferzu wachs von 32 679!
Die Wahlbewegung in ganz Preußen und in anderen deutschen Ländern gibt allen Sozialdemokraten Gelegen heit, die Werbeaktion für die Partei und ihre Presse mit unermüdlichem Eifer fortzusehen und damit den Sieg bei den Kommunalwahlen zu sichern!
Jimmy Walfer wiedergewählt. Sozialistischer Stimmenzuwachs in New York .
New York , 6. November.( Eigenbericht.) Die gestrigen New Yorker Bürgermeisterwahlen brachten einen Sieg des bisherigen demokratischen Bürgermeisters Walter über den republikanischen Gegenfandidaten mit 850 000 gegen 360 000
Stimmen.
Sehr beachtet wird die Zahl der für den sozialistischen Kandidaten Norman Thomas abgegebenen Stimmen. Er erreichte die Rekordzahl von 167 000 Stimmen. Zahlreiche bürgerliche Elemente haben für den sozialistischen Kandidaten geftimmt. Die bisher höchste Stimenzahl von 145 000 hatte der sozialistische Kandidat Hillquit Stimenzahl von 145 000 hatte der sozialistische Kandidat Hillquit im Jahre 1917 erreicht.
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Hugenberg- Wike. Hugenberg läßt durch die Claß- Zeitung mit teilen, daß er gegen Minister Severing widerflage erhoben habe. Er weiß natürlich, daß das ein Unsinn ist, aber veröffentlicht pird es doch
Der letzte faiserliche Kanzler.
Mag von Baden, der letzte kaiserliche Reichskanzler, ift| der Monarchie nicht mehr aufhalten. Wohl hatten sich die Mehrheute früh um 5 Uhr 45 Minuten im Alter von 63 Jahren heitsfozialdemokraten, beseelt von dem Wunsche, dem ausgebeuteten gestorben.
Die Kaiserlichen sterben. Kaum hat sich das Grab über dem Fürsten Bülow geschlossen, so liegt auch schon ein anderer Kanzler des Kaisers auf der Bahre- der letzte.
Benig mehr als einen Monat hat Bring Mag von Baden die Regierung des Reiches geführt, aber diese furze Zeit von Anfang Oktober bis Anfang November 1918 gehört zu den
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und ausgehungerten Bolte nach Möglichkeit neue Opfer an Gut und Blut zu ersparen, nach schwerem inneren Ringen dazu entschlossen, den Bersuch des Prinzen zu unterstügen, aber niemals tonnten sie daran denken, ihr Boot an das sinkende Schiff der Monarchie zu binden. Der Kaiser entzog sich dem Einfluß seines neuen Kanzlers
Deutsches Flugzeug abgestürzt.
Ueber England im Nebel. Bisher fünf Tote. London , 6. November. Ein deutsches Bertehrsflugzeug, das den Flugplah in Croydon um 9,44 Uhr heute vormittag mit der Bestimmung Amsterdam - Berlin verlassen hatte, ist in der Nähe der Ortschaft Marden in der Grafschaft Rent in Flammen abgestürzt. Von den Insassen waren sieben auf der Stelle tot. Einer der Passagiere ist, wie man annimmt, gerettet worden. Das Flugzeug hatte vier Paffagiere und vier Mann Bejagung an Bord.
Bon unterrichteter Seite wird die Zahl der bei dem Flugzeugunglüd in England ums Leben getommenen Perfonen auf fünf angegeben. Außerdem wurden nach dieser Darftellung zwei Personen schwer verlegt, und zwar der Bordward Willi Ulrich und einer der vier englischen Passa. giere. Getötet wurde der bekannte Flugfapitän Bruno Rodschinta, der Funker Niclas und drei Passagiere Das verunglückte Flugzeug war eine große Junkers- Mafchine vom Typ G 24.
Das Unglüd ist offenbar auf das vollkommen unsichfige Wetter zurückzuführen. Es wird angenommen, daß die Mafchine im Nebel gegen einen Berg oder ein anderes Hindernis geflogen ist und daß dadurch der Brand entstand.
ereignisreichsten der Geschichte. So wurde Mag von Baden zur ein Flugzeug zwischen Hannover und Berlin abgestürzt. historischen Figur.
Aus derselben Ursache ist bekanntlich vor längerer Zeit einmal
Er war am 10. Juli 1867 als Sohn eines Bruders des regieren. den Großherzogs Friedrich von Baden geboren, hatte die Rechte studiert und an dem politischen Leben seines Heimatlandes regen Anteil genommen. Als Präsident der Ersten Kammer in Karlsruhe füddeutschen Demokraten. Sie stieg, als der Bring während des hatte er sich Achtung und Zuneigung erworben besonders bei den Krieges liberal- fortschrittliche dem allbeutschen Bahnsinnstreiben abgeneigte Ideen erkennen ließ.
Als im Herbst 1918 die innere Lage endlich für den Uebergang zum parlamentarischen Regierungssystem reif geworden war und der Versuch unternommen werden sollte, durch dieses System zu einem Frieden der Verständigung zu gelangen, war es vor allem der füddeutsche Demokratenführer außmann, der die Aufmertsamkeit auf den Brinzen lentie. Man gab sich der Hoffnung hin, daß der Einfluß des Prinzen auf den Kaiser und die alten regierenden Kreise überhaupt den notwendigen Uebergang zu, einem neuen Kurs der äußeren und der inneren Politit erleichtern würde.
durch fluchtartige Abreise ins Hauptquartier. So erlebte Mag von Baden. Enttäuschungen über Enttäuschungen, und statt daß er die Ereignisse meisterte, spielten die Ereignisse mit ihm.
die Abdantung des Kaifers verkündete und selber zugunsten Und so tam auch jener 9. November 1918, an dem der Prinz Friedrich Eberts abbantte, dem er die Kanzlerschaft übertrug. Der Uebergang Deutschland von der Monarchie zur Republik und zur Herrschaft der Boltsbeauftragten war damit vollzogen.
Man hat dem Prinzen im Lager der Rechten wegen seines Verhaltens am 9. November schwere Borwürfe gemacht und namentlich behauptet, daß er nicht berechtigt gewesen sei, die Abdankung Wilhelms II. zu verkünden. Rein formal gesehen mag das zutreffen aber was sollte dieser Unglückskanzler mit einem Kaiser anfangen, mit dem er nur auf einem gelegentlich funktionierenden Telephon verkehren tonnte und der mal abdanten wollte und mal wieder nicht, der mit dem Gedanken spielte, die Kaiserkrone niederzulegen und König von Preußen zu bleiben furz, der entschlußlos zwischen But und Schwäche hin und her taumelte, wie er es in entscheidenden Situationen stets getan hatte. In Wirklichkeit hing ja die Abdankung Wilhelms II. längst nicht mehr von seinem eigenen Entschluß ab und die Erklärung des Brinzen darüber war nichts als die Verkündung einer von der Geschichte vollzogenen Tatsache.
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Aber es war zu spät. Als der Prinz das schwere Amt über nahm, hatte er von dem wirklichen Stand der Dinge teine rechte Borstellung. Sein Plan war auf den beiden Voraussetzungen auf gebaut, daß die militärische Lage noch für die Friedensverbandlungen eine gewiffe Freiheit laffe und daß eine repolutio. näre Erschütterung noch zu vermeiden sei. Beide erwiesen sich als nare Erschütterung noch zu vermeiden sei. Beide erwiesen sich als falsch. Kaum war er in Berlin angekommen, so erfuhr er, daß die Auch ein Riese an Geist und Willenskraft hätte an Stelle des Oberste Heeresleitung nach schleunigster Aufnahme von Waffenfti- Brinzen Mar das Schicksal nicht mehr aufhalten können. Ein solcher stands- und Friedensverhandlungen drängte, da sie jeden Tag einen Riese war er nun feineswegs. Er war weiter nichts als ein Mana Damit waren alle von anständiger Gesinnung und von gutem Willen, ber entscheidenden Sieg der Alliierten befürchtete feine Pläne über den Haufen geworfen, und sein Schicksal, nicht der sich Unmögliches zugemutet hatte und vom Sturm des Schicksals geKanzler des Verständigungsfriedens, sondern der Kanzler der zauft wurde. Wenn er unter den zahlreichen Mitgliedern der daRiederlage zu werden, war entschieden. Als ich am Morgen maligen deutschen Dynastien zweifellos immer noch der letzte und des 4. Oktober erwachte, war mir zu Mute wie einem Menschen, einzige war, dem man die Lösung einer politischen Aufgabe zutrauea der zum Tode verurteilt ist und es im Schlafe vergeffen konnte, so spricht das meniger für sein können als für den hoffnungshatte" schreibt er in seinen Memoiren. losen Niedergang des monarchischen Systems.
Unter diesen Umständen konnten auch die im Galoppiempo durchgeführten Verfassungsänderungen die Revolution und den Sturz
Bon den Kanzlern der Kaiserzeit lebten vor wenigen Tagen noch drei. Jetzt ist es nur noch einer: Michaelis.