Dienstag 19. November 1929
Unterhaltung und ÄVissen
Beilage des Vorwärts
SXg. Peinlicher S&michenfall
Er ist vor kurzen, einem Bekannten von mir begegnet, einem ziemlich ruppigen Kerl, dem mir schon auf der Schul« den Spitz- nennen„Igel" verliehen litten. Trotz seiner Borstigkeit war es ihm gelungen, eine zarte, zierliche Frau zu bekommen. Mit dieser seiner jungen Ehegesponsin besuchte er eines Nachmittags die Kunstaus- stellung, die ein mit ihm und seiner Frau befreundeter Händler ver- onstaltet. Kaum ist er wieder zu Hause, so wird er von diesem Herrn angerufen: ,L>u! Es ist mir sehr peinlich. Aber gleich, nachdem du uich deine reizende Gattin unsern Laden verlassen, wurde bei uns eine kleine chinesische Bronze vermißt. Allerdings trotz ihrer Winzig. tcit«in äußerst wertvolles Stück. Ein« weibliche Gestalt. Aus der Tschou'Dynastie. Eine selten fein« Arbeit..." Der junge Ehemann grinst« zunächst in den Fernsprecher hinein: „Ja! Aber was haben wir damit zu wn? Du meinst doch nicht «cwa.. Der Kunsthändler entschuldigte sich nun ganz verlegen, da der Ton des anderen von Wort zm Wort merklich gereizt«? wird. Er meine nur. weil nach ihnen beiden kein Besucher mehr im Geschäft gewesen sei, da ja schon während ihres Aufenthalts bei ihm ein starkes Dunkel geherrscht habe. Und ob nicht vielleicht ein Versehen rorgekommen sein könnt«? Mein Freund hängt ärgerlich und ver, stimmt den Hörer ein. Er geht zu seiner Frau hinüber und befragt sie barsch, wie es ist, ob sie etwa? Doch sein« Frau verneint und verweigert, verletzt über seine Rauheit, jedes weitere Eingehen auf di« Sache, so daß er den Fall schließlich auch aus dem Kopf verliert, um mißlaunig in seinen Klick, zu gehen. Zu seinem höchsten Er- staunen und Entsetzen entdeckt er aber am anderen Morgen, als«r eckig und mürrisch nach einem seiner seidenen Taschentücher sucht, die das Kammermädchen gewöhnlich in die Schiebladen seiner Frau verkramt, zwischen einem Haufen von Perlentäschchen und Taschen seiner jungen Frau den bewußten vermißten Kunstgegenstand, die chinesische Schmuckfignr. Er überlegt sich den Vorfall nicht lange, sondern stürzt sofort zu seiner Gattin, die gerade aus ihrem Bade steigt. Empört stellt er sie mit den härtesten Ausdrücken zur Rede, wie sie dazu komme, sich heimlich fremdes Eigentum anzueignen. Er habe ihr doch gestern abend schon mitgeteilt, daß der Diebstahl gemerkt worden sei. Und sie, dumme Gans, habe dazu geschwiegen und ihn mit keiner Silbe aufgeklärt, daß sie das Ungeheuerlich« begangen habe. „Als du mir gestern davon erzähltest, war es ja auch wohl schon zu spät." erklärt« sie ihm ganz ruhig. Allein!" eifert er sie an.„Man hätte dann sogleich versuchen können, die Sache zu vertuschen." .Das kannst du doch jetzt auch noch." Er lehnt da» schroff ab. Nun könne man nicht mehr vermitteln. Es würde jetzt einen sonder- baren Eindruck machen. Und wie sie überhaupt dazu komme, einen solchen niederträchtigen Wahnsinn anzustellen, einen Diebstahl zu be- gehen. Noch dazu bei einem ihm befreundeten Mann, vor dem er pun wer weih wie dastehe. Dsck» wollte dich prüfen." lautete ihre kühle Entschuldigung. „Wozu mich prüfen?" tobte er sich nun in immer starker« Er- regung.„Prüf* du dich nur lieber s«lber. du Kleptomanin! Du steckst mir nicht» dir nickst»«inen fremden kostbaren Kunstgegenstand zu dir. Bemaust«inen Freund von mir und schweigst verstockt, wem» ich dir von tem Fall erzähl«. Du hättest womöglich gewartet, bis «ine Haussuchung bei uns vorgenommen wäre." I« wutende? er wird und sich anstellt, desto gefaßter bleibt seine Frau.„Ich fürchte, du wirst meine Prüfung nicht bestehen," stellt sie leidenschaftslos fest. „Was hattest du dir denn gedacht?" befragte er sie. ganz ver- zweifelt über ihr gleichgülliges Wesen. „Ich wollte dir heute oder morgen diese dumme chinesische Bronze zuspielen und dann abwarten, ob du dich ritterlich benehmen würdest." „Was heißt Ritterlichkeit in solch einem Fall«? Sollte ich m»ch etwa selber als Dieb angeben?" „Das hatte ich erhofft, daß du dies tun würdest. Daß du hin- gingest und diese unbedeutende Schuld, dieses Versehen, auf dich nähmest." „Ich soll mich bloßstellen, um deinetwillen? Ich danke! Nein! Lächerlich! Was du dir«ingebrockt hast, das mußt du nun auch selber auslöffeln." „Gut! Ich werde also allein zu deinem Freund gehen und ihm olles«ingestehen." Damit trennten sich die beiden jungen Eheleute voneinander. Er rast in sein Geschäft, um heute dort allerdings iveniger zu arbeiten, als aufgebracht über die Torheit und Heinilichkest des weiblichen Gelcbleckis nachzugrübeln. lind sie tritt ihren Sühnegang an. Alfred, btt Freund ihres Gatten und auch der ihrige, wie sie vermeint, empfangt sie in seinem Kunstladen mit seinem fesfftehcnden verbind- lichen Lächeln, dos er sich für den Verkehr mit der Kundschaft fest- gelegt hat.„Ich muß Ihnen etwas sagen, Alfred," beginnt sie ihr« Beichte. Und schon führt er sie, da er wittert, daß es sich um etwas Verschwiegenes handelt, in feine vertraulichen Gemächer. . Gestern abend, als wir bei Ihnen waren," fährt sie fort,„muß diese unglückliche Bronze sich verirrt haben und irgendwo an mir hängen geblieben sein." .„Hängengeblieben ist gut." wiederholt er sofort mit einem spöttischen frechen Lächeln. ,Dier ist sie." sagt sie zitternd und holt di« Bronze unbeholfen aus ihrem Hondtäfchchen hervor und stellt sie vor ihn hin. Alfred hascht dabei nach ihren Fingercken. „Di« entzückendste Diebin, die mir in meinem ganzen Beruf vorgekommen ist!" Sie entwindet ihm verletzt ihre Hand, die er gleich in höchst o«r- traulicher Welse drücken will, und stammelt:„Ich nehm« an. daß damit die Angelegenheit.zwischen uns erledigt ist. Alfred?" „Warum so schnell?" meint er und sucht sie nun, da er merkt. wie sie bebt, wie Freiwild an sich.zu ziehen. Aber sie stößt ihn entrüstet von sich:„Nein! Nein! Dos hotte ich nicht von Ihnen erwart, t." sagt si« fast weinend. „So?" meint«r kühl zurück:„Wie hatten Si« denn geglaubt. daß ich den Fall aufnehmen würde?" „5ch hotte geglaubt, Sie würden so zu mir sprechen. Mein« liebe Freundin, ich begreife so gut, was Sie getan hoben. Zumal ich durch meinen Freund von dem wiigeregten Zustand erfahren habe, in dem Sie sich feit einigen Wochen beiluden, seitdem Si« wissen, daß Sie«in Kind zu erwarten haben. Die«ine ihres Geschlechts hat dabei dieses Gelüst« und eine andere ein anderes. Ich kann mir das so gut vorstellen. Besonder» bei einer Frau, di« sich in ihrer
jungen Ehe nicht ganz erfüllt, sondern enttäuscht sieht. Man gerät leicht aus dem Gleichgewicht in solch einer Frage, bis man sich wieder richtig ausgewogen hat. Man tut sogar vielleicht einmal etwas Falsches und Berkehrtes, nur um di« Unruhe und Unbefriedigung in sich los zu werden. Sie haben bei sich gedacht: was ist schon viel dabei, wenn du dies klein« Stückchen Bronze unter den vielen Aus- stellungsfachen, die da achtlos offen herumstehen, einmal mit nach Hause nimmst. Es hat solch ein« geheimnisvolle überirdisch« Anziehung für dich. Du kannst es ja morgen wider heimlich zurück- bringen und zwischen den andern Krimskrams stellen. Man wird es nicht sogleich merken. Und wenn man es merkt, gut: so lernst du ennnol kennen, wie di« Menschen sich benehmen werden, unter di« du dein Kind demnächst als seine nächste Gesellschaft aussetzen mußt. So habe ich mir ausgemalt, würden Sic zu mir sprechen und lieb und rücksichte- und verständnisvoll zu mir sein." „Aber das läßt sich doch noch nachholen," versucht er mm sie mit einer überbetonten Zärtlichkeit zurückzuhalten und mit ihr auf Halb und.Halb zu gelangen. Doch sie will nichts mehr mit ihm
gemeinsam haben und stürzt hinaus, um sich auf einer Bank in den nahen Anlagen von dieser zweiten Enttäuschung auszuweinen. * Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung, die zur Scheidung der beiden Ehegatten führt, tritt Alfred als Hauptbelastungszeuge auf. Gegen sie, die Frau, natürlich, zu deren Ungunsten entschieden wird, und zwar vor allem auch aus dem Grunde, roei> sie während der Verhandlung unbesonnen erklärt, sie habe sich schon in der ersten Zeit ihrer Ehe mit ihrem unliebenswürdigen Mann im stillen in diesen Freund ihres Gatten verliebt gehabt, dessen geschäftlich« Ver- bindlichkett und Höflichkeit von ihr für angeborene Herzensgüte ge- holten worden fei. Sie fei aber nun vollkommen von dieser Leiden- schaff geheilt. „Es bleibt eine unangenehme Geschichte," stellt Alfred bei dem frostigen Freudenmahl fest, das die beiden Gewinner nach dem Aus- fpruch der Scheidung miteinander einnehmen. „Für wen? Für sie oder für uns?" fragt der andere kratz- bürstig zurück. „Für uns beide mehr als für sie," entgegnet Alfred.„Ich komme mir jedenfalls irgendwie schäbig vor. Nie mehr in meinem ganzen Leben werde ich Krach schlagen, wenn eine Dam« mich be- stöhlen hat."
Georg Schnarz:{jVdolffßVViCtl ftClffi III dlß WaphiaQuellen in Qalistien
„Wallen Si« industrielles Leben in Ealizien sehen, Arbeiter, die hier gegenüber den Massen der Bauern eine Minderheit bilden, so müssen Sie noch Boryslav fahren, ins Naphtagebiet", sagt uns ein Bekannter in Lemberg . Wir folgen seinem Rat und fahren los. Das Dahingleiten des Zuges durch dieses Land zeigt uns die furchtbaren Weiten der galizischen Ebenen. Rechts und links schweifen die Blicke über die Unendlichkeit der blumigen Wiesen mit den weiden- den Rinder- und Pferdeherden. Wogende Kornfelder gehen über in verschwiegenen Laubwald, den im Sommer di« Bauersfrauen mit Körben am Arm, Kinder mit Eimern, auf der S«che nach Erd- und Heidelbeeren, durchstreifen. In den Städten kauft man dann den Früchtesegen des Waldes, dessen Genuß für den Städter durch das fartivährend« Bücken ukrainischer Bäuerinnen und halbflügger Kinder erst ermöglicht wird, für wenige Pfennige. Dos Angebot ist zu groß. Aber für diese Kleinbauern, die kaum ein paar Handbreiten eigenen Bodens bewirtschaften und unter halbfeudalen Verhältnissen für die polnischen Besitzer auf den Rittergütern für 2 bi» 3 Zloty ein Tagewerk von 14 Stunden leisten, bedeutet auch der geringste Nebenverdienst etwas. Wir sehen sie auf den Feldern arbeiten, zer- lumpt und barfuß. Wer hohe Stiefel trägt, ist schon«in Kulak . Höchstens langt es für«in Paar Opanken. Dem«inheimischen ukrainischen Bauern gehört die Scholl« nicht, sondern dem polnischen Unterdrücker mit den Allüren eines Kalomalherrsn. Weiter trägt' uns der Zug durch brütende Hitze und Sonnenglast, her die Landschaft erfüllt. Fern taucht, in dämmernde» Blau gehüllt, ein« Hügelkett« auf, die Ausläufer der Karpathen. Ihre Konturen gehen über in den Dunst der Wolken, si« verwischen sich am Horizont: Himmel und Erde sind eins. Und die Sonn« jagt einen heißen Atem über di« Landschaft, die jetzt langsam ihr Gesicht oerändert. Wir nähern uns der Bahnstation Drohobicz, die noch m der Ebene liegt. Hier befinden sich die Fabrikanlagen der großen Oelraffinerien. Man liest Firmennamen an den Zisternen wie„Golizia".„Gasolina ". In Röhren kommt das Oel von dem am Bergabhang liegenden Quellgebiet Boryslav herunter, um hier seine Verarbeitung zu er- fahren. Nach kurzem Aufenthalt in Drohobicz fährt der Zug nach Boryslav . Er schnauft den Schienenstrang herauf, denn es geht bergan. Ein Blick aus dem Fenster zeigt uns längs der Bahnstrecke di« Oelzuleffungsröhren, die das dickflüssige Element vom Bohrtum in die Fabrik befördern. Der Wasserspiegel des Baches schillert, durch einige Tropfen Oel erzeugt, in den Farben des Regenbogens. Man kann den Erdsaft jetzt riechen, wenn man die Nase schnuppernd in die Luft steckt. Ein vertrauter Gestank, derselbe, wie ihn die Autokavalkoden auf Berlins Hauptverkehrsstraßen verbreiten. Nur etwas ins Naturhaftere übersetzt. Dieser Geruch liegt über dem ganzen Gebiet und wird intensiver, je mehr man sich vom endlich erreichten Boryslaver Bahnhof auf Schusters Rappen den Bohr- türmen nähert. Aber erst müssen wir da» Bild der Stadt in uns aufnehmen, die einen so pfftoresken Eindruck macht, als fei sie für einen ameri- konischen Goldgräberfilm hingestellt worden. Unglaubliche Buden stehen am Wegrand: aus Brettern und Fachwerk errichtet. Die Ver- wahrlofung menschlicher Behausungen feiert höchsten Triumph. Seit Dezennien wohnen Arbeiterfamilien in diesen Löchern, deren Stu- den eben mannshoch sind. Schmutzige Kinder kriechen auf dem Boden im Dreck herum oder wühlen im Schmutz der Straß«, die sich bei Sonnenhitze in feinsten Staub verwandelt und bei Regen in_ knietiefen Schlamin. Der aus Brettern auf Pfosten errichtet- Bürgerfteig befindet sich einen halben Meter über dem Straßen- Niveau und ist so schmal, daß zroej sich Begegnende kaum vor- einander ausweichen können. Hinter Gittern und Zäunen sieht man mehrstöckige Gebäude. Sie sind weiß gestrichen, aus Ziegeln erbaut und haben blank- geputzte Fensterscheiben, hinter denen man Schreibmaschinen klappern hört. In solchen Häusern, die wie Offiziere vor der Kor- poralschaff schmutziger Arbeiterhousrekruten stehen, sitzt der Stab der Erdöidirektoren und Ingenieure mit dem Troß der Assistenten und Sekretärinnen. Sie kommen aus Nord und West nach Borys- lav—- nnmc.n est Omen—, wollen Oel bohren und keine sozialen Problem« lösen. Den Duff des gewinnbringenden Naphtaa in den Nasen nehmen sie den Armeleutegeruch aus den Baracken nicht wahr. Oel ist hier die große Losung der modernen Konquistadoren aus Deuffchland, England, Frankreich . Holland. Die eigentlichen Herren des Landes, die Polen , kontrollieren nur 23 Proz. der gesamten Oelförderung. Ihre nationale Wirtschaft ist allzu jüngsten Datums, di« großen Mächte des Kapitalexports sicherten sich die fetten Extraprofite des Oels, die dem früheren Beherrscher Galiziens. der K. K. Monarchie, durch die Nase gingen. Hat es einmal so etwas wie einen„Run" auf di« Oelque.lle» gegeben? Fast sieht es so aus. Bis hinauf in die bew-ildeten Berge ist alles porzelliert. Grundstück von Grundstück getrennt. Auf lleinster Fläch« erhebt sich der Bohrturm eines Privatunternehmers,
während sich nebenan die Gerüste der großen Konzerne in die Luft recken. Die technischen Anlagen lassen an Primitivität nichts zu wünschen übrig. Da ist auch nicht die Spur von der technischen Schönheit in den großen Industriegebieten des Montankapitalis- mus. Dessen Hochöfen und Fördertürm« sind Wahrzeichen des industriellen Zeitallers, erzeugen ein« neue Romantik, wenn die Flammen der Hochöfen am nächtlichen Himmel lodern und die Seil- scheiden der Fördcrtürme sich drehen. Die Dohrtürm« verschandeln höchstens die Landschaft, weil keine Verbindung mit der Umwelt besteht. Hier fehlt das zweckmäßige Ineinandergreifen der Dinge, saubere technisch« Zulagen, saubere menschliche Behausungen. Der Fördermaschinenraum ist einfach«ine Vretterbude mit Dachpappe benagelt, mit winzigen Fenstcrlöchern und blinden Scheiben. In ihr bedient der Maschinist die Förderpump«, die am Drahtseil 1500 Meter heruntergelassen wird, um das Oel auszusaugen, damit e» die Bohrröhr« hinaufklettert, um sich oben in einen Sanrmel- behälter zu ergießen. Es springt nämlich nicht fortwährend, wie man in der Laienvoostellung annimmt, es muß erst gefördert werden. Natürlich maschinell, die Menschen brauchen es nicht, wie di« Kohl«, au« dem Bauch der Erde herauszuholen. Der Kraftverbrauch der Maschinen ist auch nicht so groß. Ein« Pumpe ist kein Förderkorb. Der Maschinist, der höchslbezahlteste Arbeiter, verdient pro Tag bis zu g Zloty... So erzählt mir ein Naphtaarheiter mit Neid ist der Stimm«, denn sein Tagelohn beträgt nur 4' Zloty. Biel « Naphtha- aobeiter oeodieneii noch weniger. Ihr« Anzüge glänzen wie mit der Speckschwarte eingerieben. Man tonn diesem dickflüssigen, braunen Stoff der körperwarm aus der Erde kommt, nicht entgehen. Der Boden der Förderanlagen fit verölt, glitschig sind die Bohlen rund um den Bohrturm.„Achtunq", ruft ein Arbeiter, als wir am Bohrwrm stehen, während das Seil der Pumpe über ein« Rolle läuft, um sich aufzuhaspeln. Wir springen zur Seit«, denn das Oel spritzt fetzt hervor, wird in einer Röhre aufgefangen und fließt ab. Gleich in die Raffinerie, wo es in zivilisiertes Petroleum und Gasolin verwandell wird und von dort aus in besonderen Transportwagen den Weg in die Welt an- tritt. Irgendwo aus einer Nordseehallig wird Leuchtöl aus Golizien ein Fffcherhaus erhellen, während Boryslaver Gasolin Fwgmotore treibt. Ein Blick in die Kesselhäuser läßt unsere Augen vergedtich den Brennstoff suchen. Der traditionelle Kohlenbunker, der sonst die Nahrung für das Kessekfeuer hergibt, fehlt. Trotzdem brennt ein« stetig« Flamm« mit unoenninderter Kraft. Sie wird aus einer dicken Röhr« gespeist, empfängt durch sie fortwährende Zufuhr. Wir tippen auf Oel, aber es ist Erdgas. Dieser Brennstoff wird vollkommen kostenlos aus der Erde geholt. Mit feiner Hilf« speichert man Energien, die man braucht, um das Erdöl zu fördern. Kein Gasmesser, Schrecken der Großstadt Hausfrau, stört hier die Freude an der Brennstoffentmhm«. Das hört natürlich sofort auf, wenn daz Gas von der Quelle aus weitergclestet wird. In die Häuser, über Land. Da aber beim Verkauf di« Produktionskosten des Kohlengoses fortsallen, Ist es entsprechend billiger. Der billige Brennstoff für K raste rzeugung ließ in Boryslav Polens größtes Kraftwerk erstehen, das von hier aus senien Strom über Galiziens Dörfer und Städte schickt. Annähernd 40 000 Arbeiter sind im Erdölgebiet Galiziens tätig. Acht Stunden beträgt am Tage ihre Arbeitszeit, gering Ist ihr Lohn. Viele sind arbeitslos, denn die Rationalisierung scheint eine inter - nationale Maßnahm« zu sein, bei der eben immer Arbeiter auf der Strecke bleiben. Die Arbeitslosen lungern in den kümmerlichen Straßen herum, oder verdingen sich aufs Land. Wenn dazu nach eine Möglichkeit besteht. Aber die Oelförderung geht unvermindert weiter. Doch davon haben die Arbeiter nichts, denn die Prosite gehen ins Ausland. Für sie bleibt geringer Lohn, für den sie sich an der Bude des jüdischen Händler« dann und roann einen getrogenen Anzug—»wn Herrschaften in den Großstädten abgelegt— und übrigen nur die kärglichste Nahrung kaufen können.
Jübredü SMlrers Tarife Mb recht Dürer mußte bei seiner graphischen Produktion darauf bedacht sein, besonder» leicht verkäufliche Kunst herzustellen, die er entweder in Konnnisstnn gab oder durch Verwandte vertreiben ließ, die sie besonders auf den damals noch sehr bedeutenden Jahr- markten feilboten und die gute Absatzmöglichkeiten dort hatten. Dürer bewertet« seine hohe Kunst sehr bescheiden, und seine Preistartf« bewegten sich in sehr niedrigen Grenzen. Bei Kupfer- stich«» und ganz besonders bei Einzelblättern war die Größe und dos Format des verwendeten Papiers für den Preis ausschlaggebend. Je einen ganzen Gulden kostete» acht Blätter in der Größe eines ganzen Bogens. zwanzig Blätter einen halben Bogen groß und siiitfundvierzig Blätter einen Viertelbogen groß. Allerdings ko»-'- damals ei« Pferd auch nur anderthalb bi» zwei Gulden.