Einzelbild herunterladen
 

(2. Fortsetzung.) Der Kolonialkrieg in Tripolitanien entfesselte zum erstenmal all diese neuen Kräfte, die nunmehr die sozialen und politischen Kämpfe des Landes dramatisch gestalten und ihnen einen extremen Ausdruck geben sollten. In Bologna fiel die bürgerliche nationalistische Jugend mit Knüppeln über Arbeiter her. die gegen den Krieg demonstrierten. In der Romagna und vor allem in Forli wurde der Generalstreik zum Ausstand, so daß das Proletariat drei Tage hindurch Herr der Straße war. Ein Mensch, Mussolini , vervielfältigte sich damals, um den Massen revolutionären Enthusiasmus einzuhauchen. Er war über- all. Seine Zeitung«Der Klassenkampf" hatte seit langem revolutio- näre Propaganda betrieben. Mit dem Wirtlichkeitssinn. der ihn kennzeichnet, hatte Mussolini dahin gewirkt, die heftigen Polemiken zu dämpfen, die in der Romagna zwischen den Republikanern, als den Hütern der jakobinischen und patriotischen Tradition, und den Marxisten wüteten. Mussolini opferte gern die Lehr« auf dem Altar der Aktion.Wenn sich die Leute nur schlagen." das war seine Porole. Und wenn man sich nicht mit dem Staate schlagen konnte, nun, so mochte man sich untereinander schlagen.»Das stärkt die Muskeln und bereitet den Geist vor," pflegte er zu sagen. Wäh- rend der Streiktage nahm seine Aufforderung zur Gewalt konkrete Formen an. Es galt, die Arbeiter mit sich zu reißen, die noch nicht zu uns gehörten. Man mußte die Abfahrt der Militärzüge ver- hindern, also die Schienen aufreißen und den Bahnhof besetzen. Auch mußte man für die Verpflegung der Stadt sorgen. Das war keine Kleinigkeit. Die Polizei hielt Wache. Ein Kavallerieregiment hatte die strategischen Punkte der Stadt besetzt, vor allem den Bahnhof.Man kommt nicht zu Volksoersammluu- gen mit Spazierstöcken!" schrie Mussolini ,man kommt mit Ge- wehren, nur dann kann man recht behalten." Er hotte in diesen Tagen die Redegewalt eine» Marat . Trotz- dem sind wir mit Spazicrstöcken und Kieselsteinen zum Angriff aus den Bahnhof ausgezogen. Unter uns waren Frauen, die der Gs- danke an den Krieg zum äußersten brachte, und junge Leute, die sich au» diesem Kriegsfpiel einen Spaß machten. Der erst« Kordon der Karabimeri wurde schnell gesprengt. Als wir aber In die Nähe des Bahnhofs kamen, wurde die Sache ernster. Der Boden wurde heiß. Dreimal ging die Kavallerie mit blankem Säbel vor. Die Demon- stranten hielten stand. Ein Lattenzaun wurde demollert und wir bedienten un» der Bretter als Waffen. Die Frauen warfen sich zu Boden, um die Pferde aufzuhalten. Straßenjungen schleuderten Steine gegen Kavalleristen und Karabimeri. Mehrmals wurden wir zurückgeworfen, aber immer wieder nahmen wir den Kampf auf. Mitten auf dem Platz war ich niedergeritten worden und blutete aus einer Wunde im Rücken und am Kopsiu Wenige Schritte von mir entfernt stand Mussolini mit der Peitsche in der Hand, der vor- wärtsdrängenden Kavallerie Widerstand leistend. Die Verwirrung war unsagbar. Die Verwundeten stöhnten, die Frauen kreischten, ferne Demonstranten, die nicht im Kontakt mit den Truppen waren, ließen revolutionäre Lieder erklingen. Endlich gelang es uns. auf den Bahnhofsplatz zu dringen. Die Schienen wurden herausgerissen, ein Militärzug an der Abfahrt verhindert und die Soldaten, halb verängstigt und halb vergnügt, zum Aussteigen genötigt. Es war«in kurzer Sieg. Am nächsten Morgen befand sich die Stadt im Belagerungszustand, und die Arbeiterorganisationen be- schlössen, ungeachtet unseres Aufrufs zum Widerstand, das Ende des Streiks. 24 Stunden später konnten wir im Gefängnis Be- trachtungen anstellen über den Glanz und den Sturz grüner Re- volutionäre.... Während mehrerer Wochen sollte ich Mussolini nur noch beim Untersuchungsrichter treffen, wo wir kaum Zeit hatten, zwei Worte zu wechseln. Die Voruntersuchung brachte ihn ganz außer sich. Be- sonders wütend war er auf die Rechtsanwälte.Das sind die Spieß- gesellen der bürgerlichen Justiz," sagte er.Wenn sie aber daran denken, sich aus meiner Haut die Riemen ihrer rednerischen Erfolge zu schneiden, werden sie sich irren. Ich werde mich selbst ver. teidigen." Und er hielt Wort. Und diese sein« Verteidigung war in jeder Beziehung bedeutend. Er lehnte es zunächst ab, als beruflicher Volksaufhetzer betrachtet zu werden. Dann wie» er auf die Leiden der Arbeiter hin und legte dar, daß nicht wir es sind, die die Massen aufreizen, sondern daß sich diese ganz von selbst gegen die Ausbeuter ihrer Arbeit und gegen die politischen Ungerechtigkeiten auflehnten. Er schloß mit den Worten eines griechischen Philosophen:Wenn Sie mich freisprechen, gereicht es mir zur Freude: wenn Sie mich verurteilen, gereicht es mir zur Ehre." Diese Ehre hatten wir. Mussolini wurde zu 7 Monaten Gc- sängnis verurteill, ich zu einem Jahr. Und der Präsident fügte hinzu, daß ich die Milde der Richter nur meinen 20 Jahren danke. -t. Eine nicht angetretene Erbschaft. Das Gefängnis bringt die Menschen einander nahe. Es forden die Freundschaft. Mussolini und ich verbrachten täglich mehrere Stunden zusammen und spielten Dame. Di« übrige Zeit wurde gelesen. Unser Lieblingsschriftsteller war Sorel. Wir waren cnt- zückt von seiner Verachtung für den Reformismus und für jedes Kompromiß. Die von ihm versuchte Versöhnung zwischen Prvudhon und Marx schien uns dem Sozialismus neue Horizonte zu er- schließen. Mussolini war kein orthodoxer Nachbeter des Marxismus . Er war dem Instinkt nach Sozialist: vor allem aber war er ein Rebell. Allmählich gewährte er mir Einblick in seine unruhige Jugend, seine Träume, seinen Ehrgeiz. Als Gefangener war er mustergültig. Seme Duldsamkeit gegen die anderen Sträflinge kannte keine Grenzen. Er entschuldigte alles und machte für alles die soziale Ungerechtigkeit verantwortlich Man konnte meinen, daß ihn etwas wie ein sadistisches Bedürfnis dazu trieb, sich von den Sträflingen die Geschichte ihrer Derbrechen und ihrer Zusammenstöße mit der

Justiz erzählen zu lassen. Er teilte gern sein Frühstück mit seinen Gefährten. Im Gefängnis von Bologna verbrachten wir mehrere Wochen in einem dunklen Loch mit 6 oder 7 anderen Sträflingen, und Mussolini schien sich ohne Schwierigkeit an dieses enge Beisammen- sein anzupassen. Er oermißte nur den freien Raum, seine Violine und sein Töchterchen. Von Zest zu Zeit bekamen wir Besuch von seiner Frau und

--- Mussolini wird verhaftet aber das ist lange her von den Meinen. Auch Genossen aus Forli kamen zu uns. Aber von allen Besuchen war uns E u r z i o C a m p o r e s i der liebste, weil er uns als die lebendige malerische Verkörperung unserer Romagna erschien, ritterlich, lärmend und etwas schwadronierend. Uebrigens war diese Vorliebe nicht ganz uninteressant, denn unser Freund brachte uns prachtvoll gebratene Hühner mit, wunder-

volle Würste, gutes Obst und gewisse Kuchen, die feine Spezialität waren. Er war ein alter Republikaner. Patriot und Pfaffenfresser, für den gleich nach der Lieb« zur Republik die Freude am guten Essen und um guten Wein kam. Seine Hauptbefchästigung im Leben war es, Festessen zu organisieren. Die Sozialisten liebte er nicht, aber sür Mussolini machte er eine Ausnahme. Camporesi hatte eines Tages in Rimini einer Versammlung bei- gewohnt, in der Mussolini für die sozialistische und ich für die repu- blikanische Partei sprach. Vor einer vor Erregung bebenden Menge hatte Mussolini dem schüchternen nationalen Sozialismus, zu dem ich mich damals als Republikaner und Anhänger Mazzinis bekannte, seine umfassende Idee des Klassenkampfes entgegengestellt, seine Verachtung sür den Patriotismus, mit einem Wort, seinen Hervöis- mus. Die Versammlung hatte mit einem ungeheuren Spektakel ge- endet. Der gute Camporesi, der mit seiner wuchtigen Gestalt die Masse überragte, hatte sich die Lunge aus dem Leib« geschrieen mit dem Rufe:Es lebe Trient und Trieft!" Er war empört über den antipatriotischen Zynismus Mussolinis. Als er aber erfuhr, daß dieser nach der Versammlung zu seinen Genossen gesagt Hute: Immerhin eine Republik, wie immer sie sei. wäre schon etwas," hätte er ihn am liebsten in die Arme geschlossen. Armer Camporesi! Ich frage mich oft, was würde dieser wackere Ritter der Romagna wohl sagen, wenn er seinen damaligen Freund als Diktator Italiens und als Verfolger der Freiheit gesehen te. Ein großer Geschichtsgelehrter vor dem Herrn war unser Com- poresi nicht, und ich erinnere mich genau eines boshaften Zwischen- rufes, als man ihn als Zeugen bei einem meiner Prozesse Catilini zitieren hörte:Wer war denn Catilina ?", worauf Camporesi in aller Unschuld zur Antwort gab:Nanu, das war doch die berühm- teste Dirne der Geschichte!" Ein Geschichtsgelehrter war also Camporesi nicht, aber Ales- sandro Mussolini, der Vater von Benito, auch ein stolzer Plebejer der Romagna , pflegte von ihm zu sagen:Er ist ein wackerer Kerl. Er und ich, wir wären imstande, ganz allein mit allen Spitzeln und Kanaillen fertig zu werden. Alessan- dro Mussolini war von Beruf Schmied und dann Schaut- wirt. Als einer der ersten Internationalisten der Ro- magna war er stolz darauf, in jeinem Sohn Benito die Merkmal« des Rebellen wiederzufinden, die er selbst hatte. Seine Schenke in Forli war der Sammelpunkt für alle Heißköpfe des Ortes. Da wurde laut geredet und viel geflucht. Und bei den endlosen politischen Diskussionen wurden die Kehlen trocken. Man trank reichlich, sehr reichlich. Sangiooese und Alabana, jene feurigen Weine, auf die der Romagnol« so stolz ist. Als der alte Mussolini starb, hinterließ er das Andenken eines treuen, großmütigen Menschen. Sein Sohn sprach an seinem Grab«. Tief beu»gt erinnerte er daran, daß sein Vater, der seinen Kindern kein irdisches Besitztum hinterließ, sie zu Erben eines gesstigen und sittlichen Patriotismus«insetzte, dessen Wert unermeßlich sei. Welche Ironie des Schicksals! Wir vertreten heute dieses geistige und sittliche Patrionium und werden deshalb vom Sohn des Schmiedes von Predappio in die Verbannung oder ins Zuchthaus geschickt.

Mussolini hat eine uyruhigc Jugend gehabt. Er war«in frühreifer Bengel, sehr lebhaft, schüchtern und brutal. Di« Mutter, die die personifizierte Sanftmut war, blickt« voll Besorgnis auf ihn. Er liebte die Schul« nicht, hatte aber eine Leidenschaft für langes,«infames Lesen. Als ihn sein«; Mutter in ein religiöses Erziehungsinstitut gab, hatte Mussolini es eilig, seinen priesterlichen Lehrern davon- zulaufen, auf welchen Streich sein Vater ungeheuer stolz war. Gutes Blut gibt gutes Blut, nicht umsonst ist der Junge der Sohn vom Schmied Alessandro."(Fortsetzung folgt.)

it

Rät sei-Ecke desAbend. umnmiuiuniiiiuiiiiiiiuiinimiiinuinraiiiiiiiuniiimimiiuiimmmiimiimuiuiumuuiuiiBmiiimiiiiuiiiuiuniHmmiuiuiiiinmmniiuociutmiimiiiunuiniHniaiuniimiin»

Silben- Kreuzworträtsel. Waagerecht: 3. glück­bringender Gegenstand: 4 Vorhang: 6, Masken­tracht: 8 Beleuchtungs­körper: 10 der Weste entsprechendes Klei- dungsstück: 11 weibl- Vorname. Senkrecht: i. Balkon: 2 Befehls­haberschaft: 5 Versfuß: 7. Modebad auf d Halb- insel Florida : 9. Stadt in Italien : 10. Lehrstuhl.

Oos bedeutungsvolle Du. Den Inhalt Deiner Börse nimm heraus, Ist er gering, so breite ihn hübsch aus, Und trittst in die Masse Du mitten hinein, Von aller Unrast wirst befreit Du sein. Die fehlende Mittelsilbe.

Aus den Silben bo bren dor fall la ka kan kus log lus ma nas nen nik no phan ri fa fku spar sie tan te te ten ti wohl zi sind 14 dreisilbige Wörter zu bilden mit gleicher zu ergänzender Mittelsilbe. Wie heißt die Silbe und wie heißen die Wörter? ah. Verwandlung. Einer Höhe setz' eine Farbe voran, Du gewinnst eine deutsche Stadt alsdann. Man treibt dort viel Obstbau, man liefert auch Wein, Doch soll er nicht der beste sein. ab.

Z-üllrätsel. An Stelle der Punkte sind die Buchstaben a b b c c eceeceeceec fsggtzhhh'tikl » n n nnorrrrrr | s ß t t t t t u u u u u v w so einzuordnen, daß Wörter folgender Bedeu- tung entstehen: 1. Material tür Schlafgelegenheit: 2. Stadt inKärnten:? Kriegs- Handlung: 4 Erkrankung: ö Lorgehen durch das Ge- richt: k. eine Beschuldigte: 7. Stand der Witterung: 8. Herausgabe einer Drucksache. ad.

l. G

Rösselsprung.

A A D D E E F F h L L S T U U U

Magisches Quadrat. Die Buchstoben sind so zu ordnen, daß die wage- rechten und senkrechten Reihen gleichlautend folgende» ergeben: 1. Tapferer Mann: 2. biblische Person, 3. Weg eines Flusses: 4. angenehmer Geruch k. (Auflösung der Rätsel nächsfcn Mittwoch.)

Auflösung der Rätsel aus voriger Nummer. Kreuzworträtsel. Waagerecht: 1. Rom : 3. Mai: 8. Bad Elfter: 9. Ana: 10. Gnu: 14. Lauenburg : 15. Georg. Senk­recht: 2. Oldenburg : 4. Altenburg ; 5. Abt: 6. Ulm : 7. Ire: 11. alt: 12. Anno: 13. Aga. Z a h l c n r ä t s e t: kummunalwohlen, Onkel, Alemme, Zfia- lalka, Ulme. Rahe. Alma, taatoon. Welle. Anklam� Hammel. Lohn, Eule, Nona. Kapselrätsel: Liebe ist ein Stäbchen zum Spazierengehen, Freundschaft ein Knotenstock zum Reisen. 3. Redakteur; Znten 12. Gärtner; 13

Eis.

Der Beruf: 1. Schneider: 2. Op«rnjäng«r: 4. Nachtwächter; S. Seiler: 6. Töpferz 7. Erdarbeiter; 8. Zntendani: 9. Notar; 10. Friseur; 11. Eseltreiber; Händler; 14. Reporter. Schornsteinfeger. Räiselkom bination: I. Lawine, Amulett, Strich, Sonn­abend, Osten Lasso. II. Lasso. Tasso, Tasse. Taste, Tante. Tinte. Das Fehlende: Monaten Moneten.