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Jtr. 575* 46. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Sonntag, S. Dezember 4S2S
Die Aussichten des Zionismus  .
Eine Antwort an Karl Kautsky  . Von Eduard Bernstein  . Von in Palästina lebenden Freunden bin ich ersucht worden, zu dem Aufsatz Karl Kautskys imVorwärts" vom 4. und 6. Oktober dieses JahresDie Aussichten des -Zionismus" mich öffentlich zu äußern. In Anbetracht der Wichtigkeit der von Kautsky   aufgeworfenen Fragen fühle ich mich verpflichtet, diesem Ersuchen nachzukommen. Vorausgeschickt sei, was übrigens den Fragestellern be- kannt ist, daß, wenn man unter Zionismus   eine Bewegung für die Umwandlung Palästinas   in einen nationalistisch kom struierten jüdischen Staat versteht, ich kein Zionist bin. Und zwar nicht nur, weil ich dieses Ziel für auf absehbare Zeit aussichtslos halte, sondern auch,»»eil ich die auf es gerichtete Bewegung für das jüdische Volk selbst abträglich' erachte, sie nach meiner Meinung Vergeudung von Arbeit an ein Unternehmen bedeutet, das, soweit es sich verwirklichen läßt, sich demjenigen in den Wog stellen würde, was in Palästina von und für Juden vernünftigerweise durchgeführt werden kann. Insofern Kautskys Artikel sich gegen den Zionismus im obigen Sinne richtet, halte ich ihn daher für durchaus am Platze, kann ich ihn mir unterschreiben. Ganz anders is� dagegen das Streben zu beurteilen, in Palästina eine öffentlich-rechtlich gesicherte H e i m st ä t t e für Juden zu schaffen. Selbst wenn dieses Streben lediglich an die Tatsache anknüpfte, daß Palästina einst überwiegend von Juden bewohnt und insofern das Land der Bekenner des Glaubens an einen für alle Menschen einzig in der Welt dastehenden Gott war, könnte man ihm nicht deshalb schon jede Berechtigung absprechen. Ein solches Wachhalten einer dem Gefühlsleben eine bestimmte Richtung einprägenden Ueberlieferung würde erst dann ein Uebel sein, wenn diese Richtung auf die Züchtung eines engherzigen Nationalismus hinausliefe. Von dergleichen ist aber in der hier in Betracht kommenden Bewegung nicht die Rede. Nid)t die Araber bzw. Moslems wie auch Angehörige sonstiger Konfessionen aus Palästina zu verdrängen ist ihr Ziel, sie geht lediglich darauf aus, für Juden eine Heimstätte zu schaffen, die den sich auf ihr ansiedelnden Juden ein Heimats- recht sichert. Obendrein hat dies Erstreben eines politisch gesid)erten Heimatsrechts für jüdische Ansiedler in Palästina mit einein historischen Anspruch auf Palästina als von Rechts wegen jüdisches Land nichts zu tun. Wenn Kautsky   diesen von manchen Verfechtern des zionistischen   Gedankens erhobenen Anspruch für brüchig erklärt, so stimme ich dem durchaus zu.
Aber es gibt neben Ansprüchen, für deren Berechtigung man sich auf ein politisches Recht beruft, das vor vielen Genera- tionen einmal existiert, seine reale Grundlage aber längst verloren hat, auch Ansprüche gleichfalls historischer Natur, die sich nicht dadurch schon als ungültig aus der Welt schaffen lassen, daß man das einstige Recht als durch geschichtliche Umwälzungen erledigt erklärt. Nämlich Ansprüche, die in die Kategorie der von der großen Französischen   Revolution als unveräußerliche Menschenrechte" verkündeten Rechtsforde- rungen, das heißt, nicht formal juristischer, wohl aber ethischer Natur sind und darum, wenn nicht vor Berufsrichtern ein- klagbar, doch auch ihren Gerichtshof haben, und zwar je nachdem im Urteil der politischen Welt, das gerade Sozia- listen am wenigsten Ursache haben als eine Sache zu erachten, um die man sich nicht zu kümmern brauche. Selbstverständlich werden Sozialisten sich solchem Urteil gegenüber nicht unkritisch verhalten, sondern es je nach dem sozialen Cha- rakter der Klassen einschätzen, deren Interesien und Vor- urteile in ihm zum Ausdruck kommen. Aber um so mehr Gewicht wird und muß bei ihnen dasUrteilderarbei- tenden Volksklassen und ihrer Parteien haben, und auf es durch ein deren Bedürfnissen und den diesen gerecht werdenden Ideen entsprechendes Verhalten einzuwirken muß eine ihrer Hauptaufgaben sein. Dies zeigt an, welches der Maßstab für die Stellungnahme der Sozialisten zur zionisti  - schen Bewegung sein muß. Wenn es völlig zuträfe, was Kautsky   imVorwärts" vom 6. Oktober geschrieben hat: Die Juden kommen nach Palästina nur als G e f o l g- schaft einer imperialistischen Großmacht <Von Kautsky   unterstrichen. Ed. B.), als Helfer bei ihrer kolonialen Eroberungspolitik", so würde ich seinen betreffenden Folgerungen gleichfalls rück- halllos zustimme». Aber ich kann den Satz ganz und gar ilicht unterschreiben. Trifft er doch nicht einmal auf alle nach Palästina ziehenden Zioniften, geschweige denn welcher Folgerung die Wortformd i e Juden" fast unabweisbaren Vorschub leistet unterschiedslos auf alle in Palästina ein öffentlich-rechtlich gesichertes Heim suchenden Juden zu Es liegt nicht der geringste Beweis dafür vor, daß es unter ihnen überhaupt Personen gibt, die sich den Engländern bewußt für imperialistische Eroberungszwecke zur Verfügung stellen. Jedenfalls könnten diese immer nur eine verschwin- dende Minderheit der in Palästina einwandernden Juden sein. In ihrer großen Mehrheit sind diese vor allem darauf bedächt, als Handwerker, Landleute ja, als Schwerarbeiter sich eine geachtete Existenz zu schaffen, und haben in rastlos fleißiger Arbeit Leistungen vollbracht, deren befruchtenden Wert für das Land auch angesehene nichtjüdische Besucher Palästinas bewundernd anerkannt haben. Von dem berech-
tigten Gedanken bewogen, der Gefahr des Abgleiten? der Bewegung für eine jüdische Heimstätte in Palästina in Unter- stützung imperialistischer Eroberungspläne entgegenzuwirken, hat sich Kautsky   in seinem diesem Zweck gewidmeten Artikel zu dem oben zitierten Ausspruch hinreißen lassen, den man er möge diese Bemerkung nicht übel aufnehmen eher in der Literatur der deutschnationalen und der sich Nationalsozialisten nennenden Todfeinde des Marxismus suchen würde als in einer Abhandlung des angesehensten Fortsetzers der wissenschaftlichen Arbeit von Marx und Engels. Ob und welche weitreichende politische Zwecke der eng- tische Staatsminister James Arthur Balfour   im Auge hatte, als er dem so angesehenen Förderer des jüdischen Siedlungswerks in Palästina, wie es der Chef des Hauses Rothschild war, die Unterstützung Englands bei der Schaffung einer sicheren Heimstätte für Juden in Palästina versprach, mag hier unerörtert bleiben. Das meiste von dem, was man damals in der Presse darüber zu lesen bekam, hat sich als arg übertrieben herausgestellt. Lord Balfour  , wie er jetzt heißt, ist eine viel zu nüchterne Natur, um sich in phan- taftische Spekulationen zu verlieren, auch war er schwerlich darüber im unklaren, daß England bei Maßnahmen für die Durchführung jenes Versprechens möglicherweise Schwierig- leiten von feiten einflußreicher arabischer Kreise begegnen werde. Aber diese Schwierigkeiten haben eine stärkere Ge- stalt angenommen, als damals vorauszusehen war, und dies scheint es, zum Teil infolge der von etlichen übertrieben nationalistisch argumentierenden Zioniften angestimmten Sprache. Ein höheres Recht der Juden auf Palästina als das der Araber darauf begründen, daß Juden in Palästina herrschender Volksstamm waren, ehe nock) die Araber es eroberten, war nicht wenig geeignet, in feindselige Akte sich umsetzende Gegenden, onstrationen von Chauvinisten ihrer Rasse und Konfession aufgehetzter Araber hervorzurufen und dadurch England das Einhalten des den Freunden der Juden gegebenen Versprechens zu erschweren. Wenn ich das zugebe, fo kann ich doch nicht umhin, meinem Erstaunen darüber Worte zu verleihen, daß ein sonst so ruhig urteilendes Blatt wie der Londoner  New Statesman  ", die Gewaltakte verhetzter Araber gegen zumeist ruhig ihrer Arbeit nachgehende Juden zum Anlaß genommen hat, gegen den Schutz, den England den in Palästina als Siedler niedergelassenen Juden zuteil werden läßt, Stim- mung zu machen. Es ist das in einemDie Juden und die Araber" über- schriebenen Artikel desNew Statesman  " vom 7. Septeniber dieses Jahres geschehen. Gleich zu Anfang heißt es da:Der längst voraus-
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