Freitag 22. November 1929
Unterhaltung und Wissen
Beilage des Vorwärts
Andrö Qide SEu feinem fechaigfien Qeburtstoge am 22. Wovember
2n ftinem wertvoven Buch„Die Wegbereiter des heutigen I Frankreichs hat uns Ernst Bobert Curtius als erster ein Bild der Persönlichkeiten zu geben gesucht, die Frankreichs geistiges Leben, seit der Jahrhundertwende etwa, entscheidend beeinflußt und be- fruchtet haben. Neben Kapiteln über Rolland und Claudel, deren Werk zu Kriegsbeginn in Deutschland nicht mehr unbekannt war, erstanden hier zum erstenmal vor breiterer deutscher Oeffentlichteit die Wesens- und Wirkensskizzcn ihrer Generationsgenossen Suarez, Päguy und Andre Gide . Der Name war uns zwar nicht mehr un> geläufig, seit Rilke die wundervolle Uebertragung der„Rückkehr des verlorenen Sohnes" in der Inselbücherei hatte erscheinen lassen', die klassisch-schönen Seiten des kleinen Werkes hätten uns jedoch, trotz ihrer charakteristischen Bedeutung für die Erkenntnis der Gesamt- erscheinung, noch nicht vermuten lassen, wie einschneidend und tief die Wirkung sein würde, die Gide auf das geistige Frankreich von heute ausüben sollte, und deren Unabsehbarkeit nicht offener zu- gestanden werden könnte als durch die gehässigen Angriffe, die sich in letzter Zeit gegen den Mann und das Wert in Frankreich gehäuft haben. Fast um die gleich« Zeit, da der Widerhall der denkwürdigen Uraufführung von Edmond Rostands„Cyrano von Bergerac " die Welt erfüllte, veröffentlichte Gide „Les Nourritures lerrestres", sein Buch von den irdischen Freuden des Geistes. Das ergreifendste Zeugnis für die Tiefenwirkung dieser Aeußerung, für die sich heute noch Beweis« und Bekenntnisie unter den Jungen sammeln ließen. gibt uns Roger Martin du Gard in einem der ersten Bände seines großen Romans„Les Thibaull", der Frankreichs eigenartiges Familien- und Jugendproblem zum Gegenstand hat und den Der- sasier in enger« Wahl für den diesjährigen Literatur-Nobclpreis ge- bracht hat. Daß Gides Gesamtwert, von dem bisher nur Teil« über- setzt worden sind, auf Deutschlands jüngst« Generation zunehmenden Einfluß gewinnt, beweist uns eine ungewöhnlich ausdrucksvolle Studie, die der junge Romanist Wolfgang Zülzer soeben in der „Reuen Schweizer Rundschau" ljot erscheinen losten: hier ist es nicht mehr der gekünstelte Lyrismus der„Norriturcs Terrestres", der in den Vordergrund gestellt wird: als Meister des Gedankens und des Ausdrucks, als mutiger Kämpfer für die leidenschaftliche Bejahung oller natürlichen Neigung erzwingt sich Gide die Stell imgnahme der heutigen Jugend. Ihre Kundgebungen darf er, der seinen 60. G?> burtstag in Deutschland verlebt, als weit bedeutungsvollere Symp- tnme werten als etwa die tönernen Attacken des französischen Mtteraten chenri Massis, auf deren erschöpfende Widerlegung er sich zur Zell rüstet. Wenn sich bei einer kurzen Würdigung Andre Gides unwillkür- l'ch die Persönlichkeitswttkung in den Dordergnind schiebt, so liegt der Grund dafür vielleicht darin, daß die Bedeutung de? Mannes die des dichterischen Werkes zu übertreffen schein. Als unbeirrbarer
Krttiker der eigenen und fremder Leistung, dessen Scharfblick jede Aeußerung und Regung bis an ihre Ursprünge verfolgt, dürft« Gide selbst nur bedingt den Titel eines„Dichters" für sich in Anspruch nehmen: so Hot er selbst für seine kostbarsten Erzählungen— mit Ausnahme der„Faux-Monnayeurs"— niemals die Bezeichnung „Roman " oder„Novelle" gewählt: er greift vielmehr aus den Aus- druck„Sotie " zurück, der für mittelalterlich« Narrensposten ange- wandt wird, und gibt damit— bestimmt nicht unbewußt— einen Anhaltspunkt für die Rolle, die er ihnen im Rahmen der Welt- dichwng urtd seines eigenen Gesamtwirkens zuweist. Unter diesen„Sotics" befinden sich Werke von erlesenster Ein- sachheit, Schönheit und liefe.„Les Faux-M oimayeurs"—„Die Falschmünzer"~ sind allein von allen seinen Büchern durch den Devfaster selbst als.Roman" bezeichnet worden, ein« Bezeichnung, die Gide im Sinn« des unendlich hoch durch ihn verehrten Dofto- jewski anzuwenden scheint. Vielleicht gibt er uns hier den tiefsten Einblick in sein inneres Leben, einen tieferen zumindest als den, den uns seine viefbesprochenen selbstbiographischen Aufzeichnungen vermitteln, die in Deutschland unter dem Titel.Stirb und werde!" erschienen sind. Es mag fein, daß dieses Werk«ine hohe zeit- dokumentarische Bedeutung besitzt: daß der Autor selbst sich dem Bedenken über seinen Dekenntniswert nicht verschlossen hat, be- weisen einig« Bemerkungen am Schluß des ersten Teiles, die die Frag« aufwerfen, ob nicht der Roman zu solchem Bekenntnis die gegebener« Form gewesen wäre. Zwei dramatische Versuche des jüngeren Gide—.Saul" und „Ge Roi Gandaule"— sind auf der Bühne nicht heimisch geworden, und e» fragt sich, ob Frankreichs großer Regisseur Copeau recht hat, die Abwendung des Freundes vom Theater zu beklagen. All« Anzeichen deuten.darauf hin, daß Gides große Sehnsucht der Roman ist, und daß die Schärfe seiner Selbstkrittt ihn bis heute gehemmt hat, sich mit der Unbelrrtheit Minderer hier zu beschränken. Romain Rolland , dem er gelegentlich aus seinem„allzu deutschen" Stil einen Vorwurf macht, hat sich und uns den„Iean-Christophe" gegeben: Gide hat uns in den„Falschmünzern" und anderen Werken Perspektiven gezeigt, die über �Jean-Christophe" weit hinausgehen. Bezeichnend ist es übrigens vielleicht für beide, daß Rolland in Beethoven , Gide dagegen in Goethe die höher« Dollendung erblickt. „Mehr Goeche!" hieß die Forderung Gides bei einer der berühmten Zusammenkünfte in der burgundischen Abtei von Pontigny, zu denen sich führende Geister aller Länder alljährlich im Spätsommer ver- sammeln, und dies« Forderung ist aus seinem eigenften Erleben und aus dem tiefsten geistigen Bedürfnis der Zeit geboren, dos er, wie kaum ein anderer bisher, ersaßt und formuliert Hot. Mag es verfrüht erscheinen, das längst nicht obgefchlossenc Werk Andre Gides in seiner Gesamtheit würdigen zu wollen: als kühner und klarsichtiger Wegbereiter des heutigen Europas verdient der nunmehr Sechzigstihrig« erkannt und dankbar geehrt.zu«erden.
Andreas£aimko:?.. eHnnerung
Es sind jetzt zwanzig Jahre her, daß ich unterwegz nach Tunis einige Stunden in Ajaccio ankerte und mit den anderen Passagieren des Schiffes das sogenannte Navolvnn-Musemn besuchte. Man kann cp den Korsikcmern nicht verübeln, daß sie wenigstens die Er- innerung an ihren größten Landsmann nutzbringend zu verwerten suchen. In der Nähe Kopenhagen » wurde eigens ein Grab für dcn Dänenprinzen chamlet angelegt, der nie gelebt hat: warum sollte um ivertloje» Gerümpel, das einmal wirklich und wahrhaftig zum chaus- rat der Bonapart« gehört hatte, kein„Museum" konstruiert werden? Zu Lebzeiten hat sich der große Eroberer um seine Geburtsstaöt und sein« Landsleute ni« gekümmert, kein Volk profitierte weniger von seiner Größe, so sckzlägt die verleugnet« cheimat aus den wenigen Andenken heraus, was sie irgend kann, und schiebt die Zierantwor- tung für das Mißverhältnis zwischen Eintrittspreis und Gebotenem dem Undank des Kaisers zu. Das Mittelmeer entlang und über die Alpen , kreuz und quer durch den Kontinent laufen die prächtigen Heerstraßen, Fuhstapfen seiner Siegeszüge.— aus Gesetzbüchern, Theaterftatuten, Ritterorden, Dynastien, Monumenten» Museen und Bibliotheken, von Moskau bis Madrid und vom Kanal bis an den Nil, überall springt den Reisenden aus irgendeiner Institution, einem Gebäude, einer Brücke oder einer Wafsentat sein Name an,— nur wo er seine Kindheit verlebt hat. hinterließ er keinerlei Spuren, als hätte sein Leben erst mit seinen Toten begonnen. Noch nicht ganz zehn Jahre zählte Napoleon Bonapart «, als er sich nach Frankreich einschifst», um in die Kriegsschule einzutreten— und ni« wieder hat er zum Elternhaus zurückgefunden. Er segelte oft an der Insel vorbei, unterwegz zur Eroberung Maltas und AegYP- tens, dann auf der Heimfahrt, als es dem l8. Brumaire entgegen- ging. Seinen allerersten Sieg auf den Höhen um Genua erfocht-r unter den Augen der heimatlichen Berge, und auch der letzt« Akt, die Berzweiflungstat am End«, wurde angesichts der warnenden Heimat ousgegrübelt. die trotzig aufragenden korfstchen Berg« ver- riegelten dem Gefangenen aus Elba den Rückblick auf das Ufer seiner Macht. Es gibt nur«ine sentimentale Stund« im Leben Napoleons , und die führte ihn nach Maln,aijon. an das Grab Josephine ,. Zu den Erinnerungen an sein junge- Eheglück wallfahrtet der innerlich schon Gebrochene, wenige Tage vor Waterloo , erzählt der Tochter feuchten Auges von der Wegstrecke, die im Sonnenschein seiner Liebe ge- legen hatte, noch weiter zurück blickt er nie. nicht einmal mit einer Reliquie, mit einer Tabatier« oder einem Säbelknauf wird im Testa- ment die Vaterstadt bedacht. Lielleicht liebte er seine Kindheit nicht, war sein Herz von keiner Erinnerung an das Elternhaus durch- wärmt: vielleicht«owe er es nicht wahr hoben, daß die Wiege des Weltcnkaisers unter dem niederen Dach eines konspirierenden Advo- katen gestanden hatte, in einem kinderreichen, knauserigen Bürger. hau», in da» die Rot einzog durch die Tür «, die der fliehend« Dater hinter sich offen gelassen hatt??— Nicht«, nicht ein Möbelstück und nicht ein Gebrauchsgegenstand, gar nichts,' was direkt mit der Person des Kaisers.n Verbindung stände, konnte in Ajaccio für das Museum aufgetrieben werden, nur sein« Eltern und sein« Geschwister sind mit gleichgültigen All- tagospuren vertreten, und auch die einzig« Katalognummer, die nicht
unbefugt auf Napoleon selbst Beziehung nimmt, dient« dem künstigen Kaiser nur— vor seinem Geborenwerden... Unter der Treppe, verstaubt, steht der T r a g st u h l, in welchen: Mutter ßaetitta sich zur Messe hatte tragen lassen, an den letzten drei Sonntogen vor ihrer Niederkunst mit Napoleon .' Grinsend erklärt der zahnlose Korse in seinem Kauderwelsch, dos der Franzose für Italienisch, und der Italiener für Französisch hält, daß Madame Mere die sieben anderen Kinder, die sie vor und nach dem Empereur geboren hatte, olle ohne Ausnahme mühelos ausgetragen habe, bis zur Stund« der Prüfung immer mobil und fest auf den eigenen Füßen. N u r der Zweitälteste Sohn lag ihr als lähmende Last unter dem Herzen, tyrannisch im Mutterleibe schon, rücksichtslos die Kräste auswuchernd, die ihn formten, um gleich beim ersten Erscheinen überlebensgroß, mit Zähnen im Mund« antreten zu können! Wahr oder erfunden, der alte Korse ist jedenfalls ein guter Psychologe, denn die Menschen lieben Zeichen und Wunder, und es wirkt wie eine Art Trost auf die Mittelinäßigkeit, wenn sie erfährt, daß, wer mit Kaiserkronen spielen durste, von Ansang dazu aus- ersehen, von der Natur bei Geburt schon gezeichnet war. Welche an- regende Aufgabe für die Phantasie, dieses Bild der ahnungslosen Mutter, die mit dem Schicksal Europas schwanger geht, und. zu schwach für diele übermenschliche Last, sich im Tragstuhl zur Kirche tragen läßtl Andächtig lauschte die ganze Schisfsgesellschaft, und ein« korpulent« norddeutsche Dame lehnte sich— gairz Aufmerksamkeit— zu schwer aus die überlange Tragstange der Sänfte. Das alte Holz knirschte, schrie auf, als wollte es brechen— und allen Anwesenden stockte für eine Sekunde der Atem! „Wenn?"... Wer hätte in dieser Sekunde die Frage in sich überhören können, wie wohl das Gesicht Europas , das Schicksal der Welt sich gestaltet hätte,„w e n n" die dünn« Stange damals, als sie den noch un- geborenen Gebiet«? der vorletzten Jahrhundertwende zur Kirche trug, gebrochen wäre, ein— zwei Sonntage vor Frau Bonapartes Niederkunft? Stürzend, mit der ganzen Wucht ihres beschwerten Leibes, hätten Erschütterung und Schrecken die selten« Frucht vor der Zeit ihren Lenden«nirisieu, und— in einer verwilderten Ecke des Fried- Hofes von Ajaccio , wo Selbstmörder. Verbrecher und vor der heiligen Taufe verstorbene Säugling« verscharrt werde», wäre der Erde hastig«in elendes Bündelchen Fleisch übergeben worden, das, zur rechten Zeit geboren, den Invalidendom zur letzten Ruhestätte erhalten sollte! Und was hätte damals lächerlicher, wahnsinniger, unmöglicher klingen können, als die Zuslüsteruug in das Ohr des Totengräbers: das Bündelchen, das er eben versenke, wäre berufen gewesen, Kaiser oller Franzosen und Gebieter ganz Europas zu werden?— Wer hätte in das Hohngelächter des Totengräbers da- mals. als Untertan Ludwigs XV.. nicht aus vollem Halse ein- gestimmt? Wären aber die Stangen wirklich geborsten unter der zu- künftigen„Madame Mere ", es hätte kein anderer Artilleriehaupt- mann so im Vorbeifahren die Festung Toulon den Engländern ent- rissen, um noch«inigen Tagen schon als General weiterzurejsen! Vielleicht wäre Barras auch ohne die Hilf« dieses Generals mit dem Aufstand des Pariser Pöbels fertig geworden, wer aber hätte dem
zynischen Treiben des Direktors Barras ein Ziel gesetzt, wenn am 18. Brumaire der Sieger von Lodi, Arcole und Rivoli, der Erzwinger des Friedens von Campo Formio nicht bei der Hand gewesen wäre? Vielleicht hätte Ludwig XVIII. dann um zwei Jahrzehnte früher schon den Thron seiner Ahnen besteigen können, noch in der Der- bannung gealtert und abgeklärt? Vielleicht hätte dann—-- Aber wozu müßige Kombinationen ausstellen? Die Lehre dieser Tragstange, die, zu unrechter Zeit zerbrochen, ein historisches Schau- spiel ohnegleichen vor seinem Beginne beendet hätte, liegt viel tiefer als in spielerischen Hypothesen. In jedem Augenblick, den wir leben, ist unser aller enges Alltagsschicksal, ist das Geschick der Völker und der Welt irgendsolchen Tragstangen anvertraut, die durch ihr Bersten oder Intaktbleibcn unserer Zukunft die Ziele abstecken!— Und wie ost im Verlauf« der Menschheitsgeschichte hat pathetische Uebcr- schätzung solche Ziele, die totgeboren keine Lücke hinterlassen hätten, mit unerhörtem Auswand von Blut und Tränen verteidigt! Kann aber ein Besitz, den niemand entbehrt hätte, dennoch das Opfer unseres Lebens wert fein, nur weil der Zufall anders ent- schied? Dürfen Menschen ihr ganze» Dasein mit allen seinen Freuden und Werten hinopfern aus den Stufen eines Altars, den«in „Wenn" zu demolieren, spurlos zu demolieren vermöchte?... Welche Hekatomben und Aderlässe wären der Menschheit«r- spart geblieben, wenn der Schrei einer überlasteten Tragstange, die „geheiligten" Ziel« rechtzeitig ihrem eigenen Avortieren konfrontiert hätte!--- Wie Molsi genießbar wird Man wird sich noch der Versuch« erinnern, die während des Krieges angestellt wurden, um Holzmehl für die menschlich« Er- nährung zu veriverten. Die Versuche haben schließlich nicht viel mehr als eine theoretische Bedeutung erlangt. Es ist natürlich richtig, daß vom chemischen Standpunkt aus Holz aus solchen Stoffen besteht, die sonst im Organismus mich verdaut und ver- wertet werden. Aber für den Menschen bleibt Holz ebensowenig verdaulich wie etwa Kohle, die ja auch aus dem„an sich" hoch- wertigen Kohlenstoff besteht. Damit Holz von einen: tierischen Organismus als Energiequelle verwendet werden kann, muß die Zellulose zuvor chemisch ver- wandelt werden. In der Natur sind dazu nur Mikroorganismen imstande, vor allem Bakterien und niedere Pilze. Außerordentlich überraschend ist es, daß eine ganze Reihe von Tierarte:: es ver- standen hat, solche Mikroorganismen m ihren Dienst zu stellen und mit ihrer Hilfe das Holz als Nahrung auszunutzen. Zwischen den Tieren und den betr. Mikroorganismen besteht meist eine sehr enge Symbiose, über deren Bcschossenheit wir in der Hauptsache neuer- ding» durch den bekannten Symbioseforscher Professor P. Buchner unterrichtet worden nsid. So gibt es eine Anzahl Borkcnkäferarien— also Tiere, die bekanntlich unter der Baumrinde leben und dort als Larven lange Gänge fressen—, die die Wände ihrer Fraßgänge mit winzigen Pilzen bepflanzen. Die Pilze gedeihen auf der Holzunterlage üppig und liefern den Käfern die Nahrung. Sie können also auf diesem seltsamen„Umweg" vom Holz leben. Auf besonder« Weise wird dafür gesorgt, daß die Pilze nie aussterben— was ja für die Käser nicht» wemger als«ne.Hungerkatastrophe bedeuten wurde. Die überwinternden Käfer bewahren nämlich in besonderen Organen ihre» Körpers Pilzsaat auf und entleeren diese im nächsten Frühjahr mit dem Kot in die neuen Fraßgänge. Dort wuchern die Pilze wieder kräftig und dienen den Tieren als Nahrung. Viel« andere Infekten verfahren ähnlich: sie züchten die Pilz« und nehmen sie zweck» Erhallung der für ihr Leben so wichtigen Zuchten vorüber- gehend in ihren Körper auf. Verblüffend sind oft die Einrichtungen. die dafür sorgen, daß die Pilzzucht in Form von Sporen aus die Nachkommenschaft weitergegeben wird. So werden z. B. bein: Ablegen der Eier die Pilzsporen aus besonderen„Schmiertalchen" auf die Eier gebracht, so daß die ausgeschlüpfte Larve, die chre Eischale aufsrißt, stets mit den Pilzsporen versehen ist und dann mit dem Kot für die Aussaat des Pilzes sargt, also ihre eigen« Nahrungsquelle unbedingt sicherstellt. Viele andere Insekten beherbergen die Bakterien oder Hefepilze, die ihn«» das Holz als Nahrung aufschließen, gleich dauernd in: Darm oder in besonderen, mit dem Darm in Verbindung stehenden Anhangsorganen. Dafür, daß die Mikroorganismen dem Tiere, ihrem„Wirt", die Zellulose in eine verdauliche Form überführen, werden sie von den Körpersästen des Wirtes ernährt und von ihm beherbergt. Bei der Larve des Rosenkäfers sitzen die Bakterien:n besortderen Säcken am Darm: in diesen von Professor Buchner treffend als„Gärkammern" bezeichneten Organen wird die Zellulose von den Bakterien erst gewissermaßen vorverdaut, eh« das Insekt die Holznahrung selber verwerten kann.
Vögel, die[Mi pudern Der Puder de» Vogels besteht aus einem feinen Hornstaub, der sich(wie die Hormnass» der Vogelfeder) aus dem Gewebe bildet, in das die feinen weichen Dunen bei ihrem Wachstum eingebettet sind. Bei einigen wenigen Vogelarten treten diese Pudendunen, die fort- während abschilfern, in dichten Fluren geschart auf und werden vo» den„Froschmäulern"(Froschschwalmen), einer Gattung tropischer nochtschwalbenartiger Vögel, dazu verwendet, ein feingepolstertes Nest aus ihnen zu bauen. Der Puder selbst ober dient den Vögeln lbesonders den grauen Vögeln, wie Habicht, Sperber, Wandersalke, Reiher, Taube. Graupapagei usw.) als Schönheitsmittel. So kann n-an— allerdings nur am lebenden Bogel — diesen feinen Horn- staub auf dem Gefieder beobachten, der durch«ine gewisse Licht- brechung der grauen Grundfarbe oft einen bläulichen Schimmer oer- leiht. In anderen Fällen gibt der Puder dem metallisch glänzen- den Gefieder einen feinen matten Ton. Ganz auf menschlich« Weise finden wir den Puder bei den Papageien angeweudet, bei denen er die nackte:: Hautstellen des unbekiederten Vorderkopfes bedeckt. Doch die Natur hat das Nützliche mit dem Schönen verbunden. Wenn wir sehen, wie die hurtigen Schnäbel sich in das weiche Dunen- gesieder vergraben, mit dem feinen Hornstaub überzogen daraus wieder herporkommen und da« Federkleid sorgfältig einstauben, so ist das nicht Eitelkeit: Damit schaffen sich die Vögel einen„Nässe- schütz", wie ihn Menschen und Säugetiere in den feinen Talgdrüsen der Haut besitzen. In Verbindung mit den öligen Absonderungen der Bürzeldrüse, die der Vogel mit dem Schnabel erreicht und ver- teilt, bildet d�r puderseine Hornftaub also ein wirksames Abwehr- mittel gegen Nässe, vor der sich ja die Vogelwelt besonders zu schützen hat.