Der Abend
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Nr. 554
B 276 46. Jahrgang
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Volkspartei will Finanzdiftatur.
Massenanträge für den ,, Sparkommiffar".
Am Montagabend murde der Ausschuß für den Reichshaushalt durch ein ganzes Bündel von volksparteilichen Anträgen überrascht, die bezwecken, die Institution des Reichssparfommissars durch einen besonderen Abschnitt:„ Der Reichsfommissar" in der Reichshaushaltsordnung zu verankern. Durch diese zehn Anträge merden die belannten Wünsche der Großindustrie auf Schaf fung eines Finanzdiftators zum Gegenstand parlamentarischer Berhandlungen gemacht. Nach den Anträgen soll der Reichssportom. miffar eine der Reichsregierung gegenüber selbständige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Reichsbehörde werden.
Der Reichssparfommissar hat, so heißt es da, auf Ersuchen der Reichsregierung des Reichsrats und des Reichstags fich zu Fragen der zmeckmäßigen Gestaltung, Vereinfachung und Berbilligung der Reichsverwaltung, zu Entwürfen des Reichshaushaltsplans fomie zu Entwürfen von Gesetzen, die auf die Haushaltführung des Reichs von Einfluß sein können, gutachtlich zu äußern und Vor schläge für eine Verbilligung der Haushaltführung zu machen.
Der Reichsspartammissar tann gutachtliche Aeußerungen au ch von sich aus geben. Gutachtliche Aeußerungen gegenüber der Reichsregierung, die der Reichsfparfommifjar als gleichzeitig für den Reichstag bestimmt bezeichnet hat, sind mit der Stellungnahme der Reichsregierung hierzu dem Reichsrat und Reichstag zur Kennt nis porzulegen. Der Reichssparfommissar ist vom Reichsfinanzminister por der Genehmigung von Haushaltsüberschreitumgen und außerplanmäßigen Ausgaben gutachtlich zu hören.
Der Reichssparkommissar nimmt an den Sizungen der Reichsregierung mit beratender Stimme teil und kann in allen organisatorischen, finanziellen und sonstigen mit seinen Aufgaben in Berbindung stehenden Angelegenheiten Anträge stellen. Der Reichssparfommissar ist befugt, fich an den Sizungen des Reichstags, des Reichsrats und des Reichswirtschafts: rats somie ihrer Ausschüsse zu beteiligen oder Beauftragte in diese zu entsenden.
Will der Reichsfinanzminister entgegen dem Gutachten des Reichssparkommissars entscheiden, so hat er dem Reichsspartommissar hiervon Mitteilung zu machen. Der Reichssparkommissar fann binnen einer Woche nach Eingang der Mitteilung die Entscheidung der Reichsregierung an, rufen. Entscheidet die Reichsregierung entgegen dem Gutachten des Reichssparkommissars, so muß auf Verlangen des Reichssparkom missars eine erneute Abstimmung erfolgen. Eine Entschei dung entgegen dem Gutachten des Reichssparkommissars ist in der erpeuten Abstimmung mur möglich, wenn sie von der Mehrheit fämtlicher Mitglieder beschlossen wird und der Reichstanzler mit der Mehrheit gestimmt hat.
Zum Zwede der Abgabe gutachtlicher Aeußerungen ist der Reichsspartommiffar berechtigt, bei den Reichsbehörden in allen Berwaltungszweigen Prüfungen, insbesondere auch örtliche Be. fichtigungen vorzunehmen oder durch fachkundige Beauftragte Dornehmen zu laffen. Er hat sich hierzu mit den zuständigen Reichs. ministern vorher ins Benehmen zu setzen.
Der Reichsspartommifjar fann sich im Einverständnis mit den zuständigen Landesregierungen oder Gemeindebehörden über die Einrichtung oder die Tätigkeit von Landes- oder Gemeindebehörden unterrichten.
3um Zwecke der Durchführung seiner Aufgaben ist dem Reichsfpartommissar ein Bureau beigeordnet, das seinen Eig in Berlin hat und dessen Haushalt dem des Rechnungshofs angegliedert ist.
Schließlich ist die Bolkspartei so gnädig, diese Fülle ihrer Anträge, die das Budgetrecht des Reichstags einem einzelnen Reichs beamten ausliefern sollen, wenigstens befristen zu lassen. Nach ihrem Borschlage sollen die Bestimmungen, falls fie angenommen mürden, am 31. März 1935 außer Kraft treten. Bir glauben aber nicht, daß der Reichstag die ungeheuerlichen Anträge überhaupt erft in Kraft treten lassen wird.
Beratung vorläufig vertagi.
Die hier ihrem Inhalt nach turz sfizzierten Anträge der Deut schen Boltspartel riefen in der Dienstagfizung des Ausschusses für den Reichshaushalt eine sehr lange Geschäftsordnungs debatte hervor. Bom Borsitzenden Abg. Heimann( Soz.) murde barauf hingewiesen, daß nach diesen Anträgen die auf neuer Grund lage aufgebaute Institution des Reichsfpartommiffars auf fünf Jahre befristet sein soll. Die Reichshaushaltsordnung fet aber bas bauernde Grundgesez für die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Reiches. Es erscheine daher unmöglich, eine ( Forthegung auf der 2. Geite.)
Scharmützel vor der Geekonferenz.
Italien fordert Gleichheit.- Frankreich hat Sonderbedürfnisse.
Paris , 26. November.( Eigenbericht.) Briand hat am Montag dem Ministerrat einen ausführlichen Vortrag gehalten über seine letzte Besprechung mit dem italienischen Botschafter in Paris . Dieser habe in Form einer Verbalnote die Forderung nach voller Gleichheit aufgestellt. 3ugleich aber die Bereitschaft der italienischen Regierung, auf die besonderen Berhältnisse Frankreichs Rücksicht zu nehmen, hervorgehoben. Briand habe erwidert, daß Frankreich aufs entschiedenste entschlossen sei, die volle Deckung aller seiner Bedürfnisse" zu verlangen.
Die Festungsbauten Frankreichs .
Paris , 26. November.( Eigenbericht.)
Der Abgeordnete Defiré Ferry aus Nancy hat als Mitglied der Heeresfommission die neuen Festungswerte an der elsaß - Lothrin gischen Grenze besichtigt. In einem dem Matin" über seine Reiseeindrüde gemährten Interview betont er, daß die Milliardenfummen, die in diese Festungswerte geftedt würden, feines megs unnüße Ausgaben seien. Die Werte würden den Erfahrungen des Krieges in meiteftem Maße Rechnung tragen, sowohl in der Materialnerwertung, wie auch in der artilleristischen Ausftathung seien die Werte nach ihrer Vollendung das modernste, was bisher auf dem Gebiet des Festungsbaues geleistet worden sei. Sie feien sowohl gegen schwerstes Geschüßfeuer wie gegen Gas: angriffe völlig gesichert.
Pacific- Bug ausgeraubt.
Auf offener Strede zum Entgleifen gebracht.
Cheyenne( Wyoming ), 26. November. drei Meilen östlich von Cheyenne von einem Räuber durch£ odeEin nach Weften gehender Expreßzug der Union Pacific wurde ung der Schienen zum Entgleifen gebracht. Der paffagieren die Wertsachen. Das Jugperfonal toppelte Räuber ging dann durch den Zug und raubte sämtlichen
HUGENBERG
Unnötige Angst
SEVERING
tat
Sugenberg:„ Herr Gevering, Sie wollen mir wohl meinen impofanten Ueberschuß von 0,019 Proz. fortretusfchieren?" Gevering: Keine Sorge! Den fallen tu' ich ihnen nicht!"
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die Cotomotive los und überbrachte auf ihr die Nachricht von dem Ueberfall, worauf alle verfügbaren Polizeifräfte entsandt wurden, doch war der Räuber bereits entflohen.
Das gestern in der Peterskirche versuchte Attentat bildet in der Batikanstadt das Tagesgespräch und beschäftigt auch die obersten Behörden. Der apoftolische Vitar Smith hat die junge Schwedin während seines Aufenthaltes als apostolischer Bifar in Norwegen fennengelernt: Sie war ihm dann nach Rom nachgereift und hier in Not geraten. Monsignore Smith versprach ihr zu helfen, hatte aber für sie noch keine Beschäftigung finden können, weshalb fie fich vernachläffigt glaubte und zu dem Radhe aft schrift. Kunmehr hat sie ein volles Geständnis abgelegt.
Das Schicksal der Bucher Räuber.
Einer erfchoffen, der andere schwerverletzt.
Die am vergangenen Donnerstag aus der Anstalt Buch geflüchteten Georg Garde und Walter Liesegang find, wie der Berliner Kriminalpolizei mitgeteilt wird, jeht gefaßt worden.
Am Montag drangen drei maskierte und mit Pistolen bewaffnete Männer in die Kaffenräume der Rendantur des Schloffes Wodlum im Kreise Arnsberg ein, hielten die Angestellten mit Drohungen in Schach und raubten 600 m. Dann ergriffen alle drei die Flucht. hatten aber bereits ein Oberlandjäger und ein in Bocklum an Das Ueberfallkommando wurde aus Iserlohn alarmiert. Inzwischen gestellter Förster die Verfolgung aufgenommen und die Flüchtigen dem einer der Räuber erschossen wurde. Der zweite wurde schwer im Walde gestellt. Es fam zu einem lebhaften Feuergefecht, bei verletzt, der dritte ergab sich freiwillig. Die Dienststelle B4 der Berliner Kriminalpolizei, die sich nach der Meldung dieses Zusammenstoßes sofort mit den dortigen Behörden in Verbindung setzte und eine ausführliche Beschreibung erlangte, stellte mun fest, daß der Schwerverletzte und der sich freiwillig Ergebende ohne Zweifel die am Donnerstag aus Buch geflüchteten Garde und Liesegang find. Garde ist ja in jener Gegend beheimatet und wußte daher Bescheid. Belcher von ihnen mun die Berlegungen davongetragen hat, ist hier noch nicht bekannt. In dem Erschossenen vermutet man den Helfershelfer bei dem Ausbruch, den Schwerverbrecher Bichert. Doch ist auch darüber noch nichts Genaues hierher mitgeteilt.
Die Bauern dürfen auswandern. Aber der größte Zeil ist zurüdtransportiert! Nach einer Mitteilung des stellvertretenden Sowjettommiffats für das Aeußere, Cifwinow, an den deutschen Botschafter in Mostau hat die Sowjetregierung befchloffen, den noch bei Mostau liegenden deutsch - russischen Bauern mit ihren Famillen die Auswanderung zu geftatten. Diese Erlaubnis hatte die Sowjetregierung schon vor einigen Wochen erteilt, fie war aber von den ausführenden Behörden nicht durchgeführt worden.
Es liegen noch etwa drei- bis viertausend deutschrussische Bauern in der Nähe von Moskau , und die Reichsregierung ist bereit, fie fofort in Deutschland aufzunehmen. Die andern etwa 9000 find inzwischen zwangsweise in ihre Heimat juridiransportieri worden, wo sie feinen Besitz mehr haben, also dem größten Elend entgegengehen. Sowjefregierung hat dazu erklärt, fie wolle für die Erhaltung der Darauf hat die deutsche Botschaft aufmerksam gemacht, und bie Häuser und für die Beistellung von Saatgut in Sibirien Sorge tragen..