Einzelbild herunterladen
 
föeilage Montag, 9. Dezember 1929
SprMmö dt)
Deutsche Fürsten an Napoleon  Wie sie vor ihm im Staube krochen
Ms   sich im Juli 18!? der schottische Arzt O'M e a r a auf St. chelena von Napoleon   verabschiedete, trug ihm der Evt- machtet« und Verbannte auf, er möge sich von seinem Bruder Joseph Bonaparte   die vertraulichen Schreiben geben lassen, die Alexander von Rußland  , Franz von Oesterreich, Fried- r i ch Wilhelm von Preußen   und andere Herrscher Europas   an ihn, den Kaiser, gerichtet hätten. O'Meara solle die Briefe ver- ösfentlichcn,um diese Souveräne mit Schande zu bedecken und der Weit die erniedrigenden Huldigungen zu zeigen, die diese Basallen mir darbrachten, als sie mich um Gunstbezeugungen baten und mich anflehten, ich möge ihnen ihr« Kronen lassen. Als ich die Kraft und die Macht besaß, bettelten sie um meine Gunst und die Ehre eines Bündnisses mit mir: sie leckten den Slanb von meinen Zützen". Wenn auch jene Briejsammlung weder damals noch später zum Vorschein kam, so siird doch in den Archiven, namentlich in denen des französischen   Außenministeriums, so viele Schreiben beut- scher Fürstlichkeiten an den Franzosenkaiser ausbewahrt, daß Fried. rich M. K i r ch e i s e n daraus einen stattlichen BandF ü r st e n- b riefe an Napoleon  "(I. G. Cottasche Buchhandlung Nach- folgcr, Stuttgart   und Berlin  ) zusammenstellen konnte. Zur Er- hellung der großen Zeitzusammenhänge dienen sie nur in geringem Maße: höchstens tragen die bewundernd ehrfurchtsvollen Briefe Friedrich Wilhelms III. an den Gebieter Europas   dazu bei, wie Kircheisen meint,die alte Legende zu zerstören, als ob Napoleon   im Jahre 1806 den Untergang Preußens gewollt hätte". Aber kostbare Beiträge zur Seelenkunde der Hochgeborenen, dyna- stische Dokumente ersten Ranges sind die Briese allerdings. In ihrem Innern mußten all die Gottesgnadenmännlein in dem sanft verscheidenden Heiligen Römischen Reich deutscher Nation N a» p o l c o n so ansehen, wie heute ein hundertprozentiger Kapitalist einen wütenden Bolschewiken betrachtet. Noch der ruppigste und winzigste dieser Zaunkönige fühlte sich, weil erlegitim" wqr. dem Kaiser der Franzosen unendlich überlegen, der ja von unten auf. aus den Niederungen des Plebejertums, zu einemusurpier- ten" Thron aufgestiegen war. Aber der Bonaparte hatte die Macht: er konnte vergeben, was nur auf Erden zu vergeben war: Trinkgelder. Orden, Titel. Staaten. Kronen. Er hatte die Macht, deshalb krochen die Versechter des Legitimitäts- prinzips vor ihm: deshalb leckten sie nach seinem eigenen Wort den Staub von seinen Füßen. Die Großen, wie Habsburger   und Izohenzollern, verhielten sich wenigstens in der äußeren Form ihrer' Beteuerungen und Bitten .noch einigermaßen.würdig. Es ist lediglich historisch amüsant zu sehe», wie Franz li, deutscher, dann österreichischer Kaiser, seine Anreden an Napoleon   den veränderten Zeitvcrhältnissen an- paßt: 1800 schreibt erHerr General Bonaparte!", 1802Bürger Erster Konsul!", 180S im Kurialstil der Monarchen unter sichMein Herr Bruder!", und als er in den sauren Apfel gebissen und dem erfolgreichen Emporkömmling seine Tochter eine leibhaftige Habs» burgischc Erzherzogin! zur Frau gegeben hat, erzäbst er:hm, welche Anhänglichkeit er ,chem Leben eines Fürsten gewidmet habe, der seit gestern eins der wertvollsten Mitglieder meiner Familie ist". Das hält ihn nicht ab. sich bald zur Zerschmetterung dieses wertvollen Familienmitgliedes>nit Rußland   und Preußen zu ver- binden, so wenig es Friedrich Wilhelm   III. hindert, daß er noch im Januar 181Z den Kaiserder beständigen Anhänglichkeit an die Sache Eurer Majestät" versichert und ihn beschwört, zu glauben, daß er in Gefühlen höchster Wertschätzung n i S m a l s aufhören werde, zu feinEurer kaffertichen und königlichen Maje- stät guter Bruder, Freund und Verbündeter". Wie erniedrigen sich ober erst die Kleinen, die von Napoleon Rangerhöhung erfuhren oder ermatteten! Max Joseph. Kur. fürst  , später König von Boyern, unterzeichnet sein« Brief« an den Usurpator"Eurer kaiserlichen und königlichen Majestät unter- tänigster und wahrhafter Diener", auch der Wettiner Friedrich A u g u st, der gleichfalls vom Kurfürsten zum König ausrückt, fühlte sich alssehr ergebener Diener" des Plebejers, der Zähringer Karl Friedrich von Baden   Überbietet beide als Eurer kaiserlichen Majestät sehr demütiger und»sehr ergebener Diener". der Kurfürst von Hessen  -Kasscl gefällt sich in der Rolle dessehr ergebenen und gehorsamen Dieners" und so sott. Und welcher Weihrauch wallt auf! Der Erzkanzler Dalberg, Fürstprimas des Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt  , himmelt den Fron- zofenkaiser an: Napoleons   Genie beschränkt sich nicht darauf. Frankreichs  Glück zu schaffen: die Vorsehung schenkt das Weltall  dem überlegenen Mann. Der sächsische Friedrich August hungett nach dem Glück. die Bekanntschost eines Monarchen zu machen, dessen großes Ta- lent und unergründliche Weisheit das Reich geschaffen Hot, das er so ruhmreich und zum höchsten Glänze regiert": der Chef der würt- tembergischen Dynastie schweifwedelt: Die Erinnerung an die Augenblicke, wo ich das Glück hott«, Eurer Majostät an meinem Hofe aufzuwatten, wird nie ausge- löscht werden und stets die glücklichste meines Lebens bleiben. Der Zähttnger bekennt sichtief«rschüttett" durch die Aeußerungen napolconischen Wohlwollensfür mich und mein ganzes Haus": der hessische Kurfürst bedauett den Gichtanfall, der ihn im Herbst 1804 verhindett. in Mainz  den größten Helden unsere» Zeitalters zu bewundern", urtd Goethes Mäzen. Karl August   von Sachfen-Weimar. hegt, nachdem er als Verbündeter Preußen» im Oktober 1806 von den Franzosen   Prügel empfangen hat. den ..heißesten Wunsch",glücklich genug zu seist, um Eurer käserlichen und königlichen Majestät die unzweideutigen Beweise meiner Er. gebenheit, der achtungsvollen Bewunderung und des Vertrauens zu geben". Den Vogel an byzantinischer llnterwürftgte't ober sckießen die Wittelsbacher ab. Der Kronprinz, der spätere König Lud- wig I.. der dann in Vers und Prosa Teutschheit durch'alle Poren schwitz«»üd. schwächt, aochbe*« ch Zßerib{** Aulwarstmg
hat machen dürfen, in der Vorstellung, daß er wieder das Glück haben sollte,den Herrscher zu verehren, der die Bewunderung eines jeden Volkes bildet, der fein Jahrhundert bis in die entfernte- stsn Zellen berühmt macht und der in wenigen Tagen durch seine Taten die Möglichkeit beispielloser Handlungen bewiesen hat, von denen die Welt niemals geglaubt hat, daß sie möglich sein könn- ten". Als im Feldzug von 1809 gegen Oesterreich   dem gleichen Prinzen gnadenholber die Führung einer Division der bayerischen Hilfstruppen überlassen wird, gerät sein Vater, der König Mar Joseph, vor Entzücken ganz aus dem Häuschen: er schreibt an Mar­schall B e rth i e r: Wollen Sie, mein lieber Fürst, wegen der neuen Gunst, die Seine Majestät soeben meinem Sohn erwiesen hat, beim Kaiser der Vermittler meiner lebhaften Dankbarkell sein. Ich glaube, daß er au» Freude darüber noch verrückt werden wird. In Wahrheit freilich wird keiner von den gekrönten Lakaien verrückt, sondern sehr nüchtern, sehrbeieinander" und sehr profttlich schielt joder nach seinem persönlichen Votteil: je schwulstiger die Ergebenheiisbeleuerungen. desto unverschämter die Betteleien! Sie betteln um alles, um Protektion, um Grenzbenchtigungen, um Pensionen, um Schuldennachlaß, um bor Geld wie ein besorgter Hausvater beruft sich der Fürst von W a l d e ck daraus, daß er eine zahlreiche Familie zu ernähren habe, und der Landgraf von Hessen-Homburg   bittet mit gezogenem Hut um Erhöhung seiner Einkünfte,damit meine Frau und ich in unseren alten Tagen mit«in wenig mehr Vehaglichtett leben können". Kein Wunder, daß Napoleon   diese gefürsteten Bittsteller verächtlich von oben herab behandell! Der Fürst S a l m» D y ck ist für ihn ein simplerHerr Salm", und man kann sich seine vollendete Wurstigkeit vorstellen, als er im Mai 1812 von irgendeinem Leo- pold Friedrich Franz die weltetthütternde Kunde erhält: ..Ein Blutsturz hat soeben die Tage des regierenden Herzogs von Anhalt-Köthen   beendet". Das Gewimmel der kleinen dynastischen Krauter in Deutschland   vermag er im einzelnen gar nicht zu über- blicken, so daß cr die Herzogin von Sachsen-Weimar   in einem Brief fälschlich Großherzogin tituliett, und auf das Schreiben eines Friedrich, der großspurig alsregierender Fürst von Sayn-
Wlltgenstein und Hohenstein" unterzeichnet, schreibt er vollkommen ahnungslos:Herrn von Talleyrand übersandt, um mich wissen zu lassen, wer dieser Fürst ist". Worauf Napoleon   streng hält, ist einzig, daß sein« Va- sollen bei der Stange bleiben und ihm immer neues Kanonenfutter für seine Kriege liefern. Sie lassen sich denn nicht wmpen und zahlen mit Gut und Blut ihrer Untertanen mehr als üppig.Auf 1400 000 Einwohner und ein Einkommen von weniger als 20 Mil- lidnen," berichtet nach dem russischen Feldzug der Tyrann von Würt- temberg,"habe ich 14000 Mann, meine gesamte aus 32 Geschützen bestehende Artillerie, meine ganze Kavallette und das ganze Fuhr- wesen der Armee, zusammen 4000 Pferde, sämtliche Waffen, auf 378 Offiziere 20S, schließlich dos ganze Material verloren, dergestät. daß mir in diesem Augenblick nur 143 bewaffnete Leute bleiben, di« Dienst tun können." Aehnlich geht es den anderen, aber- schadet nichts, noch einmal wird zu letzter Anstrengung aus dem Volk herausgepreßt, was herauszupressen ist. Das Volk ist ja so'lammes- geduldig. Seltenheit, wenn sich einmal, wie im Juni 1809, in- dem wütttembergisch gewordenen Mergentheim   die Bauern gegen die neue drückende Herrschaft auflehnen, aber, berichtet König Fried- r i ch befriedigt an Napoleon  ,mit aufgestecktem Bajonett drangen vier Infanterieregimenter in die Stadt ein. Man schlug sich noch in den Straßen, schoß und verwundete mehrere Soldaten von den Fenstern aus. Fünf- oder sechstausend Landleute, die die Sturmglocke in die Stadt gerufen hatte, wichen nur dem Ungestüm mit dem man st« angriff. Eine große Anzahl wurde niedergemacht: der Rest entfloh in die Dörfer auf der anderen Seite der Tauber. die einzeln erobett werden mußten. Es ist zu h�fürchten, daß man gezwungen sein wird, Zeuer an einige der Ortschaften zu legen." So führten diese deutschen Fürsten im Interesse Napoleons  gegen deutsch  « Bauern Ktteg! Und so sind sie ein Fürstenspiegel sondergleichen, diese Fürsten- bnefe an Napoleon  , und helfen die Erkenntnis vertiefen, daß die Weltgeschichte wieder einmal zum Weltgericht ward, als der November 1918 die Nachkommen der napoleonischen Stiefellecker von Gottes Gnaden für immer von ihren Thronen und Thrönchen fegte. Hermann Wendel  .
Die Komödie der Schuhe
I. Das Geheimnis der Schuhschachtel Der Z. Dezember ist in Wien   gerade kein Feiertag, wird aber doch zu Ehren des heiligen Nikolaus, des Nikolos, wie der weiß- bärtige Wechuachtsmann im Dolksmunde heißt, festlich begangen, das heißt, man macht einander Geschenke. Als Nitolausgeschenk mag daher auch dies Paket erschienen sein, das zwischen mir und der kleinen Poldi log, meiner neuen Wirtin Töchterlein, mit der ich vergangenes Jahr um diese Zeit in der Elektrischen einem Vorort zustrebte: es war eine Schachtel von einem bekannten Schuhwarenhaus, mll einem roten Band umwickelt, das in einer Schleife endete. Andererfells hätte man wohl an unseren ernsten Gesichten ablesen können, daß dem nicht so war. Die Schachtel enthielt eine Leiche. Poldis Kätzchen war am Borabend sanft verschieden und der Zweck unserer Fahrt war. den verstorbenen Liebling unter einem Weidenbaum in Grinzing   zur ewigen Ruhe zu bestatten. Ich war eigenttich nur Zufollsbegleiter, ich hatte in Grinzing   ganz anderes vor, und bei der ersten Haltestelle, wo ein Heuttgen"-Wirtau-gesteckt" hatte, verabschiedete ich mich denn auch von der Poldi, stieg aus und ließ die Gute allein mit ihrem Schmerz. Als ich mich auf dem Trottoir noch einmal umwandte, sah ich da einen jungen Mann, der sich mtt einer rotoerschnürten Schachtel eilig aus dem Staybe machte. Kejn Zweifel, es war ein Dieb: er hatte, während ich mich von Poldi etwas umständlich verabschiedet«, die tote Katze gestohlen. Ich heftete mich dem Mann an di« Fersen. Wir gingen durch Gassen und Gähchen nach der Stadt zurück. Es war ein sehr armer Dieb, der nicht einmal das Trambahngeld besaß: als ich schon die Verfolgung aufgeben wollte, bog der junge Mann in ein großes Eisentor«in. Wir waren im Dorotheum, dem berühmten Wiener   städtischen Leihhaus, das so groß und prunkvoll wie ein Ministerium ist und eine Welt von Elend enthüllt. Einer hinter dem anderen nähern wir uns allmählich einem Schalter: als die Reihe an den Dieb kommt, öffnet er die rot« Schleife und schiebt die Schachtel dem Schätzmeister hin. Der Schätzmeister hebt den Deckel hoch. Ich watte gespannt darauf, wo» jetzt kommen wird. Sicherlich hat noch niemand eine tote Katze zum Belehnen gebrocht. Der Schätzmeister wirst nur einen raschen, geschäftsmäßigen Blick' auf den InHall der Schachtel, legt den Deckel darüber und schiebt das Ganze zurück.Pelzabteilung." sagt er trocken. Für einen Augenblick erhellen sich die Züge des Diebes, als aber dann sein« hastige Hand eine tote schwarze Katze ans Tageslicht zieht: Das ist«in lausiger Nikolaus," ruft er laut in den Saal hinein und von den Derpfändern wird ihm dies« seine Ansicht aufs nach- drücklichst« bestätigt. Wirklich komisch war aber das Gesicht der Poldi. als ich ihr die Schachtel abends wiederbrachte: mit anderem Inhall versehen. II. fünfzehn paar Stiefel Es war ein regnerischer Dezembertag wie heute begann der gemütlich« Onkel Ernst", mein alter Restaurateur, seine Geschichte, das Weihnachtsfest stand vor der Tür:Du, ich weiß dir einen feinen Gelegenheitskauf," sagt« da mein Freund, der Dekorateur,IS Paar Stiefel bei diesem Schweinewetter ist das das beste Weihnachts- geschenk, du kannst den ganzen Ramsch für SO Mark hoben und ein feines Geschäft damtt machen." Mir leuchtete das sofort ein. Wir gehen nach der Kaiserin. Augusta-Straße, ich und der Dekorateur, steigen zwei Treppen hinauf, läuten, eine Frau macht auf, ein« Witwe, die der Dekorateur respekt- nett grützt, tan«« ist«ioe von seoua Herrschaft«", ich werde vc&
gestellt und die Frau, zeigt mir allerhand, das sie durch den Tod ihres Mannes abzugeben hat, Wäsche, Kleider,«in Bett, einen Schrank und in diesem stehen in Reih und Glied nebeneinander IS Paar prächtige Schuhe(so gut wie neu und tadellos gepflegt), der ganze einstige Stolz des Verblichenen, sein Schatz, sein Lebensglück. Ich lege die 30 Mark auf den Tisch, die Frau gibt mir«inen Kartoffelsack und wir packen ein: Chevreau-Schnürschuhe, geknöpfelte Lackschuhe, gelbe Schuh«, braun« Schuhe, Stiefel, Stiesel, Stiesel. Auf dem Regal, wo die Telephon- und Adreßbücher stehen, stellte ich die IS Paare wieder schön in Reih und Glied und heftete«inen Zettel darunter: 3 Mark das Paar: ein Weihnachtsgeschenk' für meine P.-T.-Gäste. Es war dies ein Jahr, wo die Markwährung wieder neu eingefühtt worden, aber für gutes Gold und Motte kaum ein Paar ordentliche Stiefel zu kriegen war. Der Andrang vor dem Schuhregal war ungeheuer, alles be- wunderte, begutachtete, probierte: die Stiefel hatten Größe 43. Aber meine Gäste hatten entweder größere oder kleinere Füße, nur zwei Paare gingen ab, denn di« Schuhe waren auch etwas zu schmal . und flach. Gut so, dachte ich, dl« Gäste haben meinen Edelmut erkannt und jetzt will ich ei« gutes Geschäft machen. Ich schickte die Hanna mit einer Annonce zur Zeitung: 10 bis 12 Paar Schuhe, Nr. 43, fast nagelneu, preiswert abzugeben. Schon am nächsten Morgen erschienen zwei Herren: Wir kommen auf die Annonce, sagten sie, und ich führte sie vor da? Schuhregas. Dieses war dicht umstellt, denn es war gerade Markttag, die Leute frühstückten und besahen sich dabei wieder die Stiefel, die stachen jedermann ins Auge und bildeten noch immer das Tagesgespräch. Da rief einer der beiden Neuangekommenen, sich durch die Menge schiebend:Halt, ich lege Beschlag auf die Schuhe." Di« Leute sahen einander betroffen an, das war ein fixer Käufer, vielleicht ein Händler,«in Schieber:Packen Sie die Stiefel in den Sack," sagte er zu seinem Begleiter,wir nehmen sie gleich mit" Jetzt kam ich hinzu und gebot Hall:Wo ist das Geld?" fragte ich. Das Geld? Ich habe die Schuhe beschlagnahmt." Für wen. wer sind Sie?" Ich bin Kriminalbeamter(er.zeigte sein« Polizeimarke), und dieser Herr ist von der Kleider- respektive der Lederverwertungsstelle." Mir blieb der Mund offen stehen:Ich bekomme also di« Schuhs wohl zurück oder den Gcldeswert," fragte ich, wurde aber sogleich eines besseren, d. h. eines schlechteren belehrt. Ich hatte wohl das Recht Schuhe zu kaufen, nicht aber zu ve rkaufen: jetzt wurden sie mir einfach abgenommen. Sassen Sie mir doch wenigstens Schuhe für mich selbst," bat ich. ich wollte die letzten zwei Paare behalten, sie passen mir gerade." Wer nein, die Schuhe kamen alle in den Sack und auf die Leder- Verwertungsstelle, dott war acht Tage später Termin und am Morgen des Heiligabend kam eine Zustellung, daß ich 100 Mark Geldstrafe zu zahlen hatte, die ich sofort erlegt«. 130 6 124 Mark hatte ich ausgegeben und nicht einmal ein Paar Stiefel an den Füßen, die besser waren als die ihren..." Ich hatte meine triefenden Schuhe zu Onkel Ernst's eisernen Gaststubenofen hingestreckt, wobei die traurige Hinfälligkeit der Sohlen deutlich zutage trat.Nichts für ungut," klopfte mir Onkel Ernst auf die Schulter und gab mir eine Molle Malzbier mit ein paar belegten Brötchen, die den ganzen Tag in der Auslage gestanden hatten und. ebenfalls schon sehr hinfällig aussahen.. Heinrich Hemmer.