Sonntag
10. November 1929
Unterhaltung und Wissen
Beilage
des Borwärts
Gerdland: Garagen der Leidenschaften
Mitten in der Nacht ist man plöglich aus seiner Arbeit ermacht,| man blickte sich um, da stand das unberührte Abendbrot, das eine rührende Wirtin bereitgestellt hatte, da stand der mit Zigarettenresten angefüllte Aschenbecher, das Grammophon stand in seiner Ede, jo, man fand sich wieder, vor der Schreibmaschine fizend, mit etwas entzündeten Augen, mit wirren Haaren und gerutschter Kramatte. Man hat bei seiner einzigen Geliebten den Schlaf vergessen, man hat gearbeitet. Aber bann ist man ausgestanden, zum Fenster getreten. Es war Nacht. Die Blondine Marion gegenüber hat schon das Licht gelöscht. Es muß wohl schon sehr spät sein.
Man denkt an eine mütterliche Frau, bei der man Ruhe finden fönnte, Sättigung und Schlaf. Aber diese Frau ist verschollen, ver heiratet in irgendeinem Kaff. 21fo stellt man sich vor den Spiegel, ordnet die zermühlte Kleidung, fämmt fich( fomisch, daß sich alle Schriftsteller bei der Arbeit so oft gedankenschwanger durch die Haare fahren... D), zieht seinen Mantel an. Dann geht man. Man geht ohne Ziel. lind da schreckt einen die Hupe eines Autobuffes auf. Und da steigt man ein. Man fährt durch die schlafende Weltstadt, durch das Zeitungsviertel, in dem die Rotationemaschinen die ersten Morgenblätter speien. Und dann befindet man sich am Alexander play. Man, steigt aus und geht, bewacht von einer grenzenlosen Einsamkeit, mitten auf dem großen Platz. Die großen leeren, schwarzen Fensterscheiben von 2jdinger bloten und starren einem feltsam stur und stier entgegen. Und die leuchtenden, funkelnden Aus: lagen der enormen Barenpaläste lachen einen aus.
Man geht und sieht, meil man sehen will, man hört, weil man hören will.
Am frühen Morgen, gegen 6 1hr sigt man in einer ganz mertmürdigen Lofalität vor einer Beckwurst und einer Geflügelbrühe und schreibt, weil man schreiben muß! Man schreibt hier den Bericht über die Garagen der Leidenschaften.
Hängender Springbrunnen. Beleuchtungseffette. Auf zwei Estraden zwei Kapellen. Tischtelephone und Saalrohrpost. Bier. büfett und Bartisch. Nischen und Separees, junge Burschen und Pleine Mädchen, feiste Provinzler und geschminkte Dirnen, zwei homoseruelle Pärchen, zmei Barmädchen auf lesbisch zurechtgemacht, eine mofferstoffsuperoxydblonde und eine brünette Bardame. Stim mung. Zivile Preise. Suchst du dein Glüc dir an der Spree ... Gogar eine Balletteinlage gibt es. Sogar leichtgeschürzte Jörls gibt es, die nach den Kavalieren aus dem wilden Westen äugeln, die die Beintojen bevölkern. Sogar einen Mirer hat man, der bei passenden Gelegenheiten den Kausschmeißer abgibt. Ja, hier muß man fich amüsieren, ja, hier muß man luftig sein, denn hier ist Stimmung, hier ift Betrieb! Hier warten die vielen fleinen Mädchen, die sich auch einmal amüsieren wollen, die auch einmal sich austanzen wollen, die ihre verarbeiteten Händchen jeden Abend mit Fettkreme ein: gerieben haben, damit sie an diesem Abend weiß sind wie die Hände her Damen am westlichen Boulevard oder wie die... der Dirnen in Mesem ,, Lanzpolaft".
Hier warten die Bardamen auf ihre Prozente, hier gibt es ge schäftstüchtige Geschäftsführer, die den Ahnungslosent in die Beinabteilung bugfieren. Und hier findet man den ausgestorbenen ,, Es. ist erreicht Bart" mit Monotel und Poposcheitel, mit Durchzieher auf der rechten Bade und Röllchen im Bratenrod.
Hier warten die Leidenschaften darauf, abgeholt zu werden, hier marten die Leidenschaften darauf, angefurbelt und in Betrieb gesetzt zu werden.
Die Jazzband spielt. Und die Menge tobt im Tanz. Da tanzt auch ein Paar ganz aneinander hingegeben. Er ist noch sehr jung. Und fie. Man hat sie beobachtet in denkwürdigen Situationen ntit merkwürdigen Herren in diversen Nischen hinter der Bar.
Jetzt in diesen Minuten, beim Tanz mit diesen fnabenhaften Jungen scheint sic all das weit hinter sich gelassen zu haben, scheint fie ihre armselige, vermaledeite Existenz zu vergessen. Aber man hört die Redensarten, hört die zotigen Bemerkungen über die„, Blonde Lilli", man sieht die alles besagenden, frivolen Blide, mit denen die jungen Burschen im Sonntagsstaat das tanzende, blonde Gift" vera folgen. Sie aber, die sonst, beim Tanz nach zahlungsfähigen Kavafieren auszuschauen pflegt, sie, deren Beruf es ist, ihr girrendes Dirnenlachen den Herren und Herrchen zu fredenzen, die sich hier hinein verirren, fie tanzt ganz hingegeben, merkwürdig ernst in den Armen des Jungen an den Tischen vorbei.
Der Tanz ist zu Ende. Sofort setzt die andere Kapelle mit einem langsamen Balzer ein. Schon will er wieder seinen Arm um ihre schmale, mädchenhafte Hüfte legen, da taucht an der Bar ein Mann im Smoking auf. Alls sie ihn sieht, schwindet der merkwürdige ernste Ausdrud aus ihrem Gesicht. Sie lacht plöglich ganz furz auf, fo als wollte sie sagen: Ach, Unsinn!" Jetzt ist sie wieder lustig. Jetzt lächelt fte wieder ihr routiniertes, pitantes Lächeln, sie ist aus dem Traum erwacht, den sie in den Armen des Jungen geträumt hat, fie ist wieder die ,, blonde Lilli". Die beiden tanzen. Doch auch dieser Tanz hat ein Ende. Und nun tritt der Emotingmann, eine fofoffale, mächtige Figur, in Erscheinung.
Die Judenfelma", eine schwarze, orientalische Schönheit, etwas angetrunken, flüstert laut genug, daß die in der Nähe Befindlichen es hören tönnen: Jeh' man, Lilli, nu wird abjerechnet!" Ach, es ist feine blutige Auseinandersetzung, die Lilli mit dem Smokingmann hat, es ist eine stille Abrechnung vor den Augen der Barmädchen auf den hohen Hockern vor der Bar. Es ist nur eine fleine Unterredung, eine Drohung mit erhobener, viehischer Faust, ein Ausstreden der flachen und ein befriedigtes Zurüdziehen der gefüllten Hand. Sie hat das Geld, das sie für den Gebrauch ihres Geschlechts erhalten hat, dem rohen Smokingvieh abgeliefert. Nun tann sie weiter tanzen. Und wenn fie will, fann fie sogar an der Bruft des Jungen weiter träumen. Der steht da. Er hat von der Szene, von der Abrechnung der Dirne mit ihrem Zuhälter mohl nichts gemerkt. Er wartet auf fie. Sie aber geht an ihm vorbei. So völlig hat sie ihn vergeffen, fo völlig ist sein Bild aus ihrem Gedächtnis geschwunden, baß fie, als er sie min auffordert, mit ihrem manirierten Hurenlächeln mit ihm in den Saal tänzelt.
Das alles hier, dieser illuminierte Springbrunnen, dieser Bar. tisch , diese verschiedenen Beleuchtungseffekte, die bunten Mädchen, die unter ihrer Schminte grauen Dirnen, diese ganz ausgelaffene Stimmung, der Wein im Glase, all das erscheint einem jetzt grau und abgeſchmadt, troſtlos in all seiner Buntheit und herauf. gezauberten Luftigleit, bitter in aller beabsichtigten Süßigkeit, vonal bei aller gewollten Individualität..
Das alles, die trähenden, quäfenden Kinderstimmen der Soro, phone, die bubelnden, füßen Stofalaute der Banjos, die Herren in
Smokings und die Damen in Belzen, die fleinen nüttlichen Balletf-| Interieurs, die Wannenbäder, man tennt die Herrenbedienung"
mädchen, die die vombastisch angefündigten Nacktplastiken darstellen, das alles bedrückt einen plöglich. Und man steht auf und zahlt und geht.
Bor dem Bolizeipräsidium stehen zwei Bolizisten. Eine. Tage fährt vor. Plößlich ist die menschenleere, tote Aleranderstraße lebendig. Wo kommen nur auf einmal die Menschen her, die hier fich scharen, um den Arrestanten einliefern zu sehen. Wo tommen sie her? Aus den Hausfluren, aus den Bierlokalen, aus den Kaffee häusern? Man hört Wortfehen. Razzia in der Mulachstraße." Das ist Kokainfranz, den sie da einliefern." Bei der schmeren Lore haben sie ihn geschnappt!"
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OF
Schmere Lore! Man besinnt sich. Schwere Lore", das ist ein Begriff ,,, Schwere Lore", das ist die Befizerin eines Lotals in der Mulachstraße, das ist die Leonore Pipiersti, das ist die Mutter der Strafentlassenen, die Madonna der Ausfäßigen, die Freundin der letzten Dirnen, der Aufschubsträflinge, der Hehler, Diebe und Einbrecher. Die schwere Lore" hot mie einmal ein Kriminal. assistent zum Besten gab die Prostituiertenstreife ins Leben gerufen, die bei Razzien in Autos in der Gegend unn den Aleponderplaz herumfahren, um den an den Eden horrenden Dirnen und Kuppelmüttern Losungsworte zuzurufen, aus denen hervorgeht, men die ,, Bullen geschnappt" und men fie getroffen haben. Schmere Lore", das ist die Frau von zwei Zentnern Lebendgewicht, die, hinter der Thefe ihrer Kaschenume lehnend, ihre fleinen Triefäuglein mohl mollend über ihre Kinder streisen läßt, das ist die Frau, die den Aermsten der Armen Obdach gibt, das ist die Berbrecherin, unter deren Augen die schwierigsten Dinger ausbaldowert werden. Würde die schwere Lore der bürgerlichen Gesellschaft angehören, würde sie, dieser Kofte angehörend, etwas für die Wermsten der Armen, die Strafentlassenen und die alten Dirnen, für die Aufschubsträffinge und die durch ihre Geburt zur Prostitution prädisponerten Mädchen tun, man würde fie verlachen und bestenfalls zu vergessen suchen. So aber danken ihr die Mulacmenschen ihre Taten...
Heulende Automatenmufit. Eisbein mit Kraut. Molle Helles und ein Korn. Draußen dämmernder Morgen. Grau in grau. Nebel. Die ersten Früharbeiter. Die letzten Rachtschichtarbeiter. Drei Tische, an denen Ein- Pfennig- Stat gespielt wird. Gutgekleidete Männer. Armselige Frauen mit verquollenen Gesichtern und feidenen Beinen...Erstklassiger Massagesalon in der Nähe des Alexanderplates, Prenzlauer Straße, hochparterre lints, Intimes Interieur, geschulte Bedienung, streng egatte Methoden. Auch Herrenbedienung. Mäßige Breije!" d
bleicher Buhlknaben, tennt die auf Kind zurechtgemachten Masochistinnen in diesen intimen Interieurs... Hier am Alexander platz mögen diese. ,, Massagesalons" vielleicht billiger eingerichtet sein, vielleicht billigeres Menschenmaterial" haben; im Besten unserer Stadt trifft man auffallend schöne Frauen, eine auffallende Eleganz in diesen Bordellen, an deren Fenstern man sehr häufig die Mädchen in weißen Kitteln winfen sieht. Diese Massagesalons mit den geschulten Bedienungen, mit den eraften Methoden, den intimen Interieurs und den Herrenbedieningen find natürlich mie. alles, mas hinter den Kulissen geschieht, mie alles, das sich ein. ,, behördlich geprüftes Decmänteldhen um die nadfen Schultern legt, für die feisten, ausgefressenen Herren der oberen Hunderttausend ein gefundenes Freffen. Die Polizei, die da machtlos zu sein scheint, sollte wenigstens ihre Wohlfahrtsämter auf jene Inserate in den Kuppelwiesen hinweisen, in denen Junge Assistentin gesucht wird..
Draußen rumpeln Lastwagen vorbei. Hier brin werben Bilder und Fleisch angeboten. Plößlich wird das jammernde Gepiepse des Musilautomaten burch vielstimmiges Gelächter übertönt. Und unwill fürlich lacht man mit, denn da bahnt sich ein eigenartiges Lebewesen seinen Weg durch die Menge. Das ist ein altes Dämchen mit einent riefigen Rapotthut auf dem hochfrisierten, schlohmeißen Haar, mit einem fleinen Fehen Schleier vor dem verwitterten, mit Mehl gepuderten Geficht, mit einer Schleppe und hohen Stödelschuhen. Ist das Masterade? Ist das Natur? Das ist die Masterade, die früher einmal ,, Natur" hieß!
Diese Frau ist eine harmlose Irre. Aus ihren umnachteten Augen blidt fie in dies Getriebe. Und um ihren Mund liegt ein Lächeln, das nie begreifen wird. Sie ist eine Schauspielerin. Bie fie einft auf der Bühne Schau spielte, so erntet sie auch heute noch Heiterfeitserfolge. Aber dies Gelächter perftummt sehr rasch. Dies Gelächter meicht einer betretenen Demut dieser Menschen in diesem Lotal. Ja, ein junger Bursche bietet ihr seinen Blag an. Und einer von den gutgekleideten Statbrüdern bestellt ihr eine Tasse Kaffee. Diese alte Frau, diese arme, irrsinnige Schauspielerin wird ſeit Jahren schon von diesen Menschen hier ernährt. Dffenbart sich hier das Berliner Gemüt?
Man figt an einem Tisch mit fünf Frauen zusammen. Man fißt, man sieht und hört, weil man sehen und hören will. Man sieht. wie diese Frauen schmeigen, weil fie fidh nichts zu sagen haben, man fieht, wie Leben in diese stumpfen Augen tommt, menn ein Mann herantritt, der nach dem Breis fragt, man sieht das gierige Leuchten aus diesen Augen schwinden und tommen, mon fühlt, wie die Leiden ,, Hirschfeller, interessantes Milieu in der Nähe des Alexander- fchaften angefurbelt werden, und man ficht, wie die Leidenschaften plazes. Was für die Herren Ravaliere!"
abgeholt werden
Am frühen Morgen gegen sechs Uhr fist man in einer Zotalitat, in der die Dirnen und die Ganoven sich das legie Stelldichein gében, bevor auch sie den Schlaf suchen. Man fit in dieser Lofalität nor einer Bodwurst und einer Geflügelbrühe und schreibt, meil man
Solche und ähnliche Karten werden einem zugesteckt. Man fennt das alles. Man tennt diese Garagen der Leidenschaften, fennt diese Raffgefalons, die in den Ruppelwiesen gewisser bürgerlicher Rajonnierblätter inserieren. Man fennt diese nerfappten Bordelle, diese streng eraften Methoden der Sadistinnen, diese geschulte Beschreiben muß. Man schreibt den Bericht über die Garagen der dienung für verwöhnten Geschmad, man tennt diese intimen
Zu seinem 170. Geburtstage am 10. November Schiller wurzelt wie selten ein Dichter in der Familie und die Beziehungen zu seiner Mutter und feiner Gattin find geeignet, manches Geheimnis seiner schöpferischen Tätigteit aufzuffären. In einem Brief an Körner weist er darauf hin, daß er einer Frau bedürfe, um die Freuden des Lebens zu genießen und sein erstarrtes Wesen immer wieder von neuem zu erwärmen. Er lebte als cin alleinstehender fremder Mensch in der Natur und wollte ein Herz haben, das nur für ihn schlug.
Als er endlich seine Frau gefunden hatte, mar er ein glüdficher Mensch. Sein Geist sand Nahrung und Erholung und sein Dasein wurde, wie er sich ausdrückte, in den Zustand der harmonischen Ggleichheit gerückt. Er selbst hat die Bedeutung der Ehe für sich mit ganz flaren Worten gekennzeichnet, demi er fagte darüber folgende Worte:„ Ich hoffe, ich werde durch Che und Glück zu den Werten meiner Jugend zurückkehren Meine Ehe gibt mir mein inneres Dichterleben wieder zurück." Bon noch tieferem und innerem Einfluß waren die Beziehungen zu seiner Mutter. Schon äußerlich war er mit seiner hohen schlanken Gestalt, mit feinem hochblonden, fast rotem Haar und seiner breiten auffallenden Stirn das förperliche Ebenbild seiner Mutter. Aber auch nach der geistigen und seelischen Seite hin hatte er die feste Grundlage von der Mutter empfangen: ihre fraftvolle Energie, ihre Lebensflugheit, ihre beredte Ueberzeugungsfraft, ihren prattischen Lebensfimt. Der Bater Schillers fümmerte fich wenig um die Erziehung und Ausbildung seiner Kinder; ihn beschäftigte in erster Linie feine große Liebhaberei für die Baumzucht. Desto mehr nahm sich die Mutter ihrer Kinder an. Ihren Töchtern ließ sie trop des väterlichen Einspruchs eine gute Erziehung angedeihen, gewährte ihnen fagar Unterricht im Französischen und im Klavierspiel, besonders aber lag ihr die geistige Ausbildung ihres Sohnes am Herzen. Sie war es auch, die mach der Trennung das geistige Band zwischen ihm und der Familie festigte. Wenn Rudolf von Gottschall in der Lebensbeschreibung des größten Schwaben jagt:„ Schiller ver einigte in sich Klopstods Schwung, Lessings Geistesschärfe und Goethes Formsinn", so dankt der Dichter diese glänzenden Gaben in erster Linie seiner Mutter, die aber auch mit rührender Liebe an ihm hing und mit Stolz zu ihrem Friz, zu ihrem Bunder tier" wie sie den Schöpfer der Räuber" bisweilen scherzhaft nannte, aufblickte. Andereseits hing Schiller während seines ganzen Lebens mit wärmster Liebe an seiner Mutter. In das innige Berhältnis Schillers zu den Seinen und insbesondere zu feiner Mutter, läßt der zu Büttstädt gefundene Brief, den Schiller auf seiner Reife pon Mannheim nach Berlin schrieb, einen tiefen Einblid tun. Der Name seiner Mutter war der letzte Seufzer, mit dem er bei seiner Flucht am 17. September 1782 von seiner Heimat Abschied nahm, fie mar die Macht, die ihn an seinem Bateríande festhalten sieß. Aus ihren Briefen erkennt man ihre liebevolle Sorge um den fernen
Sohn und ihre warmherzige Anteilnahme an seinem Wohlergehen Als Schillers Vater im Jahre 1796 gestorben war, bat Schiller seinen Berleger Cotia in Stuttgart , daß er seiner Muter Dierteljährlich zu ihrer färglichen Benfion 30 Gulden Zulage zahle. Aber die Getreue meigerte fich zunächst, das Geld abzuholen, bis Schiller
Leidenschaften...
fie durch inständiges Bitten dazu bemog. 3m Schloffe zu Lest befg bei Stuttgart perbrachte sie ihren Lebensabend in stiller 3 friedenheit. Ihre Meblingsbeschäftigung mar das Spinnen. Noch heute erinnert im Schiller - Hause zu Marbach ein Spinnrad an den Fleiß der Mutter unseres Dichterfürsten.
Wie der Frau Rat Goethe , fo wurde auch ihr als der Mutter eines fo großen Mannes mannigfache Ehrung zuteil. Sie nahym fie mit ruhigem Stolze hin. Als nach der Aufführung der Jungfrau von Orleans in Dresden ihrem Sohne große Hulbigungen gebracht wurden, schrieb fie: Freilich haben die Sachyjen mehr Chrerbietung als die Schwaben nor Talenten und großen Männern; ich fand es auch in meiner Hinreise; wo ich meinen Namen angab, wurde ich gefragt, ob Hofrat Schiller ein Verwandter von mir märe, und ich wurde deswegen mehr geehrt." Als sie schließlich Idywer ertranfte, trug Schiller Sorge, daß es der Kranken an nichts fehte. An demselben Tage, an dem Schiller in sein neues Haus in Weimar einzog, murde seine Mutter von ihrem schweren Leiden erlöst. Ihr Scheiden ergriff den Dichter tief, und besonders schmerzlich erschien ihm diese Berflechtung der Schicksale" von freudiger Hoffnung und tiefstem Leide.
Temperatur und Geschlecht
Es gibt eine beträchtliche Zahl von Tierarten, deren Geschlecht nicht vom Augenblick der Geburt an unabänderlich festgelegt ist. Biele Tiere find sogar in ihrer Jugendzeit weder ausgesprochene Männchen noch wirkliche Weibchen, und es hängi oft von äußeren Einflüssen ab, welches Geschlecht endgültig das erwachsene Tier annimmt. Ein folches Verhalten zeigen besonders manche Frosch raffen; bei vielen ist es sogar verhältnismäßig leicht möglich, ein fich schon ausbildendes Geschlecht noch vor der endgültigen Ausprägung immzustimmen, also beispielsweise ein Tier, das im Begriff mar, ein Weibchen zu werden, in ein Männchen umzuwandeln. Wie neuerdings Prof. Emit Mitschi gezeigt hat, ist beim Waldfrosch die Temperatur einer der Faktoren, die das Geschlecht bestimmen. Werden die Koulquappen dieser Froschart längere Zeit einer Temperatur von 32 Brad Celsius ausgesetzt, so wandeln sich alle Tiere, die schon angefangen haben, fidh in weiblicher Richtung zu entwickeln, nachträglich in Männchen um. In den Keimdrüsen erfolgen unter dem Einfluß der ungewöhnlich hohen Temperatur starfe Umbildungen, die jungen Eizellen( jog. Dozyten) verschwinden, und die fog Ureier( Dogonien), aus denen normalerweise die Dozyten hervorgehen, wandeln fidy feltfamerweise in Ursamenzellen ( Spermiogonien) um und liefern schließlich auch Samenzellen. Bei folchen Fröschen hat es der Experimentator in der Hand, das spätere Geschlecht der Tiere willfürlich zu bestimmen. Die berühmte Frage Junge oder Mädchen?" ist bei derartigen Tieren also fein Rätsel
raten mehr.
Der Stall von Bethlehem erhält elektrische Beleuchtung. Bon den Segmingen der Binilisation, und zwar insbesondere von der Elektrizität mire auch Balästina mehr und mehr erfaßt. Eine englische Gesellschaft errichtet bort große lleberlandzentralen, und der Bau elettrischer Leitungen erreichte nor einigen Tagen auch das historische Bethlehem . Der erste Ort, wo das elektrische Licht er ftrahlte, mar ber Stall, in dem Chriftus geboren sein soll.