Nr. 549 46. Jahrgang
leu1. Beilage des Vorwärts Conében. 23. Rovembe
and
Die Notbrücke am Messegelände
Die Bahnstrede der Stadt= bahn nach Wannsee bildet mit ihren vielen Berzweigungen, llebergängen und Kreuzungsstreden zur Ringbahn eine Verkehrsscheide, die fich in legter Zeit, seit dem Aufblühen des Messegeländes, sehr unangenehm bemertbar macht. Das Messegelände, das große Ausfalltor der Heerstraße und die Anus, ist von Fahrzeugen, die aus den südlichen und südwestlichen Vororten kommen, bis vor furzem nur auf einem Wege erreichbar gewesen: durch die Unterführung Holzendorffstraße oder Wilmersdorfer Straße am Bahnhof Charlottenburg; denn sämtliche Unterführungen zmischen Charlottenburg und Bahnhof Wannsee sind für Fahrzeuge nicht benußbar, da die Straßen höchstens für Radfahrer freigegeben sind. Das bedeutet häufig einen riesigen Um= weg, der um so empfindlicher ist, als die Beschaffenheit der Straßen hier viel zu wünschen übrig läßt. Der Fußgänger merft wohl von dieser Unbequemlichkeit nicht viel, er
hat die ausgezeichnete Querverbindung der Ringbahn. Eine neue Berbindung ist dringend erforderlich. Sie wurde beim Bau des neuen Bahnhofs Ausstellung auch vorgesehen. In Verlängerung des Kronprinzendammes, der die Halenseer Brücke mit dem Messegelände verbindet, wird sie geschaffen. Zwei nebeneinanderliegende Brüden überqueren die Bahnstrede der Vorortbahn. Die breite zweibahnige Berkehrsstraße läßt allerdings noch auf fich
marten.
Die eine der Brüden ist durch einen Zaun gefperrt. Und fo muß fich die zeitmeilig faft ununterbrochene Rethe von Fahr.
Die Weltraumrakete.
Der Abschuß soll demnächst erfolgen.
Ju etwa 8 bis 10 Tagen werden in sort an der Ostsee die ersten Vorversuche für den Abschus der Fernratete von Professor Oberth vorgenommen. Der Bevollmächtigte des Professors Oberth befindet sich augenblicklich an Ort und Stelle, um die Vorbereitungen zu treffen.
zeugen den schmalen Weg in langsamem Tempo entlangwinden. Der Verkehr ist in beiden Richtungen troß der äußersten Vorsicht, mit der gefahren merden muß, und des mehr als provisorischen Pflasters recht lebhaft. Wirklich gefährlich wird die jeßige proviforische Verbindungsstraße aber bei der aften Unterführung, die zum ehemaligen Bahnhof Eich tamp führte. Mit knapper Not kommen zmei Fahrzeuge aneinander vorbei. Fußgänger müssen sich buch stäblich an die Wand quetschen, um nicht zerbrückt zu werden. Eine Beschleunigung beim Ausbau der Straße ist eine dringende Notmendigkeit.
bleiben.
Die Fortschritte und Neuerfindungen, die während der Konstruktionsversuche und Vorarbeiten gemacht wurden, versprechen, daß ein Postraketendienst schon in wenigen Monaten in Aussicht genommen wer den kann. Der Ort des Raketenabschusses ist nach mie vor unbestimmt, da außer Horst das günstiger gelegene Bab 2eba bei Stolp in Frage kommt.
Sonnabend, 1929
Fahrt nach Sofia fortsetzen. Die Begleitmannschaft des Zuges verfolgte die flüchtenden Attentäter, die auf die Verfolger das Feuer eröffneten, das von diesen erwidert wurde. An der bulgarischen Grenze wurden 16 abgeschossene Patronenhülsen, System Mannlicher, gefunden. Weitere Nachforschungen ergaben, daß noch eine mettere Höllenmaschine auf der Bahnstrecke angebracht war, die aber nicht explodierte. Am Freitag früh um 5 Uhr hörte man aus Richtung Birot eine neuerliche Detonation. Die Streckenwache fand noch eine Höllenmaschine, die auf 5 Uhr, und eine weitere, die auf 6 1hr eingestellt war. Im ganzen waren am Gleis also vier Höllenmaschinen angebracht worden.
Nach der amtlichen Darstellung fand man bei der Untersuchung einer Höllenmaschine, daß der Erplosivförper in Tetle eines in bulgarischer Sprache geschriebenen Briefes eingemidelt war und ein Stüd Papier mit der Aufschrift: Tabaffabrik Sofia. Eine sofort ausgeschickte Truppenabteilung, verfolgte die Verbrecherbande bis zur bulgarischen Grenze..
Der Mord des Schnitters Michalaf.
Das Neuruppiner Schwurgericht verurteilte am Freitag den Schnitter Michalat wegen Raub. mordes, begangen an dem Schnitter Malata, zum Tode. Seine Komplicen, die Schnitter Andrzejewski und Kocznik, erhielten 10 bzw. 5 Jahre Zuchthaus. Eine Schnitterin wurde zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, eine zweite freigesprochen.
Die jetzt Berurteilten hatten am 17. Juli dieses Jahres bei Baumfrug in medlenburg einen Forstbeamten überfallen und ihm 8000 M. Lohngelder abgenommen. Wegen der Verteilung führte, daß Michalat, unterstützt von Andrzejewski, seinen Komplicen des Geldes entstand aber unter den Räubern Streit, der später dazu Malata in einer Schonung an der Straße von Heinrichsfelde nach Kyritz ermordete, um sich in den Besitz des Anteils von M. zu setzen Der Kriminalpolizei gelang es bald, von anderen Schnittern unteranderen richtet, die Räuberbande auszuheben.
alan David Grove AG. in Schwierigkeiten.
Die David Grove A.-G., die mit einem Rapital von 1,6 Mil lionen Mart arbeitet, befindet sich in 3 ahlungsschmierig. feiten. Die Leitung des Unternehmens führt die unbefriedigende Entwicklung in erster Linie auf den Rohrlegerstreit und Aus baß sie bei Gewährung des Moratoriums alle ihre Gläubiger fälle größerer Forderungen zurüd. Die Firma ist der lleberzeugung, merde hundertprozentig befriedigen fönnen. Die Müllabfuhr ein Teil der David- Grove- Aktien übernehmen. So besitzt Stadt Berfin mußte seinerzeit im Anschluß an die Regelung in der die Bemag( Berliner Müllabfuhr- 2.- G.) etwa 40 Proz. des gesamten Kapitals der Gesellschaft.
Bier Höllenmaschinen auf dem Gleis! Das Erforderliche veranlaßt."
Der Anschlag auf den Orient- Expreß.
Belgrad 22. November. Jum Ueberfall auf den Simplon- Expreß an der but garisch- füdflawischen Grenze werden noch folgende Einzelheiten bekannt:
Die Konstruktionsarbeit für die große Rakete wird Ende der kommenden Woche unter der Zeitung von Dipl.- Ing. Nebel beendet sein, ebenso die in Neu. babelsberg und in der Umgebung von Berlin vor. genommenen Verbrennungs- und Fallschirmegperimente. Der Raketenabschuß steht somit für die allernächste Zeit bevor. Die vielfachen Vor. Der lleberfall wurde Mittwoch abend 11 Uhr in der Nähe der versuche haben zu einer anfangs nicht erwarteten Vervollkommnung für die Zusammensetzung der Treibflüssig. maschine explodierte, modurch die Lokomotive und der Bostwagen Station Pirot verübt. Eine auf die Eisenbahnstrecke gelegte Höllenfeit geführt. Sie gilt heute als vollkommen explodes Buges beschädigt wurden. Die anderen Wagen erlitten keine sionssicher. Trotzdem muß die Anzahl der zugelasse Beschädigungen. Menschenopfer sind nicht zu ver nen Zuschauer nach wie vor auf ein Minimum beschränkt zeichnen. Der Zug tonnte nach dreistündiger Berspätung die
31
Damais
Roman von
Twantheilbut
So trennten sie sich nach mehreren Stunden fruchtloser Rede und Gegenrede. Der Banfier de Castro hatte beim Abschied einen etwas verkniffenen Mund. Er besaß im Allgemeinen eine glückliche Hand, seine Unternehmungen schlugen ihm niemals fehl, er mar reich genug, um die kühnsten Pläne zu verwirklichen.
Albert de Castro war ernst als er ging; auf Irene machte es den Eindrud, als wäre er traurig. Sein ruhiger Blid lag wieder auf ihrem. Uebrigens ging fie das nichts an, dieser Herr de Castro war der Sohn eines Geschäfts mannes, der ihrem Vater zufällig bekannt war, sonst nichts. Die Besucher waren hinaus, und der Graf, der noch eben gelächelt hatte, sant auf dem Sessel am Piano zusant men. Seine Arme fielen auf die Tasten, der Kopf auf die Arme und die Töne schrien auf, dann schwiegen sie still. Irene wollte ihrem Vater etwas Tröstendes sagen, fie fand aber nichts und ging mortlos hinaus.
-
*
Christine Gast ging in dieser Zeit mit troßigem, beinahe brummigem Ausdrud umher. Denn wenn ihr unglüd widerfuhr, dann wurde sie nicht äußerlich traurig; sondern mütend wurde sie auf ihr Mißgefchid, und menn Jemand dem Grund ihres Kummers nachfragte, gab fie barsch eine Inappe Antwort, als hätte der Frager an allem Schuld.
beginnen. Da sie aber alle Vorschläge, welche die Tante ih: machte, an der früheren Hoffnung maß, gelangte sie nur immer tiefer in Wut und zu feinem Entschluß. Tante Anita hatte einen Posten am städtischen Irrenhaus, und sie hätte mit Aussicht auf Erfolg Christine für eine offene Wärterinnenstelle empfehlen können. Aber nein, besten Dank, da lehnte Christine ab. Jrrenmärterin sein war ihr eine gar zu riskante Sache, man fonnte im Umgang mit Irren wohl noch schwieriger wissen, was alles solch ein Charakter mit einem vorhatte, als im Umgang mit den normalen Menschen. Es blieb ihr aber nichts anderes übria. Und nachdem Tante Anita ihr zum zwanzigsten Male beschmoren hatte, der Dienst an Irren unterscheide sich überhaupt nicht von der Pflege an sonstigen Kranken, fügte sie sich darein und trat in der nächsten Woche schon eine Art von Lehrzeit an.
2.
Als Vater und Sohn de Castro wieder einen Besuch bei dem Grafen machten es war an einem Sonntag trug Albert die Uniform. Auch Hans mar zu Hause. Bon vorn herein stellte er sich feindselig gegen die Besucher. Aber nur im Anfang; Albert zwang ihn zu einem Gespräch, und Hans, der das zuerst mie eine linverschämtheit empfand, murde mit der Beit ganz glücklich davon. Die Klarheit und Ruhe, mit welcher Albert die Situation des Landes, die politische und die militärische auch, dazu die Stellung des einzelnen zum Ganzen erfaßte das erfüllte ihn mit Begeisterung, und er mußte fich sagen, daß niemand noch mit ihm so modern über Pflichten gesprochen und niemand noch sich weniger Phrasen bedient hatte, als dieser de Castro.
Dieser de Castro," sagte Hans zu Irene, als er die Stube verlassen hatte, ist gar nicht so übel als ich mir dachte. Er bleibt natürlich doch nur ein de Castro, versteh' mich nur recht, ich bin noch längst nicht für ihn begeistert... Irene hielt fich in ihrem Zimmer. Aber später baten die Eltern fie, sich ihnen anzuschließen. Es war eine Ausfahrt in de Castros bereitem Automobil auf das Landgut geplant, daß er dicht vor der Hauptstadt besaß. Für eine Weile jah Irene vor sich hin, auf ihrer flaren Stirn stand ein leiser Schatten Dies ein leiser Schatten dann sagte sie zu und schloß sich an. lle waren mit von der Partie, außer Hons, der dos Schauspiel einer Truppenübung nicht verfäumen wollte.
Sie hatte übrigens wirklichen Grund, niedergeschlagen zu sein. Der Krieg hatte ihre geplante Reise zu den Eltern nach Argentinien in unabsehbare Ferne verschoben. Nicht nur die Tatsache des Krieges selbst, sondern ein dringendes Schreiben von Bater und Mutter hielt sie zurüd. Dies Schreiben war für longe Zeit das letzte, das sie von ihren Eltern eroicit. Sie verfürchte den Krieg, und menn ein Soldat mit ihr freundlich tun mollte, jah sie ihm kurz und falt ins Geficht meil er Soldat mar; auch er hatte Schuld, daß der Plan ihrer Reise vernichtet war.
Borüber sprach man während der Fahrt? Es gab nur einen Gesprächsstoff: den Krieg. Der Banfier de Castro und der Graf erwogen die Folgen, während die Gräfin Gott
Sie mußte jet baran denten, eine Art von Beruf zum ben balbigen Sieg bat.
Der Bormärts" brachte in der Ausgabe Nr. 501 vom 25. D tober 1929 eine Notiz mit der lleberschrift Reif zur Disziplinierung Es handelte fich um die Propagando für das Boltsbegehren in Eichwalde , die auch der Kreisichulrat H. Strauß durch wurde die Republikanische Beschwerdestelle Berlin bei der Regierung, feine Unterschrift mitbetrieben hat. Wegen dieses Tatbestandes Abteilung für Kirchen- und Schulmejen, in Botsdam vorstellig und erhielt unter dem 1. November folgenden Bescheid:„ Der uns im untersucht worden. Hinsichtlich des Schulrats Strauß haben mir Schreiben vom 29. Oftober 1929 mitgeteilte Vorgang ist non uns das Erforderliche veranlaßt.
Ein Konzert des Arbeitermännerchors Freiheit", Wahlsdorfhaus am Bahnhof Mahlsdorf statt. Der Eintrittspreis beträgt 1 m. Kaulsdorf Biesdorf , findet am Totensonntag in Anders Gesellschafts
"
,, Gott? " sagte Albert; jezt entscheiden die Waffen." Aber der Himmel lenkt sie," sagte die Gräfin. Albert mich aus. Auch er wünsche das baldige Ende. Irene schien zuzuhören; aber sie sah vor sich hin und fagte nichts.
Später lud de Castro die Gäste ein, mit ihm durch den an die Rückseite des Landhauses grenzenden Blumengarten, zu gehen. Die Sonne stand schon in der milden Röte des Spätnachmittags, leuchtende Farben sprangen aus den bunten Komplegen der Beete. Vom Garten aus ging es auf einem schmalen Weg zwischen Feldern zum See und Wald.
Im Walde fanden sich Albert und Irene von den übrigen getrennt. Diese Spaltung in zwei Gruppen war so selbstverständlich geschehen, als ob sie in der Natur der Sache läge. Auch Irene mußte das deutlich empfinden, jedenfalls wurde sie auffallend still. Für eine Weile gelang es ihrem Begleiter, Brüden über ihr Schmeigen zu schlagen. Dann gingen fie beide stumm nebeneinander. Er spähte zwischen den Bäumen umher, um den Anschluß an die fleine Gesellschaft, deren Stimmen er nicht mehr hörte, zu finden.
,, Sie sagten: Sie wünschten das Ende des Krieges," begann unvermittelt Irene; meine Mutter dagegen wünschte den Sieg. Das ist mir aufgefallen." Dann schmieg sie.
Ich wünsche das Ende," gab er erstaunt zur Antwort, meil dies Ende der neue Anfang des gesetzlichen Zustandes zwischen den Menschen ist."
Als sie gleich darauf zu den Eltern stießen, sah Graf von Küster seine Tochter für einen Augenblid aufmerksam von der Seite an. Sie bemerkte den Blick, erschraf, und die Stirne zudte; ihre Lider zogen sich nervös zusammen. Sie sprach an diesem Abend fein Wort mehr. Zum Abschied grüßte fie falt und fnapp.
Auch an den folgenden beiden Tagen herrschte zwischen den Eltern und der Tochter ein fremder Ton. Der Bater sprach menig, er hatte eine Art, als ob er ein Unvecht getan oder zu tun im Begriffe wäre, ein Lächeln zerrte an seinem Mund, und wenn er durch die Stube fam, ging er auf behutsamen Sohlen. Die Mutter hatte einen weichen, wehmütigen, gütigen Klang in der Stimme; wenn sie ihre Tochter anfah, legte sie den Kopf mit der steilen, schlichten Frisur etwas schräg, und in ihren Augen mar eine Frage. 3rene hatte eine Empfindung, ofs fähen alle sie in ängstlicher Erwartung an. Sie hielt sich in ihrem Zimmer, schrieb Briefe an ihre Befannten von Hohenau , die sich bereits im Krieg befanden, pacte Meine Gaben für sie zusammen, und jah nor fich hin ( Fortjegung folgt.)