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sie den Frauen der höheren Stände sehr nütz l i ch wäre! Schars und richtig kennzeichnet er aber die s o z i a l Unreife dieser Kreise: Die Frauen, welche sich einer solchen Thätigkeit annehmen würden durch eingehende Kenntnißnahme derjenigen Ver­hältnisse und Zustände, unter denen sie zwar täglich leben, an denen sie aber bis jetzt achtlos und gedankenlos vorüber- gingen, ihren Gesichtskreis ganz außerordentlich erweitern und ihr Denken vertiefen. Sie würden erst gewahr werden wie wenig sie von der geistigen und sitt lichen Bewegung ihrer Zeit wissen, und w i e inhaltsleer und nichtig ihr ergenes Leben Witten   in dieser ganzen Bewegung verfließt. Viel leicht würden ihnen auf diesem Wege auch die Be d i n g u n g e n der Erhaltung unh der Weiterentwicklung unseres Kulturlebens zum Verständ'niß kommen. Es ist kein Zweifel, daß das ganze innere Leben, der ganze Gesichtskreis und das ganze Denken und Fühlen der Frauen, die eine derartige Thätigkeit aufuehmen eine gründliche Aenderung und eine weitgehende Vev besserung erfahren würden." Möglich wenn auch nur für ganz vereinzelte Aus nahmen wahrscheinlich! Und bis dieses Durchringen aus der bisherigen Nichtigkeit und sozialen Unwissenheit erfolgt ist, können diese Schutzdamen doch nicht Hilfe bringende, sondern nur Hilfe holende sein! Die Arbeiterinnen müssen doch die Frauen der höheren Stände erst erziehen! Es zeigt zwar eine richtige Erkenntniß der obwaltenden Verhältnisse, daß Dr. Wörishosser dies zugiebt' aber gerade dadurch beweist er am besten, wie grundfalsch und unbrauchbar sein Vorschlag ist Zwar glaubt er, daßZeichen einer beginnenden Ver söhnung der Klassengegensätze" vorhanden seien, aber ein gelinder Zweifel packt ihn doch selbst, daß dieseFrauen der höheren Stände" der Aufgabe gewachsen sind, die er ihnen zuweisen will. Darum ruft er elegisch: Würden die Frauen der höheren Stände trotz aller dieser Anzeichen fortfahre», den dabei ihnen zufallenden Aufgaben ver- ständnißloS und gleichgiltig gegenüberzustehen, so müßte man sagen, daß bezüglich ihrer«ine große Zeit ein kleines Geschlecht gesunden hat!" Ja, das wird man schon müssen! Die Mehrzahl der Frauen der höheren Stände" ist von Jugend auf nicht dazu erzogen, um einer solchen Aufgabe sich unterziehen zu können; und ihre ganze gesellschaftliche Stellung mit all denVerbindlichkeiten", die sie auferlegt den Gesellschafts- und Toilettesorgen, und nicht zum geringsten die meist geradezu arbeiterfeindliche Gesinnung der Männer solcher Frauen, sie verhindern, daß der ethische Traum Wahrheit werden kann. Dagegen beweisen die Widersprüche, in die sich Dr. Wörishosser hierbei verwickelt, daß nur weibliche Beamte mit der nöthigen Vorbildung zu fordern sind und diese lassen sich auch finden, freilich nicht in den Kreisen derwohlthätigen Frauen höherer Stände"! zSolttifchc ArberUchk. Berlin  , 4, März. Der dritte Dag der Zuckersteuer-Debatte fand eine» sehr �erschöpften Reichstag. Was war noch zu sagen? Höchstens beißende Polemik hätte die ermüdeten Nerven aufstacheln können. Und die Redner, welche heute zum Wort kamen, gehören zumeist in das Genus der Redner, die auch einen frischen Reichstag ermüden können. Wer ist z. B. im stände, einen Paasche anzuhören? Oder einen Zimmermann, wenn dieser nicht Juden verspeisen darf? Bemerkenswerth sind nur zwei der heute gehaltenen Reden: die des Fortschrittlers Barth und des Konservativen Staudy. Ersterer hatte einige sehr glückliche Momente. Er wies nach, daß die deutsche Landwirthschaft, an der nun seit 1878 mit agrarischen Rezepten herumgedoktert wird, nach der Behauptung der Herren Agrarier selbst von Jahr zu Jahr in immer ärgere Nothlage gerathen ist, woraus doch für jeden denkenden Menschen sich der Schluß ergiebt, daß die agrarische Kurmethode nichts taugt. Und des weiteren wies Barth an der Hand der amtlichen Statistik nach, daß die englische Landwirthschaft, die von unseren Agrariern bei jeder Gelegenheit als das unglückliche Opfer liberaler Gesetzgebung hingestellt wird, sich thatsächlich einer sehr großen Blüthe erfreut und weit produktiver ist, d. h. einen größeren Ertrag liefert als die Landwirthschaft in den festländischen Staaten Europa's  , die mit Schutzzöllen ge- segnet sind. Eine recht wirksame Rede gegen das Zuckergesetz hielt Staudy, der, im Gegensatz zu seinem Fraktionsgenossen Puttkakner, dem gestrigen Redner der Konservativen, das Gesetz für durchaus verfehlt hielt und, unter dem zu stimmenden Gelächter des Hauses erklärte, daß es in seiner jetzigen Gestalt niemandem gefalle. Es widerspreche allen Grundsätzen einer vernünftigen Wirthschastspolitik und werde mehr Schaden thun als Gutes. Die Zuckerleute, denen vor einer Fortsetzung der Dehatte graut, wollten nun schließen. Allein dem betreffenden An- trag wurde die Auszählung entgegengesetzt, welche die Beschlußunsähigkeit des Hauses ergab. Die Debatte mußte hierauf vertagt werden. Morgen wird noch Richter reden, der während der Debatte hart angegriffen ward, und unsererseits wahrscheinlich Schippel. Ist noch Zeit, so wird morgen noch«inSchwerinstag" begonnen, und dann steht die Novelle zur Gewerbe-Ordnung zur Diskussion.   Im preußischen Abgeordnetenhause kamen bei der am Mittwoch sorlgesetzten zweiten Berathung des Kultusetats endlich aktuellere Fragen zur Sprache. Nachdem sich bei dem TitelUnterstaatssekrelär" noch eine kleine Polendebatte ent- spönnen hatte, erwähnte Abg. Rickert bei dem KapitelOber- kirchenrath" die beiden Erlasse des Oberkirchenraths aus dem Jahre 1L79 bezw. 1S8S, von denen der eine ein liebevolles Vor- gehen der Geistlichen gegen die Sozialdemokraten empfiehlt, während der andere die jungen Geistlichen vor der Beschäftigung mit sozialen Fragen warnte. Da Abg. Rickert auch den bekannten Fall Witte zur Sprache brachte, in welchem der damals noch im Amte befindliche Stöcker eine so klägliche Rolle gespielt hat, so war dem Abg. Stöcker Gelegenheit zu einer längere» Rede gegeben, in der er bezeichnenderweise den Fall Witte nicht behandelte, weil sein persönlicher Streit mit Witte nichts uiit dessen unglücklicher Lage zu thun habe. Herr Stöcker tvird wohl seinen guten Grund haben, über diese peinliche An- gelegenbeit z» schweigen. Selbst die von verschiedenen Seiten gegen ihn erhobene» Vorwürfe, daß man in seiner Rede jedes Mitgefühl für den unglücklichen Witte vermisse. daß es nicht gerade von christlicher Liebe zeuge, wenn er für den am Boden liegenden Gegner kein Wort des Mitgefühls habe, vermochten nicht, Herrn Stöcker zur Aufkläruitg zu bewege». Diesem hartgesottenen Pfässlcin, das schon ganz andere Vorwürfe über sich ergehen ließ, muß man mit schwererem Geschütz kommen. Warum hätte er auch sprechen sollen? Die Wahrheit konnte er kaum sagen, ohne sich selbst bloßzustellen, und so zog er der Unwahrheit das Schweigen vor, jedenfalls ein erfreuliches Zeichen von Besserung. Der Gegensatz zwischen Stöcker und seinen früheren Parteifreunden trat heute deutlich hervor. Während Stöcker sich dahin äußerte, daß die Geistlichen zur sozialen Frage Stellung nehmen müßten, um die Sozialdemokraten vor dem Irr- thum zu bewahren, als sei die Kirche für kapitalistische Kreise mehr vorhanden, als für die Armen, tadelte Abg. v. H e y d e b r a n d t namens der Konservativen unter dem Beifall seiner Freunde die soziale Thätigkeit der Geistlichen und wandte sich mit scharfen Worten gegen die christlich- soziale Partei, die die gesunden sozialen Grundsätze der Konservativen verdreht habe. Die Debatte nahm sodann ein etwas schnelleres Tempo an, so daß noch einige Titel des Etats erledigt werden konnten. Morgen Fortsetzung der Berathung. Der Chefredakteur der»Leipziger Volkszeitung fährt in seinem Uebereifer fort, die Einheitlichkeit der sächsischen Wahlrechtsbewegung zu stören. Eine von ihm gestern veröffentlichte Notiz gegen denVorwärts" hatte zur Folge, daß derLeipziger Volkszeitung" nachstehendes Schreiben zuging, das uns von dem Verfasser übersandt ward: Zur Mandatsniederlegungsfrage. Ich habe seit Beginn der Aktion zum Behuf«, Mandatsniederlegung von unseren Vertretern in der zweiten sächsischen Kammer zu erzwingen. privatim des öfteren erklärt, daß ich diese Aktion für verkehrt halte. Anderweite Arbeit machte mir unmöglich, in der Felsen- keller-Bersammlung zu Plagwitz   das öffentlich auszusprechen, was hiermit geschieht, da die Volkszeitungsleitung in ihrem Eifer alle, die schweigend dieser meiner Meinung sind, der Feigheit bezichtigt. Meine Ansicht geht dahin, daß nur die Wähler der Wahlkreise Mandate zurückzufordern haben und zwar je von ihrem Vertreter. Außerdem ist das Mandat zugleich ein Amt, ein Vorposten, den jeder dahin Ge­stellte bis zum letzten möglichen Augenblick zu halten, nicht zu ve r l a s s esn hat. Nicht den Mehnert'schen und Metz  'schen wird das Mandatvor die Füße geworfen", sondern den Wählern, die dann unvertreten sind. Wollen diese das. so geschieht ihnen wenigstens kein Unrecht mit einer Ausgabe des Mandates. Frenen aber werden sich über die sozialdemokratischen Bundes­genossen und Helfer zur schnelleren Hinausbeförderung der Arbeitervertreter aus der zweiten Kammer die Urheber des Attentats auf das sächsische Wahlrecht. Diese Freude gönnen ich sund die mit mir gleich Gesonnenen ihnen nicht. M. Wittich. Wir wissen nicht, ob dieses Schreiben, auf dessen Inhalt wir nicht eingehen, in derLeipziger Volkszeitung" Aufnahme findet. Im übrigen lehnen wir es ab, mit dem Chefredakteur derLeipziger Volkszeitung" in eine Polemik einzutreten und überlassen ihn der sächsischen Landes-Ver- s a m m l u n g. Bon einem schweren Grubennnglück wird aus Kattowitz  gemeldet: In der letzten Nacht brach auf der Gische's Erben gehörigen GrubeKleophas" ein Brand aus. Bisher sind LI Tobte geborgen; das Schicksal der übrigen angefahrenen hundert Mann ist noch ungewiß. Bis mittags I Uhr waren aus der GrubeKleophas" 31 Todte, darunter 2 Oberhauer, herausbesördert. Vermuthlich be finden sich weitere 80 Mann n och in der Grube; nach Lage der Sache ist kaum anzunehmen, daß dieselben sich noch am Leben befinden. Ueber das Unglück werden folgende Einzelheiten bekannt: Die Nachtschicht war gestern Abend auf dem Reckeschacht 70 und auf dem Walterschacht 140 Mann stark eingefahren.! Um die elfte Stunde nachts machte sich ein brandiger Geruch bemerkbar. Im Frankenbergsschachte war die Holzzimmerung in Brand gerathen und zwar vermuthlich durch die Dampfrohre einer dort stehenden Wasserhaltungsmaschine. Durch den großen Qualm war der Weg zur Ausfahrt des Walterschachtes fast ab- geschnitten. Die im Reckeschacht eingefahrenen Mannschaften retteten sich fast sämmtlich. Von dem Walterschachte gelangten etwa 70 Mann, welche in der Nähe der Ausfahrt arbeiteten, an die Ober fläche, die übrigen flüchteten nach dem Holzhänge- schacht Schwarzenfeld   oder nach dem Cäsar- s ch a ch t, die beide etwa 2000 Meter von den Hauptschächten entfernt sind und aus welchen eine Heraufbeförderung von Personen nur durch an Seilen befestigte Kübel möglich ist Hier befinden sich fast sämmtliche um das Leben gekommenen Mannschaften. Die ersten Tobten wurden heute früh 4 Uhr heraufbefördert, später wurden 4 Mann lebend heraufbefördert; die- selben hatten soviel Geistesgegenwart besessen, sich gegen die heranziehenden Schwaden abzudämmen. Der Brand wird durch Rettungsmannschaften abgedämmt. Hunderte umstehen die Schachtöffnungen, an denen sich herzzerreißende Szenen ab- pielen. Das Unglück ist das größte Bergunglück, welches bisher in Oberschlesien   vorgekommen ist. Der Betrieb der Kleophasgrube ist voraussichtlich auf Wochen gestört. Frankreich  . DieOrdnungs- und Panamisten-Parteien" ind wüthend über das gute Einvernehmen, das zwischen dem Präsidenten Faure   und dem Ministerium Bourgeois besteht. Sie fädelten alle möglichen Jntriguen ein, um den Präsidenten für sich zu gewinnen und gegen die neue Re- gierung aufzuhetzen. Es ist ihnen aber nicht gelungen. Bei einem Banket, welches die Handelskammer von Lyon   dem Präsidenten vorgestern gab, kam der ganze Groll gegen Bourgeois und Cavaignac   zum Ausdruck und Faure wurde ganz offen aufgefordert, sich derselben zu entledigen. Er erklärte aber: er folge dem Beispiele Carnot's  , der seine Persönlichkei t vollkommen zurücktreten ließ und sich genau in den Sch ranken feiner verfassungsmäßigen Befugnisse hielt. Da wären die Be- 'chützer des biederen Arton also� zunächst abgeblitzt; sie werden darum aber nur um so eifriger gegen die Regierung wühlen und hetzen. Einstweilen befindet sich dieselbe sehr wohl; und die Furcht vor einer Auflösung der Kammer wird den um- türzlerischen Eifer der parlamentarischen Checkleute einiger- maßen zügeln. Die Niederlage der Italiener in Afrika   war, wie sich erwarten ließ, weit gründlicher, als die ersten Re- zierungsberichte glauben machen wollten. Jeder folgende Sericht brachte Thatsachen, welche der Niederlage einen größeren Umfang und eine größere Tragweite gaben. Noch ist die volle Wahrheit nicht bekannt, aber schon wissen wir, daß die Armee Baratiexi's nicht blos geschlagen, sondern vollständig zersprengt worden ist; daß sie schon am ersten Tage fast ihr ganzes Geschütz verloren hak und daß oer Obergeneral über den Verbleib ganzer Heertheile noch gestern im Dunklen war. Mit anderen Worten: das italienische Armeekorps, welches den unglücklichen Angriff aus die Stellungen der Abessynier machte, hat als Armeekorps auf- gehört zu existiren und nur noch Trümmer können günstigsten- falls vor der Vernichtung gerettet werden. Fast das ganze Gebiet, welches die Italiener erobert zu haben glaubten, ist wieder im Besitz der Abessynier, und die wenigen festen Punkte, die sie noch halten, sind gefährdet. Die vielen Millionen, die seit Jahren für die afrikanische Kolonie aus- gegeben worden sind, sind umsonst ausgegeben alles muß von vorn angefangen werden und unter weit ungünstigeren Verhältnissen vorausgesetzt, daß man auf die Fortsetzung des unsinnigen Unternehmens verharrt. Durch ein Dekret des Königs vom 22. Februar ist General Baldissera zum Befehlshaber der ttalienischen Streitkräfte in Afrika   ernannt worden mit allen Voll- machten in Zivil- und Militärangelegenheiten. Durch ein Dekret des Königs vom 3. d. M. wird General Baratieri von seinem Posten als Gouverneur von Erythräa entbunden. DemPopolo Romano" zufolge hat das Kabinet beschlossen, nicht zu demissioniren, sondern vor die Kammer zu treten und das Verhalten der Regierung in der afrikanischen Angelegenheit aus- einanderzusetzen. Wie dieOpinione  " meldet, schien in der heutigen Versammlung der hervorragendsten Mitglieder der Oppo- sition, in welcher Rudini den Vorsitz führte, die Ansicht vorzuherrschen, alles zu bewilligen, aber einem anderen Ministerium. DerTribuna" zufolge hätte dagegen die er- wähnte Versammlung beschlossen, auf's neue zusammen- zutreten, um mittels einer Adresse an den König im Falle der Nichtwiederzusammenberufung des Parlaments oder des Rücktrittes des Kabinets Einspruch zu erheben. Aus zahlreichen Orten Italiens   werden Kundgebungen gegen das Ministerium gemeldet. Zur Haltung der Verewigten Staaten in der kubanischen  Frage wird noch ans Washington gemeldet: Der Senat hat den von dem Repräsentantenhanse angenommenen Beschlußantrag betreffend die kubanische Frage an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheilen verwiesen. DenTimes" wird aus New-Pork gemeldet: Nach Tele- grammen aus Washington ist die Slimmung des Kabinets und der diplomatischen Kreise dem Vorgehen des Kongresses bezüglich Kubas   entschieden abgeneigt. Die Promptheit, mit der Canovas sein Bedauern über die Vorgänge in Barcelona   zum Ausdruck gebracht hat, habe einen�guten Eindruck gemacht. Dentfches Reich. Pensions-Verhältnisse der Milttär-An- wärter. DieReichsgerichts- Korrespondenz" schreibt: Durch einen großen Theil der deutschen Presse ging in den letzten Tagen eine Notiz, wonach das Reichsgericht kürzlich ausgesprochen haben sollte, daß die von den halbinvaliden Feldwebeln und Unter- osfiziere», die aus der Armee ausgeschieden sind, geltend ge- machten Ansprüche auf Zahlung der bisher bei definitiver Ueber- «ahme der betreffenden Militäranwärler in den Reichs- oder Staatsdienst wegfallenden Penstonen aus dem früheren Militär- verhältniß berechtig! seien. Daran war die Bemerkung geknüpft. daß nunmehr, da diese Pensionen für viele Jahre nachgezahlt werden müßten, eine große Anzahl von Personen zum theil ganz bedeutende Summen erhielten. Diese Nachricht ist in dieser all- gemeinen Fassung völlig unzutreffend und es ist sehr bedauerlich, daß durch die mißverständliche Auffassung eines Reichsgerichts- Urtheils und die Verbreitung dieser Auffassung bei einer großen Zahl von Beamten Hoffnungen erregt worden sind, die nicht erfüllt werden können. In Wirklichkeit handelt es sich in dem betr. Reichsgerichts-Urtheile nur um die Ansprüche einiger bei der Reichsbank angestellten Militäranwärter. Diesen, aber nur diesen, hat das Reichsgericht die ihnen bisher vor- enthaltene Militärpension zugesprochen und zwar einfach aus dem Grunde, weil das ihnen von der Reichsbank gezahlte Gehalt nicht aus Reichs- oder Staatsmitteln 'ließt. Diese Entscheidung wurde gefällt mit Rücksicht auf die eigenartige Stellung der Reichsbank, die, obwohl das Reich die Aufsicht über sie sührl, doli nicht als Reichsinstitut angesehen wird. Naporra wieder an der Arbeit. Unsere Ge- Nossen   werden sich noch diese? Mannes erinnern, welcher seinerzeit unter den Polen   in Berlin   große Verwirrung angerichtet hatte. Im Jahre 1886 wurden durch die Bismarck  'sche Polenpolitik über 40 000 Polen   auS ihrer Heimath ausgewiesen. In dieser Zeil hatte sich ein Häuflein hiesiger Polen  , hauptsächlich Sozialdemo- kraten, zu einem Unterstütznngsbunde vereinigt, um den umher- irrende» Landsleuten mit Ralh und That zur Seite zu stehen. Es wurden unter ihnen Geldbeiträge gesammelt und unter die Verwaisten vertheilt. Wer damals das Elend und den Jammer der umherirrenden polnischen Familien mit ihren Kinder» gesehen und ihnen keine Hilse gebracht hätte, mußte ein Herz aus Stein besessen haben. Unser»Naporra trat damals unter der Maske eines Tischlergesellen in diesen Unterstützungsbund ein. er sammelte eigenhändig Gelder für die Unglücklichen. Als zu jener Zeit ein auswärtiger Ge- nosse namens Slawinski ein Packet sozialdemokratischer Broschüren, die heute in jeder Buchhandlung zu haben sind, doch damals verboten waren, nach Berlin   gebracht hatte, übernahm Naporra in Gemeinschaft von Szukalski   und Felix Witkowski die Ver- sendung dieser Schriften. Naporra selbst schrieb auf die kleinen Sendungen die Adressen von bekannten polnischen Genossen. Tags darauf veranstaltete aber die Polizei überall Haussuchungen und nahm Verhaftungen vor. Naporra begleitete unseren Ge- nossen Felix Witkowski auf den Bahnhof, als derselbe seine Mutter in Posen besuchen wollte; er schob ihm ein Päckchen der Broschüren in die Tasche mit der Bitte, daß er dieselben recht gut in Posen verlheilen soll und beim Abschied gab er ihm noch einen Kuß; Naporra hat alle, mit denen er in Beziehung stand. verrathen, er ruhte nicht eher, bis alle hinter Schloß und Riegel saßen. Als nach zwölfmonallicher Untersuchungshaft Witkowski und Genossen endlich der Prozeß gemacht wurde, trauten die Eingekerkerten ihren Augen nicht, als Naporra mit kaltem Blute gegen sie Zeugniß ablegte. Genosse Witkowski erklärte:Wenn ein Gott existirte, würde er solche Ungerechtigkeit nicht dulde»!" Das Gericht vernrlheilte die Angeklagten zu langjährigen Gesängnißstrafen. Aber alle diese Opfer genügten Naporra nicht; er sucht etzt nach neuen. Eine polnische Zeitung in Danzig  ,Gazeta Gedanska" schreibt: Naporra verkehrt seit einiger Zeit unter derselben Maske wie in Berlin   hier in dem polnischen VereinOgniwo". Erst bei der letzten Versammlung hatte der Vorsitzende de  ? genannten Vereins in Erfahrung gebracht, welch Geistes Kind Naporra ist. und forderte ihn auf, den Saal zu verlassen. Naporra berief sich auf die Bekanntschaft einiger Mitglieder, was aber de» Vor- itzenden nicht abhielt, ihm trotzdem die Thüre zu weisen. Als Naporra sah, daß er erkannt worden sei, erhob er sich und, nach- dem er eine Marke aus Metall vorzeigte, löste er, ohne irgend- welchen Grund anzugebe», die Versammlung auf. Der Vorstand hat hierüber Beschwerde eingereicht."