Einzelbild herunterladen
 

Donnerstag

7. November 1929

Felix Sallen:

Unterhaltung und Wissen

Hopfens erstes Abenteuer

Das war ein Abenteuer! Es riß Hops, den munteren Hasen, meg aus der Schar seiner Spielfameraden. Er bernte fidy felbft und das große gefährdete Leben einmal fennen.

Nun tam dieses Abenteuer, das Hops dahinfegte.

Er saß auf einer engen Blöße an der Salzlecke, die er und die anderen gerne heimsuchten.

Didicht, das schier undurchdringlich, doch nicht sehr geräumig raar, trennte diesen Platz von der Wiese.

Beinahe alle erquickten sich zu dieser frühen Morgenstunde an der Lecke.

hin.

Hops faß ganz am Stein und gab sich schrankenlosem Genießen Die anderen unternahmen manchmal ein turzes Haschenspiel,

faßen dann wieder still und zechten innig. Einige hoppelten ins Bras, das gerade hier noch einmal so üppig aufgeschoffen war und besonders würzig schmeckte.

Er schlug Haten auf Hafen. Er fiel in dichtüberwachsene, lange Gräben, lag halbe Gefunden still, rappelte sich auf, saufte die Rich­tung, die er gefommen war zurück und erschien an Stellen wieder, die der Fuchs nicht vermutet hatte.

Sein weißes Hasenpanier schwenfte nun weniger bligatrtig über die niedrigen Hartriegelstauden.

Mit einemmal blies ihm der Wind, gegen den er anlief eine graufige Witterung an die verdorrende Nase. Das war Er, der aufrecht Schreitende, Er, der vernichtende Herr des Waldes.

Hops ließ jede Hoffnung schwinden. Berzweifelt machte er tehrt. Ihm war fein rechter Haten mehr gelungen. Nur ein schmächtiger Bogen, der ihm dem Fuchs gerade entgegenführte.

Da trachte der Donner.

Hops stürzte, vom Schrecken hingestreckt, nieder und sah zu­fammenfintend, wie der Fuchs dort drüben sich überschlug.

Dann war Stille.

Nur Hops faß mitten auf dem Trog. Plötzlich merkte er, daß alle seine Kameraden auseinander Hops fich selbst. Er war fertig, hatte teine Spur Rraft noch Ent gestoben waren.

Was war denn los?

Hops richtete sich auf den Hinterbeinen auf. Rerzengerade jaß er da, die Löffel hochgestellt, die Schnurrhaare, die schmucken, zitternd in Bewegung, die runden, klaren Augen so angstvoll erweitert, daß man das Weiße erbliden tonnte.

Und jetzt erschaute er zwischen den Stämmen im Hochholz das riefenhafte, geheimnisvolle Wesen, das auf zwei Beinen aufrecht

Am Boden liegend, mit atemlos fliegenden Flanken, behorchte schloffenheit zur Flucht. Das helle Fell flebte ihm talt am Leib, nah vom Schweiß des Rennens, der Angst und der bebenden Er­wartung des Allerletzten. Aber der Donner hatte ihn nicht ge= troffen, hatte ihm gar nicht gegolten.

Beilage

des Vorwärts

Die graufige Witterung des unbegreiflich Mächtigen wurde nun schärfer, aufreizender fühlbar, immer stärker und stärker.

Hops blieb liegen, hob nur sein teomüdes, gramgezeichnetes Gesicht, und die schönen weißen Schnurrhaare, die seine Oberlippe umbarteten, gerieten in ein lebhaft zitterndes Bibrieren, indessen er die bittere Botschaft dieser Witterung mit schnuppernder Naje einsog. Aber er regte sich nicht. Er war am Ende und. vollständig er­geben. Das Ausruhen, das langsam wieder Atemschöpfen, das Stillerwerden der Pulse, das Sanfterwerden des Herzpochens erfüllte ihn mit einer Entzüdung, die er noch nicht kannte. Der Krampf, seiner Muskeln begann nachzulassen. Die Beine, die hölzern ge=" wesen und schmerzhaft, wurden nun heiß und wie von einem jeltsam wonnig brausenden Summen durchströmt. Hops gebot über seinen erschöpften Körper noch nicht. Er hatte ihn bis zum äußersten an­gestrengt, ihn über die Kraft gebraucht. Jezt hielt dieser ermüdete Leib Hops in seinen Bann. Ein angenehmer Dämmerzustand stieg in ihm auf und verwirrte seinen Willen. Eine süße Trunkenheit umhüllte seine Sinne.

Hops fühlte die gräßliche Witterung näher und näher. Er ver­nahm den Schritt des Zweibeinigen. Und als der Entsetzliche ganz dicht an ihm vorbeiging, blieb Hops reglos liegen.

Ohne Erstaunen sahen seine nebelverhangenen Augen, wie Ec fich niederbeugte, den Fuchs, der sich nicht mehr bewegte, am Kragen emporhob und ihn davontrug.

Dann versant Hops in einen Schlaf, der ein wenig tiefer war als sonst.

( Aus: Felix Salten Fünfzehn Hafen", Paul folnan Verlag, Berlin  - Wien  .)

sing, bes non jegliger Freatur im Balbe mehr als affles andere: E. Mercius: Das Essen im Wandel der Zeiten

ge

fürchtet wurde, und das nun herankam. Ganz nahe war dieses Besen schon, schlich vorsichtig, tüdisch und furchtbar bedrohlich näher und näher.

Hops blieb, vom Schreden gebannt, wie angewurzelt fitzen. Auch die kleinen Hafen hatten schon erfahren, daß dieses grauen­haft selftame Wesen ihr Herr sei, wie Er der Herr über jeglichem Ge­schöpf des Waldes war. Sie wußten, daß Er mit entsetzlichem Donnerschlag von ferne Bernichtung schleuderte. Seine Gelähmtheit löfte sich und mit einem hohen Satz sprang er aus der Kiste, stürzte fich ins Gras, das ihn taufeucht umzischte, indessen er dem Dickicht zustrebte. Als er es erreichte, atmete er tief und empfand den mohligen Schutz des Pflanzenwuchses, der ihn barg.

Hops fühlte sich wohl im Augenblid zur Not geborgen, aber boch nicht ganz sicher. Die Nachbarschaft des Unheimlichen flößte ihm Bangen ein, die Furcht, die in seinen Bulsen hämmerte, ließ ihn nicht zur Ruhe lommen. Er wandte sich ab und begann die Didung in schleunigem Tempo zu durcheilen.

Nur fort von hier. Weit fort!

Da raschelte es neben ihm. Etwas tat einen Sprung und Schnappte nach ihm. Hops hörte das beinerne Zusammenklappen eines mörderischen Gebisses.

Noch heutigen Tages geben die Estimos, die ihr Robbenfleisch zum Teil roh verzehren, einen Anhalt dafür, wie die Menschen der Steinzeit lebten. Diese schnitten sich aus dem erlegten Wild   Fleisch ftüde heraus und verzehrten es, wie es die Natur lieferte. Die orientalischen Nomaden gingen schon einen Schritt weiter, indem sie das Fleisch unter ihrem Sattel weich ritten. Erft als der Mensch gelernt hatte, sein Effen zu fochen, war er auf eine höhere Stufe gerüdt. Bei den alten Kulturvölkern spielten Fleisch und Fisch eine Rolle, aber überwiegend bestand ihre Nahrung aus Pflanzenkost. Die Arkadier lebten von Eicheln, die Athener   von Feigen, während die Aegypter den Kohl liebten und zu dessen Ehren sogar Altäre errichteten. Auch bei den Griechen und Römern stand Kohl in An­fehen. Es war fein, Rohl zu genießen. Horaz   berichtet, daß Scipio und Lälius   mit dem alten Dichter Lucilius   scherzhaften Wortwechsel zu führen pflegten, während ihr Kehl   fochte. Die alten Griechen scheuten sich ebenfalls nicht, sich in Küchenangelegenheiten zu betätigen. Odysseus   machte Feuer an, Patroblus bereitete das Gemüse zu und fümmerte sich um die Weine, und Achilles   drehte den Spieß. Zu Hause in der Heimat hatte man indessen sicher voll­tommenere Kochstätten. Den Gipfel der Genügsamfeit erreichten

Feindselige Witterung schüttete über ihn her, gifttig, scharf, jedenfalls die Spartaner. Schon von ihrem 7. Jahre an lag ihre stintig, betäubend! Ein Fuchs!

Der hatte hier gelegen und fein Ansprung hatte im dichten Buschmert Hops um Haaresbreite verfehlt. Instinktmäßig volführte Hops einen Haten, in der Richtung ber Gefahr, doch an ihr vorbei.

Das zwang den Fuchs zu einer ganzen Wendung, doch inzwischen hatte Hops schon etwas Raum gewonnen. Er raste davon.

Hinaus aus dem gefährlichen Didicht, dessen Gestrüpp ihn etwa aufhalten oder hindern fönnte. Hinaus auf die Wiese, wo die Bahn frei mar.

Als er in die grüne Beite hinaustam, durchdrang ihn das Ge­fühl, Kraft zur Flucht zu haben, mit einer Freude, in die fich seine Angst seltsam und aufwühlend mengte.

Hops lief geradeaus. In einer präzisen Folge elastischer Sprünge. Er war schön in diesem Rennen, anmutig in seiner Jugend, in seiner unbedingten Entschlossenheit zu entwischen, in allen Bewegungen, darin die leicht und frisch verrichtete Arbeit des Laufens sichtbar wurde.

Nun sauste er dahin, quer über die Wiese, sehnte fich danach, gegenüber in den knappen Waldstreifen zu gelangen. Dann hin durch, um den weiten Kahlschlag zu erreichen. Dort würde er den Fuchs zum Narren machen. Und wenn das nicht glückte. Er

dachte nichts mehr sonst.

...

Jezt bot er einen guten Anblick, wie er so den feuchten Rasen durchschnitt und in den von seinem Laufen gebeugten Gräfern einen Strich hinterließ, der genau so schmal war, wie sein schmaler, junger Körper.

Seine Borderpfoten waren gerade und parallel geftredt. Sein Kopf schien sich zwischen diese Pfoten zu schmiegen. Die Löffel lagen ganz dicht an den Leib gepreßt und deckten fast den halben Rücken. Nur die langen Hinterbeine, die unsichtbar blieben, schnellten ihn vorwärts. Die Borderpfoten schienen den Boden kaum zu greifen. Alles an diesem vollendeten fleinen Geschöpf sprach jezt: Eile! Eile!! Eile!!! Sprach jezt: Flucht! Flucht!! Flucht! Und sprach das in höchster Bollkommenheit.

Hops wurde reifer bei diesem tollen Laufen, wurde von Sefunde zu Setunde mehr und mehr erwachsen. Die treibende Furcht, die ihn beherrschte, milderte sich, je rascher er dahinfegte. Und unbewußt wachte in ihm die Empfindung auf, daß er nun seine Bestimmung

erfülle.

Er rannte um sein Leben.

Der frappe Waldstreifen war glücklich passiert. Vor Hops lag der weite Kahlschlag, den nur ein paar vereinzelte Birken, Eschen und Buchen überragten.

Hops rannte. Jeßt aber begann ihm das Blut im Kopf und in ben Ohren zu sausen. Das Herz und die Halsadern hämmerten be Der' em fing an schwer zu ziehen und schmerzie brennend am Gaumen, in der Kehle, die langsam vertrocknete, zerriß ihm die teuchende Lunge. Und die Muskeln seiner Beine wurden frampihaft lahmer.

Sehnsucht, sich hinzulegen und zu schlafen, beschlich ihn. Ein Schuldgefühl bemächtigte sich seiner, weil er davon lief, weil er zu entwischen strebte. Schuldgefühl, überhaupt auf der Welt zu fein. Allein die Furcht brach übermächtig in ihm aus: er wurde ganz berauscht von ihr und sie trug ihn vorwärts. Seßt war es einzig die Furcht in ihm, die noch rannte.

Erziehung in Händen der Deffentlichkeit, und als Männer mußten ste stets an den öffentlichen Tischen speisen. Fleisch fam selten auf ben Tisch, vielmehr bestand der Hauptteil der Mahlzeiten in dunkiem groben Brot, dessen Genuß nur der Hunger erträglich machte. Als einst ein Sybarit Sparta   besuchte und mit diesem Nationalgericht bewirtet wurde, brach er in die Worte aus: Jetzt versteh ich auch, warum ihr Spartaner so furchtlos auf dem Kampfplak seid. Ich möchte auch lieber sterben, als von einem solchen Brot leben! Als einige zu Wohlstand gelangte spartanische Heerführer anfingen, beffer als andere zu speisen, wirkte dies Beispiel derartig, daß schließlich

selbst nicht mehr die Aermsten das dunkle Brot essen wollten. Das ganze Staatssystem erfuhr eine Aenderung... und mit der Größe Spartas   war es zu Ende.

Als Schlemmer, leisteten die Römer hervorragendes, bis sie zu­grunde gingen. Der schlimmste unter ihnen war Vitellius  , der sich häufig von seinen Freunden zu Tische laden ließ, eine Ehre jedoch, die höchst kostspielig war, da bei solchen Gelegenheiten eine Unzahl Mahlzeiten aufgetragen werden mußten. Verfeinerter war Lucullus, üppiges Leben, dem er sich nach seiner Verabschiedung als Feldherr der aber ebenfalls große Mengen zu sich nehmen fonnte. Sein hingab, sowie die Einführung des Kirschbaumes in Italien   machten ihn berühmter als seine Siege über Mithridates.

Die Köche waren natürlich von alters her sehr geschätzte Leute und als Künstler verehrt, aber sie sind unbekannt geblieben. So mühte sich der Talmudforscher Rabbi El Baffam 15 Jahre hindurch vergeblich, den Hersteller des berühmten Linsengerichts ausfindig zu machen, für das Esau sein Erstgeburtsrecht opferte. Auch ist nicht bekannt, wer die Meisterföche waren, die ein Schwein auf den Tisch bringen konnten, das auf der einen Seite gebraten und auf der anderen Seite gefocht war. Selbst die größten Persönlichkeiten haben nicht verschmäht, sich für Kochmesen zu interessieren. Alexander der Große  , der sein Augenmert auf so vielerlei Dinge richtete, brachte von einem seiner Feldzüge nach Indien   Schnittbohnen mit, und von Aegypten   holte er die Zwiebel. Dieses Gewächs wurde sogleich bei der täglichen Koft der Soldaten verwendet, da man glaubte, daß es den Kampfesmut befördere. Der Schwedenkönig Karl XII.   verstand sich vorzüglich darauf, Hühner zu braten, aber auf seinen Kriegs­zügen war er nicht sehr wählerisch. Als ihm einst seine Soldaten schimmliges Brot zeigten, das sie als Verpflegung bekamen, er davon und sagte: Es ist nicht schön, aber man fann es essen!

Erich Grijar: Der neue Anzug gegen den alten Kameraden, aber wir sind es. Und wie es die

Jedesmal, wenn ich vor der Notwendigkeit stehe, einen alten Anzug ausrangieren zu müssen, wird es mir wehmütig ums Herz. Schließlich ist ein Anzug feine Frau. Man steht sich näher. Und abgesehen davon, daß die Unterwäsche nähere Beziehungen nicht auf­tommen läßt, ist man doch den ganzen Tag zusammen. Biel  , was man im Leben erreicht, verdantt man doch dem Anzug, den man trägt, und auch das bindet. Aber alle Gefühle, alle Sentimentali­täten helfen nichts. Eines Tages, wenn man sich eben entschlossen hat, den Anzug, den man liebgewonnen, noch ein Jahr durch zutragen, macht man die Entdeckung, deß der Hosenboden durch gesessen ist. Man fann ihn betrachten, wie man will, man mag sich einreben, daß es kein Mensch sieht, gegen das Licht gehalten ist der schöne Stoff, über dessen Festigkeit man soviel Freude empfand, eine Gardine. Und Gardinen sind bei den heutigen Begriffen von Anstand und Moral nicht geeignet zur Bedeckung menschlicher Blößen. Diese Feststellung ist immer das Wehmütigste. Man denkt, daß man den Anzug fliden fönnte, aber man bekommt den Stoff nicht. Und wenn man ihn bekommt, der durchgesessene Hosenboden war nur das Signal. Andere Fehler melden sich bald. Und es bleibt Schon dabei, das beste ist, einen neuen Anzug zu kaufen. Und dazu Anzug gefiel, gefällt einem fein neuer. Aber was sein muß. muß fann man sich nicht entschließen, denn so sehr wie einem der alte sein, und so geht man, wenn auch schweren Herzens, hin, um sich einen neuen Anzug zu faufen. Zunächst gefällt er einem gar nicht. Die Nähte sind steif. die Knopflöcher eng und der einzige Vorzug ist, daß die Hose so schön gebügelt ist, wie man lange feine mehr an ben Beinen gehabt hat. Aber sowie man das erst festgestellt hat, beginnt schon das Wunder. Plößlich entdeckt man hundert Borzüge an dem neuen Anzug, die der alte nicht hatte. Und mit dem: Be­mußtsein, daß man vorteilhafter aussieht, wächst auch das Selbst­bewußtsein, und plöglich kann man es gar nicht mehr begreifen, was nan an dem alten Kumpen, der nun vergessen im Winkel hängt, gefunden hut. Schließlich, er war zu seiner Zeit ja auch schön, das findet man. Und gesessen hat er auch. Aber der Schnitt war doch allmählich schon sehr aus der Mode gekommen. Und wie man diese Farbe so lange ertragen hat, das begreift man faum. Nur manch mal, wenn einen die Erinnerung an irgendeinen Vorteil, den man nur dem alten Anzug verdanfie, damals, als er noch neu war, aufsteigt, fommen wärmere Gefühle cuf in einem, aber neue Vor­teile und neue Begegnungen machen die alten vergessen, und wenn uns beim Aufräumen in unserem Schrank der alte Anzug plöglich mit dem wehmütigen Blick, den alles Alte, von der Zeit Verbrauchte, an sich hat, ansieht, brummen wir lieblos vor uns hin: Warum der Lumpen immer noch da rumliegt. Und den Platz wegnimmt.

Wir verstehen selbst nicht, warum wir plötzlich so lieblos find

Menschen fertig bringen, zu dem Gefährten ihrer Jugend, die das Leben schneller verbrauchte, als es sie selbst verbrauchte, Lump" zu sagen und sich mit Etel von ihnen abzuwenden, wenn sie ihnen unerwartet begegnen, das verstehen wir dann plötzlich auch. Aber besser macht uns diese Erkenntnis nicht.

Das Spinnennetz als Barometer Es ist außerordentlich fesselnd, zu beobachten, wie die Spinnen ihre Nege in Ordnung halten, ausflicken und ausbauen. Für atmosphärische Einflüsse überaus empfindlich, hüten sie sich, wenn ein Sturm im Anzug ist, den Faden auszuspinnen, während sie bei schönem Wetter fleißig an der Erweiterung und Verstärkung des Neßes arbeiten. Man legte daher früher dieser Empfindlichkeit der Spinnen für Witterungseinflüsse die größte Bedeutung bei und beob­achtete das Spinnennetz ebenso aufmerksam wie heute das Baro­

Daß man dieser Wetterbeobachtung nicht ohne Grund ver traute, beweist die Geschichte mit einem lehrreichen Beispiel. Als im Jahre 1795 General Pichegru, der Oberbefehlshaber der an der holländischen Grenze kämpfenden französischen   Revolutionearmee, Land überschwemmten, aufgehalten. Es war nicht daran zu denken, vordringen wollte, sah er sich durch riesige Wasserfluten, die das daß Mannschaften und Bagage weiter vordringen konnten. Nach einigen Tagen des Wartens wollte der General schon den Rüd­marsch anordnen, als eine Nachricht von seinem in Amsterdam  gefangen gehaltenen Adjutanten d'Isjonval eintraf, die aus dem Gefängnis geschmuggelt war. Darin war zu lesen, die Temperatur werde in wenigen Tagen so start sinken, daß das Wasser frieren und dem Heer den Uebergang über das Eis gestatten würde. Bichegrus Soldaten gelangten tatsächlich über das Eis nach Amsterdam  , wo der Adjutant sofort befreit wurde. Dieser glückliche Bormarsch war der Aufmerksamkeit zu danken, mit der der Ge­fangene in seiner Belle das Verhalten der Spinnen beobachtet hatte. Es war ihm dabei aufgefallen, daß sich die Spinnen in die Mauer­rigen vertrochen hatten, daß sie sogar nicht einmal daran dachten, ihre Neße auszubessern, die der Gefangene abfichtlich zerrissen hatte.

Parfümierte Heren". Anno 1770 hat das Bariser Stadtparla­ment ein Editt erlassen: Wer einen männlichen Untertanen Seiner Majestät mit Hilfe von Rot oder Weiß, Parfüms, Effenzen, fünſt= lichen Zähnen, falschen Hüften und dergleichen in die Bande der Che fodt, wird wegen Hererei verfolgt, und die Ehe wird für nichtig erklärt." Europa  , wie hast du dich verändert: Wäre dieser Erlaz der biederen Pariser Stadtväter heute noch gültig, so müßten 99,9 Prozent der holden Weiblichkeit den Scheiterhausen besteigen!