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BERLIN Sonnabend

16. November

1929

Der Abend

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Nr. 540

B 269 46. Jahrgang

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Einheitsfront des Kapitals.

Von Hugenberg bis zu den Demofraten.

An den Litfaßsäulen prangt unter den vielen anderen auch ein Blatet, das sich Gegen tommunale Mißwirtschaft, Marrismus und Bolichemismus richtet. Es trägt die Unterschriften der Deutsch­nationalen, der Boltspartei, der Wirtschaftspartei und der Demo= tratischen Partei!

Ais Urheber dieser Einheitsfront im Interesse des Privat­tapitals befennt sich in einem Rundschreiben Nr. 232 der Reichsverband des deutschen Groß- und Ueberseehandels", Berlin 30, Mogstraße 2. In diesem Rundschreiben heißt es u. a.:

13. 11. 29.

... Unser Wahlausschuß hat durch den Unterzeichneten bei den Berhandlungen mit den Parteten dahin gemirtt, daß die gegenseitige Befämpfung der bürgerlichen Parteien bei diesem Wahlkampf aufhört, und es ist auch der Anregung unferer Bertreter bei diesen Verhandlungen au perdanten, daß ein einheitliches Wahlplatat jämtlicher Parteien von den Deulichuafio­nalen bis zur Demokratischen Partei für die Wahlen geschaffen ist Deshalb, Großhändler Berlins , mählt bürgerlich. Helft die Karreaus dem Dred ziehen..

Dr. Hietmann

Geh. Justizrat, Borsitzender des Großhandelsausschusses zur Bor­bereifung der Kommunalwahlen in Groß- Berlin. Brutaler fonnte der Einfluß des Großfapitals auf die Stadt­wahlen nicht zum Ausdrud tommen als in diesem Rundschreiben vom 13. November 1929 dargestellt wird. Die guten Wünsche der Großhändler sind zweifellos nicht mit leeren handen vorge tragen worden. Vom Stlaref- Standal redet man, aber der Standal der bezahlten Parteien bleibt bestehen!

Jeder, dem die fommunale Berwaltung und die politische Arbeit im Staate nicht ein Handelsobjekt der Groß­fapitalisten werden soll, muß deshalb am Sonntag die Antwort auf diesen Bestechungsversuch geben durch Wahl der sozialdemokratischen Liste 1.

Antisemitismus mit Judengeld.

Die Gflaret- Spende für die Deutschnationalen. Die Tatsache steht fest: Der Landesverband Berlin der Deutsch­ nationalen Volksparter hat von den Juden Stlaret Geld erhalten.

Man stelle sich einmal vor: Nach ihrem Programm fämpft die Deutschnationale Bolfspartei für die Zurückdrängung des jüdischen Einflusses". Dieses Ziel hindert sie nicht, von Juden für Agita tionszwede Geld anzunehmen. Haben die Nehmer dieser Spente wohl geglaubt, daß die Juden Stlaret mit ihren 2000 m. ihrerseits zur Zurüddrängung des jüdischen Ein. fluffes" mithelfen wollten?!

Für die Liste 1! Gechs Zimmer für Remmele!

So sieht der Stimmzettel aus:

Wahl der Stadtverordneten 1929.

VI. Berliner Wahlkreis. Stimmzettel für Männer.

6

1

2

Sozialdemokratische Partei Litke, Robinson, Barth, Eichberg Deutschnationale Volkspartei Schulze, Kimbel, Fedler, Philipps

18

2

3

4

Kommunistische Partei Deutschlands , Sektion der komm. Internationale Gehlmann, Gobe, Rosenthal , Grünbeck Deutsche Demokratische Partei Braun, Konko, Perls, Reimann

41

Deutsche Volkspartei

5

6

Bred

Dr. Faltz, Mädel, Heun, Müller Reichspartei des deutschen Mittelstandes tschaftspartei) t. Krause,

R-

Die Namen der Kandidaten sind von Wahlkreis zu Wahlkreis verschieden, aber überall steht die Sozialdemokratische Partei an erster Stelle.

In den ersten Kreis gehört dein Kreuz!

Boruntersuchung ist in dem vorliegenden Falle unmittelbar nach den Ereignissen aufgenommen morden. Sie ist noch im Gange. In einer Erklärung der Jung deutschen Stubenten gemeinschaften werden Studenten aufgerufen, der Maffenheze radikalistischer Prägung die sa chliche Gemein­schaftsarbeit entgegenzusetzen.

die

Um den Haager Termin.

Pariser Rechtspreffe für Hinaussch: ebung.

Baris, 16. November.( Eigenbericht.) Die internationalen Boraussehungen für die Ein­berufung der zweiten Haager& onferenz find mit dem Ab­schluß der Beratungen über die Reparationsbant jo gut wie erfüllt. Wenn in der franzöfifchen Rechtspreffe vom Freitag trotzdem immer noch Stimmen auftauchen, die auf eine Berschleppung des Konferenztermins und eine Verzögerung der Räumung der dritten Rheinlandzone abzielen, so fann sich Hugenberg rühmen, feinen Gegenspielern mit dem unfeligen Boltsbegehren das einzige Argument geliefert zu haben.

Der Kommuniffenführer braucht Raum..

Im Zentralorgan des Industrieverbandes", der sich Einheits organisation aller tlaffenbewußten Arbeiter und Arbeiterinnen" nennt( Nr. 45 vom 6. November), ist folgendes zu lesen:

Eine besondere Art Wohnungsnot. In Berlin im Europahaus ist ein Wohnungsnachweis. Dort hängt folgendes Tausch gesuch Nr. 226.

4.3.-W., Keffelstraße 5, II, gegen 5 bis 6-3.-.- Möglichst im alten Besten. Remmele."

In der Kesselstraße 5, II, wohnt der Führer der KPD. Reichstagsabgeordneter Remmele. Der torrumpierte Stadtrat Degner tauschte, weil er es sich leisten fonnte, eine 3-3immer­mohnung gegen eine- 3immer- Wohnung ein, Remmele ist mit einer 4-3immer Wohnung gar nicht mehr zrfrieden. Er braucht 5 bis 6 3immer und dann im alter Besten, im Wohnviertel der Berliner vornehmen Gesellschaft."

Der Industrieverband" wird geleitet von den ehemaligen Kommunisten Schmidtte und Bo13, der letztere zeichnet für das Blatt verantwortlich. Die beiden werden ihren früheren Bartsifreund wahrscheinlich sehr gut tennen.

In einer Auseinandersetzung mit seinem Barteifreunde Ernst Mener hat Hermann Remmele, der zurzeit an der Spize der Kommunistischen Partei steht, folgendes geschrieben( Die Inter­ nationale", Sonderheft zum Reichsparteitag 1925):

Die( nach Lenin) für die Bolifif fo unerläßlichen demago­gifchen Tugenden, als da find: Lug und Betrug, Berschweigen der Wahrheit, Berschmihtheit und Verschwiegenheit. Schlauheit und Lift, hat der Gen. Mener von uns allen vielleicht am höchsten entwidelt Rur auch hier hat er die zu diesen Tugenden uner­läßlich erforderlichen Geseze der Politik noch nicht begriffen."

In der Entwicklung diefer unerläßlichen demagogischet Tugenden" ist die Kommunistische Partei, wie der jetzige Wahl tampf zeigt, feitdem schon außerordentlich weit gelangt. Daß e die Gesetze der Politif" noch immer nicht begriffen hat, ist bei ihrer ganzen Beranlagung nur selbstverständlich.

Der Grundstücksverkauf an Gflarets. Oberbürgermeister Böß hat den Verkauf mitverhindert. 3um Stlaret- Standal hatte am Freitag die BS.. Korrespondenz die Nachricht verbreitet, daß Oberbürger­meister Böß bei dem Plan, das der Stadt gehörende Grundstüd Kommandantenstraße 80/81 ant Stlarets zu verkaufen, in einer die Stlarets be­günstigenden Weise mitgewirkt habe. Heute muß diefelbe Zeitungskorrespondenz die folgende Nachricht bringen:

In den letzten Tagen hatte Stadtrat Neuendorf vom Bezirksamt mitte in öffentlichen Versammlungen die Behauptung aufgestellt, daß bei dem versuchten Kauf der Grundstüde in der Rommandantenstraße durch die Gebrüder Sklaret Oberbürgermeister Böß sich dafür eingefekt habe, daß den Gebrüdern Stlaret ein besonders billiger Preis für die Quadratrute berechnet werde Diese öffentlichen Behauptungen haben auch dazu geführt, daß von dem

Die Annahme der Sflaret- Spende wird um so deutlicher, wenn man sich erinnert, daß derselbe Landesverband Berlin es war, der im Jahre 1919 den hochangesehenen Professor Otto von Gierde und seine Tochter Anna von Gierde, beide Bertreter der der Deutschnationalen in der Weimarer Verfusfung, aus Deutschnationalen Partei ausschloß, weil sich her. ausstellte, daß die Frau des Profeffors und Mutter feiner Todjetr - jüdischer Abkunft war Otto von Gierde war einer der hervorragendsten Bertreter des deutschen Rechts an der Berliner Universität, er hatte als Berfaffer des grundlegenden Bertes über nehmen werden: die Londoner Seeabrüftungstonferens. anwaltschaft eingereicht wurde, dahingehend, den Oberbürgermeister

Genossenschaftsrecht einen Gelehrtenruf, den man etwa mit dem Anjehen bes Brofeffor Kahl auf strafred, lichem Gebiet vergleichen fann. Für diesen Mann hatte der Deutschnationale Landesverband Berlin feinen Plaz. Ahn zum öffentlichen Bertreter der Partei zu machen, das verbot die Furcht vor dem lärmenden Antisemi. fismus der Straße. Aber von den Juden Sflaret( unter der Bor. auslegung, daß niemand davon erfuhr) Taufende einzufteden dazu langte die Robustheit des völtist- deutsnationalen Gewissens! Dieſer Heuc efel auß 17. Nevomber die Quittung etit ein

werden!

Die Hochschu rowdys.

Borunter uchung im Gange.

Bie dem Alchen Breußischen Bressedienst von zuständiger Stelle mitgeteilt it, i nach dem geltenden Disziplinarrecht für die preußischen Univerfaten zuständig für die Aufnahme von Disziplinarnerfahren eftor und Senat.

Die für die Eröffnung des Disziplinarverfahrens notwendige

Schon rein technisch wäre jedoch eine Berschiebung der Konferenz undurchführbar. Für Januar stehen zwei Er­gebnisse bevor, die die internationale Diplomatie voll in Anspruch die am 21. Januar, und die Tagung des Bölterbundsrates. die am 20. Januar beginnt. Da man felbst im günstigsten Falle mit einer Dauer der zweiten Haager Regierungskonferenz von mindestens drei Wochen rechnen muß, würde eine unvermeidliche Kollision eintreten, die eine ruhige Abwicklung der Geschäfte unmöglich macht. Es dürfte daher faum eine andere Möglichkeit geben, als die Kon­ferenz für den Anfang Dezember einzuberufen.

Bauprogramm vor der Seeabrüftung. Der französische Marineminister hat am Freitag in der Kammer das Flottenbauprogramm für 1930 eingebracht. Danach sollen in diesem Jahre folgende Einheiten auf Stapel gelegt werden: ein Kreuzer von 10 000 Tonnen, sechs Torpedoboots. zerstörer von rund 3000 Tonnen, sechs Hochsee Untersee. boote, ein Minenleger- Unterfeebot, ein Minenleger, zwei Kanonen­boote, ein Minenleger- Unterfeebot, ein Minenleger, zwei Kanonen schiffe und endlich ein Spezialschiff, das dazu bestimmt ist, Stahlnege zum Schutze der Hafeneingänge gegen Untenootsangriffe aus zuiegen. Die Gesamttonnage des Bauabschnittes von 1930 beläuft sich auf 48 000 gegen 53 400 Tonnen im Jahre 1929.

Berteidiger des Buchhalters Lehmann ein Untrag bei der Staats­über das Grundstüdsgeschäft zu vernehmen, da nach Aussage des Buchhalters Lehmann, das Eintreten des Oberbürgermeisters für die Sklarets nach der Lieferung der Belzjacke erfolgt sei. Diese Be­hauptung des Stadtrats Neuendorf entsprechen jedoch nicht den Tatsachen, Bürgermeister Scholz hat heute vormittag den gegen. hauptung des Stadtrats Neuendorf entsprechen jedoch nicht den wärtigen Stellvertreter des Bürgermeisters von Mitte, Stadtrat Gordan, sowie die anderen Mitglieder der städtischen Verwaltung, bie an der fraglichen Sigung über den Verkauf des Grundstückes teilgenommen hatten, aufgefordert, dem Magistrat einen aus führlichen Bericht über die Angelegenheit einzureichen. Ferner find Stadtrat Gordan, sowie Stadtrat Neuendorf von Oberregierungsrat Tapolsti und Staatsanwaltschaftsrat Dr. Weißenberg vorgeladen worden, um über diese Angelegenheit sich zu äußern."

,, Nach unseren Informationen," sagt die Zeitungskorrespondenz, haben sich die Dinge so abgespielt, daß das Bezirksamt Mitte mit den Stlarets Verhandlungen über den Erwerb der oberen und unteren Barzelle in der Kommandantenstraße verhandelt hatte, und es war über diese Angelegenheit ein Borvertrag geschlossen worden, der noch besonders durch die städtischen Behörden nachzu­prüfen sein wird, da er, mas ben finanziellen Inhalt anbetrifft, als