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Ein geriffener Juwelendieb.

Das verhängnisvolle Zimmer mit den zwei Ausgängen.

Einer der gerissensten Juwelendiebstähle wurde gestern in einer Pension im Westen Berlins   ausgeführt. Der Raub ge­schah in der Wohnung einer Schauspielerin. Schmuckfachen im Werte von über 200 000 m. find von dem Räuber erbeutet worden. Der Dieb ist wie vom Erdboden verschwunden. Am Dienstag dieser Woche kam ein Juwelier aus Frankfurt am Main   in Geschäften nach Berlin   und stieg in einem Hospiz im Zentrum ab. Er führte in einem Lederföfferchen eine Kollektion von Schmucksachen aller Art bei sich. Im Hospiz wurde er von einem Kaufmann Willy Berlewitz angerufen und gebeten, für eine Schaus spielerin, die er fenne, einen Brillantring im Werte von 15 000 m. zu beschaffen. Die beiden Männer begaben sich nach einer Bension an der Ede der Moz- und Martin- Luther- Straße, wo die Schau­spielerin wohnte. Sie hat in der Pension ein Wohn- und ein Schlaf­zimmer mit Bad   inne, die untereinander durch Türen in Berbindung stehen und auch Türen zum Korridor haben. Der Juwelier und Berlewig betraten zusammen das Wohn­zimmer und der Juwelier stellte sein Musterföfferchen auf eine Bank unweit der Schlafzimmertür. Da die vermeintliche Käuferin roch nicht aufgestanden war, so vertrieb er sich die Wartezeit mit dem Betrachten der Bilder, die an den Wänden hingen. Berlewitz, der die Dame ja tannte, betrat das Schlafzimmer, ließ aber die Berbindungstür offen. Nach einer längeren Zeit fam die Dame aus dem Schlafzimmer heraus und tat sehr erstaunt, einen fremden Herrn in ihrem Wohnzimmer zu sehen. Auf ihre Frage, was er wünsche, erklärte es der Juwelier und jah jetzt zu seinem größten Schrecken, daß das Köfferchen von der Bant verschwunden war. Berlewiß hatte es unbemerkt an sich genommen und war damit durch die andere Tür verduftet. Der bestohlene Juwelier erstattete sofort Anzeige bei der Kriminalpolizei, die die ganze Nacht hindurch suchte, jedoch ohne Erfolg.

Berlewitz ist nicht an seinen gewöhnlichen Verkehrspunkten im Westen der Stadt aufgetaucht. Die Nacht zum Freitag hat er, wie festgestellt ist, schon nicht mehr in seiner Wohnung in der Chaussee­Straße zugebracht. Er war bei seiner Braut, die jetzt ebenfalls er: mittelt ist, aber über seinen Berbleib teine Auskunft geben fann. Thr sagte er nichts von dem beabsichtigten Diebstahl, sondern er­zählte nur, daß er mit dem Frankfurter   Juwelier ein Geschäft vor: habe. Berlewiß hat als Kommissionär gearbeitet. Er vermittelte Geschäfte mit Juwelen und Antiquitäten gegen Pro­visionen. In den einschlägigen Kreisen ist er nicht unbekannt.

Auf die Wiederbeschaffung der gestohlenen Kostbarkeiten hat die Bersicherung eine hohe Belohnung ausgesetzt, außerdem sichert der schwer betroffene Juwelier noch eine Sonderbelohnung zu. Mitteilungen über den Dieb und über den Verbleib der Juwelen erbittet Kriminalkommissar Dr. Berndorff bei der Dienststelle 11e C. 1 im Polizeipräsidium.

" Zeppelin" Polarflug im März 1930.

Finanzierung zu 80 Prozent durch Pressekontrakte.

openhagen, 9. November. 30 Man hat nunmehr begonnen, endgültige Bor. bereitungen   für den polarflug des Graj Jeppelin" im nächsten Jahre zu treffen. Hierüber fanden in der letzten Zeit eingehende Verhandlungen in Oslo   statt, an denen von norwegischer Seite ansen und Sverdrup und von deutscher Seite Profeffor willinger teilnahmen. Ueber den Inhalt dieser Berhandlungen hat nun Profeffor Sverdrup nach feiner Rüdfehr nach Bergen dem, dorfigen Mitarbeiter von Polififen" interessante Ausführungen gemacht.

Danach ist der 3 weck des Polarfluges ein doppel ter. Zunächst hofft man auf diese Weise zur Lösung einiger Auf­gaben beitragen zu können, die auf einem Fluge von fürzerer Dauer geklärt werden können. Weit wichtiger ist, die Gewißheit zu bekommen, daß man in dem Luftschiff ein Berfehrsmittel gefunden hat, das zu gewiffen Jahreszeiten in der Arttis benutzt werden kann. Damit ist gemeint, daß man auch die Möglichkeit der Errichtung von Stationen für theoretische und praftische wissenschaftliche Arbeiten an solchen Stellen untersuchen will, die auf eine andere. Weise nicht erreicht werden fönnen. In dieser Verbindung nennt Professor Sverdrup die Errichtung einer meteorologischen Station in Nordgrönland. Abhängig ist dies jedoch davon, ob man in diesen Gebieten mit den Luftschiff landen famn. Die Gesamtzahl der Teil. nehmer an dem Flug wird 46 betragen. Insgesamt sollen drei Flüge mit Tromsö   als 2lusgangspuntt vorgenommen werden. Von Friedrichshafen   wird der Flug Ende März an­getreten. Bon Tromsö geht der Flug nach Fairbanks   in Alaska  , von wo ein Flug über den zentralen Teil des Eismeeres unter­nommen werden soll. Hierauf geht der Flug nach Tromsö   zurück. Die einzelnen Flüge sollen nicht länger als vier Tage dauern. Insgesamt redynet man mit einer Dauer der Expedition von vier

Wochen.

Für die Unterbringung der wissenschaftlichen Instrumente müssen im Luftschiff einige Beränderungen vorgenommen werden. Ein Teil dieser Aussteuer muß auch fest eingebaut werden. Mit diefen Arbeiten hat man bereits begonnen, da das Luft­schiff vor dem Polarflug feinen anderen Flug unternehmen foll. Außer dieser wissenschaftlichen Ausrüstung und dem Proviant wird eine Bolarausrüstung für jeden einzelnen Mann der Besazung mit Proviant für neunzig Tage mitgeführt. Die Gesamt untoften sollen fich auf eine million Stronen belaufen. Dieser Betrag wird zu vier Fünfteln aus den Geldern der Breffetontratte gedeckt: Zuschüsse von wissenschaftlicher Seite ader argendeinem Lande fommen nicht in Frage. Wie das legte fünftel ber notwendigen Mittel beschafft werben soll, wollte Profeffor Sverdrup nicht fagen, erklärte jedoch, daß auch diefer Betrag gesichert fei.

Stahlhelmer befuchen Faschismus. Studentenabordnung in Florenz   und Rom  .

Wien  , 8. November.  ( Eigenbericht.) Aus Florenz   wird gemeldet, daß sich dort eine offizielle Abordnung des Berliner   Stahlhelms zwei Tage lang aufgehalten hat. Die Abordnung soll aus Studenten bestehen und von faschistischen Studenten begleitet sein. In einem Klub­lokal der faschistischen Studentenverbände von Florenz   wurden die Stahlhelmer gefeiert. In Rom  , wo sie am Freitag erwartet mur­dent, follen die Stahlheimer u. a. von dem Generalfefretär der faschistischen Bartel, Turate, empfangen worden fein.

Der Fall Corbett.

Paris  , Anfang November 1929. Richard Corbett stand megen Muttermordes vor dem Ge schworenengericht von Draguignan   und wurde freigesprochen.

Sein Vater war englischer Bantier, seine Mutter Dienstmädchen im Hause seines Vaters. Nach der Geburt von Richard heiratete der Bankier sein Dienstmädchen. Kurz darauf starb der Bater. Nun wollten die englischen Verwandten mit allen Mitteln des Kindes habhaft werden. Als das englische Schiff Drienilinie" auf der Rückfahrt nach England eines Tages im Hafen von Toulon   lag, wollte man Mutter und Kind gewaltsam entführen. Die Vorsicht der Mutter vereitelte diesen Plan. Man einigte sich schließlich darauf, Richard zu Lausanne in einem englischen Pensionat erziehen zu lassen, wo er, dreizehnjährig, gerade bei Kriegsausbruch anfam. Nach Waffenstillstand kehrte er zu seiner Mutter nach Frankreich  zurüd. Aber die französische   Militärbehörde verlangte nun seine Einstellung. Er rückte nach Maroffo ein und diente unter der blauweißroten Fahne, widerwillig, aber unterwürfig.

Als er nach 18 Monaten verbittert und voller Haß gegen den Militärdrill zu seiner Mutter zurüdfam, wahrte er alle Zärtlichkeit für die todeskranke Frau auf. Anfang dieses Jahres wurde die trebstranke Mutter von unerträglichen Schmerzen gepeinigt. Schon am 2. November vorigen Jahres erklärte der Hausarzt Dr. Balmyre eine Operation für aussichtslos. Sorgenvoll befragte Richard andere Aerzte. Bon allen erhielt er die gleiche negative Antwort. Als er schließlich am 6. Mai dieses Jahres von Dr. Morange aus Paris  einen Brief bekam, in dem dieser ihm genau erklärte, daß seine Mutter noch höchstens drei bis zwölf Monate unter graujamften Qualen zu leben habe, da reifte in ihm der Entschluß, seine Mutter, die er über alles liebte, vor einer Berlängerung ihres Kampfes mit dem Tode zu bewahren. Am 8. Mai nachts um ein Uhr schlich er in ihr Zimmer, setzte seinen Revolver auf ihre Schläfe und brückte ab.

Bei Einbruch des Tageslichts bittet er in größter Aufregung das Dienstmädchen, den Doktor Balmyre jofort fommen zu lassen. Um vier Uhr nachmittags erscheint dieser im Garten des Hauses. Richard ruft von oben aus dem Fenster, daß er ihm entgegen­tommen werde. Aber schon hört der Arzt einen Schuß: Richard

Silberfondor über Feuerland."

Ufa Theater Kurfürstendamm  .

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Glück muß der Mensch haben, wenn er sowieso Schneid hat. Günther Plüschow  , der sich als Flieger von Ifingtau" einen Namen machte und sich mit seiner Segelfahrt ins Wunderland" als Filmpionier bewies, hatte es sich in den Kopf gesetzt, die herr­lichen Naturschönheiten des Feuerlandes ein hochragendes Ge­birge mit wunderbaren Gletschern, die fich ins blaue Meer stürzen, umgeben von grünen Wäldern zu erforschen und für den Film zu erobern. Er fand Geldgeber, fonnte sich einen Segelfutter bauen, tleiner als die Caravelle" des Columbus mit dem er über den Dzean fuhr. Unterwegs mird Rast gemacht in Brafilien und Argentinien  . Der Kameramann Rurt Neuberg hat den Ehrgeiz. Neues auf die Platte zu bringen, und so bekommen wir allerlei Einblide in die Fruchtbarkeit Brasiliens  ( Kaffee, Tabat) und in die unendlichen Bampas Argentiniens   mit ihren Rinder- und Pferde Dann geht es mit der Nußschale in die vom Wind und herben. Rebel bedrohte Infelwelt des Feuerlandes. Ich habe das prachtvolle und Forscher tätig war, mit großer Freude gelesen; aber der Film, Buch von Agostini, der in diesem Gebiet jahrelang als Missionar den Plüschow   zusammen mit seinem Flugbegleiter Dreblom von der Berg- und Gletscherwelt des Feuerlandes und Patagoniens mit gebracht hat, übertrifft alle hochgespannten Erwartungen. Man fommt förmlich in einen Sehrausch hinein! Neben den grandiosen Landschaftsbildern gehen entzückende Idyllen aus der Tierwelt ein­her. Welch ein Reichtum an Tieren: altfluge Pinguine, den Himmel bedeckende Möwenschwärme, auf ihrem Guanothron sigende Kormo­rane und dann die Seelöwen! Das von Stürmen umbraufte Land bietet für die Viehzucht einen prächtigen Boden. Man sieht riefige

Schafherden.

Man muß den fühnen Seefahrern und waghalsigen Film jägern aufrichtigen Dant zollen, daß sie uns diese Fülle schöner Bilder aus einem Gebiet beschert haben, das sonst als Heimat der Stürme und Nebel bei allen Seeleuten verrufen ist.

" Trust der Diebe".

Babylon.

I.

Wenn heute ein Kriminalfilm noch Eindrud machen soll, muß er unbedingt eine eigene Note haben. Die tann man aber trop eifrigsten Suchens im Iruft der Diebe" nicht finden. Sowohl Richard Royces Drehbuch wie Erich Schönfelders Regie wollen mit alten, zum Teil bereits ziemlich verbrauchten Mitteln neue Triumphe einheimfen.

Ein angesehener Juwelier ist das Haupt einer Diebesbande, die Juwelen stiehlt. Bis er zur Strede gebracht wird, gibt es Tote und Schwerverwundete. Menschenleben spielen eben in einem Kriminalfilm feine Rolle, und das Publikum findet sich auch mit ein paar Leichen ab, wenn nur zum Schluß ein liebend Baar fich präsentiert.

Paul Otto   gibt den Juwelier in echt weltmännischer Manier. Agnes Esterhazy   ist als Freundin, die ihn ins Berbrechen zieht, mehr routinierte Schauspielerin als Vamp. Eva von Berne ist als Kriminalaffistentin Fehlbesetzung. Was nüßt ein übliches Buppengesicht mit üblicher Kriegsbemalung, wenn von schauspiele rifchem Rönnen feine Spur gezeigt wird! Curt Beipermann hat in einer fleinen Rolle als Einbrecher oft starke Momente. Rolf, der als Geheimfurier verwendete Hund, macht seine Sache ausge

zeichnet.

Die Uraufführung stand unter einem Unstern. Hatte doch das schöne Haus, das ein Zweischlager Programm und Bühnenschau bietet, unter einer empfindlichen Lichtstörung zu leiden.

e. b.

Museumsvorträge. Sonntag, 10 115r, sprechen im Neuen Museum Dr. Anthes über Die Byramidenzeit, int Staiser- Friedrich Museum Dr. Möhle über Benedigim 16. Jahrhundert, im Museum für Böllertunbe I Direttor Preuß über, It megifanise Sefte.

Der Film Giffgas", der nach dem verbotenen Bühnenwert Beter Martin Rambels Giftgas über Berlin  " bergestellt wurde, ist jetzt von der Senfur ohne Ausschnitte freigegeben worden.

Boette Guilbert gibt heute im Beethovenfaol ihren ersten Abend. Der zweite findet Dienstag, 8 Uhr, im Bechsteinsaal statt.

im

wird Goöneberger Ufer 38 am Sonntag eröffnet und ist ab Montag täglich Die Ausflellung Die Frau von heute int Berein der Rünstlerinnen bon 10-5 hr, Sonntags von 11-2 hr zu befichtigen.

hat sich in die Brust getroffen und liegt schwer blutend quer über seiner toten Mutter. Nur durch ein Wunder hat er am Leben erhalten werden können.

Jezt hatte er sich soeben vor dem Geschworenengericht von Draguignan   megen Mordes zu verantworten: Die Wissenschaft hat alles getan, was sie fonnte," sagte er. Meine Mutter war verloren. Ich wollte sie retten. Mehr habe ich darüber nicht zu fagen." Der Gerichtspräsident: Bedauern Sie Ihre Handlung?" Corbett: Ich habe meine Mutter befreit!"

Die zwölf Geschworenen hatten zwei Fragen zu beantworten: 1. Wird Richard Corbett für schuldig befunden, am 8. Mai 1929 Marie Durand   den Tod gegeben zu haben? 2. War Marie Durand  die Mutter von Richard Corbett?

Der Mörder wurde freigesprochen.

Der fommunistische Rechtsanwalt Hauptmann Jacques Sadoul war sein Verteidiger. Die Ansichten über den Fall sind geteilt. ,, Niemand darf über das Leben eines anderen verfügen," sagen die einen, und der als Zeuge vernommene Abt Boyer, der Hausnachbar der Familie Corbett, befundet zwar, nie einen Sohn gesehen zu haben, der so seine Mutter liebte, doch hält er Richard für das Opfer der Lektüre schlechter Philosophen".( Nur Gott hat über die Dauer unseres Lebens zu bestimmen.") Die anderen aber find der Meinung, man müsse zum Sterben verurteilte Menschen mie Tiere von ihren Leiden befreien. Das Gesetz ist ungerecht. Der Staat tut nicht seine Pflicht. Daher muß jeder Mensch nach seinem Gewissen handeln," sagte Corbett vor Gericht. Es ist höchst inter­effant, daß Andrée Jouve, die Generalsekretärin der französischen  Gruppe der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit", eine scharfe Kriegsgegnerin, die von einem Redakteur des Soir" um ihre Ansicht über den Fall befragt wurde, im Gegensatz dazu äußerte: Wir dürfen weder das individuelle noch das kollektive Recht auf Tötung( beim Krieg) gutheißen. Denn sonst könnte man die ruchlofesten Taten mit dem Mantel der Menschenliebe und Humanität zudecken." Die Ansicht der berühmten Pazififtin würde allerdings unter den heutigen französischen   Gesetzen darauf hinaus­laufen, daß Corbett wegen Mordes unter das Fallbeil kommen | müßte.

Kurt Lenz.

Herbstausstellung der Gezession.

Nicht sehr erheblich sind die Unterschiede zwischen den großen Runstattraktionen Berlins  ; die Hauptsache: die Akteure bleiben mit einigen Nüancen dieselben, wenigstens die prominenten; die Kom­parsen, d. h. der begabte Nachwuchs, sind ein begehrter Artikel ge­worden. Soweit wäre alles sehr gut und schön, und man fönnte beinahe den Einbrud gewinnen, als ob es bei uns eine Kunstblüte gäbe und es den Künstlern wohl erginge, die so schöne Bilder malen und sie überall ausstellen dürfen. Aber Täuschung ist es leider"; der übermäßige Ausstellungsbetrieb entspricht in gar feiner Weise dem Bedürfnis nach Kunst, ja, er läßt das bißchen Interesse, das noch vorhanden ist, durch Ueberanstrengung ganz erschlaffen. Berschmelzung der zersplitterten Künstlerbünde zu einer Organisa Gegen die Beibehaltung der Kollektivveranstaltungen und für tion, die eine gewichtige und gefiebte Ausstellung im Jahre veranstalten würde( neben der dann die jurnfreie und vielleicht noch eine nur dem Nachwuchs dienende Schau ihren Play behaupten fönnten), spricht nicht nur der Ueberdruß des Publikums, sondern reit haben und dazu noch mehrere Ausstellungen im Reich, ja, in auch die Lage der Künstler selbst. Sie können unmöglich vier- bis sechsmal im Jahr neuestes Material für solche Offenbarungen be­Europa und Uebersee mit erstklassigen Werken versehen.

Diese Predigt vor tauben Ohren hätte natürlich bei jeder Aus­ftellungsgelegenheit gehalten werden können. Die der Sezession ist nicht die beste und auch nicht die schlechteste. Es ist viel Gutes da, aber nichts, was ganz und gar die Notwendigkeit dieses gesell­fchaftlich so gut fundierten Unternehmens bewiese; eine Ausstellung von anständigem, beinahe zu gleichmäßigem Niveau, das der zu­gelaffene Nachwuchs nur deshalb überragt, weil er auffällt durch feine unverbrauchte Frische, die Welt anzuschauen. Wir scheinen derzeit an einer Raststelle zu halten, die nach dem unaufhörlichen Wirbel von Kunstrevolten und Eroberungen neuer Formwelten seit 20 Jahren einmal kommen mußte und allen nottut.

Es erscheinen die Mitglieder der Sezession, fast alle halten ihr erprobtes Niveau, ja, erheben sich noch darüber, wie z. B. Klein­schmidt, R. Jacobi, Bató, Fritsch; wenige haben etwas Neues zu sagen und sind im Begriff, fich zu wandeln: am erstaun lichsten Charlotte Berend  , die das Malerische ganz aufgegeben hat und eine zarte, tonige Flächenkunst in Landschaften pflegt; Steinhardt, der sich immer freier zum Malerischen entwickelt, mie 9 Schlichter auch, und Magnus 3eller. der seine bertrampfte Behleidigkeit mit einem Glauben an solid gemalte Mopp, A. v. 3izemiz, Annot, R. Levy, auch Kraus. Realität vertauscht hat. Borzüglich noch: Kohlhoff, Meid,

topf, mit je einem Bilde( auch wo sie mehrere ausgestellt haben); Triers Humor entzückt in dreifacher Ausgabe, Schoff mit einem pitanten Badfischpaar, das die Nachfolge Sapphos in vollendeter Anmut proflamiert.

Als Gäste erfreuen, wieder mit je einem Bilde, der Belgier Majereel, der Pariser Kars, der Schweizer   Hermann Huber und der Düsseldorfer Wiethüchter( Blumenstilleben). Auch hier überall eine, man möchte fast sagen, auf hohem Niveau, normierte Kunst, die den Atem anhält; mur Masereel   hatte viel an Malfultur nachzuholen und wirkt darum fe ctgeschritten.

Als Gäste find zum ersten Male a ich die Konstruktiven, die Bauhausleute, erschienen: Schlemmer, mit sehr schönen neuen Bildern, Kandinsky  , Baumeister  . Selenitn, Much   a Was für ein Sturm im Wafferglas: daß man diese Führerköpfe zum ersten Male wirklich höchft persönlich in de Berliner   Sezeffion fieht! Die Sezession hat die Akademie um cine Rosenfänge ge­schlagen!

Nicht so aufregend ist, wie schon angedeutet, die Existenz des Nachwuchses. Man freut sich, daß Gremenig, Sen man längst schon in Westheims jüngster Ausstellung begrüßt hat, als ein so fuftiger und farbig feiner Erzähler weitermacht; daß Meinhard Seed, dessen prachtvnu breite Atte man eben in der Akademie bemunderte, auch hier in einer Dünenlandschaft eine Realphantasie pont beträchtlicher Kraft entwidelt, daß man aus derselben Quelle auch den begabten Maler gotischer Architekturen, Christian Beyer, mieberschöpfit: meld, erquidendes Bettrennen um die jungen Talente! Dann sind da noch gute Arbeiten von Josef Steiner, einer sehr starten Begabung; ähnlich malerisch orientiert unfeld: zarter gestimmt Eulenstein und Meitner( mit helffarbigen Frauen) Crodel  , der eine schöne Caféterrasse malte, Kaus und Oto stehen, dürfen darüber nicht vergessen werden. Herbig( ein treffliches Kinderbild), die zwischen den Generationen

Dr. Paul F. Schmidt.