Rr. 53346. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Mittwoch, 13. November 1929
Berschiedene Zeugen, die sich in dem bescheunigten Personenzug
Der Neubau der Metallarbeiter. befanden und fich felbft bei der Staatsanwaltschaft, gemeldet hatten,
Unser Bild zeigt den Neubau des Berbandshauses der Metallarbeiter in der Alten Jafobstraße gegenüber dem Reichspatentamt. Dieses Gebäude, das nach ben Entwürfen der Architekten Reichel und Mendelsohn errichtet wird, soll, entsprechend der Größe und Bedeutung des Deutschen Metallarbeiterverbandes, ein imposanter und doch zugleich schlichter 3medmäßigkeits bau werden. Er wird als EisenrahmenBetonbau aufgeführt, hat eine Straßenfront von 190 Meter, und in dem sechsbzw. siebenstödigen Hauptgebäudetraft eme Höhe von 27 Meter. Der die Baustelle überragende 66 Meter hohe Gießturm befördert mittels der schwent baren Gießrinne den in gewaltigen Mischmaschinen zubereiteten Beton ohne jede menschliche Zwischenarbeit an die Verwendungsstelle. Welche gewaltigen Mengen von Material zur Aufführung eines solchen Baues benötigt werden, geht schon daraus hervor, daß bis jegt etwa 30 000 Quadratmeter Schalbretter verbraucht wurden, um die Form für den Gußbeton herzustellen. Neben den Bureauräumen und mehreren fleineren Sigungszimmern soll das Ge
bäude einen großen Sizungssaal enthalten, der etwa 175 Personen faßt. In den Barterreräumen wird unter anderem eine Druckerei mit einer 64seitigen Rotationsmaschine und mehreren Schnellpressen zur Herstellung der Metallarbeiter- Zeitung" und der übrigen Drud schriften des Verbandes eingerichtet. In den übrigen Parterre
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Auto fährt auf Schußinsel.
Eine Person getötet, eine weitere schwer verletzt.
Am Dienstag abend ereignete sich auf dem Kur fürstendamm ein schwerer Berkehrsunfall, bei dem eine Person getötet und eine weitere er. heblich verletzt wurde.
Auf dem Kurfürstendamm an der Ecke der Uhlandstraße wechselte das Lichtsignal von freier Fahrt auf salt. Der Führer eines Privat autos, der noch die Kreuzung passieren zu können glaubte, mußte sehr scharf bremsen. Dabei geriet sein Wagen infolge des durch den starken Regen schlüpfrig gewordenen Asphalts ins Schleudern und fuhr mit großer Wucht auf die dort befindliche Schut. insel, auf der sich zahlreiche Vassanten befanden. Während es den meisten von ihnen, die die Gefahr rechtzeitig erkannt hatten, gelang, sich durch Zurückspringen in Sicherheit zu bringen, wurden der 69jährige Maler: meister Wilhelm Köster aus der Marburger Str. 12 und die 18jährige Verkäuferin Erna Dombrowski aus der Frankfurter Allee 25 von dem Auto erfaßt und überfahren.
Die Verunglückten wurden durch Rettungswagen der alarmierten Feuerwehr in das Wilmersdorfer Krankenhaus in der Achenbachstraße gebracht. Köster, der außer
Johann Komáromi:
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He, Koraken!
Caus dem Ungarischen von Alexander von Sacher Maroch Copyright by Büchergilde Gutenberg, Berlin .
Ich begann bitterlich zu weinen. Denn ich wußte bereits, baß es mit dem Oberkosaten ein schlechtes Ende nehmen mürde. Der Lärm, das Geschrei und das Gejammer der Glocken wuchs an und plöglich schlug von weitem in der Gegend des jenseitigen Endes des gräflichen Gartens ein zweites Feuer hoch, dort wo die Heuschober standen... Schwarz brach der Qualm hervor und durch den Qualm mogten bereits blutrote Flammenbüschel... 3mei Flintenschüsse fnatterten aus der Richtung der Heuschober herüber und ein dumpfes Dröhnen war in ihrem Gefolge
Der Oberfofat stand dort am Gipfel des Misthaufens und hinter ihm schlug das Feuer schon bis zu den Baumfronen hinauf. Aber er stand hier, reglos wie ein Verfluchter. Er weidete sich an der Zerstörung.
Beinend schlich ich in die Stube zurück und halb erstarrt schlief ich ein.
Zeitlich in der Frühe huschte ich in die Borhalle hinaus. Die Lenne war vermutlich schon niedergebrannt, denn hinter den dichten Bäumen stieg nur mehr dünner Rauch zum Himmel. Die Straße war tot und alle Häuser waren er: storben. Von den Heuschobern her qualmte der Rauch noch als bide, übelriechende Säule und Ruß und Asche schwebten über die Häuser.
Den Obertofaten sah ich nirgends. Laufend eilte ich zum Hause meines anderen Großvaters. Als ich gerade in den Wirtschaftshof einbiegen wollte, rannte mir mein fleiner Kamerad Bandi entgegen. Er war über nächtigt und schlotterte.
,, Was ist geschehen, Bandi?" ,, Ach, ach. Meine Mutter wird gleich sterben..." ,, Was fehlt ihr denn?"
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D.M.V
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räumen, die an der neuen Entlastungsstraße für das Hallesche Tor liegen, sollen Läden eingerichtet werden, in denen die Verlags: buchhandlung und andere Wirtschaftsbetriebe des Berbandes unter gebracht werden sollen. Mit der Fertigstellung des Baues ist in den ersten Sommermonaten des nächsten Jahres zu rechnen.
schweren Kopfverlegungen innere Verlegungen erlitten hatte, starb einige Zeit noch seiner Auf. nahme. Die Verletzungen des jungen Mädchens ftellten sich glücklicherweise als nicht sehr gefährlich heraus. Also selbst auf den Schukinseln" ist der Fußgänger schuilos.
Was geht im Eisenbahnprozeß vor? Gefärbte Zeugenaussagen der Reichsbahnbeamten.
Bei der weiteren Zeugenvernehmung bezeichneten verschiedene Reichsbahnbeamte, die sich als Passagiere in dem beschleunigten Personenzug BP 851 befunden hatten, die Zugerschütterungen als wesentlich schwächer als die übrigen Zeugen. Ein sehr starter Widerspruch fam bei der Bernehmung des Reichsbahnaliiftenten Mottingdörfer zum Aus drud. Er befundete, die Erschütterungen des vorlegten Wagens, in dem er sich befand, selen nicht sehr stark gewefen; er habe auch von Mitreisenden nichts gehört. Diese Aussage stand im trassen Gegensatz zu den Aussagen der Mitreisenden und den früheren Angaben des Zeugen vor der Polizei. Möttingdörfer gab auf Vorhalt schließlich zu, daß seine früheren Angaben richtig seien. Der Staatsanwalt ließ durchblicken, daß er die Aussagen der Reichsbahnbeamten für gefärbt halte und be merkte, daß er auf die Frage des Sachverständigen zurückkommen merde. Das Gericht beschloß dann, am Donnerstag vormittag in der Nürnberger Betriebswerkstätte eine Besichtigung der beschlagnahmten Maschinenteile der Unglüdslofomotive vorzunehmen.
ficher, daß Onkel Geza sie holen tam und sie entführt hat. Jezt suche ich meinen Vater, aber ich weiß nicht, wo er sein mag, denn seit den Brandstiftungen finden. mir ihn nicht. Weißt du schon, daß mein Vater Josef Baczal erschossen hat?" Wann? Wo?"
Wann? Heute nacht! Denn er sah, daß er den Schober anzündete und da schoß er zweimal auf ihn wie auf einen Hund. Und der eine Knecht hat gesehen, daß dein Großvater die Tenne anzündete, die dein anderer Großvater erbaut hat." Die Sonne ging gerade über dem Horizont auf und ich stand vor Bandi und sah und hörte nichts mehr.
Männer und Frauen tamen mit verschmierten Gesichtern, rußig von den Heuschobern zurück. Sie plauderten zanfend, andere drohten oder fluchten laut. Ich ging mit ödem Kopf weiter zum Hause meines Großvaters und erst jetzt dachte ich daran: ob ich den heiligen Alten noch lebendig antreffen würde? Bandi folgte mir ohne zu wollen.
Das Haus war voll hier sah ich meine Großmutter mit übernächtigten Augen, meine beiden Tanten und auch meine Mutter waren schon eingetroffen. Ich sehe ihr mildes, bleiches Gesicht noch heute, mie fie still in ihre Schürze schluchzte. Sie bemerkte mich, beugte sich über mich und nahm mich in ihre Arme, während die heißen Tränen über mein erschrodenes Antlitz niederperlten. Urgroßvater saß auf der Ofenbank und nickte für sich, er schien irgend etwas gutzuheißen. Urgroß vater war nicht schläfrig, denn er war so bejahrt, daß er in Wahrheit eigentlich nie schlief. Bor sich hindämmernd. fauerte er in der Ecke, Tag und Nacht in gleicher Weise.
Mein Vater und mein Onfel sfanden in der inneren Stube por dem Bett des alten Mannes. Dort lag mein Großvater lang ausgestreckt. Seine Farbe mar bereits gelb, nolllommen gelb. Er lag reglos im Bett und bemegte nur in großen Pausen die Finger seiner rechten Hand. Alls erwartete er jemanden.
Nachts hatte er noch mit seiner Umgebung gesprochen. Er erfuhr noch von Josef Barzals hundeelendem Ende, von der Brandstiftung des Oberkojaken und der Verführung des Berwalterfräuleins... Nachsinnend starrte er den Deckenbalken an und flüsterte seinem Sohne' vernehmlich zu, man möge den Pfarrer und den Verwalter rufen. Der Pfarrer mar seither getommn, reichte ihm die letzte Delung und ging fort. Aher Brugos verspätete sich. Ihn erwartete er so sehn
Weißt du's noch nicht?" und er streifte mich mit einem michtigen Blick. Meine Schwester ist gestern abend versüchtig, der Arme. Schmunden..
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Fräulein Emmi?"
,, tum freilich. Und meine Mutter stirbt fast, denn es ist
Blöglich entstand Bewegung im zweiten Zimmer. Im gleichen Augenblic trat der Bermalter ein.
Wir erkannten ihn foum wieder. Sein Rod war an
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maren der Auffassung, daß die Gleisanlagen an dem des Zuges und an dem Unglück schuld sein müßten.
Brückeneinsturz auf Java.
200 Pilger werden mitgeriffen.
Amsterdam , 12. November.( Eigenbericht.)
In Madjalenta im Preanger Gebiet auf Java stürzte eine eiferne Hängebrüde von 38 Metern in die Tiefe, als fich auf ihr eine Pilgergesellschaft von 200 personen befand. Alle 200 Personen stürzten in das Flußbett, das in der jetzigen Jahreszeit fast troden ist. Bier Personen wurden auf der Stelle getötet, 75 schwer bzw. leicht verletzt.
Die Montag von Düsseldorfer und Berliner Blättern gebrachte Meldung, wonach der Mörder an die Düsseldorfer tommunistische Freiheit" in einem Brief den Fundort der Leiche dertleinen Gertrud Albermann vorher mitteilte, wird nun von der Rriminalpolizei bestätigt. Der Mörder hat also am Freitag an das Blatt einen Brief abgesandt, der bei diesem am Sonnabend morgen vor der tatsächlichen Auffindung der Leiche eingetroffen ist.
Weiter wird erst jetzt bekannt, daß vor ungefähr drei Wochen bei der Düsseldorfer Kriminalpolizei schon einmalein Brief eingegangen ist, der auf gleichem Papier und ebenfalls mit Blauftift, genau wie der jetzige, geschrieben ist. Er stellte genau wie der letzte Brief lediglich eine Stizze mit furzen Beschriftungen dar. Nach ihm will der Mörder hinter Gerresheim , östlich anschließend an die Mordplätze in Flingern und im Torfbruch in der Nähe eines Bauernhofes 1½ Meter tief eine Leiche verscharrt haben. Dieser Brief wurde damals von der Kriminalpolizei als eine Bortäuschung betrachtet und ihm teine weitere Bedeutung beigemeffen. Heute gewinnt dieser Brief erhöhte Bedeutung, und man hat schon mit Nachgrabungen auf dem betreffenden Gelände begonnen. Im übrigen durchschwirren seit Montag nachmittag die tollsten Gerüchte die Stadt, die von neuen lleber fällen und von neuen Morden wissen wollen. Wie die Kriminalpolizei hierzu mitteilt, bestätigen fich diese Gerüchte glücklicherweise nicht.
15 Jahre Zuchthaus für Raubmörder.
Bom Brenzlauer Schwurgericht wurde am Dienstag nach zehnftündiger Berhandlung der Arbeiter Johann Damiz aus Eberswalde , der am 9. September 1929 die 3igarren
händlerin Ellebrandt in Eberswalde ermordet und beraubt hatte, wegen qualifizierten Totschlages zu fünfzehn Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt.
Arbeitnehmer und Gemeinden." Arbeitnehmer und Gemeinden."
lleber dieses Thema spircht am heutigen Mittwoch, dem 13. November, 19 Uhr, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion, Genosse Erich Flata, im Berliner tag, dem 15. November, durch den Deutschlandsender über das Rundfunt. Stadtschulrat Genosse Nydahl wird am DonnersThema zum Ausbau der Volksschulen" reden.
zwei Stellen zerriffen, er hatte dunkle Ringe unter den Augen, fein haar war zerrauft. Er trat an das Bett, ergriff meines Großvaters Hand und sagte zu ihm mit viel Traurigkeit: ,, Balogh, Balogh, mein bravster Mann... Wollen auch Sie mich verlassen?"
Seine Stimme bebte, während er dem Alten die Hand drückte. Mein Großvater sah auf. Das Licht einer anderen Welt leuchtete schon in seinen Augen. Er sagte ruckweise und schmer:
Familie
Dante, gnädiger Herr... Denten Sie... an meine ,, Balogh, Balogh, mein bravster Mann," seufzte der Berwalter. Mein Großvater sah ihn lange an. Sein Mund bewegte ,, Die Tenne war... meine Arbeit... Mein Sohn wird sie... von neuem... aufbauen... Verzeihen Sie allen Ihren Feinden... allen Ihren Feinden... gnädiger Herr..." Sein Kopf fiel seitwärts in die Kissen.
fich schwer.
Der Berwalter sah seinen treuesten, toten Mann mit tiefem Kummer an und er stand nur da neben dem Bett, lange ftand er so. Ich lief hinaus, als ich jah, daß meines Großvaters Rinn herabfiel. Ein großes Weinen und Wehflagen brach im Hause los. Erst auf der fleinen Brücke machte ich halt, denn ich fürchtete mich vor toten Menschen.
Die Straße war voller Menschen, die mit furchtbarer Anstrengung beide Feuer gelöscht hatten. Bom oberen Dorfende her trat plöglich) atemloses Schweigen ein.
Zwei Burschen brachten dort auf einer Karre Josef Raczal. Seine Beine baumelten am Ende der Karre herab, feine Arme hingen seitmärts herunter. Sein Geficht fonnte man nicht sehen, meil sie sein trempenloses vermegenes Hütchen darüber gebreitet hatten.
So brachten sie ihn in tödlichem Schweigen zum Hause seiner Mutter.
Ind. dann ergriff mich eine neuerliche und noch stärkere Betlemmung. Denn die Dorfstraße herunter famen vier Gendarmen mit aufgepflanztem Bajonett in soldatischer Doppelreihe. Im gleichen Augenblick eilte meine Großmutter, die Frau des Obertojaten, aus dem Hause zu mir mit vermüstetem alten Geficht. Sie nahm mich bei der Hand. ..Heute bleibst du bei uns." Und flüsternd sagte sie noch:
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,, Heilige Mutter Gottes, nur das eine Mal erbarme dich ( Fortsetzung solgt.)
nod).