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Sonntag

17. November 1929

Unterhaltung und Wissen

R. France: Sprechen die Tiere?

Die Welteren unter uns erinnern sich gewiß noch lebhaft an| das große Aufsehen, das vor dem Weltkrieg einst um den Kugen Hans" und den sprechenden Hund Don" entstanden war. Jetzt ist es stiller geworden um beide und man hat Abschied genommen von der Diskussion über sie mit dem Eindruck, daß es sich bei dem fähebuchstabierenden und fubifmurzelziehenden Pferd um eine erstaunliche Dressur und viel Täuschung, bei dem sprechenden Hund aber um ein wunderbares, Kuriosum handelte, das übrigens in= zwischen das Zeitliche gesegnet hat. Das scheint aber nur der Deffentlichkeit so, die seitdem mit hundert Sorgen belastet und von hundert neuen Sensationen erregt, eine Sache nicht festhalten kann. Im stilleren Kreis der Fachkenner hat diese Frage der sprechenden Tiere" niemals seitdem geruht und fich inzwischen zu einer neuen Wissenschaft, der Tiersprachenfunde" mit eigenen Bänden und Zeitschriften verdichtet.

An sich sind ja sprechende, d. h. Menschenworte nachahmende Tiere so alt wie das Erinnern selbst. Papageien, Stare, Raben, Drosseln haben damit unzählige Abrichter erfreut, daß sie fließend ganze Säße nachplappern lernten. Im besten Fall, der von Ruß, dem großen Papageienienner, bezeugt ist, bis 300 Worte. Wenn einer so viel von einer Sprache tann, dann fommt er in dem Lande, wo man sie spricht, schon immerhin zurecht. Aber das ist nicht ,, Tiersprache  ", sondern nur Wunder der Dressur.

Schon Leibniz  , der große Philosoph, berichtete von einem Sund aus der Gegend von Zeitz  , dem ein Knabe 30 Worte bei gebracht hatte. Und der Wiener Tierpsychologe R. G. Schneider ftellte neuerdings die Dogge eines Studenten vor, die durch Vor­Sprechen bestimmter Worte vor dem Füttern ihren Namen Aniel"

und die richtigen Studentenworte: Durst, Gose( der Student mar nämlich Leipziger  ), Silentium, dann ja, Knochen und nein sagen lernte. Gegenwärtig macht auf Kazenausstellungen der Kater, Beter Alupta" größtes Aussehen, weil auch er etwas sprechen und fingen fann. Und es gibt ein Verzeichnis, von einigen vierzig, fprechenden Tieren", das von der Gesellschaft für Tierpsychologie verbreitet wird. Solcher Tiere gibt es also viele und hat es auch früher gegeben. Sie beweisen nur, daß der Kehlkopf der Tiere ähnlich wie der unfere gebaut ist, aber gar nichts für Tierdenken und Tiersprachen. Laute geben zahllose Tiere von sich, nicht einmal die darob sprich wörtlich gewordenen Fische sind völlig stumm; es gibt unter ihnen welche, die stöhnen und fnurren. Der Gesang der Bögel hat von je das Menschenherz ebenso entzüdt, wie ihn das Quafen der Frösche, das ununterbrochene Geschnatter der Gänse und Enten 1äftig gefallen ist und das Singen der Zifaden ihn zur Raserei gebracht hat. Gerade dem letzteren hat man besondere Aufmertfam feit gemidmet; mit dem Ergebnis, daß es nichts sein fann wie ein ,, Ausdruck von Lebensgefühl" ohne gewollten Sinn. Die 3ifaden, Die in Südfrankreich  , aber auch schon in Südtirol   eine Landplage bilden, fizen, Männchen und Weibchen durcheinander, auf den Bäumen. Nur die Männden stoßen in der Hize ihren durch­dringenden Ruf aus, die Frauen sind stumn, weshalb fie schon der ömische Dichter besagt: Glücklich seid thr, o Zifaden, denn eure Weiber sind stummm!". Um so geschwäßiger sind die Zikadenherren; zwölf Stunden lang hörte 3. Fabre dem unendlichen Singfang eines einzigen Männchens zu und konnte sein Ende nicht abwarten. Warum schrie dieses Tier? Es erreichte nichts damit.

Genau so wird übereinstimmend von der Naturforschung das Zirpen der Grillen, das Quaken der Frösche, das Schnattern der Enten, das Konzert der Brüllaffen gedeutet. Lebensgefühl ist das alles, Affektlaut, aber feine Sprache.

Sprache soll Mitteilungen bezweden, um eben ,, Lebenszwede" zu erreichen. Und da scheint die sonst so geschwäßige Tierheit plöglich stumm und unbegabt. So dachte man bis vor wenigen Fahren. Heute aber steht es darum anders. Besondere Methoden der Tiersprachforschung haben andere Ueberzeugungen beigebracht. Da waren zunächst Papageien, die plötzlich einen freien, sinn gemäßen Gebrauch von ihrem Wortschatz machten. Gerade Ruß verbürgt sidy für einen Sprechfünstler dieser Art, der von seinem auf ihn stolzen Herrn auf eine Ausstellung geschickt wurde, dort aber den stillen Beobachter spielte und fein Wort sprach. Als man enttäuscht ihn wieder heimbrachte, sagte er ganz unaufgefordert: ,, Lera nicht gesprochen."

So haben denn auch die uns am nächsten stehenden Tiere, Hunde, Kazen, Affen, thre mir ihnen eigenen Baute um Begehren, Angst, Zuneigung, But auszudrücken. Daß der große Menschen­affe Gibbon auf den Sundainseln von selbst Gesänge aufführt, ist von allen Beobachtern in seiner Heimat verbürgt. Der deutsche Forscher Selenka   schildert diesen Gesang in folgenden anschau lichen Worten: Einige alte Männchen beginnen den Reihengsjang in vereinzelten, sehr tiefen, glodenähnlichen Tönen, dann sehen die Weibchen und jüngeren Tiere ein mit einem regelrecht schmetternden hohen Juchzer juhh", dem sich ein überlautes, hochtöniges Ge­fächter anschließt, in immer leiseren Tönen verklingend."

Auch der zunächst vielbelächelte, aber schließlich doch ernst ge nommene amerikanische   Affensprachforscher Garner unterschied mehr als acht Arten der Lautgebung, die nach den verschiedenen Anlässen typisch wiederkehren, also gleichsam Worte darstellen. Heinroth  , der bekannte Bogelforscher fand ähnliches für die Gänse, K. C. Schneider in Wien   für die Enten, v. Unruh für die Pferde usw. B. Schmid hat sehr genau die Sprache der Kaze untersucht, mit dem Erfolg, daß das Miauen allein schon fünf bis fieben Abänderungen erkennen läßt, je nachdem es miß lingen, Begehren, Unbehagen, Schmerz oder Liebe ausdrücken soll. Es fehlt somit nicht an Ausdrudsfähigkeit; aus den unwill fürlichen Affettiauten find feststehende Ausdrüde hervorgegangen und wenn die Kaze fieben Worte in ihrer Sprache hat und die Schwalbe fünf, fo haben die Auftralier als das zutiefft stehende Menschenvoll der Erde 60.

Aber vielleicht sind nicht einmal diefe immerhin recht einfachen Zusammenhänge das Anziehendste an den Tiersprachen, denen mir bisher deswegen so zweiseind und unverständig gegenüberstanden, meil wir uns feine Mühe gegeben haben fie zu lernen. Biel  merkwürdiger als sie sind die Triller und Tanzsprachen der Insekten; namentlich der Ameisen und Bienen, die neuestens durch viele über einstimmende Untersuchungen fichergestellt find.

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Daß die Ameisen sich irgendwie verständigen, davon kann sich jedermann überzeugen, der sich einmal die Mühe nimmt, einige Stunden in der Natur der Beobachtung ihres Treibens zugumenten Eine stolpert durchs Moos und stößt auf ein hingelegtes Stückchen 3uder... Genau prift fie es, denn die Ameisen sind Pedanten. Siber menn sie sich einmal im Naten ist, dann holt fie Rameraden.

Gilligst rennt sie meg und jede Nestgenossin wird angehalten. Da muß man mun genau zusehen, was sie machen. Mit ihren einen Fühlern am Kopf schlägt sie einen Trommelwirbel auf der Stirn und den Fühlern der anderen. Ein ganzes Palaver in Trillern beginnt. Aber zum Schluß hat man verstanden. Die Angeredere läuft nun zu dem Zucker hin. Nach fünf Minuten sind es sechs Ameisen, die zu ihm geschickt wurden, nach zehn, zwanzig, nach zwei Stunden ist der Zucker verschwunden. Sie haben es alle verstanden in ihrer Trillersprache.

Ganz anders wieder die Bienen. Bange Zeit hat man sich damit beschieden, für sie eine Singefprache" anzunehmen. Jeder Imter wußte und weiß genau den freundlichen Sterzelton" ihres Behagens von dem Heulen" zu unterscheiden, wenn sie schwärmen wollen. Sie kennen den Lockton", wenn der Schwarm gewechselt wird auch das eifersüchtige Tuten" der jungen Königinnen und das feindselige ,, Quad  " der Nebenbuhlerinnen.

Wir wissen aber schon nach den foeben erworbenen Bor­fenntnissen, was das alles ist. Affeftausdruck, der Wehruf wenn man sich stößt, der kleine Schrei, mit dem sich die Liebenden in die Arme sinken. Der Münchener   Zoologe K. Frisch aber hat uns neuestens gelehrt, daß es auch eine richtige Bienensprache gibt, in der Mitteilungen gemacht werden. Und zwar durch Tanzflug. Eine Biene tommt am Stoc an mit der Nachricht: Die Linde blüht. Diese große freudige Neuigkeit wird nun fortgetanzt. In be­stimmten Bewegungen, die die anderen nachmachen, bis sie davon­fliegen zum freudenspendenden Lindenbaum.

Etwas sehr Fremdartiges lehrt diese neueste Theorie, aber wir Etwas sehr Fremdartiges fehrt diese neueste Theorie, aber wir sind heute in guter Stimmung, es zu glauben. Denn von allen Seiten strömen die Beweise zusammen, daß auch die Kreatur, vom Genossen und Freund des Menschen bis ganz hinunter in den Niederungen des Lebens nicht der Sprache entbehrt, weil das Leben der Mitteilungen bedarf, weil fein Zusammenleben möglich ist ohne das Bedürfnis sich zu verstehen. Wunderbar nahe tommt dadurch die arme leidende Kreatur unserem Herzen, eine alte Lebens. weisheit erfüllt sich an uns selbst: wenn man sich nur erst einmal anfängt zu verstehen, bann lernt man sich auch lieben. Erstaunt und ergriffen hören wir in diesem neuesten Wissen um die Natur gunn ersten Male Worte aus der Tierseele an unfer Ohr schlagen, erft einzelne, unbeholfen geftammelte Borte aus einer Sprache, in der wir, die Könige des Lebens, Meister find. Aber gerade in dieser ganz leise dringt aus der Unbeholfenheit rührt das ans Herz ganzen Tierheit, dieser so verachteten, mißhandelten, uns nur als Werkzeug dienenden Tierheit ein mahnender, ersticter Unterton in tieffter Seele und Gewissen, ein Wort, das uns das Herz erzittern macht: Bruder...

Beilage des Vorwärts

Die Totenpflanze Rosmarin

Rosmarin, der aromatisch duftende Zierstrauch mit den grau­grünen Blättern und den kleinen hellblauen Blüten, der noch am häufigsten in Bauerngärten Süddeutschlands   zu finden ist, hat in der Heilkunde wie im Volksleben stets große Bedeutung gehabt und war deshalb zu allen Zeiten von einem geheimnisvollen Nimbus umgeben. Er spielte und spielt heute noch bei freudigen und traurigen Ereignissen eine gewisse Stolle. Bevor eine Fürstin aus dem Hause Fugger   die Myrte als bräutlichen Schmuck einführte, wurden die Brautkränze aus Resmarinzweigen gewunden, wie denn auch sämtliche Hochzeitsgäste solche im Knopfloch oder in der Hand trugen. Uebrigens sah man noch vor kurzem in Thüringen  , be­sonders in den südlichen Teilen, vereinzelt Brautkränze aus Rosmarin. In manchen Gegenden steckte man sogar Täuflinger Rosmarin an das Kleid, Konfirmanden schmückten sich am Ein­segnungstage ebenfalls damit, was gegenwärtig einzeln noch ge= schieht. Dieser Brauch hängt mit dem Dämonenglauben zusammen.

Namentlich bei der Bestattung der Toten hat Rosmarin seit ailer Zeit Verwendung gefunden. Wie man früher, besonders auf dem Lande, den Tod des Hausherrn dem Bieh, den Bienen und den Bäumen des Gartens mitteilte, geschah dies auch mit dem Rosmarinstrauch. Im südlichen Westfalen sagt man heute noch, daß man beim Tode des Hausherrn den Rosmarin flopfen" muß, sonst stirbt er ab, und im Kanton Zug  , daß er beim Tode des Hausvaters in jedem Falle ausgeht. Die Belchen bestreute mai häufig mit Rosmarinzweigen. Allerdings hält man es nicht für gut, einem Toten Rosmarin mit in den Garg zu geben, weil der Strauch dann ausgeht, wie man in Westfalen glaubte. Früher trugen bei einem Begräbnis alle männlichen Leibtragenden sowie der Pfarrer Rosmarinzweige in der Hand oder an der Kleidung. manchmal nahmen sie solche in den Mund. Diese Zweige wurden

gewöhnlich von der Totenfrau unter die Leidtragenden sowie unter die Schulkinder verteilt, die sie nach dem Bersenken des Sarges in die Gruft warfen. Wie der Boltsmund sagt, soll der würzige Duft der Pflanze die Erinerung an den Heimgegangenen starten und erhalten, richtiger aber die Dämonen bannen.

Noch vor nicht allzu langer Zeit pflegte man in einigen Dörfern Thüringens   bei jedem Reichenbegängnis, bevor der Trauerzug den of verließ, dem Pfarrer und dem Lehrer einen Rosmaringmeig und eine Bitrone zu überreichen. In Schwaben   verwendet man neben Rosmarin bisweilen auch Lorbeerblätter, vielleicht weil beides immergrüne Pflanzen, Eymbole der Unsterblichkeit, find. Früher pflanzte man auf die Gräber mit Vorliebe einen Rosmarin­ftrauch. Ging er aus, so schloß man daraus auf einen baldigen weiteren Todesfall in der betreffenden Familie. Wegen der Be­ziehung zu den Toten hält man es für ein böses Vorzeichen, von Rosmarin zu träumen.

E. R.

Wladimir Lidin: Der Matroje

Fünf Meere hatte der Dampfer durchtreuzt. Nun fief er in ben Hafen von Batum   ein, um Petroleum zu laden. Zwei Tage von Odessa   entfernt, fuhr er ganz nahe die Küste entlang und vom Schiffe aus waren die weißen Gasthöfe, Villen und Paläste zu sehen, die knapp am Ufer lagen, Palmen, Hagrn und Suchum Der Dampfer hatte den Namen Costa". Es war ein griechisches Petroleumküstenschiff, mit Fracht von einer französischen   Kompag­nie beladen. Seine Besatzung bestand aus Griechen, zwei Türfen, zwei Rumänen und einem Russen, dem Matrojen Strachom, der vor 15. Jahren vor einem Kriegsgericht nach Algier   geflohen war.

Gegen Abend lief der Dampfer in Batum   ein. Von der Stadt her leuchteten schon die rätselhaften Lichter und die Matrosen be­famen Çile. Sie rafierten sich, putzten sich fauber heraus und, sandten gierige Blide nach dem Lande. Durch die Gassen schlürften lelse Sohlen, helle Silhouetten in Baschlifs, in den Cafés flapperten die Dominosteine und Frauen eilten geschäftig dahin nach Männern spähend. Die Mannschaft, in ihren Matrosenhüten, drängte sich an fie heran, starrte ihnen ins Gesicht, stieß einander an, suchte das starlite Gedränge und beim Anblick dieser suchenden Frauenrugen flammte auch ihr abgeftumpfier Blick auf, wenn er auf die ermun. ternden Blihe stieß, die aus den verheißungsvollen Frauenaugen leuchteten, wie dies sich immer wieder abspielt in den Hafenstadten nach langer Seefahrt, schwerer Arbeit an Bord und ununterbrochener Einjamfeit. Und so fand auch Strachow bald eine Gefährtin. Sie war sehr fchlant und einfach, gar nicht geschmintt und glich eher einem halbwüchsigen Mädchen. Ein seidenes Fähnchen hing um ihre Schultern, mit dem linken Auge schielte sie beinahe, aber auch darin war etwas, das ihn zu ihr hinzog. Diese Frau zog ihn hinter fich her, durch die dunklen Gäßchen Batums. Sie ging allein vor­aus und er stapfte hinter ihr her, in seiner europäischen Meidung, mit dem Matrosenhut auf dem Stopfe, ganz fchlef, als wäre es eine schirmlose Müge. So führte sie ihn in ein Edywefelbad, wo sie der Befizer wortfos eintreten ließ. Sie gingen in ein Zimmer, mo es nach Schwefel roch und heiß war wie in einer Orangerie. Eine Marmorbant stand an der Wand. Außer Wasserhähnen und Eine Marmorbant stand an der Wand. Außer Wasserhähnen und Bannen gab es sonst nichts in diesem Zimuner. Die Fra fegte sich auf die Bank und betrachtete ihren Gefährten, der nicht mehr jung war, so manches graue Haar im Schnurrbart hatte, den Schädel glatt geschoren. Seine Stirn schien frisch und in den Ohren hatte er ffeine, silberne Ohrgehänge. Er hätte ihr Vater fein tönnen.

Run, was denn?" fragte fie. Setzen Sie sich doch! Hier ist es übrigens sehr heiß. Sie hätte gern das Kleid über den Kopf gezogen, aber er hinderte sie daran und setzte fich neben fie.

,, Nein, das ist nicht nötig," sagte er und strich sich über den Schnurrbart, ich wollte bloß wissen, wer du eigentlich bist. Wie heißt du?"

Mary."

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Strachom saß da, betrachtete sie, strich sich wieder über den Schnurrbart und sagte irgendwie ermartungsvoll: Sichst du, es ist so merkwürdig, Mascha Mun mar ich Vor fünfzehn Jahren fünfzehn lange Jahre nicht in Rußland  hat es mich von diesen Ufern fortgespült. Nun fchre ich von neuem nach Rußland   zurück... damals mußt du acht Jahre alt gewesen fein, nicht älter. Wie alt bist du jezt?"

3wanzig

Alfo etwas jünger... hm... vielleicht hast du mit meinen Töchterchen gespielt. Ich hatte nämlich ein Töchterchen in Rußland  in der Stadt Oranienbaum  ... fennst du diese Stadt? Und nun bin ich wieder in Rußland  ... wunderlich Und plötzlich wandte fich Strachow ihr zu und begann, den Saum ihres Seidenkleidchens zu streichein.

A

Laß das so... hörst du? Ich bin nicht deswegen mit dir gekommen. Fünfzehn Jahre also habe ich in allen Meeren herumgespuckt und nun zum erstenmal wieder in der Heimat... ich war in Amerita, Mascha, in Australien  , auf der Insel Kuba  , aber nicht ein einziges Mal fonnte ich in all der Zeit nach Ruß­ land   kommen. Nun tamen mir nach Rußland   und ich dachte: wie alt mag woohl jezt mein Töchterchen sein, wo mag fie fich herum­treiben? Nun habe ich nachgerechnet und herausbekommen, daß sie etwa zwanzig Jahre alt sein muß.... Ich dachte: wie wird es eigentlich sein, Kann ich zu meinem Lödyterchen fommmen, ohne Geschenke mitzubringen? Man muß ihr Parffim schenten auch ein Reibchen habe ich ihr mitgebracht, aus Marseille  

Strachom tramte in seinen Taschen und zog ein Fläschchen Par­für und ein feidenes Kleidchen hervor. Die Frau blickte von der Seite her nach diesen schönen Dingen. Ihre Hände lagen auf den Knien und Strachow begann, mit seiner schweren Hard ihr über den Scheitel zu streichen.

Also nimm diese Geschenke," sagte er plöglich, vielleicht hast du wirklich mit meinem Töchter hen gespielt... Irgendwann. einmal..."

Aber die Frau saß wieder ganz still, wie früher, den Blick Dor sich hin gerichtet und Strachom legte das Fläschchen und das Meid in ihre Hände.

Bloß eins versprich mir, Mascha," setzte er noch hinzu, nach drei Tagen fahren wir wieder meiteraber diese drei Tage mußt du dich schonen. Du wirst bei mir Tochterstelle vertreten."

Schweigend saß die Frau neben ihm und hielt in ihren Händen seine Geschente und Geld, das er ihr gegeben hatte. Dann ver­fießen fie das Bad und freuzten wieder durch die dunklen Gäßchen Batums. Ueber dem Meer lag das fern: Aufblinken der Leucht­turmfeuer. Schwile lag über der Stadt, wie von fetten Leibern. noch immer flapperten die Absätze durch die Straßen, fegten die leichten Sohlen über das Trottoir. An der Ecke blieben die beiden

stehen.

Also sich zu, erfülle meine Erwartungen, Mascha!" sagte Strachom und fah ihr in die Augen, die aufleuchteten und mahr scheinlich denen seiner Tochter ähnlich waren. Eine Minute später verließ sie ihn.

Morgens fleideten sich die Matrofen wieder um, zogen andere Krägen an und mit ihren fettgewordenen Blusen begannen sie, das Petroleum an Bord zu pumpen. Tagans tagein ging das so fort und das Schiff füllte sich immer mehr mit seiner schweren Ladung. Am dritten Tage, nachdem das Schiff geladen war, ging es gegen Abend in See, um über Konstanza  , Burgas  , Konstantinopel  und Brindisi   nach Marseille   zu fahren. Niemand war am Beer, als es die Anter lichtete. Eine einzige Frau stand am Ufer und mintte mit einem Tüchlein. Stachom riß sich von seiner Arbeit los, um ihr zu winken ihr, die er an Tochterstelle auf dem Fest­lande zurücklajsen mußte.

As bem Ruffben non Menoth Balletbaner.)