Gotha, 28. Februar.(Privattelegramm de?„VorwärtZ".)In der heute stattgefundenen Wahl zum Gothaer Landtage wurdeim Kreise Georgenthal Genosse Wolf gewählt. Damit zieht derzweite Umstürzler in den Gothaer Landtag ein.—München» 26. Februar.(Gig. Bericht.) Der entschiedeneProtest, welchen die organisirte Arbeiterschaft in Versammlungenund in der Presse erhob, gegen die durch den mehrfach erwähntenAntrag des Zentrumsmitgliedes Dr. Pichler versuchte Ver-fchlechterung des bayerischen Vereinsgesetzes, hat, so scheint es.seine Wirkung nicht ganz verfehlt. Die heutige Nummerdes führenden Zenlrumsorgans bringt nämlich einenArtikel:„Die Abänderung des bayerischen Vereinsgesetzes,"der zweifellos auf Inspirationen aus ultramontanenLandtagskreisen beruht und der in mehrfacher HinsichtInteresse erweckt.Sieht man von einer geheuchelten Verwunderung über«die Haltung der sozialdemokratischen Organe" ab, wozu dasBlatt naiv meint:„die Herrschaften sollten doch dem Ab-geordneten Dr. Pichler dankbar dafür sein, daß erdas(oberlandesgerichtliche) Urtheil vom 29. Dezember 1894bekämpft(welches die sozialdemokratische Partei für einen„politischen Verein" erklärt) und, da ein anderer Aus-weg nicht mehr vorhanden(?), die Gleichheit aller vor demGesetz auch für die Sozialdemokratie reklamirt,"— sieht man vondiesem kindlichen Versuch, die Situation zu vertuschen, ab. so er-fährt man, wie gesagt, allerlei bemerkenswerthes. DiePraxis der bayerischen Regierung, von allen, auchrein gewerkschaftlichen Versammlungen die Frauen undMinderzährigen auszuschließen, wenn der Einberufer oder Referentzufällig ein Sozialdemokrat ist,— eine Praxis, die gestützt wirddurch das oben angeführte Erkenntniß des Ober-Landesgerichts,wurde an dieser Stelle des öfteren besprochen. Und sehr richtigschreibt die„Augsburger Postzeitung":„Diese Situation machtesich namentlich das freisinnige Stadtregiment inNürnberg zu Nutzen und wendete den Artikel 15 des Vereins-gesetzes mit großem Vergnügen auf sozialdemokratische, ja sogargewerkschaftliche Versammlungen an." Die diesbezüglichenBeschwerden lagern seit Jahr und Tag im Beschwerde-ausschuß der Abgeordnetenkammer, sie wurden von unserenFreunden im Landtage wiederHoll reklamirt, allein, so-weit es die wichtigsten dieser Beschwerden anbetrifft, bis jetzterfolglos. Nun lesen wir in dem Zentrumsorgan die nach-stehende zur Beurtheilung des bayerischen„Liberalismus" sehrinstruktive Mittheilung:„Der Abg. Dr. P i ch l e r hat im Ausschußdies(obcrlandesgerichtliche) Urtheil angefochten, allein es be-steht und hat seine Konsequenzen für die Sozialdemokratie.Der Abg. Kilian Keller, den der„FränkischeKurier" für seine embryonische deutsch-freisinnige Fraktion reklamirte, war dererste, der im Ausschuß diesem oberstrichter-lichen Urtheil zustimnlte; dasselbe thaten dieanderen Ausschußliberalen."Tann heißt es weiter:„Das Urtheil macht aber unserbayerisches Versammlungs- und Vercinsgesetz zu einemAusnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie.Diesen Zustand zu ändern unternimmt ein Antrag Pichler,der das, was den Sozialdemokraten gegenüber gehandhabt wird,auf alle Parteien ausdehnen will, so daß die einseitigeBehandlung der Sozialdemokratie wegfällt und künftig,wie es sich gehört(!). Frauen und Minderjährigender Besuch aller politischen Versammlungen verbotenwird. Der Antrag P i ch l e r fordert, dem Artikel IIdes bayerischen Vereinsgesetzes einen dritten Absatz hin-zuzufügen:„Frauen und Minderjährige sind von Ver-sammln ngen, in welchen öffentliche Angelegen-h e i t e n erörtert werden sollen, und zu welchen ösfent-lich und allgemein eingeladen wird, aus-geschlossen." Die Einbildung, durch diesen völligenAuslöschungsversuch der, ach wie schwach glimmendenKoalitionsfreiheit„gleiches Recht" zu schaffen, wäre er-götzlich, wenn der Versuch nicht die perfide Wirkunghaben könnte, zum reaktionären Kammerbeschluß zu werden.Und auch dem klerikalen Blatt und seinen Einflüsterern scheint durchdie Proteste der Arbeiterschaft eine Ahnung der Unbesonnen-heit ihres Untersangens aufgedämmert zu sein; den»obgleich die Augsburgerin hoch und heilig versichert,daß der Antrag Pichler die Koalitionssreiheit nichtim mindesten gefährde, und obgleich sie die Sozialdcmo-kratie eine Undankbare schilt, weil sie ihrem Wohlthäler P i ch l e rnicht fußfällig dankt, belehrt sie sich selbst ganz richtig mit nach-folgenden Erörterungen:„Von unserer Seite würde garnichts im Wege stehen, wennmit dem Antrag Pichler noch eine Bestimmung in dasVereinsgesetz käme, welche die Koalitions-freiheit derArbeiter und Arbeiterinnen aus-drücklich wahrt. Wir haben noch den Ausdruck des An-träges Pichler:„Versammlungen, in welchen„öffentlicheAngelegenheiten erörtert werden", zu besprechen. DenAusdruck„öffentliche Angelegenheiten" möchtenwir ausgemerzt wissen. Der Ausdruck steht im Artikel IIdes Vereinsgesetzcs und ist der Konsequenz wegen imAntrag Pichler übernommen. Nun steht wohl der Begriff fürdie Judikatur so ziemlich fest(?), allein über denselben wirddoch von Fall zu Fall entschieden und außerdem unterliegtja die Handhabung des Vereinsgesetzes der Verwaltung.Wir möchten daher dafür plädiren, daß der Ausdruck„öffentliche Angelegenheiten" entweder durch einen anderenersetzt oder näher umschrieben werde; das letztere wirdwohl mit Rücksicht auf die Technik des Gesetzes das prakti»kablere sein.Alles, was besser ist, wirdakzeptirt wer-den; der Abg. Dr. Pichler steift sich, wenn etwas anderes mög-lich ist, keineswegs auf den Wortlaut seines Antrages. SeineTendenz ist, die einseitige Behandlung der Sozial-demokratie zu beseitigen und den gleichenRechtsboden für alle herzustellen."„Den gleichen Rechtsboden für alle herzustellen." Nunwohl, die Hand dazu ist dem bayerischen Zentrum geboten miteinem Antrag unserer Freunde, welcher von der Regierung einenAereiusgesetz- Entwurf verlangt, der unter Anlehnung andas würltembergische Vereinsgesetz volle Vereins- undVersammlungsfreiheit gewährleistet. Hier also kanndie Pqrtei mit der Devise:„Für Wahrheit, Freiheit und Recht"endlich Thaten sehen lassen.Oesterreich-Ungarn.— Bei den Wiener Gemeinderaths-Wahlenim 3. Wahlkörper siegten auf der ganzen Linie die Antisemiten.Unsere Genossen, die Zählkandidaturen aufgestellt hatten, erhieltenüber 1100 Stimmen, was ein ganz beachlenswerther Erfolg ist.Wien, 27. Februar. Bei der Spezialdebatte des Gebühren-ansschusses über die Regierungsvorlagen betreffend die Effekten-umfatz-Sleuer erklärte Finanzminister Dr. v. Bilinski: Da dieEnquete-Kommission sich entschieden gegen eine Aenderung desSystems ausgesprochen habe, so sei er gezwungen gewesen, aufdas rationelle System der Bemessung der Steuer nach dem Koursczu verzichten und mit dem Steuersatze stark hinaufzugehen. EinemAntrag auf eine weitere Erhöhung des Steuersatzes müsse dieRegierung entschieden entgegentreten. Die in der Vorlage fest-gestellte Erböhung sei einer allmäligen Erhöhung vorgezogenworden, weil die Regierung wünsche, die Börse hin-sichtlich der Besteuerung in Ruhe zu lassen.—Agram, 28. Februar. Der Führer der russophilen Opposition,Starcswncs im kroatisch-slavomschen Landtage ist nachts gestorben.Italien.Rom, 25. Februar.(Eig. 58er.) Die italienischenSozialisten und der Krieg in Afrika. Während diebedenkliche Lage der italienischen Truppen in Abessynien einenneuen Nachschub von 10 000 Mann nothwendig macht, hat ineiner Versammlung in Ancona der italienische Sozialist Ado.Lolli in eingehender Rede die Stellung der italienischen Sozialisten-Partei zu dem ganzen abessynischen Kriegsunternehmen dargelegt.Der Sprecher ging davon aus, daß es lächerlich und absurd sei,von einer italienischen Kulturaufgabe in Afrika zu reden, da inItalien selbst Kulturaufgaben vorlägen, an deren Lösung nochniemand herangetreten sei. Der Ausgangspunkt der abessynischenUnternehinung sei vielmehr der Affarismus und der Militaris-mus der leitenden Kreise. Der Redner wendete sich dann gegendiejenigen, welche dem Kriegsunternehmen zwar abgeneigt sindund selbst gegen eine völlige Räumung Abessyniens nichts ein-zuwenden hätten, die es aber gleichwohl für nothwendig halten,daß vorerst die Ehre der italienischen Waffen durch Erfechtungeines Sieges wiederhergestellt werde. Eine solche Anschauung seidie Folge einer engherzigen Auffassung von der Würde desStaates. Ein Verzicht auf Rache würde kein Zeichen vonSchwäche sondern ein solches von Einsicht sein; es wäre ehren-voll für die Station, ein als irrig erkanntes Unternehmen sofortaufzugeben. Daß Italien durch Nachsendung einiger Armee-korps schließlich dem abessynischen Reiche ein Ende machen könne,bezweifelt ja niemand; aber der militärische Ruhm, welcherdadurch erzielt werden könnte, sei der Opfer nicht werth; heutebestehe die Ehre der Nationen nicht in auswärtigen Eroberungen,sondern in der Hebung des intellektuellen und wirthschaftlichenNiveaus im Innern. Uebrigens würde ein von den Italienernerfochtener Sieg wohl eher zu weiteren verhängnißvollen Unter-nehmungen, als zu einer Beendigung des Krieges führen. Außer-dem würde aber ein Sieg der italienischen Waffen gegenwärtigden Erfolg haben, die augenblickliche Regierung in Italienzu befestigen, an deren Beseitigung die Sozialistenalles Interesse hätten. Der Redner wollte unter der gegen-wärtigen Regierung nicht nur das Ministerium Crispi ver-standen wissen, obwohl dieses der bezeichnendste Ausdruck desherrschenden Systems fei, sondern jede Regierung, die unterdiesem System an das Staalsruder gelangen könne. Lolli warntealso die Arbeiter davor, in der abessynischen Sache einem übelverstandenen Patriotismus nachzugeben.Auch der auf ganz anderein Boden stehende, konservativ-liberale„Konstitutionelle Verein" in Mailand hat die moralischeNolhwendigkeit eines vor dem Friedensschluß zu erfechtendenSieges nicht anerkannt. Indem der Verein das Parlament auf-fordert, eine Kolonialpolitik festzusetzen und der Regierung nichtzn gestatten, das Land in Verlegenheiten zu bringen, erklärt ersich gegen die Eroberungspolitik, giebt aber seiner Freudedarüber Ausdruck, daß der Krieg die Tapferkeit der italienischenTruppen bewiesen habe. Für den„Konstitutionellen Verein"bedarf es also gleichfalls keiner„Wiederherstellung der Waffen-ehre."—Rufsland.Odessa, 25. Februar.(„Times".) Die Regierung begannmit dem Bau von Docks in Sebastopol, welche groß genug zurHerstellung von Panzerschiffen sind.Ein Torpedoboot ist mittels Eisenbahntransport unversehrtvon Petersburg in Sebastopol angekommen. Andere Torpedo-boote werden auf demselben Wege nachkommen.Der Kreuzer„Earatoff" ist heute mit 1500 Mann an Bordnach Wladiwostok in See gegangen.Alle diese Meldungen deuten auf ernste Kriegsvorbeitun gen.Doch ist zu bedenken, daß die Quelle, aus der diese Nachrichtenstanimen. in diesem Falle nicht unbedingtes Vertrauen ver-dient.—Türkei.— Die Roth in Armenien ist jetzt entsetzlich und denSammlungen, welche in verschiedenen europäischen Staaten zurLinderung des Elends veranstaltet werden, kann man nur Erfolgwünschen. Allerdings wenn Gerechtigkeit waltete, würden die-jenigen zur Entschädigung heranzuziehen sein, welche dieArmenier zum Aufstand stachelten und sie dann niederträchtig imStich ließen. Einem englischen Korrespendente» der„CentralNews" gegenüber äußerte Tewfik Pascha, der türkischeMinister des Aeußeren, fein Erstaunen, daß die englische Re-gierung alle Lügen, die ihr von interesstrten Parteien überangebliche Mißhandlungen der Armenier durch die Türkenaufgebunden worden seien, für baare Münze genontmen habe. Eshabe sich nicht um Angriff« der Muhamedaner auf die Armenier,sondern um einen Aufslandsversuch der verhetzten Armenier ge-handelt. Und es seien auch blos die griechisch-christ-lichen, unter russischem Einfluß stehenden Armenier gewesen,die sich erhoben. Keine katholischen Armenier und auch keineGriechen. Und keinem anderen Christen, als den aufständischenArmeniern sei ein Haar gekrümmt worden. Ueberhaupt hättendie Muhamedaner niemals, während 400 Jahren, die in derTürkei wohnenden Christen unterdrückt und verfolgt. Dieblutigen Kämpfe mit Christen feien erst neueren Datums, seitvon außen auf die Zerstückelung der Türkei hingearbeitet werde— was allerdings richtig ist. Tewfik Pascha erklärte zum Schluß,daß die türkische Regierung alles thun werde, was die be-siegten armenischen Rebellen nut ihrer Lage auszusöhnengeeignet sei, daß sie aber auch von den ihr««rbündetenMächten erwarten müsse, daß diese nicht zu ein« Webellionanreizten.—Es fällt uns nicht ein, die türkische Regierung rein waschenzu wollen. Allein wahr ist, daß die Armenier nie an einenAusstand gedacht hätten, wenn sie nicht durch russische Agentendazu veranlaßt worden wären. Und wahr ist ferner, daß dieenglische Regierung, um der russischen Diplomatie den Wind ausden Segeln zu nehmen, noch lauter in das Horn der„armenischenGreuel" blies, als die Russen selbst. Mit welchem Erfolgist bekannt. Die russische Diplomatie herrscht vorläufig in Kon-stantinopel. und die armen Armenier haben die Koste» für denTriumph ihrer großmüthigen Beschützer zn tragen.—— Aus Konstantinopel wird über Wien gemeldet:Am 24. d. M. wurden in Adana Gewaltthätigkeitengegen Armenier verübt, 15 Armenier find getödtel, 15 ver-wundet. Das Haus des russischen Dragomans wurde geplündert.Ter französische Konsul in Mersina hat s»ch nachAdana begeben.Aus Philippopel liegen Meldungen vor, welche dieNachrichten aus Konstantinopel bestätigen, daß daselbst zahl-reiche Verhaftungen vorgenommen und andere Vor-sichls maßregeln getroffen worden sind, um D e ni o n-strationen zu verhüten, welche bei Gelegenheit dermorgigen, als am 15. Ramazan-Tage üblichen Fahrt desSultans nach Stambul befürchtet werden.—Amerika.Washington, 28. Februar.(C. N. of G.) Der Ausschußfür die auswärtigen Angelegenheiten des Repräsentantenhauseshat an stelle der verschiedenen ihm überwiesenen Anträge bezüglichder Anerkennung Kuba's in der gestrigen Sitzung folgenden Be-schluß unterbreitet:„Das kubanische Volk ist berechtigt.als selbständige kriegführende Macht anerkannt zu werden,hat das gute Recht, seine eigene Regierung zuwählen und darf daher eine Intervention der Vereinigten Staatenvon Nordamerika, als Schwesterrepublik beanspruchen. DerKongreß verpflichtet den Präsidenten mit vollster Unterstützungdes gesetzgebenden Körpers, diesen Beschluß sofort in kraft tretenzu lassen." Der Beschluß wurde von den Gallerien mitungeheuerem Beisällstosen aufgenommen, wird aber dem in dergestrigen Kabinetssitzung entwickelten Programm gemäß(sieheunsere gestrige Nummer) nicht zur sofortigen Abstimmung ge-langen.--' Habannah, 28. Februar.(E. N. of G.) Maceo ist vomNorden, Gomez vom Süden her in die Provinz Matanzas ein-gedrungen, zum größten Erstaunen der Spanier, GeneralWeyler will die Provinz Pniar del Rio und Havannahinnerhalb 20 Tagen von den Insurgenten säubern und sodannseine Truppen in Villas konzentriren. wohin die Insurgenten-Heere marschiren. Dort erwartet sie Pando in verschanzterStellung.—— GeneralWeyler, der spanische Oberkommandirendeauf Kuba, verfügte die Konfiskation des Eigenthums aller der-jenigen, deren Abwesenheit nicht gerechtfertigt werden könne.;diejenigen Kubaner, welche innerhalb einer Frist von 14 Tagenin ihre Besitzungen zurückkehren, sollen begnadigt sein. Allespanischen Beamten müssen sich, bei Strafe der Absetzung, beiihrer vorgesetzten Behörde melden.Die spanischen Truppen verhindern die Vereinigung vonMaximo Gomez mit Maceo. Von den gefangenen Führern derAusständischen ist Betancourt zum Tode durch Erschießen,Jnglesito zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt worden.—Afrika.— Aus Kapstadt wird den„Times", d. d. 28. Februar,telegraphirt:Der Premierminister Sprigg erklärte in einer in Worcestergehaltenen Rede, kein Mitglied des vorigen Ministeriums.mit Ausnahme von Cecil Rhades, habe irgendeine Kenntniß gehabt von den Umständen, welche derTransvaal-Krisis vorhergingen. Ueber die Frage der ganz eigen-artigen Unterhandlungen zwischen der englischen Regierung undTransvaal wolle er sich nicht weiter auslassen; er habe Grundzu der Hoffnung, daß Natal und Transvaal an der im nächstenMonat stattfindenden Zollkonferenz mit dem Oranje-Freistaattheilnehmen würden.Auf Herrn Cecil Rhode?, der einen breiten Buckel hat, wirdalso alles abgewälzt.—VarlamenkÄvifchlvs.AuS der Justizkommisflon. Die Berathung in der Freitag?-sitzung wurde bis zum ß 244 fortgeführt. Bemerkenswerthe Be-schlüsse wurden nicht gefaßt. Die nächste Sitzung beginnt am3. März um 10 Uhr mit der Berathung des Z 244 der Vorlage,der die Beweisausnahme völlig dem Ermessen des Richters preis-geben soll.Dem Herrenhanse ist der Entwurf eines Gesetze? betreffenddie Aufhebung der im Gebiete der Monarchie bestehendenTaxordnungen für approbirte AerzU undZahnärzte zugegangen.Die DetVegungin der Konfekkions-Indnltvie«Einignngsamt des Berliner Gewerbcgerichts. Zu dergcstige» Sitzung waren aus der Herren- und KnabenkonfektionS-brauche mehrere Konfektionäre und Zwischenmeister vorgeladen.Einige Firmeninhaber schätzen den jährlichen Umsatz in derBerliner Herren- und Knabenkonfektions-Jndustrie auf 30 bis35 Millionen Mark. Der Inhaber der Firma M a a ß, Nieder-wallstraße, giebt noch nachträglich die Erklärung zu Protokoll,daß er den vor deni Einignngsamt abgeschlossenen Vereinbarungenvoll und ganz beitritt, obwohl es ihm, nach seiner Erklärung,schwere Opfer kosten würde. Der Inhaber eines anderen Ge-schäftes giebt an, daß er Trikot-Knabenanzüge in der Größe von0—3(für Knaben von 1—3 Jahren) anfertigen läßt. Die billigstenAnzüge von diesem Genre werden pro Dützen mit 5 M., dietheuersten pro Dutzend mit 12 M. bezahlt. Von Cheviot-Knaben-anzügen in der Größe von 1—6(für Kinder von 2 bis6 Jahren) wird der billigste mit 85 Pf., der theuerstemit 1,75 M. bezahlt. Die dilligsten Waschsachen werden proDutzend mit 2 M., die theuersten pro Dutzend mit 9 M. bezahlt.Die Firma beschäftigt zwei Zwischenmeister und gegen 60 Arbei-terinnen direkt. Ob auch letztere zum theil die Arbeit weitervergeben, ist dem Inhaber unbekannt. Die Höhe der Wochen-löhne einzelner Arbeilerinnen, die später noch vorgeladen werdensollen, spricht dafür, daß die Arbeit von mehrerenPersonen angefertigt wird. Der Inhaber dieser Firmabedauert, daß die Branche so liege, daß fähigeArbeiterinnen nicht so entlohnt werden können, wie sie es ver-dienen. Ein Geschäftsinhaber der Herren-Konfektion giebt an,daß ein Zwischenmeifter, der für ihn arbeitet, für Hosen, die imGeschäft mit 50 Ps. bezahlt werden, der Arbeiterin 32 Pf., fürHosen zu 60 Pf.: 37 Pf., für solche zu 70 Ps.: 40 Pf. und fürHosen zu 80 und 90 Pf.: 50 Pf. zahlt. Eine Arbeiterin derKinder-Konfektion macht über ihre Lohnverhältnisse ähnliche An-gaben wie ihre früher vernommenen Kolleginnen.Die Post für die Fortsetzung des KonfektionSarbeiter-Streiks. Wie schon so oft, treten auch nach der Beendigungdes Konfektionsarbeiter-Streiks die Vertreter der unverfälschtenUnternehmerinteressen Arm in Arm mit den Anarchisten gegendie zielbewußte Arbeiterschaft auf. Das Blatt des König?Stumm, der jeden Streik als unsittlich und verwerflich erklärt,schlügt gegen die Leiter des Konfektionsarbeiterstreiks denselbenTon an, wie das Sprachrohr des Herrn Landauer,„Der Sozialist".Beide bezeichnen es als Verrath, daß nicht weiter gestreikt wurde,beide lügen und verleumden um die Wette. Wir wissen wahr-lich nicht, wem wir den Preis für gewagter« Verdrehungder Thatsachen zusprechen sollten. Es fällt uns gar nicht ein,gegen die bewußt verlogenen Notizen der„Post" zu polemisiren.Wir verachten diese ebenso wie ihre Hintermänner und ihre Zu-träger, und würdigen ihre Mittheilungen in der Regel nicht, sieder Vergeffenbeit durch Erwähnung in einem so gelesenen Blatte.wie es der„Vorwärts" ist, zu entreißen. Blos eine Bemerkungsei gemacht. Die„Post" schreibt gestern:„Redakteur Braun vom„Vorwärts" hat in einer Konferenzausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Streik so schnell alsmöglich beendet werden müsse, weil die bürgerliche Gesellschaftsich schon viel zu viel für die Bewegung interessire."Diese unserem Kollegen in den Mund gelegten Worte findausnahmslos erfunden. Unser Kollege hat vor einer unüber-legten Fortsetzung des Streiks schon mit Rücksicht auf die unge-nügenden Fonds gewarnt, er hat stets zum Frieden gerathen,wenn dieser in ehrenvoller Weise für die Streikenden abgeschlossenwerden könne, er hat endlich die günstige Stimmung der üffenl-lichen Meinung für die Streikenden als eine erfreuliche undnützliche Erscheinung in diesem Kampf bezeichnet. Er hat somitstets direkt entgegengesetzt gehandelt, wie die„Post" es ihm unter-schiebt.Wir beben dies hervor, weil das Abweiche» der„Post" vonder Wahrheit in diesem Falle so recht charakteristisch ist.Wir wären begierig zu erfahren, ob die„Post" im direktenAuftrage des Königs Stumm die Anarchisten in ihrer Agitationfür die Fortsetzung des Streiks unterstützt. Vielleicht engagirtSerr Stumm nächstens Dr. Landauer für die„Post". Imchinipsen auf die Sozialdemokratie wird er unter HerrnGroddek's Leitung bald den letzten Schliff erhalten.Um die Durchführung der vereinbarte» Lohnsätzeseitens der Z w i s ch e n m e i st e r zu sichern, haben die Groß-Konfektionäre der Berliner Damen- und Kinder-konsektion in einer Versammlung, die im Gesellschaftshausein der Niederwallstraße, abgeballen wurde, folgende Beschlüssegesaßt:„1. In die Kalkulationsbücher der Arbeitgeber ist der biS-herige Grundpreis einzutragen; daneben ist die Lohnerhöhungzu vermerken. In die Arbeitsbücher der Meister ist eingedruckter Zettel folgenden Inhalts zu kleben:„Die vom26. Februar 1896 ab gezahlten Preise verstehen sich einschließlichder beschlossenen Lohnerhöhung."