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BERLIN   nuertis

Freitag 29. November

1929

Der Abend

erfoetuttiglio ezter Gourtegi Sugleich Abenbausgabe des Vorwärts. Bezugspreis beide Ausgaben 85 Bf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition; BerlinS68, Lindenfe.3

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Spalausgabe des Vorwärts"

46. Jahrgang

Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezeile 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Poßscheckouts: Vorwärts- Verlag G. m. b.H., Berlin   Nr. 87536. Fernsprecher: Dönhoff 292 bis 297

Angriff auf Staatseigentum.

Landesverräterischer Vorstoß der Schwerindustrie gegen Saargruben

3m Preußischen Landtag ftellten heute vormittag die Deutschnationalen den Antrag, die Feststellung der mit gliederzahl des von ihnen beantragten Untersuchungsaus­schuffes als ersten Punkt der Tagesordnung zu verhandeln. Da die Sozialdemokraten Widerspruch erheben, fann dem Berlangen der Deutschnationalen nicht entsprochen werden. Es handelt sich um den Untersuchungsausschuß, der die Frage flären foll, inwieweit Beamte das Ergebnis des Bolfs. begehrens unzulässig beeinflußt haben.

Auf Antrag der Sozialdemokraten wird hierauf die Be. rafung der fozialdemokratischen Großen Anfrage über das iwere Grubenunglud auf den Iboffen. Ichächten in Hamborn  - Duisburg   vom Dienstag, das vier Todesopfer forderte, mit der Behandlung der Anfragen über die Schlagweftertatastrophe auf der Glüchilf Friedens- Hoffnungsgrube in Niederschlesien verbunden, und als zweifer Punft auf die Tagesordnung gefeht. Das Haus trat darauf in die Tagesordnung ein und behandelt zunächst die Große Anfrage der Regierungsparteien über das

Schicksal des Befiges der Saargruben.

Die gemeinsame Große Anfrage wird begründet von

Abg. Haas( Soz.):

Seit einer Woche schweben in Paris   Berhandlungen über die Rückgabe der Saargruben, über deren Schidsaal nach dem Friedens­vertrag von Versailles  . erst 1935 entschieden werden sollte. Es fann hier in Deutschland   feinem Zapeifel unterliegen, daß es sich bei dem

| durchaus nicht, daß die französische   Wirtschaft die Saarfohle ebenso gebraucht, mie das bei der deutschen   Wirtschaft die franzöfifchen Erze. Aber hier ist es Aufgabe tünftiger Handelsverträge, einen Ausgleich zu schaffen.( Sehr gut! bei den Soz.).

Die Borgänge zeigen, daß unsere Besorgnisse nicht unbegründet

10000 Mark Belohnung!

Jeder Kommunist kann sie sich verdienen!

Die Kommunistische Partei   Berlins   verbreitet eine Extra ausgabe der Roten Jahne", deren Kopf und Schlagzeile wir hiermit in genauer fatfimilierter Nachbildung unseren Lefern zur Kenntnis bringen.

Extra- Ausgabe

Die Rote Fahne

des Gertel Dentigiants( ction ber Rowmen Suternationale)

Sal: 81 1653

Be a Saje praks

Der Vorwärts" schreibt:

Saargebiet um ternbeuties and handelt, in dem die Alle KPD.  - Wähler sind Lumpen!"

Einsegung der deutschen   Staatsgemalt bald erfolgen muß. Die gollpolitische Abtrennung ist geschehen, um das Saar­gebiet mirtschaftlich und politisch für Frankreich   reif gu machen. Aber mas zehn Jahre nach Bestehen des Versailler Vertrages Frant reich nicht erreichen fonnte, wird es bis 1935 auch nicht erreichen tönnen. Denn Deutschland   ist ein mindestens ebenso guter Abnehmer der Saarproduktion als Frankreich  , ja, die Einfuhr aus Deutschland   in das Saargebiet hat sich feit der Friedens. zeit verdoppelt. Es darf fein Zweifel darüber bestehen, daß das Saargebiet ein Glied der deutschen   Birtschaft ist Nach dem Bertrag muß Deutschland   die Gruben des Saargebiets Frembenblatt" einen ziemlich deutlichen Hinweis barüber gebracht, baß bel der Rüdgabe der Staatsgruben nicht nur das deutsche Privatfapital, fondern auch franzöfifches Kapital beteiligt werden jolle.( hört! hört! bei den Soz.) Sollten diefe Gerüchte zutreffen, so würden fie ein Bemais mehr sein für die

von Frankreich   täuflich zurüdzuerwerben. Nun hat das Hamburger

infernationale Zusammenarbeit des Kapitals.

Noch deutlicher wird in diesem Punkte die Auslaffung eines rheinischen Großindustriellen, der über Befiz auch im Saargebiet verfügt.( Buruf bei den Soz.: Namen nennen!) Wenn es ge wünſcht wird, will ich den Namen nennen: es handelt sich um ben rheinischen Großindustriellen Otto Wolff( Röln). Diefer Herr Wolff hat in einer Besprechung feine Gründe für einen privaten mitbefig an den Staatsgruben und für eine fran öfife Beteiligung ausführlich dargelegt. Nach seiner An­ficht würden bei reinem Staatsbesih die Arbeiter höhere Löhne und geringere Arbeitszeit durchsehen. Dadurch würden fowohl die Kohlen­preise als auch die anderen Löhne in die Höhe getrieben werden. Die Franzosen würden den Saarhütten, soweit diese nicht schon mit Berträgen eingebedt feien, feine Erze liefern.

Herr Wolff hat meiter gesagt:

"

Damit wird der bereits restlos widerlegte Schwindel, nachdem die KPD. ihn tagelang in Form von Säulenplafaten zar Berhehung der Arbeiterschaft hat wirken lassen, wiederum auf­gewärmt. Um dieser widerlichen Lüge endgültig den Garaus zu machen, erklären wir hiermit folgendes:

Bir zahlen jedem fommunistischen Wähler, Partei mitglied oder Leser der, Roten Fahne" die oben aus gesetzte Belohnung von 10000 Reichsmart in bar, der den Nachweis erbringt, daß die von der Extraaus: gabe der Roten   Fahne aufgestellte Behauptung, der, Borwärts" habe geschrieben:

und die eingebrachte Große Anfrage vollauf berechtigt ist. Wi wünschen, daß die preußische Regierung mit aller Deutlichkeit, die dem Ministerpräsidenten Otto Braun   eigen ist, den rechtlich einwand freien und allein möglichen Standpuntt vertritt: Was des Staates ist, soll des Staates bleiben!( Beifall bei den Soz.)

Zur Beantwortung der Großen Anfrage nahm sofort das Wor

Ministerpräsident Otto Braun  :

Dem Staatsministerium sind in der letzten Zeit Mitteilungen darüber zugegangen, daß interessierte Persönlichkeiten der Privatwirtschaft am Werke sein sollen, um die Rückgabe der Saargruben in das Eigenfum des preußischen Staates zu verhindern, um damit den Einfluß an ihnen durch Beteiligung privatwirtschaft lichen Kapitals zu erreichen. Die Versuche gingen einmal dahin, innerhalb Deutschlands   dafür in der Breffe Stimmung zu machen und die Fühlung mit den in gleicher Richtung interessierten Kreisen in Frankreich   aufzunehmen,( hört, hört!)

Bei solchen Verfuchen fann es sich nur um ein unverants wortliches Borgehen einzelner handeln. Die Staatsregierung erklärt ausdrücklich, daß sie jeden dahingehenden Versuch auf das schärffte perurteilt. Jeder private Eingriff, der gegen die Zurückführung der Saargruben in den umeingeschränkten Staats­befiz gerichtet ist, bedeutet besonders im gegenwärtigen Zeitpunkt eine fhmere Gefährdung der nationalen Möglich feiten Deutschlands   und eine Verletzung der berechtigten Infer effen der Saarbevölkerung. Die Staatsregierung wird allen solchen, gegen das nationale Interesse gerichteten Versuchen entschieden ent gegentreten. Die Staatsregierung weiß, daß fie damit den einmütig und wiederholt geäußerten Willen der gesamten Saarbevölkerung zum Ausdrud bringt. Im übrigen hat die Staatsregierung die recht sich unanfechtbare Auffassung vertreten, daß bei der Rückgliederung des Gaargebietes

dem preußischen Staate ein unbedingter Anspruch auf die un­eingeschränkte und unbelastete Rüdführung der Saargruben in den Staatsbesitz zusteht.

Dieser Standpuntt ist im Januar 1927 burch Robinettsbeschluß jest. gelegt und der Staatsregierung bekanntgegeben worden. Noch vor wenigen Tagen hat die Staatsregierung den Herrn Reichs tanzler erneut darauf hingewiesen. Daraufhin hat der Herr Reichstanzier zum Ausdrud gebracht, daß die Reichsregierung die Auffaffung der preußischen Regierung völlig teilt, und daß bie Reichsregierung sich für die Durchsehung der preußischen Aufs faffung mit allen Mitteln einsetzen wird.( Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Kommunistische Moral.

Alle KPD  . Wähler find Lumpen, den Tatsachen entspricht. Jeder Kommunist ist hierdurch in die Lage versetzt, fich 10 000 Mark zu verdienen- unter der alleinigen Boraussetzung, daß seine Partei und feine Preffe die Wahrheit Lommunistischer Stadtverordneter, der nicht auf die neue Lifte jener behaupten!

Alle unsere Freunde und Lejer ersuchen wir, wo sie mit kommunisten zusammentreffen, diese auf die sich ihnen bietende leichte und erhebliche Verdienstmöglichkeit aufmertfam 3 machen Da die kommunistischen   Parteigänger ja fest überzeugt find, daß ihnen in ihrer Presse die lautere Wahrheit vorgesetzt wird, fo wird feiner den Versuch unterlassen, sich die ausgesetzte Be­lohnung zu erringen. Ein Unterlassen des Verfuches würde be­deuten, daß der betreffende kommunist felber die Behauptung feiner Partei und seiner Breise für Schwindel hält Auch diese Feststellung wäre wertvoll.

Allen Kommunisten, die sich die 10 000 m. verdienen wollen, ift der Rat zu erteilen,

Jedenfalls will ich mitreden tönnen, um die Cohntreiberei zu verhindern und die Kohlenpreise zu beeinfluffen. The ich in Reuntirchen infolge höherer Löhne und teurer Rohlen zulege, verlaufe ich lieber den Eijenanteil und verfchrotte die Maschinen. Die Gemertschaften fämpfen um den politischen Lohn"; ber ift untragbar. Gegen die Anficht der Gemertschaft, daß sich zur Redaktion der Roten   Fahne steigende Löhne die Konsumfraft steigern, ist nur Kampfmög li. Es gibt feine Arbeitsgemeinschaft. Der Rampf foftet zu begeben, und dort nachzufragen, wann und Geld. Und man follte Sonflitten vorbeugen, wo es geht, 3. B. wo der von der Roten   Fahne als Borwärts". burch Mitbefiz an den Saargruben. Er brauche das Beto reat, und er behalte fich vor, in der Grubenbefigfrage feine Bitat wiedergegebene Satz im Vorwärts ge Stimme zu erheben, wenn er den Einbrud habe, daß daran jebe standen habe. Bereinbarung mit den Franzosen zu scheitern droht.( Stür. mifches hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)

Diefe Neußerungen tennzeichnen sich felbft Das internationale Aapital will also auf dem Rüden des Staates und der Arbeiterschaft feine Profite machen.( Sehr wahr bei den Eng.) Demgegenüber stellen wir feft: Der frühere staatliche Grubenbesig mug zestlos in die Hände des Staates zurüd, Dabei vertemen wir

Wir fürchten allerdings, daß die Rote Fahne" diese Auskunft nicht wird erteilen tönnen. Aber schließlich: Die kommuniffen glauben ja der Roten Fahne" mehr als uns. Des­halb foll fich niemand von dem Berfuch abschreden laffen. 10 000 m. winten dem, dem er gelingt. Uns freilich ist um unser Geld nicht bange. Redaktion des Borwärts".

Das größte Verbrechen: Wenn man sich erwischen läßt. In 31n hat sich folgender Fall ereignet: Ein bisheriger Bartei gefommen mar, zeigte ber Polizei an, daß ihm seine Frei­farte für die Straßenbahn verlorengegangen fet. Er knüpfte daran bie Bermutung, daß sie wahrscheinlich von einem anderen Kom­muniffen benugt werde. Vor einigen Tagen zeigte auch tatsächlich ein Herr die falsche Karte vor. Der Schaffner hielt sie an, der Befizer der Karte aber weigerte sich, seinen Namen zu nennen. Daraufhin wurde er festgenommen. Auf der Wache stellte es fich heraus, daß es sich bei diesem Betrüger um den Parteisekretär Sommer von der Kommuniffischen Partei für Köln   handelte, der zugleich Mitglied des Provinziallandtages ist. Die Sozialistische Republit", bas tommunistische Blatt für Köln  , bemerkt nun in biesem Fall:

Wir erfiären dazu, daß der Genosse Sommer eine solche Starte benutzt hat. Er ließ fich von der Auffaffung leiten, daf eine solche Handlung der Parteiorganisation Geld erspare. Die Partei ist feine Staatspartei und feine Stlaret- Partei. Ihre Mittel find äußerst gering. Die Fahrtkosten belasten den mäßigen Etat der Partei außerordentlich. Aus diesen Gründen heraus hat Genoffe Sommer entsprechend gehandelt. Die Partei würdigt diefe Motive, muß aber die Handlung selbst verurteilen. Nicht, weil sie ehrenrührig ist und gegen die Interessen der proletarische Kaffe verstößt, fondern well damit dem Gegner billigerweise Material geliefert wird, das er in seinem Sinne ausschlachtet und als Waffe gegen die Bartei benutt."

Dem tommunistischen Parteisekretär von Köln   wird also nicht eta vorgeworfen, daß er die Stadtgemeinde durch die Benutzung einer ihm nicht gehörenden Freifarte betrogen hat, sondern sein Berbrechen besteht lediglich darin, daß er so dumm war, sich et wischen zu laffen. Er wird von dem kommunistischen   Blatt getadeit