Einzelbild herunterladen
 

Nr. 551 46. Jahrgang.

4. Beilage des Vorwärts

Besuch bei den deutſchrussischen Bauern.

Moskau - Leningrad - Kiel - Hamburg - Kanada .

Sonntag, 24. November, 1929

verständlichem Platt irgendeine Geschichte von Schloß und König. An einem anderen spielt eine Gruppe älterer Kinder ein Gefell­schaftsspiel. Im anliegenden Raum halten fich Männer und Burschen auf, in Gruppen gesondert. Die Burschen, im Alter von 17 bis 22 Jahren, teils ganz flamischer Typ, sprechen gut deutsch. Sie haben nicht alle als Bauern gearbeitet; manche von ihnen habeis etwas gelernt, wollten Ingenieur oder dergleichen werden. Dass

Heute sind es gerade drei Wochen, daß eine Gruppe deutsch | durften zehn Tage später nach Hamburg und fanden hier im Weber wird nun nichts; in Kanada wird man in harter Fron Schiffstarte russischer Bauern deutschen Boden betreten hat. Aber viele Zehn tausende, die gleich ihnen den Staub Somjetrußlands von den Füßen

schütteln möchten, bleiben zurück. Das kleine Häuflein, das jetzt

noch in Hamburg und Kiel auf den Weitertransport oder auf Art siedlung in Deutschland wartet, hatte Glüd. Obwohl sie bettelarm

find, find fie doch guten Mutes. Fast alle find im Befiße von Schiffstarten, jenseits des Ozeans warten Berwandte auf fic.

Ich hatte Gelegenheit, in Kiel und Hamburg mit diesen deutsch russischen Emigranten zu sprechen. Wie mag es denen in Moskau ergehen das war die Frage, die fie alle bewegt. Sie gedachten Dabei ihres eigenen qualvollen Aufenthaltes in Moskau und er< zählten, wie es ihnen ergangen ist.

-

In Nacht und Nebel nach Leningrad . Nimmer müde werden sie, zu erzählen, wie sie in Nacht und Nebel, unvorbereitet und unerwartet, nach Leningrad aufbrachen. Bochenlang weigerte fich Jagoda, der allgewaltige Obertschefift, Die Ausreiseerlaubnis zu erteilen. Als die Bauerndelegierten Kalinin um die Ermäßigung des Auslandsvisums baten, gab dieser Bauernälteste", wie er sich so gerne nennt, zur Antwort:

"

..Jhr gehört nicht mehr zu uns, ihr könnt feine Ermäßigung bekommen."

Und eines Tages plöglich: Die Pässe in Empfang nehmen! Die Führer dieses ersten Trupps, zwei Bolfsschullehrer, raften im Auto die Dörfer im Umkreise von vierzig Kilometern ab, um die Aus manderer zusammenzutrommeln. Da hieß es wieder: Die Bässe werden nicht ausgehändigt, heute abend geht es nach Leningrad . Raum eine Stunde für den Aufbruch: Naß flog die Wäsche in die Roffer; gar mancher mußte die geringen Habseligkeiten zurücklassen; mmöglich war es, mit fleinen Kindern beschwert, die Sachen zu schleppen. Dann vierzig Stunden Bahnfahrt. Wo blieben aber die Bäffe, für die man je 440 Mark bezahlt hatte. Statt ihrer vor der Emschiffung der Befehl: Alles Bargeld aushändigen. Man droht:: Gebt ihr nicht freiwillig euer eld heraus, so durchsuchen wir euch; mas mir finden, wird ton fisziert und die Bauern gaben ihr Legtes her attausend Mart laut Quittung. Es mürde für die Fahrt bis Hamburg ein­geredmet werden, hieß es. Die Fahrt aber war bereits in der Schiffstarte bis Ranada eingeschloffen.

Ankunft in Kiel .

-

Drei Tage später landete der Dampfer in Riel. Bir müssen doch bis Hamburg geschafft merden," mirrten die Bauern ,,, fällt uns nicht ein, einen Tag zu verlieren, unsere Route ist Kiel - London ." Da standen mu 350 Personen Frauen, Männer und Kinder mit ihrem Gepäck im Kieler Hafen, niemand wußte, daß fie fommen würden, es war Sonntag, von der Stadtverwaltung niemand zu erreichen. Provisorisch wurden die Ankömmlinge im Lagerraum untergebracht, Stroh auf dem Zementboden statt der Betten. Lungen-, Grippe und Majernfrante erheischten ärztlicher Hilfe. Säuglinge, auf dem Schiff und in Moskau geboren, bedurften besonderer Pflege. Man brachte die Kinder in der Waldschule und im Er­holungsheim Vieburg unter. Erwachsene und ältere Kinder in der Eirhoffstaserne. Familien, deren Mitglieder sämtlich gesund waren,

Erstaunlich

billige

K

ichen

Berolina

KOMMANDANTENSTRASSE 57.

Spielwaren

Waren! om

Bernhard

Keilich

19 Schaufenster nur Spielwaren Gr. Hamburger Str. 21-23

Eckhaus Oranienburger Straße

2 Minuten vom Hackeschen Markt Stadtbahnhof Börse

Zirkus Busch

Jede Spielwaren- Gruppe im Sonder- Raum

leichteste Auswahl- umfangreichste Ausstellung

Einzig dastehend!

Der Weihnachtsmann ist sehr gehetzt, Drum mach's im leicht und kaufe jetzt!"

jeeheim der Hamburg- Amerika- Linie Unterkunft .

In der Waldschule und im Kindererholunge heim.

In der Waldschule befinden sich die Kinder, die bereits die Masern hinter sich haben; im Erholungsheim, die sie noch nicht hatten. Fast jeden Tag zmei bis drei neue Erkrankungen; etma 13 Masernfrante liegen im Hospital. Ein menig eng ist es im Erholungsheim; aber nach den ungemütlich falten und kahlen Bager räumen fühlen sich die Leute hier wohl. Die Küche wird von den neben ihm die besorgte Mutter. Gar manche abgehärmte Gestalt. Bäuerinnen selbst besorgt. Fast in jedem zweiten Bett ein Kind; Da hat eine bereits zwei Kinder in Moskau verloren, das dritte ist tranf; einer anderen Kind ist im Bagerraum geboren worden; eine dritte ist hochschwanger. Wie immer, trägt die Frau schwerer an der Lebenswendung als der Mann. Draußen tummeln sich die Kinder. Die kleinsten, noch nicht schulpflichtigen, sprechen nur Blatt; den älteren fann man sich schon verständlich machen, sie haben in der Schule Hochdeutsch gelernt. In ihre Sprache spielen russische Ausdrücke und Wendungen hinein, ihr Satzbau ist fremdartig, sie find schnell zutraulich und plaudern gern.

-

Beffere Stimmung herrscht schon in der Waldschule. Ein noch junger Mann, rund und rotbädig, südrussischer Typ, deffen Deutsch mit der slawischen Aussprache eigentümlich wirkt, von Beruf Kon­torist, wiegt auf den Armen sein drei Wochen altes Töchterlein, das auf dem Schiff das Licht der Welt erblickt hot. Eine Mutter mit vier Kindern fizzt auf der Pritsche und vertreibt ihnen die Zeit. Ein Bolfsschullehrer er hat das deutsche Lehrerseminar beendet macht sich eben auf den Weg, seine Frau im Krankenhause zu be­suchen. Sie hat eine schwere Lungenentzündung durchgemacht. So mußte er bei seinen pier Ricinen, im Alter von 2 bis 10 Jahren, Mutter spielen. Heute siedelt er in die Eikhoffkaserne über, wo etwa 100 von den mehr als 300 russisch - deutschen Auswanderern den Abtransport nach Hamburg abwarten. Wir fahren zusammen zur Kaserne. Der Bolksschullehrer erzählt mir, wie es unmöglich murde, weiter in Rußland zu bleiben und wie feiner seiner Leidensgefährten nur einen Augenblick bedauert, es verlassen zu haben. Die Deutsch­ruffen fühlen sich in Deutschland nicht wie in der Fremde, aber auch nicht wie zu Hause. 150 Jahre meilten sie fern von der Heimat...

In der Gifhoff- Kaferne.

Es ist etwa gegen 6 1hr. Bei spärlicher Beleuchtung fißen jung und alt um breite Tische geschart. An einem derselben erzählt ein junges Mädchen den andächtig lauschenden Kindern in schmer

und Siedlungsland abarbeiten müssen. Es ist frisch- fröhliche Jugend, die nichts Gedrücktes an sich hat, troß ihres engen Horizonts einen

aufgemedten Eindruck macht und darin einig ist, daß niemand auf

das Gowjetregime gut zu sprechen ist. Ob es unter den deutsch gab schon welche, die sind aber in Sowjetrußland geblieben, find russischen Bauernburschen gar teine Komsomolzen gab? Doch, es ihren Bätern nicht gefolgt. Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, als einer der Burschen wäre in den nächsten Jahren zum Militär, die Kinder für die roten Pioniere zu gewinnen; ohne Erfolg. Mehr Militärdienst nicht gestattet. Die alten Leute sind aber auf diese dienst eingezogen worden; sie hätten dienen müssen, sofern sie nicht den Nachweis erbracht hätten, daß ihr Glaubensbekenntnis den Jugend nicht immer gut zu sprechen. Die Zeichen der Zeit sind nicht völlig spurlos an ihr vorübergegangen. Eine freiere Lebensauf faffung hat auch hier um sich gegriffen, die strenge Zucht des Bater­hauses war in unmerklicher Auflösung begriffen, auch die Arbeits freudigkeit hatte ein wenig nachgelassent. Die Befürchtung des moralischen Niederganges der Jugend war mit einer der Beweg gründe, die den Aufbruch aus Rußland beschleunigt haben. Ent scheidend gewesen ist aber die Furcht vor dem vollkommen wirk schaftlichen Untergang; man fah, daß die Kollektivwirtschaften zum großen Teil in Wirklichkeit Lotterwirtschaften waren. unter den Auswanderern Bauern, die bereits seit 1926 im Besitz von Schiffstarten waren; andere, die schon damals Hab und Gut verkauft hatten, mur feine Ausreiseerlaubnis erhielten, aufs neue

Es gibt

Haus und Bich anschafften und kaum noch hofften, Rußland je verlassen zu dürfen..

Kurz vor der Abendandacht trifft aus Hamburg der Führer der Hamburger Gruppe ein. Er wohnt schon zmeieinhalb Monare im Ueberseeheim der Hamburg- Amerika- Linie , mit ihm 50 deutsche russische Bauern, die aus sanitären Gründen noch nicht weiter dürfen. Nach der Andacht erzählt er in der gemeinsamten Plauder stunde, mie gut die Leute sich im Ueberseeheim eingerichte: hätten. Er übernachtet in der Koserne und fährt am nächsten Morgen mach Hamburg zurüd.

3m Ueberseeheim der Hamburg - Amerifa- Linie.

Politische Funktionärinnen! das Reich Aufenthaltsgelder bewilligt. Man tut gut, die Leute,

Freitag, den 29. November, 19 Uhr, im Hochzeitssaal der Sophiensale, Berlin N. 54, Sophienstr. 17-18, 3. Stock Funktionärinnen- Konferenz. Tagesordnung:

1. Unsere Agitationsarbeit im Winterhalbjahr 1929/30. Refe­rentin: Genossin Käthe Kern. 2. Aussprache über das Referat und den Bezirksfrauentag. 3. Verschiedenes. Zutritt zu dieser Konferenz nur gegen Vorzeigung des Funktionärinnen Ausweises und des Mitgliedbuches. Türkontrolle: 6. Kreis Kreuzberg . Das Frauensekretariat.

afel estecke

auch bis

12 MONATS- RATEN

Raddatz

Berlin Leipzigerstr . 122-123

Bekanntmachung.

Am Donnerstag, bem 28. November 1929, werden im Wege der Zwangsvoll. ftredung öffentlich meistbietend gegen Bar zahlung versteigert:

vorm. 10 Uhr. Staatl. Pfandfammer. Jägerstraße 64 Schreibmaschinen, Grammophonapparate, 1 Delgemälde( Landschaft), miffags 12 2hr.Staatl.plandfammer, Elfäffer Str. 74

Standuhr, Büfett, Anrichte, Lampenftänder, tifche, Ausziehtisch, Stüble, Rauchtisch, See maschine, Nähmaschine mit Motor, Klavier, Gloden für Armaturen, Pendel- u. Lampen. schirme, Pelzmäntel. Bollstreckungsstellen d.Finanzamter im Bezirk des Landesfinanzamts Berlin .

Auch bei alten Gallensteinen

gragages

Tec

Gallen blasenentzün­ dung , Gelbsucht, Le­ber, Magen-, Nleren­krankheiten empfehl wir den seit 30 Jahren bestens bewährten Stern- Engel- Tee

Nur in Apotheken erhältlich: No­tariell beglaubigtes Beweis material gratis durch Vegetabilische Heil­mittelfabrik, Bad Schandau / Elbe .

In der

In den Baraden 22 und 23, auf dem großen Gelände des leberseeheims der Hamburg- Amerika- Linie , sind, Männer und Frauen gesondert, die deutsch - russischen Bauern untergebracht. Die Betten sind in zwei Stodwerfen übereinander gestellt. Hier merkt Baraden bestehen aus Aufenthaltsraum und Schlafraum. Die dem Ziele ein Stüd näher gerückt zu sein. Sie wissen, daß sie hier man nichts mehr von gedrückter Stimmung. Die Leute glauben, in aller Ruhe und ohne Sorgen dem Augenblid des Abtransportes nach Kanada entgegensehen können. Für zwei Monate bereits hat insbesondere die alten Bauern nicht mehr auszuforschen. Sie sind schon zu viel gefragt worden; insbesondere der Achtundsiebzigjährige, der bereits als einer unge Marienburg verlassen hat und noch heute sein tadelloses Westpreußisch sprid. Der alte Mann neigi zu Tränen; die Erinnerung an seinen Bauernhof erfüllt ihn mit Schmerz Neben vielen fräftigen Gestalten auch manche traurig anzuschauen, insbesondere unter den Frauen. Die bitteren Monate in Moskau und das fummervolle Dasein in ihren Dörfern tommt den Leuten so recht zum Bewußtsein, wenn sie an den weißgedeckten Tischen ihr Mittagsmahl einnehmen. Nach Familien geordnet ſizen fie da. Zehn Personen eine Familie an der ganzen Längs

Morgenstunde

Umlegekragen 1.75

mit Größe 1. für Damen u.

Kinderwesten Strickwesten mit kleine Herren, 4.50 Strickröcke für Damen.

Fehlern.

Sport Sweateru.Pullover extra

schwer, weiß, rein.Wolle, leicht angestaubt

6.50

8.95

Strickwesten m. Umlegekrag., Wolle plattiert, f. Jünglinge 4.95

und Backfische

Herren Herren.

Gr.

Pullover mustert, für Damen und 2.95 Westen gemustert, für Damen und 2.95 für Damen u. Herren, 2.90 Trikotwesten 2. Wahl für Damen n. Herren; 5.20 Strickwesten m. gemust. Vorderteil Dieselb.Strickwestenkinder 50 3.50 Dam.- UnterkleiderFab. 11. Fehl 2.602.30 Futtertriket, mod. 2.30 Backf.- Unterkleider 1.80 Kunstseid.Dam.- Unterkleid. 3.20 mit kleinen Fehlern u. angeraubt. Futter Kinder- Unterkleider Arte Farb 1.40 Damen- Hemdchen fein gewirkt 0.65 Damen- Schlüpfer innen geraubt. 0.85 Dam.- Futterschlüpferm..Decke 1.95

Fehlera 2.­

kleinsteGr.

zarte Farben

gen gesch

weiß ge

Damen- Untertaillen we

strickt. mit 1.05

langen Aermeln, leicht angestaubt

Aermeln

karierter Abseite..

Dieselb.Untertaillen mit halben 0.95 Ulsterstoffe ca. 140 cm breit mit 2 Felle für Mantelgarnituren... Stück 1.50 Kinder- Trikots Gr. 60... 0.95 Kinder- Futterschlüpfer Falern Bettbezüge

Fehlern 0.90

m. klein. weiß Linon. Garnit. 1 Oberbett, i glatt. Kissen 8.95 Bettbezüge weiß Linon, 1. Garnitur und 1 reich garniert. Kissen. Laken aus kräftigem Haustuch. 8.00 2.70 Barchent- Laken mod. Bordüren, 2.75 Nessel ca. 140 cm breit.. Meter 0.25 0.85 Hemdenflanelle 2seitig geraubt, 0.65 Herrenhemden 1.95 Herrenhemden mit Doppelbrust; 1.60 Herren- Unterhosen kleinen Fehlern

190x140

Meter mit Doppelbrust, wollgemischt 2,50

leicht angestaubt

Futtertrikot, m. 1.95 2.50

mit kleinen Fehlern 2x2

Herr.- Unterhos. Futtertrik, sehr schwer Männer- Socken reine Wolle, grau

gestrickt. 1

Dam.- Schlüpfer rotter- Triket, sehr 1.60 Winterschals

Trikothandschuhe für Damen

schwer, mit kleinen Fehlern

Fehlern

und Herren

0.85

mit kleinen 0.30

0.50

mit kl.Feh'ern

Dam.- Hemdhosen Trikot 1.40 Kunstseid. Ausfuhr. 1.25 Dam.- Untertaillen, 0.70 Garnitur Schal und Mütze für Mäd­

1.10

Mengenabgabe vorbehalten

chen und Knaben.. 2.25

Aufträge von außerhalb werden gegen Nachnahme ausgeführt. Freler Versand von 20 M. an

BAER SOHN=

Berlin N4, nur Chausseestr. 29-30