1. daß, während der„Bnnd der Landwirthe" 189 000� Mit- glieder zählen solle, die Auflage des obligatorisch ein- geführten Bundes-Wochenblattes nur IMOtXZ Stück betrage; 2. daß der„Bund der Landwirthe" seinen Mitgliedern im vergangenen Jahre für mehr als 700 000 M. Düngemittel vermittelt habe. Demgegenüber habe ich zu erklären: »ä 1. Es ist unwahr, daß das Bundes-Wochenblatt obligatorisch eingeführt ist. Dasselbe erhalten nur die mindestens 2 M. Jahresbeitrag zahlenden Mitglieder. Einen Rückschluß von der Höhe der Auflage des Bundes-Wochenblattes aus die Zahl der Mitglieder zu ziehen ist daher unrichtig. aä 2. Nach dem von Herrn Reichstagsstenographen Cohnen gefertigten stenographischen Bericht über die Verhandlungen wahrend der Generalversammlung habe ich wörtlich folgendes gesagt: „Es wurde an Düngemitteln im letzten Jahre vermittelt mehr als 700 000 Zentner, also eine viertel Million mehr als im vergangenen Jahre." — Zum Essener Meineids-Prozeß wird der „Rheinisch-Westfälischen Arbeiter-Zeitung" aus Herne berichtet: Bergmann Thiel von hier, der einzige Angeklagte, bei welchem in dem bekannten Meineidsprozeß Schröder und Genossen fahr- lässiger Meineid angenommen wurde, ist nach überstandener sechs- monatiger Gefängnißstrafe aus dem Gefängniß zu Siegburg ent- lassen worden. Thiel bleibt dabei, damals die Wahrheit beschworen zu haben, und, falls er zu dem Prozeß des Redakteurs Hofrichter in Köln als Zeuge geladen werde, dann könnt« er, wollte er nicht die Unwahrheit sagen und meineidig werden, nichts anderes bekunden, als was er seinerzeit beim Essener Prozeß unter Eid ausgesagt, selbst wenn ihm da» durch aufs neue schwere Zuchthaus st rase drohe.— Hamburg , 27. Februar.(Eig. Bericht.) Ueber 20 000 Per- sone» proteftlrten gestern Abend in 16 großen Versammlungen im Hamburger Staalsgebiet gegen die Hamburger Verschleppungs- Politik und die Rechtlosigkeit der arbeitenden Klassen im Ham- durger Staatswesen. Eine dahingehende Resolution wurde überall unter stürmischem Beifall angenommen. Oesterreich. Wien , 26. Februar. Im Ausschuß für die Wahl- reform vorläge führte Ministerpräsident Graf B a d e n i ans, er müsse großes Gewicht darauf legen, daß die Wahl- resorm thunlichst gefördert, eventuell in möglichst kurzer Zeit zu stände gebracht werde. Eine rasche Erledigung liege nicht so sehr im Interesse der Regierung, als des Staates. des Hauses, der Parteien und der Bevölkerung. Daß die Vorlage schwache Seiten habe, sei schon in der ersten Debatte im Abgeordnetenhause zugegeben worden und er mache ausdrücklich auf dieselben aufmerksam. In den erläuternden Bemerkungen zu der Vorlage sei ebenfalls darauf hingewiesen worden. Sein heutiges Eingreisen in die Debatte bezwecke den Stand der Dinge zu präzisiren. Be- stehende Interessen würden durch die Vor- läge nicht geschädigt. Andererseits habe eine Er- Weiterung des Wahlrechts nicht nur wegen der früheren Regierungsvorlagen nöthig geschienen, sondern auch des- halb, weil nach der eigenen Ansicht der Regierung that- sächlich ein Anspruch der bisher Richt-Wahl- berechtigten aus Gewährung desWahlrechts vor- h a n d e n s e i. Tie Vorlage sei derartig abgefaßt, daß man mittels derselben der Gefahr entgehen dürste, das allgemeine Wahlrecht zu einer unpassenden Zeit einführen zu müsse n. Keine Partei brauche durch Annahme der Vorlage von ihren Grundsätzen etwas Wesentliches preiszugeben. Gegenüber Amendements werde die Regierung wohlwollendes Entgegenkommen beweisen, sofern dieselben sich innerhalb gewisser Grenzen bewegte». Ueber die festgesetzte Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten werde die Regierung nicht hinausgehen, auch wolle sie keinen Schritt in ent- gegengesetztem Sinne gehen. In bezug auf das direkte oder indirekte Wahlrecht müsse die Entscheidung den Landtagen überlassen bleiben. Graf Badeni wiederholte nochmals dringend den Wunsch, das Haus möge die Frage in kürze st er Frist erledigen. Vor der Rede des Ministerpräsidenten hatte der jung- ezechische Abgeordnete Brzorad Uebergang zur Tages- ordnung über die Regierungsvorlage und Annahme des Antrages Slavik aus ein all- gemeines Wahlrecht beantragt. Abg. Romanczuk befürwortete einen Antrag Bareulher. betreffend W a h l m i ß- b r ä u ch e. Abg. Bauer wünschte Feststellung einer qualifizirten Majorität für weitere Aenderungen der Wahlordnung in den Kurien der Landgemeinden und Städte. Abg. Depauli verlangte Herab- setzung des Zensus. Nach der Rede des Ministerpräsidenten sprach Abg. Goch. Hierauf wurde die Generaldebalte geschlossen. Abg. Serenyi trat für eine Minoritätsvertretung ein. Abg. Lupul begrüßte die Wahrung der Individualität der Länder als einen Vorzug der Vorlage. Nächste Sitzung Freitag.— Wien , 27. Februar.(Abgeordnetenhaus.) Der A ck e r b a u m i n i st e r Gras v. Ledebur-Wicheln brachte einen Gesetzentwurf ein betr. die Errichtung von BerusS- genosfenschaften der Landwirthe.— Frankreich. — Gegen die Einkomniensteuer, also gegen die Regiernng erklärte sich der Präsident der Budgetkommission, Cachery, in seiner Ansprache zur Eröffnung der Kommissions- Verhandlung. Er will nichts wissen von„Schnüffelei in die Vermögensverhältniffe", nichts von„Ungleichheit der Bürger"». Die„Ungleichheit" soll darin bestehen, daß die Retchen mehr Stenern auf das Hundert des Einkommens bezahlen sollen als die Armen. Die Herren Geldsäcke scheinen das Wort„Gleich- heit" eben so schamlos mißbrauchen zu wollen, wie sie ein halbes Jahrhundert lang und mehr das Wort„Freiheit" miß- braucht haben. Die Regierung läßt sich übrigens durch derartige Dcmon- strationen nicht aus der Fassung bringen. Die Reform- bewegung gegen den Senat ist im Wachsen und durch den ernsthaslen Versuch, endlich einmal den Schmutz aus dem Staate herauszuschaffen, hat die Regierung sich solch« Sympathien im Land erworben, daß eS den Herrn Panamisten aller Art nicht so leicht werden wird, sie zu stürzen. Muß doch sogar die„Kreuz-Zeitung " heute in ihrem Slbend- Leitartikel zugeben, daß das radikale Ministerium(sie sagt:„das s o z i a l i st i s ch e") sich verdient gemacht habe um die Sache der öffentlichen Moral. — — Präsident Faure wird eine Reise durch Frankreich machen. Die Reaktionäre fürchten, er werde im Lande gegen sie agitiren.— — Der Arton-Prozeß wirst seine Schatten voraus. Di« Untersuchung darüber, warum Arton so lange nicht ver- haftet ward, scheint greisbare Resultate ergeben zu haben. Namentlich scheint der Ex-Minister Ribot arg kompromittirt.— Belgien . —„Gegen die Blutsteuer", da? heißt gegen die Konskription und den Militarismus fand am Sonntag in Brüssel vom„Maison du Peuple"(Volkshans) ausgehend eine imposante Demonstration statt, an der sich über 12 000 Menschen: Männer und Frauen— auch eine beträchtliche Zahl von Rekruten— be- theiligten. Nach Ansprachen im Maison du Peuple bewegte sich der Zug, die sozialistischen Abgeordneten und die Redaltion des „Peuple " an der Spitze, durch die Stadt. Rothe Fahnen mit bezeichnenden Inschriften:„Nieder mit den Kriegen!"„Wenn der Kapitalismus gefallen, dann ist Friede!"„Nieder mit der Blntsteuer!" u. f. w. belehrten das Volk über den Zweck der Kundgebung. Die Polizei machte keine Hindernisse, und so ver- lies alles in Ruhe und Ordnung. — England. — G o s ch e n, der erste Lord der Admiralität, hielt gestern im Unionistenklub eine Rede, aus der folgender Passus von Interesse für uns ist: Einige Streitfragen seien noch unerledigt geblieben. Ohne diplomatische Geheimnisse zu verrathen, könne er erwähnen, daß ein hochbedeutender deutscher Staatsmann, jedoch nicht etwa Fürst Bismarck , in vergangenen Jahren überzeugt gewesen sei, England werde es niemals wagen, seineJnteressen im Auslande mit Gewalt zn schützen, und könne zu Kriegsoperationen nur durch einen Angriff auf das Zentrum seiner Interessen in England selbst gezwungen werden. Einer gesährlicheren Täuschung habe sich noch nie ein verantwortlicher Staatsmann hingegeben; er hoffe indessen, daß mit dieser Ansicht gebrochen sei und daß denjenigen, welche eine ähnliche Anschauung hätten, durch die jüngsten Ereignisse der Jrrthum benommen sei. Die Beziehungen der englischen Regierung zum deutschen Kaiser seien so herzlich, wie sie im gegenwärtigen Zeitpunkte nur sein könnten, und sie würden beiderseits ausrecht erhalten von Männern, die sich dessen bewußt wären, daß jeder einzelne seine eigenen Rechte und Interessen vertheidigen müsse. Bezüglich der Sonderstellung Englands, erklärte Redner, England würde mit Freuden in ver- schieden« Gruppen der fremden Mächte aufgenommen werden, es sei indessen nicht willens, die verlangte ausschließliche Hingabe zu gewähren. Deshalb sei man etwas ärgerlich über England; man habe den Versuch gemacht, England zum Anschluß an eine Gruppe von Mächten zu bewegen. England habe aber dem Bestreben, es zu fangen, widerstanden und dadurch Erbitterung hervorgerufen. Tie Sonderstellung Englands beruhe nicht aus der Schwäche. sondern auf der Freiheit des Handelns. Redner schloß, indem er der Freude darüber Ausdruck gab, daß das ganze Land durch die! jüngsten Ereignisse von der Nothwendigkeit überzeugt sei, Maßregeln bezüglich der Flotte zu treffen, welche die Wirksam- keit des Auswärtigen Amtes verstärken und das Land besähizen würden, jeder Eventualität, die sich etwa zeigen möchte, zu be- gegnen. Wer der„hochbedeutende deutsche Staatsmann" wohl ist? Doch nicht Herr von Marschall . Dieser hat bisher keinen Grund gegeben, ihm ein« solche Dummheit zuzutrauen.— London , 27. Februar. Bei der Wahl in Lichfield wurde der Radikale Warner mit 4483 Stimmen gegen den Unionisten Darwin mit 8955 Stimmen gewählt. Warner tritt an Stelle des Radi- kalen Fulsord, dessen Wahl, welche im vorigen Jahre nur eine Mehrheit von 44 Stimmen erzielte, für ungiltig erklärt wurde. Dies ist im Verlaufe weniger Tage die dritte Nachwahl, die mit einer Niederlage der Regierung endet.— Italien . Rom » 26. Februar. Wie die Abendblätter melden, wäre General Baldissera im geheimen von Brindisi abgereist und sei im Begriffe, nach Pord Said zu gehen, von wo er sich nach Erylhräa begeben wolle, um das Oberkommando über die Kolonial- truppen zu übernehmen. General Baratieri, der durch die Entsendung eines neue» Oberkommandanten nun auch von der Regierung ein Miß- trauensvotum erhält, befleißigt sich deshalb wieder, Siege zu melden, was bekanntlich besonders bei großen Entfernungen be- deutend leichter ist. als Siege zu erfechten. So meldet er nun: Oberst Stcvani, welcher den wichtigen Punkt Maimarat befehligt, stieß auf einem Rekognoszirungsniarsche heute früh mit einer ungefähr 1000 Gewehre starken Schaar des von den Italienern abgefallenen Ras Sebat zusammen. Er griff dieselbe an, schlug und zerstreute sie. Die Aufständischen hatten einen Verlust von ungesähr 60 Tobten und 100 Verwundeten. Die Italiener verloren an Weißen S Tobte und 12 Verwundete, an Eingeborenen 4 Todle und 16 Verwundete. Am Kampfe nahmen zwei Bataillons Bersaglieri , zwei Kompagnien Eingeborene und eine Batterie theil. Spanien . Madrid . 26. Februar. Der Ministerrath beschloß die Auslösung der Cortes(des Parlaments). Die Neu- wählen für die Deputirtenkammer sind auf den 12. April, die der Senatoren auf den 26. April festgesetzt. Die Kammern sollen am U. Mai zusammentreten.— Türkei . Konstautinopel, 25. Februar.(Time?.) Revolutionäre Schriften werden von Agenten, die mit Revolver» bewaffnet sind, in großer Anzahl in den entlegenen Theilen der Stadt ver- breitet. Tie Polizei hat Befehl erhalten, nicht einzuschreiten, da mau im Iildiz- Kiosk befürchtet, daß der Gebrauch von Feuer- waffen aus die Bevölkerung eine verhängnißvolle Wirkung haben könnte. Alle diese Schriften sind gegen eine An- nzendung von Gewalt gerichtet. Der Sultan hat angeordnet, daß zwei kaiserliche Firmans vorbereitet werden, durch welche Prinz Ferdinand zum Fürsten von Bulgarien bezw. zum Generalgouverneur von Ost-Rumelien ernannt wird.— Amerika . Washington, 27. Februar.(C. N. of G.) Präsident C l e v e l a n d, unterstützt vom Doyen des Senats, Sherman von Gio, und dem Vorsitzer des Ausschusses für auswärtige An- gelegenheiten des Repräsentantenhauses, bat sich in der heutigen Kabtnetssitzung zu g u n st e n amerikanischer I n l e r- vention in den Angelegenheiten der kuba- nischen Freiheitskämpfer ausgesprochen, mit dem Vorbehalt jedoch, daß diese Intervention erst dann geschehe, wenn die Regenzeit dem offenen Feldkampse ohnedies Ein- hall thue. Die Republikaner dringen dagegen aus sofortige Schritte seitens der Regierung.— — Nach einer Depesche der Madrider Zeitung „Heraldo " aus Havannah haben sechs Zusammenstöße zwischen den spanischen Truppen und den Aufständischen stattgefunden. Am bedeutendsten war der Zusammenstoß an der Eisenbahn von Jovellanos . Dort griff eine Truppenablheilung die 4000 Mann starke Schaar Maceo's an und bemächtigte sich deren Stellungen. Die Aufständischen verloren 42 Tobte und 6 Gefangene. Auf feiten der Spanier wurden 16 Mann verwuudet. Von spanischen Siegen wird hier nichts gemeldet. Die amerikanischen Journalisten, welche in Havannah fest- genommen worden waren, sind gegen ihr Ehrenwort, Kuba so- fort zu verlassen, wieder in Freiheit gesetzt worden.— Der Nusptttnd ver Mexkilarveiker in Dottvus. Die Fabrikanten- Koalition veröffentlicht in Berliner Zeitungen und auch in den einflußreichen Zeitungen anderer Städte folgende Erklärung: „Die im Namen der streikenden Arbeiter veröffentlichten Darstellungen zwingen uns zur Berichtigung: Als im Mai v. I. der Frieden durch das weite Entgegenkommen der Arbeitgeber bald hergestellt war, ergingen sich gerade die jetzigen Führer der Arbeiter in den lebhaftesten Danksagungen und bereits im Juli war es fest beschlossene Sache, daß�tn diesem Frühjahr gestreikt tverde. Die hiesigen Textilarbeiter sind nnverhältnißniäßig— um 25 bis 30 p C t.— besser gestellt, als in allen Nachvarstädten und selbst böher als in den meisten rheinischen Fabrikorlen, in denen das Leben theurer ist als hier. Die Koltbuser Industrie hat infolge dessen in den letzten sechs Jahren unausgesetzt ge- litten, während sie sich» in den Nachbarstädten in demselben Maße hob. 8 biS 15 Mark, wie das Flugblatt der Arbeiter angiebt, er- halten junge Leute und solche, welche einfache Arbeiten verrichten. Geübte, fleißige und geschickte Weber und andere gelernte Arbeiter haben zwischen 15 n n d 25 Mark in der Woche verdient. Die Arbeitszeit ist bei den M i t g l i e d e r n des Vereins, die�/io der ges ammten hiesigen Textilarbeiter beschäftigen, eine 11 stündige und wurde nur in seltenen Fällen im vollsten Einvernehmen mit den Arbeitern über- schritten. Wenn Arbeiter bei einer dem Verein nicht an- gehörigen Firma nachts gearbeitet haben, was wir miß- billigen, so haben sie wohl gewußt, daß sie hierzu nicht ver- pflichtet waren, und freiwillig und aus Gewinnsucht das Ueber- maß an Arbeit und Anstrengung übernommen. Wenn die Arbeiter über die Behandlung durch Beamte zu klagen hatten, haben sie stets Gehör gefunden. Für jeden Miß- griff den Arbeitgeber selbst verantwortlich zu machen, wäre ebenso falsch, als wenn wir die Schuld einzelner Hetzer, welche plan- mäßig in die Fabriken vertheilt worden sind, und die Verantwortlichkeit dafür, daß die Fabriken abgesperrt, friedliche Arbeiter mißhandelt und schutzlose Frauen und Kinder auf der Straße insultirt worden sind, der ganzen Arbeiter- schaft zur Last legen wollten. Trotz der an sich schon hohen Löhne sind in der vergangenen Woche von vielen Arbeitgebern noch weitere Erhöhungen zugestanden worden. Anfänglich durch diese Erhöhungen sehr zufriedengestellt, haben dieselben Arbeiter wenige Stunden später auf Befehl der Agitatoren noch höhere Forderungen erhoben, welche nun allerdings abgelehnt werden mußten. In etwa 12 Fabriken haben hierauf die Arbeiter ohne Kündigung und unter Kontraktbruch sofort die Arbeit niedergelegt. Um diese Fabriken zu schützen, haben die übrigen Mitglieder des Vereins als Gegenmaßregel ihren Arbeitern am 21. d. M. zum 7. März er. gekündigt. Die Arbeiter hätten also noch ruhig 14 Tage bei der Arbeit bleiben können und es wäre in dieser Zeit ein Umschlag ihrer Stimmung nicht ausgeschlossen gewesen. Ein großer Theil von ihnen war hierzu auch gern bereit, ist jedoch durch Schmähungen und Drohungen anderer abgehalten worden; die Fabriken waren von Agitatorenposten umstellt. Wenn, wie behauptet wird,„6000 Arbeiter und Arbeiterinnen auf der Straße liegen und 16 000 Köpfe brotlos sind", so ist keiner von ihnen in diese Lage durch die Arbeitgeber, sondern durch eigenen Willen und durch Nachgiebigkeit gegen agitatori- scheu Zwang versetzt worden. Die schweren und dauernden Folgen, durch welche die Ar» beitcr selbst, die Arbeitgeber, die ganze Industrie und die Ge- meinde geschädigt werden, sind nicht den Fabrikanten, sondern den Hetzern und Agitatoren und der gegen dieselben von den Arbeitern bewiesenen Schwäche zur Last zu legen. Verein zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Tnchsabrikanten zu Kottbus." Diese Erklärung zeigt die Schwäche der Fabrikantenposttion auch dem blödesten Auge. Löhne von 8— 15 M. werden dadurch noch lange nicht genügend, daß die Personen, die sie bekommen, einfache Arbeilen verrichten. Aber selbst die geübten» fleißigen und geschickten Arbeiter verdienen nach eigenem Geständniß der Fabrikanten nur z w i sch e n 15 und 25 M. Es ist bestimmt anzunehmen, daß die Löhne nicht in der Nähe der 25 M.. sondern in der Nähe der 15 M. herumschwanke», sonst würde das streikende Proletariat der Kottbuser Tuchmacher« sicherlich höhere Forderungen stellen, als es der Fall ist. Wie wir schon in der Mittwochsnummer mittheilten, wird eine Regulirung der Preise nach der Richtung hin verlangt, daß die Arbeiter und Arbeiterinnen bei voller Arbeit eines Wochenverdienstes sicher sind, der je nach der technischen Rangstufe der Arbeitsleistung 13,50—22 M. beträgt. Für junge Leute unter 18 Jahren werden 16 Pf. Stundenlohn gefordert. Daß die Bewilligung dieser gewiß nicht übermäßigen Forderungen die Kottbuser Texlilwaaren- Industrie konkurrenzunfähig machen würde, glaubt den Fabrikanten niemand, und gewiß am wenigsten glauben eS die Fabrikanten s e l b st. Wenn wirklich die übrigen Lausitzer Fabrikanten und die der rheinischen Gegend noch schlechtere Löhne zahlen sollten als ihre Kollegen in Kottbus , was vorderhand noch zu beweisen bleibt, so mögen die Kottbuser Fabrikanten ihre gewiß noch lange nicht ärmlich« Profitrate etwas herabsetzen. Jedenfalls giebt es auch für sie kein Recht, die Proletarier. auf deren Arbeit doch die Unternehmer-Existenz gegründet ist. ewig am Hungertuch nagen zu lassen. Die übrigen Angaben der Fabrikanten- Erklärung sind so nichtssagend, daß ein Eingehen daraus überflüssig ist. Bemerkt sei nur noch, daß die Macher der Fabrikanten-Koalrtion wohlweislich verschweigen, daß ein« Anzahl Fabrikanten sich bereits mit ihren Arbeitern geeinigt hatten und zur Kündigung ihrer Personale sich nur genöthigt fühlten, weil auf Zuwiderhandlung gegen die Be- schlüsse des Fabrikantenvereins eine Konventionalstrafe von 800 M. für jeden Webstuhl gesetzt ist. Kurzum, die Kottbuser Fabrikanten hätten gescheiter gethan, die Hunderte von Mark, die die Veröffentlichung ihrer belang- losen Erklärung im Annoncentheile der Zeitungen kostet, zur Aufbesserung der jämmerlichen Löhne ihrer Personale zu �ver- wenden. Momtnunsles. Stadtverordneten-Versammlung. Oeffentliche Sitzung vom Donner st ag, 27. Febr. Stadtverordneten- Vorsteher Langer Hans eröffnet die Sitzung um ö�/s Uhr. Stadtv. Dr. Schwalbe berichtet über die Vorlage, be- treffend die anderweitige Organisation der städtischen Webe schule. Danach soll die Schule in eine„Städtische Höhere Webeschule, verbunden mit Wirk-, Posamentier» und Färbereischule" mit besonderen Kursen für Slndirende der Wirkerei. Studirende der Pasiementerie, Musterzeichner, sowie für Käujleute des Textilfaches und für Färbereibeflissene auS- gestaltet werden. Der Ausschuß beantragt, daß die Versamm- lung sich mit den Aenderungen des Organisationsplans ein- verstanden erklärt, jedoch den Magistrat ersucht, in Verbindung mit dem Ministerium und den übrige» Webeschulen vom Etatslahr« 1897/98 ab eine Aenderung dahin herbeizuführen, daß der bezüglich des Schulgeldes gemachte Unterschied zwischen Preußen und nicht- preußischen Deutschen wegfalle und statt dessen für„Deutsche " ein jähr- liches Schulgeld von 200 M. bezw. für Hospitanten von 10 M. festgesetzt werde. Ferner soll die Versammlung den Magistrat ersuchen, für größere und häufigere Bekanntmachung der städtischen höhereen Webeschule Sorge zu tragen und die Mittel dazu event. durch Verstärkung der betreffenden. Elatsposition bereit zu stellen. Die Versammlung nimmt ohne Debatte die Anträge des Ausschuffes a». Es folgt die Vorlage betreffend die Festsetzung deS Stadt« haushalls-Etats für 1396/97. Derselbe schließt in Ein- nähme und Ausgabe mit 89 117 812 M. ab. d. h. 1263 553 M. weniger als im Vorjahre. Kämmerer M a a ß: Der Etat balancirt mit 89 117 312 M. Die festen Stenern ergeben 8 542 000 M., die Gemeindegrund- steuer 15 846 000 M., die Gewerbesteuer 5 860 000 M., die Ein- kommensteuer 22 261 000 M. Es werden erhoben 148 pCt. an Realstenern und 9$2/3 pCt. an Pcrsonalsteuern. im laufenden Etat waren es 144 beziehungsweise 96 pCt. Es sind ganz geringsügige Mehrbedürsnisse erforderlich. Der
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