Rr. 54146. Jahrgang
4. Beilage des Vorwärts
Gloffen zum Wahlkampf.
Botan, schütze mich vor meinen Freunden...!" Halensee , diejer merkwürdig verschlafene Peripheriestadtteil im Westen Berlins , ist bekanntlich ein Haupttummelplatz der randa lierenden Garden des Herrn Goebbels ... Sie schmieren ihre pöbelhaften Handzettel, die mit wenig Wiz, aber mit viel Roheit beschrieben sind, an jeden Stafetenzaun.
Die nationalaktivistische Vorliebe für Bedürfnisanstalten ist be kannt, es gibt in ganz Halensee feines dieser Säuschen", das nicht mie ein Parteifetretariat der NSDAP . aussieht.-
In Halensee treiben die Jünglinge mit den Hakenkreuzfompleren auch auspropaganda. Fair, wie die Herrschaften nun einmal find, haben sie es vor allem auf die Mitgliedschaft der lieben deutsch nationalen Voltsbegehrtumpane ab gesehen. Sie müssen wohl die Listen der Hugenberg- Partei ein gesehen haben, denn die propagandistische Bearbeitung der natin. nalen Spießer geschieht mit soviel Sachkenntnis, daß Alfred und den Seinen vor dieser gefräßigen Brüderschaft angst und bange
wird.
In einer nationalsozialistischen Bersammlung forderte ein Hitler - Mann die attiven Elemente in der Deutschnatio nalen Partei auf, für die Partei des deutschbemußten Angriffs", das sind nämlich die Nazis, zu stimmen. Worauf ein Herr mit stimmungsvollem Barbarossa. Bart aufstand und die wilden Männer vom Hafenfreuz beschmor, ihn und seine deutschnationalen Freunde doch in feinen Gepiffenstonflift zu bringen.
Botan, bewahre mich vor meinen Freunden
Lewinski, der Antisemit.
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-!
In Wilmersdorf hatte die„ Deutschvöllische Freiheits. partei des blonden Herrn Bulle, die nicht leben und nicht sterben fann, eine Versammlung einberufen, in der neben Herrn Fahren horst ein Mann mit dem ominösen Namen von Leminski sprechen sollte.
Ein Mißtrauischer, dem die Sache mit dem Antisemiten Leminski nicht ganz toscher erschien, hat unter dieses Platat folgenden 3meizeiler geschrieben:
Mit diesem Namen, lieber Mann,
Triffft du bei Ontel Wotan an?!*
Am Nollendorfplatz haben nationalsozialistische Schmierfinkep ganz besonders mißig sein wollen und am Bauzaun der 11- Bahn einen zmei Meter großen Stempel angebracht, auf dem zu lesen ftand:
Kampf gegen Margismus.
Sampf gegen Reaktion. wählt Lifte 16.
Sonntag, 17. November 1929
Musterheim für Obdachlose.
Hinter den Fabrikschloten der Neuköllner Gasmerte in der Leupizer Straße, hineingebaut in eine Laubenkolonie, steht das neue Obdachlosenasyl in Neukölln Der meiße Reihenbau mit den bunten Fenster und Türrahmen hebt sich marfant aus dem Fabrit- und
Baubenviertel heraus. Der ganze Gebäudekomplex ist architektonisch gut gestaltet. Um ein Treppenhaus, dem Auge der ganzen Anlage, sind die Räumlichkeiten verteilt.
Treppenhaus strahlten nach allen Bon diesem turmartigen Seiten die einzelnen Abteilungen dieses neuen Obdachs. Ja knapp einem Jahr hat der Bezirt Neukölln dieses Projeft, das
gehändigt bekommt. Alle müssen sich gründlich abseifen; erst dama | dans tönnen fie die nächsten Räume betreten, wo sie ein frisch gewaschenes Hemd und ein Baar Holzpantinen erhalten. Dieser Reinigungss 3mang, mit dem auch eine ärztliche Untersuchung verbunden ist, wird manchen der alten Kunden des Obdachs zurückschrecken, sich die neuen Einrichtungen in Neukölln anzusehen. Die Speises und Schlafräume find hell und freundlich, non beiden Seiten fann Licht und Luft in die Räume eindringen. Die Schlaffale find unterteilt, die Betten sind nicht zweistödig mie in den alten Heimen. Angegliedert find noch Ertraräume für Jugendliche und eine große Zentralfüchenanlage.
nach seiner Fertigstellung 1½ Millionen Mart fosten wird, bis zum Innenausbau fertiggestellt. Im ganzen follen in Berlin drei bis vier Obdachlosenheime gebaut merben, von denen jedes nur eine bestimmte Anzahl Obdachlose aufnimmt. Den Obdachlosen soll nicht nur ein Heim für eine Nacht gewährt werden, die Fürsorge soll sich vor allem darauf erstrecken, nach Möglichkeit Arbeit zu vermitteln. Alle Räume sind so zu einander gegliedert, daß Berwaltungsarbeit, Verpflegung der Obdachlosen schnell und zweckmäßig erfolgen kann, und das Wichtigste, daß der Obdachlose erst dann in seinen Schlafraum gelangt, wenn er die verschiedensten Reinigungsabteilungen passiert hat. Zuerst nimmt ihn ein Warteraum auf; dort merden seine Papiere geprüft. Die Aufnahmesuchenden werden im Warteraim gesammelt und trippweise in die onderen Räume weitergeführt. Zuerst passieren sie, die Garderobenräume, in denen sie sich auskleiden und ihre Sachen den Bärtern zur Kontrolle übergeben müssen. Berdächtige Meidungsstüde wandern sofort in die Desinfektionsabteilung. Dann geht es in den Baderaum, an dessen Eingang jeder ein Stüd Seife aus
in einem Lofal eine entsprechende Aeußerung fallen ließ, bestürmte Schweeb thn, doch seine Worte zurückzunehmen. Der Beuge sagte unter Eid aus, daß Schmeeb dabei Worte gebraucht habe: 3ch werde meine Stelle los. Ich muß mir eine Kugel in den Kopf schießen" Der Zeuge hat endlich den Inspektor Diefer fernige Spruch war mit zmei riefigen Haten. auf deffen Drängen hin eine Ehrenerklärung ausgestellt unter der Bedingung, daß er wieder die Lieferungen für das Freibad erhielt. treuzen garniert worden. Schweeb, der übrigens schon einmal in eine solche zumindest eigenartige Sache vermidelt war, und als Nebenkläger fomit in eine recht schwierige Berteidigungslage gebracht wurde, bezeichnete den Angeflagten als einen Ehrabschneider schlimmster Art.
Wie groß war aber der völkische Jammer, als am anderen Morgen an dem Bretterzaun zmedentsprechend forrigiert zu lesen
ftand:
5F
Kampf gegen Kampf gegen Realtion
Wählt Lifte 1!
lnb babei, benten mir, soll es auch bleiben!
Beleidigungsprozeß in Köpenick . Schwere Borwürfe gegen einen Stadtoberinspektor. 24 Zeugen traten im Schöffenfaale des Amtsgerichts Rōpenid auf und bestätigten zum Teil schwere Vorwürfe, die gegen den Stadtoberinfpeftor Schweeb, Friedrichshagen , erhoben worden maren. Der angeklagte Restaurateur Nomad, der früher Bächter des Freibades Rahnsdorf war, hat in einem Brief schwere Be schuldigungen gegen den Stadtoberinspektor Schweeb gerichtet. Er bezeichnete ihn als Urkundenfälscher und Betrüger. Nowad, der während seiner Pachtzeit durch einen Unfall zum Krüppel murde das linke Bein mußte ihm abgenommen werden, hielt alle seine Beschuldigungen aufrecht. Er ergänzte fogar seine Behauptungen durch neue Bezichtigungen. Unter anderem brachte er vor, daß Schmeeb durch opulente Frühstücke Vorteile erzielt habe. Schmeeh habe ihn ruinieren wollen, indem er den Jahrespachtpreis von 12 000 auf 18 000 marferhöhte und ihm den Nugen aus wertvollen Verkaufsständen entzog.
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Schließlich behauptet der Angeklagte, er werde den Wahrheitsbemeis antreten, daß der Stadtoberinspektor Urkunden und Pachtunterlagen gefälscht hat.
Der Nebentläger Schweeb, der keinen Anwalt hatte und sich fchlecht verteidigte, wies alle Beschuldigungen zurüd. Im Berlaufe des Prozesses stellten sich aber verschiedene buntle Angelegen-: heiten heraus. Die Zeugen Gebrüder Schönfeld belasteten mit ihren Aussagen den Stadtoberinspektor sehr schwer; sie behaupteten, daß ein großer Teil der von ihnen für das Freibad gelieferten Selters und Limonadenflaschen in ein besonderes Privatbuch ge schrieben werden mußte. Dieses Buch wurde von Schweeb am Ende des Jahres zerrissen. Als endlich einer der Brüder Schönfeld
Das Gericht fam zu der Ueberzeugung, daß die vielen, nom Beklagten angeführten dunklen Puntte" nicht- nachgewiesen seien. und feste 300 Mart Geldstrafe gegen Nomad fest. Der Berurteilte meldete sofort die Berufung an.
Erklärung der Architekten.
Städtebauer und Architekten für Bauausstellung.
Der Bund deutscher Architekten , der Berband deutscher Architekten und Ingenieurvereine, die Auslandsvertretung des Deutschen Städtebaues, die Arbeitsgemeinschaft der Landesplanungsverbände Deutschlands und die Freie deutsche Akademie für Städtebau haben heute der Geschäftsführung der Deutschen Bauausstellung ihre Bereitschaft zur Mitarbeit an der Bauausstel Iung bestätigt. Im einzelnen erklärt der Bund deutscher Architetten, daß er zur Mitarbeit an der deutschen Bauaus stellung nach wie vor bereit ist, und daß diese Mitarbeit durch die Erklärung der Geschäftsführung der Bauausstellung gesichert ist. Der Verband deutscher Architekten und Ingenieurvereine erklärt, daß er dem Artikel über eine angebliche Gefährdung der Bauausstellung( erschienen in einem Mittagsblatt, d. Red.) völlig fernsteht. Er billigt diese Notiz nicht und erklärt, daß die Möglichteit der Mitarbeit des Verbandes an der Bauausstellung gesichert ist,
daß aber über den Umfang seiner Mitarbeit noch verhandelt wird. Dieser Erklärung haben sich in vollem Umfange angeschlossen: die Auslandsvertretung des Deutschen Städtebaues, die Arbeitsgemeinschaft der Landesplanungsverbände Deutschlands und die Freie Akademie für Städtebau.
dem 19. November, 20 Uhr, in Neukölln, Hasenheide 108/114 Eine Kundgebung gegen den Falchismus findet am Dienstag, ( Hermannplatz) statt. Für die österreichische Arbeiterschaft und fein freiheitliches Bürgertum wird der Generalsekretär des Defters reichischen Metallarbeiterverbandes, Bittor Stein, das Wort nehmen. Außerdem wird G. Miglioli, italienischer Erdeputierter der fatho
VOMAG
Unerreicht
lautet auch das Urtell unserer Kunden
330
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Das Heim hat Blaz für 450 Obdachlose. An der Fertig. stellung der Innenausstattung wird zurzeit fleißig gearbeitet; das neue Seim erwartet seine ersten Gäste etma im Januar und Februar,
Die Sozialdemofratie hat auch auf dem Gebiete der Fürsorge für die Obdachlosen die Initiative ergriffen. Ihr ist es zu danfeu, wenn auch diefes Kapitel des Großstadtelends eines Tages ab. gefchloffen werden fann
lischen demokratischen Bauern, sprechen. Außerdem sprechen der Reichstagsabgeordnete Mar Sendemih, der sächsische Landtags= abgeordnete Karl Böchel, für die sozialistischen Studenten Berno Rotschi und Dr. Karl Mischler. Für Mitglieder der freien Gemertshaften und republikanischen Organisationen und deren Angehörigen ist der Eintrittspreis auf 40 Bf. festgesezt. Ausmeis. Bon 7,30 Uhr bis zu Beginn der Kundgebung wird der Deutsche Musikerverband fonzertieren.
Ein Toter vor den Autorädern.
Und ein Herrenfahrer, der von nichts weiß.
Wegen fahrläffiger Tötung hatte sich der Kaufmann Willi Borner vor der Verkehrsabteilung des Schöffengerichts Berlin- Mitte unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats Meufel zu verantworten.
Der Angeklagte hatte am Abend des 8. November vorigen Jahres mehrere Kabaretts und Bergnügungslotale mit einer Freundin besucht und diese dann nach Hause gebracht. Gegent 1 Uhr nachts entließ er in der Kantstraße seinen Chauffeur und fishr selbst. Wie er behauptet, ist er erst drei bis viermal den Kur fürstendamm entlang gefahren und gegen 2 Uhr und mals im abarett an der Gedächtniskirche eingefehrt. Er will aber voll= fommen nüchtern gewesen sein, da er nur ein bis amei Gläser Sett und zwei Whistymit Soda getrunken habe. Als er gegen 3 Uhr sein Auto besteigen wollte, stand auf dem Kur fürstendamm eine Dame allein, die er aufforderte, mit ihm eine Spazierfahrt zu machen. Diese Dame stieg auch ein, und er fuhr los, den Kurfürstendamm hinunter zum Grünewald. An der Königsallee geriet Börner vor dem Hause Königsallee la auf den Bürgersteig, auf dem er 21 Meter entlangführ, bis er vor dem Hause Königsallee 3 gegen einen Baum fuhr und sein Magen zum Stehen fam. Etwa 5 bis 6 Meter vor dem Kraftwagen des Angeklagten wurde der Kaufmann Theodor Thomsen mit dem Gesicht nach unten auf dem Bürgersteig tot aufgefunden. Mehrere Kraftmagenführer, die hinterher an der Unfallſtelle anlamen, behaupteten mit Bestimmtheit, daß der Angeklagte den Mann totgefahren habe. Sie hatten auch den Eindrud,
daß er angetrunken mar. Bei der Polizei und vor dem Unter
suchungsrichter hatte der Angeflagte feine Schuld zugegeben. Hinterher aber bestritt er, der Schuldige zu sein. Er behauptete, daß der Mann die Schädelverlegung, an der er gestorben ist, auf irgendeine andere Weise schon vorher erlitten haben müsse, da sein Bagen gar nicht bis zu der Stelle, an der der Tote lag, gekommen sei. Als
man ihm seine früheren Geständnisse vorhielt, behauptete der Angeflagie, daß die Polizei und der Untersuchungsrichter ihn gar nicht hätten zu Worte fommen lassen, so daß er in seiner Verzweiflung
Vomag
In Beantwortung Ihrer gefl. Zuschrift vom 27. 8. 29 tellen wir Ihnen mit, daß wir mit dem im Jahre 1925. bezogenen Vomag- Lastkraftwagen sehr zufrieden sind. Leistung gut, Verbrauch an Brennstoff normal. Reparaturen in der Zeit von 4 Jahren machten sich selten
notwendig."
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