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Er hatte in seiner Beschwerde geltend gemacht, der§ 157 des <Äerichls-Verfassnngs-Ges etzcs bestimme nur, daß die Gerichte sich m bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Strafsachen Rechts- Hilfe zu leisten haben. Danach erscheine seine gerichtliche Ver» nehmung als Zeuge auf Requisition des Landraths, zumal in einem Disziplinarverfahren, nicht zulässig. Und er hatte ferner darauf hingewiesen, daß die Ausdehnung der lediglich für Straf- Prozesse giltigen Bestimmungen über die Zwangshaft aus ein Disziplinarverfahren gar nicht zu rechtfertigen sei. Bezüglich des ersten Punktes wird man ihm vielleicht nicht beipflichten können, da die Frage, ob nicht blos Gerichte unter einander, sondern auch Gerichte und Verwaltungsbehörden sich gegenseitig Rechtshilfe leisten sollen, im öffentlichen Interesse wohl zu bejahen sein wird. Hinsichtlich des zweiten Punktes aber liegt die Sache doch ganz anders. Die Bestimmungen über den Zeugnißzwang finden sich im Z 69 St.-P.-O. Dort heißt es im zweiten Absätze:Es kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Hast angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeil der Beendigung des Verfahrens in der Instanz, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und bei Ueberlretungen nicht über die Zeit von sechs Wochen hinaus." Die Zwangshaft ist also nach der Schwere der Strafthat, über die der widerspenstige Zeuge vernommen werden soll, abgestuft; bei Verbrechen und Vergehen, die mit dem Tode, mit Zuchthaus, mit Gefängniß oder mit Geldstrafe von mehr als 159 M. be- straft werden, beträgt ihr höchstes Maß sechs Monate, bei Ueber- tretungen, auf denen nur Hast- oder geringere Geldstrafen stehen. sechs Wochen. Daraus ist klar und deutlich der Wille des Gesetzgebers er- sichtlich, ein Mißverhältniß zwischen der Strafe des Zeugen und der möglichen Strafe des Delinquenten zu vermeiden. Es ist deshalb für den beschränkten Unlerthanenverstand, soweit er sich mit dem gesunden Menschenverstände ideutifizirt, schlechterdings unbegreiflich, wie das Zeugniß.ZwangSverfahren, insonderheit die Vcrhängung der Zwangshast, auf ein Disziplinarverfahren aus- gedehnt werden kann, wo überhaupt nicht strafbare Handlungen im Sinne des Strafgesetzbuches vorliegen, und wo in keinem Falle auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden kann. Allein das Berliner Landgericht hat den Einwand Dr. Braun'S für unzutreffend erklärt und seine Beschwerde zurück- gewiesen. Und da diese fZurückweisung auf analogen Ent- scheidungen des Kammergerichts, des höchsten Gerichtshofes in Strafsachen, soweit sie nach preußischen Landesgesetzen zu be- urtheilen sind, fußt, so ist sie für das Königreich Preußen sum- mum jus. Dem Betroffenen aber konnte sie wohl als summa injuria erscheinen, wenn er sich daran erinnerte, wie einst die über. wiegende Mehrheit des gesetzgebenden Körpers sich zu der Frage der Zeugnißverweigerung seitens der Zeilungsredakteure gestellt hatte. Bei der zweiten Berathung der Strafprozeß-Ordnung hatte der Reichstag in großer Majorität sich für folgende Bestimmung entschieden:Wird der Gegenstand einer Strafverfolgung durch den Inhalt einer periodischen Druckschrift gebildet, für welche nach§ 20 Abs. 2 des Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 der verantwortliche Redakteur als Thäter haftet, so sind Verleger, Redakteur und Drucker, sowie deren zur Herstellung der Druckschrift verwendetes Hilfspersonal berechtigt, das Zeugniß über die Person des Verfassers und Einsenders zu verweigern." Zwischen der zweiten und dritten Lesung machten sich jedoch von feiten der Regierung Einflüsse geltend, die diese Bestimmung zu Falle brachten. Wären damals die Volksvertreter steifnackiger gewesen, so hätte der Entwurf Gesetzeskraft erlangen müssen, und dann wäre in einem solchen Falle, wie der vorliegende, die Maß- regelung eines Zeugen nicht einmal- im ordentlichen Straf- verfahren möglich gewesen, geschweige denn im Disziplinar- verfahren. Es scheint uns geboten, noch auf eine Möglichkeit hinzuweisen, die eine recht bedenkliche Perspektive eröffnet. Wenn man auf dem betreteneu Wege weiter wandelt, er- scheint eS nicht ausgeschlossen, daß man eines Tages auch dann. wenn ein Verdacht gegen eine bestimmte Person in solch' einem ? falle vorliegt, das Disziplinarverfahrenwider Unbekannt" ein- eitel und den muthmaßlichen Thäter selber als Zeugen vorladet, nur zu dem Zweck, um ihn in eine Zwangslage zu bringe», in die er niemals kommen könnte, wen» er als Beschuldigler ver- nommen würde. Denn als Zeuge müßte er dann seine Aussage unter Hinweis auf den Umstand verweigern, daß er sich durch die wahrheitsgetreue Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen und einer Straf- Verfolgung aussetzen würde. Und durch diese Begründung seiner Zeugnißverweigerung würde er sich selber ausliefern. Würde nicht das Verfahren eines Richters, der einen Zeugen mit Kenntniß des gegen ihn vorliegenden Verdachtes i» dieser Weise inquirirte, an den Thatbestand des Z 343 St.-G.-B. streifen? Dieser Paragraph bestimmt, daß ein Beamter, welcher in einer Untersuchung Zwangsmittel anwendet, um Geständnisse oder Aussagen zu erpressen, mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft wird. Man sieht daraus, wohin man noch gerathen kann, wenn und geschickte Leiter dieses Blattes, Herr Kommerzienrath, Ritter:c. Heinrich Brambach, sowie seine Gattin gestern plötzlich verstorben wären. Diese erschütternde Nach- richt sei um so mehr geeignet, allseilig Bedauern und Theil- nähme zu erwecken, als die Verblichenen sich eines weiten Bekanntenkreises und allgemeiner Beliebheit erfreuten, sich daher ein reges Beileid und stetes Andenken gesichert hätten. Dieser fettgedruckten Todesanzeige folgte in begeisterten Worten eine ehrenvolle Anerkennung der Verdienste Bram- bach's. Von wem kamen diese Worte? Der Mann, den Brambach in seiner letzten Lebens- stunde beleidigt und fortgejagt, Eichwald, widmete seinem ehemaligen Freunde einen warmen Nachruf; der also lautete: Dem verstorbenen Heinrich Brambach muß jeder zum Ruhme nachsagen: er war ein ausgezeichneter Geschäftsmann mit weitem Blick und zielbewußt. Er ver- stand sein Fach nicht nur aus dem Grunde, er hatte sich darin bis zu hoher Kunstfertigkeit empor- geschwungen, seine Schöpfungen und Erzeugnisse hatten Ruf, sein Name war weit über die Grenzen seines Vaterlandes vorgedrungen und wurde überall rühmend genannt. Unterstützt durch den feinen Geschmack seiner hochgebildeten Frau, ersann er Verbesserungen auf dem Gebiete des Kunstdrucks, die tonangebend wurden. Er verfolgte seine weit angelegten Pläne mit eiserner Kon- sequenz. Er war Egoist, aber sein Personal verliert in ihm ein thätiges, streng aus Ordnung haltendes, an Wissen reiches Vorbild. In der letzten Zeit litt er oft an Anwandlungen krank- hafter Erregung. Er starb früh. Für seine Fachgenossen wird er als bahnbrechender, schöpferischer Geist noch lange fortleben." Diese Worte der Anerkennung waren um so schwer- wiegender, als sie von einem Manne herrührten, der nur zu oft die Launen und Schwächen in verletzender Art gefühlt von dem, dessen Verdienste er hier verherrlichte. Sie zeigten aber den gerechten, edlen Charakter Eich- wald's im schönsten Lichte. (Fortsetzung folgt.) man die letzten Konsequenzen zieht. Gebe Gott , daß wir zu schwarz sehen! Dr. Braun hat diesmal die Zwangshaft nicht zu kosten brauchen, da er mit gutem Gewissen bekunden konnte, daß er den Thäter nicht kenne. Dafür ist er, nachdem derselbe entdeckt war, schnell noch in den Verdacht des Meineids gekommen und deshalb in der vergangenen Woche verhaftet worden. Doch scheint der Verdacht auf sehr schwachen Füßen gestanden zu haben, denn, wie wir eingangs mittheilten, ist der Haftbefehl bereits wieder aufgehoben worden, ohne daß man die von Braun angebotene Kaution, obwohl er Ausländer ist, angenommen hat. Das ganze Verfahren giebt indeß zu denken. Jeder Ne- dakteur wird sich sürderhin mit dem Gedanken vertraut machen müssen, gegebenenfalls vor der Alternative zu stehen, entweder ein Lump, oder ein Gefangener zu sein, und zwar Von Rechts wegen._ pottkifche Aebevstchk. Berlin , 27. Februar. Die Wnhlrechts-Attentäter in Sachsen sollten sich die letzte Rede des österreichischen Ministerpräsidenten Graf B a d e n i hinter den Spiegel stecken. Derselbe er- klärte gestern im Ausschuß des Reichsraths über die Wahlreform-Vorlage: Nach eigener Ansicht der Negierung haben die bisher Nichtwahlberechtigten einen Anspruch aus Ertheilung des Wah l rechts." Mit der Art, wie Graf Badem diesen Anspruch zu be- friedigen sucht, haben wir es hier nicht zu thun; aber er erkennt doch das Recht an. Und während der erste Minister Oesterreichs das Recht der Nichtwahlbercchtigten auf Ertheilung des Wahlrechts ausdrücklich anerkennt, ist die Regierung des politisch und wirthschaftlich höchstentwickelten Staates in Deutschland darauf bedacht, der Mehrzahl der bisher Wahlberechtigten das Wahlrecht thatsächlich zu nehmen. Dieser Kontrast zeigt recht deutlich, wie der Kampf gegen die Sozialdemokratie ein Kämpft st gegen die Kultur. Die sächsische sozialdemokratische Landtags- f;raktio» beruft zum 7. und 8. April die diesjährige andesversammlnng nach Dresden ein.(Siehe auch Leit- artikel.) Bis zum Zusammentritt der Landesversammlung wird im Landtage das Wahlgesetz durchgepeitscht sein und die Genossen im Lande haben bis dahin auch Zeit, sich darüber klar zu werden, was nun zu geschehen habe. Unser Leipziger Bruderorgan ist über die vermeintlich ver- spätste Berufung der Landesverfammlnng sehr ungehalten und es ruft der Landtags-Fraktion zu: Mach: Euren Beschluß, die Landesversammlung erst auf den 7. und 8. April einzuberufen, rückgängig, beruft sofort eine außerordentliche Konferenz ein und erklärt, daß Ihr Eure Mandate sofort bei Annahme des Gesetzes niederlegen werdet!" Wir gestehen, daß wir die Aufregung unserer Leipziger Freunde nicht begreifen. Getreu dem in der Partei von jeher hoch gehaltenen Grundsatze, daß zur Entscheidung in wichtigen Fragen möglichst alle Betheiligten herangezogen werden müßten, erscheint es uns selbstverständlich, daß die Frage, ob Mandatsniederlegung oder nicht, nicht einseitig durch die Fraktion oder durch eine boo berufene Kon- ferenz entschieden werde. Diese Frage geht die Gesammt- partci an und das entscheidende Wort in der Sache hat die Landesversammlung zu sprechen. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, erscheint uns nicht zweifelhaft, und unsere eigene Meinung haben wir ja auch schon deutlich genug ausgesprochen, aber irgend etwas zu überstürzen, dazu liegt gar kein Anlaß vor. Die Partei darf nicht mit Theater- Effekten rechnen, sondern sie muß planvoll und zielbewußt handeln. Dazu gehört aber vor allem Geschlossenheit und Einigkeit; diese um der Vorliebe für Knalleffekte willen stören, wäre unverantwortlich. Vorläufig heißt es noch alle Kraft zur Bekämpfung der Vorlage zusammen- fassen, tritt dieselbe aber was ja sicher scheint trotz- dem in's Leben, dann ist unsere Kampfeslinie neu zu for- miren, und daß dies in einer Weise geschieht, die der Partei zum Nutzen, unseren Gegnern aber zum Verderben dienen wird, dafür bürgt uns die altbewährte Tüchtigkeit unserer sächsischen Freunde. Das französische Ministerium wird von einigen Zeitungen hartnäckig für ein sozialistisches erklärt und zwar aus grnnd der Aeußerung des Ministers Mesurcur in Chalons , daß das Kabinet ein radikal- sozialistisches sei. Auch dieVossische Zeitung", die sonst auf dem Gebiete der auswärtigen Politik� gut Bescheid weiß, ist durch ihren Rothkoller zu diesem Jrrthum verleitet worden.Radikal- sozialistisch" nennen sich in Frankreich seit den Wahlen des ahres 1889 die radikalen Republikaner, die mit den pportunisten nicht verwechselt sein wollen. Diese radikal- sozialistischen Republikaner, zu denen auch Bourgeois nebst seinen Kollegen von jeher gehört haben, unterscheiden sich streng von den Sozialisten, mit deren parlamentarischer Gruppe in der Kammer sie nie etwas zu thun gehabt haben. Die Radikal- Sozialisten haben im Gegentheil bei jeder Gelegenheit betont wie das auch Bourgeois und die übrigen Kabinetsmitglieder, Mesureur eingeschlossen, betont haben, daß sie aus dem Boden der bürgerlichen Gesellschaftsordnung stehen. Das hindert jedoch nicht, daß alle ehrlichen radikal- sozialistischen Republikaner mit Nothwendigkeit durch die Entwickelung der Dinge zum Sozialismus hingedrängt werden, denn der Sozialismus allein kann die Lebens- bcdingungen schaffen für eine demokratische Regierung und für eine ehrliche Republik wir nehmen das Wort in seinem wörtlichen Sinn eine Republik , in der nicht die Spitzbuben herrschen, sondern die ehrlichen Leute. Italien . In wenigen Tagen soll das Parlament wieder zusammentreten. Crispi hatte für diesen Zeitpunkt ganz bestimmt glänzende Waffenerfolge in Afrika erwartet, mit deren Hilfe er sich, um den klassisch gewordenen Aus- druck zu gebrauchen, vor der Kammer und dem Lande mit Gott durchzulügen gedachte. Allein es ist anders gekommen. Die Waffenerfolge sind aus- geblieben schwere Niederlagen haben die italienische Expeditionsarmce heimgesucht, deren Rest in der Gefahr j vollständiger Vernichtung schwebt. General Baratieri ist in vollem Rückzug. Im Dezember stand er 463 Kilometer von Massauah, d. h. vom Meer, nach den letzten Berichten war er nur noch 216 Kilometer davon entfernt. Das ganze dazwischen liegende Land mußte den Abessy. niern, den ursprünglichen Herren, preisgegeben werden; und Baratieri wird von Glück sagen können, wenn er die Küste erreicht. Jetzt erst, wo es wahrscheinlich schon zu spät ist, be« ginnt Crispi, der Italien mit bodenlosem Leichtsinn in dieses Abenteuer gestürzt hat, die ungeheuere Größe der Aufgabe und den furchtbaren Ernst der Lage zu ahnen. Nun sollen mit einein Mal 50 0Q0 Mann ausgerüstet und nach Afrika geworfen werden. Aber das kostet ja viele, viele Millionen. Und werden die SO 000 Mann noch zur rechten Zeit eintreffen? Und wenn, was dann? Die Abessynier und Schoaner haben so bedeutende militärische Hilfsquellen; Klima und Terrain bieten der Vertheidigung solche Vortheile, daß sie selbst im Fall einer Niederlage im offenen Feld, den Krieg auf Jahre hinausziehen können. Woher aber die nöchigen Gelder nehmen? Italien ist lange am Rande des Bänke- rotts auch bei günstigstem Ausgange bedeutet dieser Krieg den finanziellen Ruin Italiens . Und bei ungünstigem Ausgang ist die Katastrophe unübersehbar. In Italien ist die Auf- regung fieberhaft. Tie wachsende Roth treibt die Massen mehr und mehr in das Lager der Sozialdemokratie und bald wird es besserer Nerven bedürfen, als der eisenstirnige Crispi sie hat, um dem frivol von ihm entfesselten Sturm Trotz bieten zu können. Deutsches Reich . Der Bundesrath hat in seiner heutigen Sitzung dem Ansschußantrag betreffend den Handel mit denaturirtem Branntwein sowie dem Ausschußautrag zu dem Antrage Preußens betreffend die Regelung der Arbeitsverhältnisse in Bäckereien undKonditoreien dieZustimmung ertheilt. Praxis und Theorie in der Politik", so überschreibt diePost" ihre gewundene Antwort aus den offenen Bries des Professors Delbrück an Herrn Stumm über die Au- griffe der Freikonservativen auf das allgemeine Wahlrecht. Das würdige Blatt sucht sich um die gestellten Fragen herumzudrücken, es gesteht blos ein, daß nunmehr ernste Zweifel in der frei- konservativen Partei entstanden sind,ob die Voraussetzimgeu. unter denen über die gegen dasselbe hinsichtlich seiner sachlichen Richtigkeit bestehenden Bedenken hinweggesehen werden kann, noch vorhanden sind". Dann schreibt das Blatt: Die Zunahme der Degeneration der Wähler, der Kandidaten und der Wahlen und das damit zusammenhängende Sinken des Niveaus der parla- mentarischen Thätigkeit mit den zerrissenen parlamentari- schen Parteien, die Z u r ü ck d r ä u g u n g des Einflusses der gebildeten und von selbstlosem Patriotismus be- seelten Elemente unseres Volkes gegenüber denen, welche lediglich und meist in der gewissenlosesten Weise die größten materielle» Interessen und Leiden- s ch a f t e n nähren, die tiefe Zerklüftung der Wählerschaft. welche sich in immer stärkerem Maße als der Rückstand jeder Reichstags-Wahl ergiebt und schließlich das Hervortreten eines scharfen Klassengegensatzes zwischen den großen urtheils- losen Massen und der besitzenden und gebil- deten Minderheit sind Wirkungen des Reichs- Wahlrechts, welche nur derjenige nicht sieht, welcher den Vorgängen des politischen Lebens fern steht und sie nur auS dem Wolkenkuckucksheim der Gelehrtenwelt betrachtet......" Es kommt aber noch ein zweites Moment hinzu. Wie die Sozialisten einen in Wirklichkeit nicht vorhandenen Gegensatz von Arbeit und Kapital annehmen. weil sie die geistige Arbeit, welche der Erwerb und die Erhaltung gröberen Besitzes bedingt. als solche nicht auerkennen, so wird völlig willkürlich ein Gegensatz zwischen Besitz und Bildung konstruirt, in dem letztere als Monopol der Gelehrtenwelt, insbesondere der an den Hoch- schulen thätigen Gelehrtenwelt angesehen wird." Wir glauben durch Hervorhebung einiger Stellen durch ge- sperrten Druck uns jede weitere Kritik dieser Auseinandersetzungen des Organs der Stumm und Kardorff ersparen zu können. Auf dem christlich-sozialen Parteitage wurde folgende Resolution des Grafen Solms-Laubach gefaßt: 1. Wir billigen den nach Lage der Sache unvermeidlichen Austritt Stöcker's aus der konservativen Partei. 2. Wir konstituiren unS hiermit zu einer selbständigen christlich- sozialen Partei und bestätigen das Eisenacher Programm vom 6. Juni 1395. Wir bekämpfen nach wie vor jede konservative Richtung, die der Politik der Mittel- Parteien grundsatzwidrige Konzessionen macht, ebenso wie einen Konservatismus, der einseitig die materiellen Jnter- essen vertritt. 3. Wir erstreben auch in Zukunft eine größere ökonomische Gleichstellung von Reich und Arm und die gesetzliche Unleistützung der Bestrebungen der wirthschaftlich Schwächeren. Aber wir verwerfen radikale Theorien, welche die absolute ökonomische Gleichheit aller verrreten. Ebenso bekämpfen wir die Machtentfallung übergroßer Vermögen. insofern sie die Freiheit der Staaten oder die Wohlfahrt des Volkes gefährden.. 4. Wir erachten den Kampsi unter der Fahne de? wahren lebendigen Christenrhums als den einzigen stegverheißenden gegen die Mächte des Umsturzes. Den Kampf gegen diesen nimmt die christlich- soziale Partei mit aller Kraft auf. Auch die vom Pastor Wahl gestellte Resolution wurde mit allen gegen drei Stimmen angenommen: Die heule in Frankfurt a. M. u. s. w. erklären, daß ihnen ein politisches Zusammengehen mit der sogenannten jüngeren christlich-sozialen Richtung trotz mancherlei innerer Berührungspunkte schon deshalb nicht möglich ist, weil ihnen kein klares Programm jener Richtung gegenüber« steht." Ueber die Organisation der Partei referirte Hofprediger Stöcker. Er empfahl, eine Partei über das ganze Reich zu bilden und lokale wie staatliche oder provinzielle Mitgliedschaften zu organisiren. Als Ehrenpräsident wurde Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Adols Wagner-Berlin gewählt. Der erste Präsident ist Hof- Prediger a. D. Stöcker, der zweite Gras Solms-Laubach . Reichstags-Abgeordneter Prof. Hüpede», P. Weruer-Beckendors, Dr. Burckhardi-Barmen und Schneidermeister Willenbrock-DreSden bilden mit dem Recht der Zuwahl den Vorstand. DerBund der Landwirthe" berichtigt. Auf vorgedrucklen Formularen, denn derBund der Landwirthe" scheint den Gebrauch und Mißbrauch des§ 11 des Preßgesetzes im großen zu betreiben, sendet uns der Direktor desBundes der Landwirthe" folgende zwei Berichtigungen: 1. In demVorwärts" vom 13. Februar 1396 findet sich die Behauptung, daß ich eine Beleidigungsklage gegen den Pfarrer Caesar in Wiesenthal angestrengt habe, weil derselbe in einer Wahlversammlung sagte, derBund der Landwirthe" arbeite mit Lug und Trug, sowie ferner, daß der von mir angestrengte Prozeß in zwei Instanzen zu nieinen Ungunsten entschieden worden sei und daß ich nunmehr die entstandenen Kosten zu zahlen habe. Demgegenüber erkläre ich: Es ist unwahr, daß ich eine Beleidigungsklage gegen den Pfarrer Caesar in Wiesenthal überhaupt angestrengt habe. II. In dem Bericht desVorwärts" vom 19. Februar 189« über die Generalversammlung desBundes der Landwirthe" findet sich die Behauptung: