Arbeit an der Reichsreform.
Borläufige Beschlüsse in der Länderionferenz.
Die lebhaften Verhandlungen der Unterausschüsse der Länderkonferenz haben unter der energischen flaren Leitung durch Minister Severing mit einem beachtenswerten Bekenntnis zur Reichsreform geendet. Die entgegengesetzte Resolution des Ministerpräsidenten Held- Bayern wurde mit acht gegen drei Stimmen( Schäzel, Held und Eschenburg ) abgelehnt.
Es war charakteristisch, daß der deutschnationale medienburgische Ministerpräsident Eschenburg stets mit dem baye= rischen Ministerpräsidenten stimmte, während sein sozialdemokra tischer Borgänger Schröder sich warm für den Einheits. sta at eingesetzt hatte. Die Beschlüsse gehen aus von der Vereinigung der preußischen Regierung mit der Reichsregierung.
Eine lange Debatte fnüpfte fich an die Namensfrage für die preußischen Provinzen. Schließlich wurde mit acht gegen drei Stimmen entsprechend dem Vorschlage beschlossen, ihnen ben Namen Länder in einem weiteren Sinne zu geben; doch soll ihre Verfassung gemeinschaftlich durch zentrale Gesetzgebung festgesetzt werden; eine Zuständigkeit zur Gesezgebung soll ihnen nur zukommen, soweit sie thnen besonders übertragen wird. In ihrem Gebiet foll eine allgemeine Reichsverwaltung nach Art der bisherigen preußischen Staatsverwaltung bestehen und ihre Verfassung den bestehenden preußischen Provinzialverfassungen ( Landeshauptmann, Landtag , Landesausschuß) nachgebildet werden.
In einem wichtigen Punkte wurden die Vorschläge forrigiert. Nach dem Vorschlag der Mehrheit sollten die Abgeordneten anderer Länder im Reichstag über preußische innere Verhältnisse ohne Gegenseitigkeit mitentscheiden. Das wurde auf die Vorstellungen des preußischen und thüringischen Vertreters geändert. Im Reichstag und Reichsrat sollen über die internen Angelegenheiten Preußens nur die preußischen Bertreter mitentscheiden ebenso die Abgeordneten der hinzukommenden mittleren und fleinen Länder. Für eine zeitlich nicht begrenzte Ueber. gangszeit soll nach dem Antrage des preußischen Bertreters ein ver= einigter Landtag fortbestehen.
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Die weiteren Bemühungen des preußischen Bertreters gingen dahin, zu verhindern, daß für die fünftige vereinigte preußi sche und Reichsregierung ein Präjudiz über die Behand lung der Provinzen im einzelnen geschaffen würde, und daß über das vernünftige Maß hinaus Sonderrechte für andere Länder festgelegt würden. Hierbei fand er mehr und mehr Verständnis.
Eine völlig einheitliche Regelung für alle Länder fonnte in diesen Unterausschüssen nicht getroffen werden. Staatssekretär Popih gab im Auftrage des verhinderten Ministers Hilferding dem Bebauern darüber Ausdruck. Aber solche Beschlüsse waren von der Länderfonferenz nicht zu erwarten. Man muß es begrüßen, daß sie immerhin den Mut zu großzügigen Reformvorschlägen gefunden hat. Die weiteren Verhandlungen müssen, wenn sie wirklich über das Gebiet der Theorie hinauswachsen sollen, noch wesentliche Berbesserungen bringen.
Unserm Siebzigjährigen! Theodor Glocke, Geschäftsführer des„ Borwärts". Heute zwingt der tirchlich- staatliche Feiertag den„ Borwärts", seine Geschäftsräume geschlossen zu halten. Das hat zur Folge, daß auch der Leiter des Zeitungsverlags nicht in seinem Bureau su finden fein wird, mit dem er seit mehr als vierzig Jahren aufs engste nerwachsen ist. Er mürde ohne diese staatliche Feiertags beschränkung wahrscheinlich prompt an feinem gewohnten Blaze erscheinen, trobem der 20. November ihn in das biblische Alter eintreten läßt: denn unser Theodor Glode vollendet heute das fiebente Bebensjahrzehnt.
Anlaß genug, daß ihm von vielen Seiten Glückwünsche ins Haus flattern; noch mehr Anlaß, daß die Partei und der Bormärts" fich diesen Wünschen oufs herzlichste anschließen.
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ihren Früchten...
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Es war einmal ein Herr Hugenberg , der wollte in ein Stahlhelm- Boltsbegehren eine deutschnationale Eiche pflanzen. Als der Baum jedoch Früchte trug, da zeigte fich, daß der eigentümliche Nährboden eine andere Spielart hervorgerufen hatte....
Mordanschlag in der Steiermart.
Der Bedrohte gerettet.- Die Täter verhaftet.
In der Nacht zum Dienstag gegen 1 hr versuchten drei Heimatschüler in Bruck an der Mur( Steiermark ) auf den sozialdemokratischen Landtagsabg. Wallisch Als die Heimwehrleute Wallisch erkannt hatten, zog einer einen Revolver. Die Waffe versagte jedoch. Wallisch konnte unterdessen fein Haus erreichen und die Heimwehrleute dadurch cinen Augenblid lang in Schach halten, daß er ihnen zurief: ,, Halt oder ich schieße!" Während er die Haustür öffnete, begannen die Heimwehrleute auf sein Wohnhaus zu schießen.
ein Revolverattentat.
Der Gendarmerie ist es inzwischen gelungen, die brei Der Attentäter in Kapfenberg festzunehmen. eigentliche Täter, der drei Schüsse auf das Haus von Wallisch abfeuerte, heißt Scheil. Er ist einer jener obersteirischen Arbeiter, die in die Heimwehr gepreßt worden oder sonstwie hineingeraten find. Haß gegen Wallisch gibt er als Beweggrund an.
Unglaubliche Haussuchung.
Beschwerdeführer gesucht.
Leopold Wallisch ist den Reaktionären besonders verhaßt, feit er am 15./16. Juli, als das Biener Blutbad die Arbeiter von Brud auf das tieffte erregt hatte, die Sorge Ihm war die Aufrechterhaltung der Ordnung zu verdanten, für Ordnung und Ruhe mit den Schußbündlern übernahm. aber feither gilt Wallisch als so eine Art Erzbolschewit. Er war auch Redner auf dem Arbeiterfest in St. Lorenzen, das die Heimwehr mit Maschinengewehren beschoß..
Rein
Das christlichsoziale Regime im Wiener Rathaus war burd riesenhafte Wählerlisten fälschung berühmt. Staatsanwalt und fein Gericht fümmerte fich um diese Gaunereien. Törichtermeije griffen einige Sozialdemokraten bei der Erfazmaht jür bie aus Formgründen faffierte Bezirtsratswahl in Währing ( Wien 18) zu diesem altchriftlichsozialen Mittel, und schon wurde der Magistratsbeamte Mader nach mochenlanger Berhandlung und Bernehmung hunderter Zeugen in erster Instanz zu drei Monaten Kerter( Gefängnis), verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag in jedem Monat, verurteilt.
Das Vorgehen des Disziplinarrichters tommt auf eine schwere Berlegung der Gewissenspflicht und des verfaffungsmäßigen Be
Der Jubilar verkörpert ein großes Stüd Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung. Aus seiner preußisch- thüringischen Heimat tam er als junger Tischlergeselle noch während der Herrschaft des Ausnahmegesetzes gegen die Sozialdemokratie in die Reichshauptstadt. Hier war er bald rege in der durch das Gesez aufgezwungenen geheimen Organisation tätig. Aber auch in der neu aufkommenden gewerkschaftlichen Vereinigung stand er seinen Mann. Der Fach verein der Tischler in Berlin wählte ihn schon 1884 zum Schriftführer und 1888 zu seinem Vorsitzenden. Er blieb es bis zum 3n der Republikanischen Beschwerdeftelle wird nach einem titionsrechtes heraus und ist auf das schärffte zurückzuweisen. Jahre 1894. Von 1895 bis zum Jahre 1919 fast ein Bierteljahr. hundert war er dann ehrenamtlicher Bevollmächtigter des Holzarbeiterverbandes für Berlin . Die große Entwicklung der Tischlerund Holzarbeiterorganisation seit den achtziger Jahren hat er entscheibend mit beeinflußt. Aber die gewertschaftliche Tätigkeit füllte mur einen Teil seines Interesses. Der andere galt der sozialistischen Partei, in deren Dienst er viele Jahrzehnte an den verschiedensten Stellen arbeitete. Seit 1888 Angestellter im Verlag des Partei Don 1891 ab ,, Vorwärts" hat organs ,, Berliner Volksblatt" er durch seine außergewöhnliche Gewissenhaftigkeit das Vertrauen redlich verdient, das ihm auch heute noch von der ganzen Partei entgegengebracht wird.
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Neben dieser beruflichen und gewerkschaftlichen Arbeit wirfte er noch zwanzig Jahre lang als Reichstagstandidat für den damaligen Reichstagswahlkreis Nordhausen , bis er 1910 auf die Kandidatur Derzichtete. Auch der Berliner Stadtverordnetenversammlung hat er durch Jahrzehnte angehört und später auch noch in der Bezirks. versammlung Kreuzberg als Bersteher die Glocke geschwungen. So fann er heute an feinem fiebzigsten Geburtstage auf ein Leben voll Bewegung und Kampf zurückbliden. Seine Arbeit galt zu allen Zeiten der arbeitenden Klasse, deren Herauswachsen aus dem Zustand der geistigen und örperlichen Not er ersehnte und fördern fonnte. Wenn heute die organisierte Arbeiterschaft durch ihre Partei und ihre Gewerkschaften im öffentlichen Beben eine Macht darstellt, wenn sie ihren Einfluß auf allen Gebieten geltend machen und ständig steigern fann. dann dankt sie das der grundlegenden Bionierarbeit jener Männer, die in schwersten Zeiten mit unzulänglichem Material die Fundamente schufen für den stolzen Bau der Arbeiterorganisationen. 3 diesen Pionieren gehört auch und in vorderster Linie unser Theobor Glode. Ihm gift deshalb heute das Gedenken der Sozialdemokratie. Und die Redaktion des „ Borwärts", die mit ihm in guter Kameradschaft seit langem zu fammenarbeitet, wünscht ihrem siebzigjährigen Berlagsdirettor noch viele Jahre an Gesundheit und Lebensfreude!
Unser neuer Roman.
Die Umwälzungen, die Krieg und Nachkriegszeit in den Seelen und Schicksalen zahlloser Menschen bewirkt haben, werden in Iwan Heilbuts Roman Damals geschildert. Was in der ganzen Welt in immer neuen Bariationen sich ereignete, tritt, zusammen gefaßt in einzelne charakteristische Typen und Ereignisse, flar und padend zutage
Am Dienstag fand in der Republikanischen Beschwerdestelle eine Durchsuchung der Geschäftsräume durch die Krimiafpolizei ftatt. Aus welchem Anlaß? Die Republikanische Beschwerdestelle hatte auf Grund einer ihr zugegangenen Mitteilung dem Präsidenten der Preußischen Finanz- und Baudirektion in Berlin angezeigt, daß ein Regierungsobersekretär dieser Behörde am Dienstfernsprecher schwer beschimpfende Bemertungen über den preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun, den preußischen Innenminister Grzesinsti und den preußischen Bolts wohlfahrtsminister Hirtfiefer gemacht habe.
Neue Regierung in Baden. Zentrum und Sozialdemokraten ohne Liberale.
Karlsruhe , 19. November.( Eigenbericht.) Die neue badische Regierung wird vom Zentrum und der Sozialdemokratie gebildet. Das Zentrum erhält das Finanzund das Innenministerium. Die Sozialdemokratie besetzt mit dem bisherigen Innenminister Dr. Remmele das Kultus- und das Justiz ministerium. Die Sozialdemokratie erhält außerdem einen Staatsrat. Die neue Regierung wird am Donnerstag vom Landtag ge
wählt werden.
Darauf hat die vorgesetzte Dienstbehörde gegen den Oberfetretär das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet. Zum Untersuchungstonimissar ist das Mitglied der Preußischen Finanzund Baudirektion, der Regierungsrat Dr. Beelitz bestellt worden. Das Zentrum im Rheinland . Herr Dr. Beelitz vernahm den Geschäftsführer der Republi fanischen Beschwerdestelle, Alfred Fal, eidlich als 3eugen. Seine Bormacht im Provinzialausschuß beseitigt. Er wünschte von ihm das an die Republikanische Beschwerdestelle Köln, 19. November.( Eigenbericht.) gerichtete Schriftstück, das die Anzeige enthalten hat, zu haben und Die rheinische Zentrumspartei ist wegen des Aus ben Namen des Anzeigenden zu erfahren. Herr Falt hat falls der Provinziallandtagswahlen im Rheinland sehr be. aus Gründen politischen Anstandes und der politischen Notwendig fümmert. Sie hat im rheinischen Provinziallandtag nach den feit sich selbstverstandlich geweigert, den Namen des AnNeuwahlen fiatt bisher 72 nur noch 64 Size, während die Sozial. zeigenden zu nennen und die Anzeige herauszugeben.bemptratie von 23 auf 25 Sige heraufgerüdt ist. Dieser Sachstand gab dem Herrn Regierungsrat Dr. Beelitz Beran- Dieser Verlust des Zentrums von acht Eigen hat zur Folge, daß lassung, die Durchsicht der Geschäftsstelle der Republilanischen Bees auch im Provinzialausschuß einen Sig abgeben schwerdestelle anzuordnen, um die fragliche Anzeige zu beschlag muß. Hier standen seinen sieben Sigen bisher sieben Abgeordnete nahmen. anderer Parteien gegenüber. Außerdem verfügte das Zentrum über die Stimme des Landeshauptmanns Horion. In dem neuen Provinzialausschuß werden sechs Bertretern des Zentrums acht Bertreter der übrigen Barteien gegenüberstehen, so daß das Zentrum seine Machtstellung verloren hat.
räume
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Durch die Anzeige hat die Republikanische Beschwerdestelle ihr verfassungsmäßiges Recht auf Beschwerde aus geübt( Reichsverfassung Art: 126). Sie hat es gerade in diesem Falle zu dem Zwecke ausgeübt, um gegen die Beschimpfung republikanischer Minister die Ahndung durch die republikanische Behörde zu erreichen. Darauf erfolgt die Anordnung der Beschlagnahme der Anzeige und eine Durchsuchung der Geschäftseine sonst nur bei schweren triminellen Straftaten übliche, bei einem Disziplinarverfahren ganz unerhörte und taum jemals angewandie Maßregel. Dabei ermedt der ganze Sachverhalt den dringenden Berbacht, daß die Absicht des Borgehens des Disziplinarrichters in Wirklichkeit gar nicht dahin geht, Beweismittel gegen denjenigen Beaniten zu finden, der nach der Anzeige die Beschimpfungen ausgestoßen hat, sondern vielmehr den Namen des Anzeigen den zu ermitteln, um gegen diesen ein Disziplinarverfahren einleiten zu können.
Die Sozialdemokratie wird fünftig zwei statt bisher einen Ber treter aus dem Rheinland in den preußischen Staatsrat entsenden.
Robotnit" zweimal beschlagnahmt.
Warschau , 19. Nopember.( Eigenbericht.) Der sozialistische Robotnit" ist am Dienstag zweimal beschlagnahmt worden, zunächst wegen des Abdrucks eines Artifels des belgischen Sozialistenführers Bandervelde über Bolen. Die zweite Beschlagnahme erfolgte wegen einer innerpolitischen Ro.. trachtung des Blattes,