Die gesperrte Auslandsanleihe.
Schacht:«.Oer Bär muß nach meiner pfeife tanzen, oder er kriegt nichts zu fressend Terror in Pole«. Abg. pragier von Regierungsanhängern überfallen.
Die ZoNvorlage im Ausschuß. Die Industrie verlangt nach Industritzollerhö,)unsen. Der Handelspolitische Zl u s s chu h des Reichs- tags befahte sich am Montag nachmittag uich abend mit den neuen Zolloorlagen der Reichsregierung, die am Nachmittag in erster Lesung vom Plenum behandelt worden waren. Er verabschiedete zunächst die alte Vorlog« über die EmpfehlunAen der Weltwirtschaftskonserenz und begann dann mit der General- debatte über die neuen Zölle. Die Debatte wurde von dem voltsparteilichen Abgeordneten Schneider eröffnet. Er verwahrt« sich gegen die verspStet« Ein- bringung der Vorlage, zumal die Industrie bereits seit Wochen dar- über unterrichtet gewesen sei. Er stimmte ein allgemeine» KlageliÄ» über die Lage der Landwirtschaft an und trat für Erhöhung der Textilzölle ein. Der deutschnationale Abgeordnete Rademacher schloß sich den Ausführungen Schneiders vollkommen an und erklärte gleich- zeitig, daß sich seine politischen Freunde vorbehalten, all« An- träge auf Erhöhung von Industriezöllen wieder aufzunehmen, die im Reichsrat abgelehnt worden wären. Den Standpunkt der sozialdemokratischen Vertreter vertrat Ab- geordneter Krätzig. Er trat dem Abg. Schneider entgegen, der nur wenige Zweige der Textllrohswfsindustrie vertreten hätte, dagegen vollkommen unberücksichtigt die verarbeitende Industrie gelassen hätte, in der die meisten Arbeiter beschäftigt wären. Gegenüber dem Abg. Rademacher betonte er, daß die geforderten Zoll- erhöhungen das schlimm sie für Export und Ver- brauch befürchten ließen. Jetzt schon seien große Schwierig. keiten entstanden durch Zollerhöhungen der Randstaoten und der Nordländer, die erfolgt wären aus die deutschen Aollerhöhungen für Agrorprodukte. Was im übrigen die Tschechoslowakei anging«, auf die sich der Abg. Schneider bezogen hatte, so herrsche dort genau so eine Textilkrise wie in Deutschland . Es liege eine allge- meine Strukturveränderung in der gesamten W e l t v o r. Die Zahl der Spindeln in der Baumwollindustrie sei auf asiatischem Gebiete um 70 Proz. gestiegen, die Zahl auf europä- ischem Gebiete dagegen um 20 Proz. gefallen. Dagegen sei mit höheren Zöllen nichts zu machen. Es würde nur«in allgemeiner Zollkampf entstehen, unter dem die Verbraucher am meisten zu leiden hätten. Jetzt schon sei zu beobachten, daß deutsche Halb- fabrikate der Textilindustrie in das Ausland gingen, um von deutschen Fabrikanten fertiggemacht und in Deutschland hereingebracht zu werden. Die ablehnende Haltung der sozialdemokratischen Vertreter gegen alle diese Zollerhöhungen verstoße nicht gegen die Leben»- interessen der deutschen Industrie, sondern schütze sie nur. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen trat der Abg. Rauch von der Bayerischen Volkspartei für solidarische Behandlung von industriellen und landwirt- schaftlichen Zöllen ein, erklärte aber, daß die Landwirtschaft vordringlich behandelt werden müsse, während die industrsHslen Zölle erst nach Weihnachten behandelt werden könnten. Abg. Schmidt(Soz.) erklärte es für ganz unmöglich, daß die Borlage noch in diesen Togen verabschiedet werden konnte, wenn die Vertreter der Industrie noch fünfzig bis sechzig In- dustri«Positionen daraufpacken wollten, wie sie es angekündigt hatten. In bezug auf die AgrarM« erklärt« er d i e gleitenden Zölle als eine geeignete Grundlage. um sowohl der Landwirtschaft wie den Konsumenten zu helfen. Der Ministerialdirektor Posse erklärte zunächst gegenüber den Kritikern der Reichsregierung, daß auch er die Ber- zögerung der Vorlage bedour«, daß aber die Schuld daran nur der komplizierte Weg sei, den diesc Vorlag« gehen müßte. Im übrigen hob er hervor, daß die günstige Entwicklung der Handelspolitik die Regierung veranlaßt habe, zur Erhöhung der Agrarzölle� nicht auch noch eine Erhöhung der Industriezöll« vorzuschlagen. Sonst wäre der ausländische Druck zu stark. Abends gegen 9 Uhr wurden die Beratungen abgebrochen.
Warschau . IS. Dezember. Abg. Pragier. Mitglied des zentral-u Bollzugs- ausschuffes der Poluischrn Sozialistischen Partei, ist am Sonutag tu Pruszkow bei Warschau überfallen und schwer verprügelt worden. Er wollte ans einer sozialistische» Versammlung sprechen, wurde jedoch von Gegner» daran verhindert. Als er zur Straßenbahn ging, stürzten sich mehrere Personen auf ihn und schlugen mit Stücken und Nevo.lverkolben auf ihn ein. Einer der Angreifer wurde verhaftet und gab sich als Kommandant der örtlichen Wehrorganisation der „«evolutionäre» Fraktion" ans; das sind die unter der Führung des Ministers Moraczewsti und des War- schauer Stadtratsprästdenten Jaworowski stehenden Faschist««. Abg. Pragier mußte im Krankenhaus ver- bnnde« werden, worauf er nach Warschau zurückkehren konnte. Verschleppung der �egierungsbi;dung Der polnische Stootspräsibent Moscifki verhandelt andouernö, ahe? ohne Fortschritt mit den Führern der Opposition; diese haben öffentlich gefordert, daß— entsprechend der Mißtrauenskundgebung des Sejm die Regierung der Opposition übergeben werde. die«in« parlamentarische Mehrheit zu bilden wohl imstande sei
Darauf hat der zurückgetreten« und nur„die Geschäft« weiter- führende" Ministerpräsident S w i t a l s k i mit einem neuen Vor- trag gegen die Volksvertretung und gegeiz den Parlamentarismus geantwortet. Nach oll dem ist es nur zu, verständlich, wenn die Opposition, die in Wahrheit die Mehrheit ist, in den„Verhandlungen" des Staatspräsidenten nichts anderes sieht, als ein D e r sch l e p- p u n g s manöver und wenn man die Wiedcrberusung des Kabinetts Switalski erwartet. Das wäre eine klar« und unzweideutige Ohrfeige für die Sejmmehrheit, die Zwischenfälle hervorrufen könnte, wodurch die Erledigung des Budget» weiter »erzögert würde. Sechs Wochen der Budgetscssion hat der Sejm bereits durch die Vertagung verloren, die zufolge der Offizier- a k t i o n vom Zs. Oktober eintrat. Der Haushalt mutz bis zum 1. April durch übereinstimmeich« Beschlüsie beider Kommern oder durch zweiten Beschluh des Sejm , wenn der Senat Aenderun- gen vorgenommen hat, erledigt fein. Der Senathatabereine Mehrheit des Regierungslogers. Es wird also versucht werden, was nur kann, um den Sejm nicht zur rechtzeitigen Erledigung des Haushaltsplans kommen zn losten. Dann aber tritt, nach der Verfassung, hie Regierungsvorlage unverändert tn Kraft und man kann unter dem Schuß der Presteknedelung und des Banditenterrors der„BBS."-Leute Win Land einzureden versuchen, der Sejm habe sich Pieder als arbeit» unfähig erwiesen, man müsse ihn im Intereste des Staates beseitigen' Was zu beweisen war.
Mehrheit gewonnen. Den 41 Sozialdemokraten stehen 39 Bürgerlich: gegenüber, nämlich 21 Freisinnige. IS Bürgerporteiler und 2 Evangelisch«. Damit haben die Bürgerlichen die Quittung für die Verweigerung eines Bundesrat»sitze», der der Soziqkdemokrati« zukqm, erhalten. Mellon-Berenger-Abkommen rattfiz»eri. festige Widerstände der vemstraten. New park. IS. Dezember. Mi 53 gegen 21 Stimmen ho« der Senat am Montag da» Mellon Verenger-Abkommen ratifiziert. Die demokraiifche Oppasi- tionsgruppc prolestierle heftig gegen diese Entscheidung, indem sie daraus hinwie». daß der amerikanische Stever, ahler die Hauptlast der französischen Kriegsschulden tragen müsse. Die Znkraftsehung de» Abkommen, erfolgt mit der Unterzeich. nung durch Präsident hoover. Italien und Frankreich . �lottengleichheit nur alei Vvrvand gefordert. Paris . IS. Dezember.(Eigenbericht.) In französischen politischen und diplomatischen Kreisen hat man mit höchster Verwunderung gewisse Meldungen der englischen und amerikanischen Presse zur Kenntnis genommen, denen zusolge Italien bereit sein soll, seine Forderungen auf voll« Flotten- gleichheit mit Frankreich aufzugeben. Dieses Zugeständnis soll allerdings an die Bedingung geknüpft sein, daß die Übrigen noch ungelösten Fragen in den Beziehungen der beiden Mächt« zugunsten Italtens gelöst werden. Es scheint sich bei den genannten Nochrichten um einen Versuchsballon zu handeln. In Frankreich wußte man wohl, daß hinter der italienischen Flottenforderung andere rein politische Erwägungen standen. Trotzdem ist man hier überrascht, daß O'oli�n seine Korten so offen auf den Tisch zu legen wogt. Worum es sich bei den übrigen„noch ungelösten Fragen" handelt, weiß man aus den immer wieder vertagten Verhandlungen um den Ab- schluß eines französisch. italienischen Freundschasts- und Rachbckr- schaftsvertrages: um dos N t« d erla ssu n g» r e ch t de r Italiener in T h u n i s und um die Grenzberichtigunoen zwischen Tripolis , Tun!» und Zentralafrika . Ob aber Frankreich besten frühere Angebote von Rom ohne Diskussion abgelehnt worden waren, sich jetzt zu weiterem Entgegenkommen bereitfinden sollte. scheint mehr al» fraglich.
KpK.-Abgeordneter als Dieb entlarvt.. .. aber nur, weil er gegen Moskau rebelliert Slraßburg. IS. Dezember.(Eigenbericht.) Die e l f ä sf i s ch e n Kommunisten haben sich kürzlich g«- spalten- Seitdem enthüllen sie sich gegenseitig in der rücksichts- losesten Weise. Dieser Tag« schoß die von Moskau subventionierte und deshalb natürlich zu Moskau stehende Metzer„H u m a n i t e" ein ganz besonders schweres Geschoß gegen den dissidentischen Ab> geordneten von Straßburg , M ourer, ob. Das Blatt neimt Mourer einen„notorischen Hochstapler" und fährt fori: „Bis zum 1. Iaunar dieses Jahres hat Mourer in seiner Eigen- schaft a>» Ortskortsllsekretär da» Konto de» Gewerkschaftsblattes des Elsaß verwaltet. Bei dar Uebergobe dieses Kontos, die von ihm aus nichtssagenden Gründen ständig hinausgeschoben wurde, hat er die Bilanz gefälscht und fast 2000 Franken in seine Tasche gesteckt, um damit wahrscheinlich seinen b o u r- geoisen Flirt und seine Liebhabereien zu bezahlen. Die Nachprüfung der Proleten hat den genannten Fehlbetrag aufgedeckt und der überführte Dieb von Arbeitergroschen mußt« einen regel- rechten Schuldschein unterschreiben und sich zur Rück gäbe des unterschlagenen Geldes verpflichten, und zwar bis zum verslvssenen 1. Oktober. Di« Organisation ist de»halb nicht direkt gegen diesen Burschen vorgegangen, da er mit verschieinnen Auereden angerückt kam, deren Nachuntersuchung mittlermeil« die Unwabrhastigkeit derselben ergab. Interessant ist bei der Geschichte noH, daß trotzdem der Schuldschein bereits versallen ist, dieser saubere Bursche das unterschlagene Gelh noch nicht zurückgezahlt Hai. Die Organisation hat nun Peschlossen, schärier gegen diesen Burschen vorzugehen und gegebenenfalls im W oe der Z w a n g s b e i t r e i b u n g die in seinen Finger hängen- gebliebenen Arbeitsrgrvschen den Gewerkschaften wieder zuzuführsn. Meurer bat die Nacbsicht der Arbeiter zu seiner ähnlichen Ber- fehlung vor Iahren bei den Eisenbohnern auf sein« Art belohnt. Damals hat man ihn aus Mitleid mit seinen Eltern und aus Nachsicht a»i sein jugendliches Alter weiter im Dienste be- halten... Mourer ist eine traurige Nochkriegserschei- nung in der Arbeiterbewegung und konnte nur ein« gs- wisse Rolle spielen auf Grund der besonderen regionalen Der- hältiiisse." Alles schön und gut. Aber ,ch i« s e r Bursche" hyt in der KPF. trotz aller Betrügereien nicht nur wirken, er hat auch«t«a» werden können und ist im vorigen Jahr« al» kommuni» stischer Abgeordneter sllr Straßb-urg gewählt worden. Als „traurige Nachkriegserscheinung" war er der elsässischen Kommunistischen Partei seit Jahren bekannt. Erst al» sich Mourer von der KPF. abgewandt hat, betrachtet sie als Ver- brechen, was sie vorher peinlich gedeckt hak. Wie heißt es doch: der Hehler stt so schlimm wie der Stehler.
Neuzaristische Gchreckensherrschafi. Hinrichtungen in Astrachan . Moskau . IS. Dezember.(Lst-Expreß.) Di« in be« großen Astrochaner Bestechungs- und ttorrnptionsprozeß zum Tode verurteilten IS Haupt- tngeftigien hatten nach der Urteilsverkündung ein Gnadengesuch eingereicht. Das Zentralexekutiv- famitcr hat nur in einem Fall die Todesstrafe in 'lebenslLngliches Gefängnis umgewandelt und die übrigen Gnadengesuche abgelehnt. In diesen 14 Fällen ist das Todesurteil vollstreckt worden. Il« Stordkankasien, wo in letzter Zeit außerordentlich viel Kulaken verhaftet wurden. find inzwischen mehrere neue Todesurteile gefällt worden. Fünf Kulaken wurden bereits hingerichtet; weitere Hin- richtnngen sollen bevorstehen. Saar und Reich. Sin« Entschließung der saarländischen Sozialdemokratie Saarbrücken , 16. Dezember. Der Parteiausschuß und die Landtagsfraktion der saarländischen sozialdemokratischen Partei faßte einstimmig s olgende Entschließung: „Die deutsch « Sozialdemokratie an der Saar verlangt aus Grund de« Selbstbestimmungsrechts der Völker und zum Besten wahrer deutsch -französischer Verständigung die baldig r e st l o s« Rückgliederung der Saar nach Deutschland unter gleich- zeitigem Rückkauf der gesamten Gruben in u n e i n g e- schränkten' und unbelasteten preußischen und bayerischen Staatsbesitz unter solcher Regelung der zoll- und Handels- politischen Lag«, wi« sie den gegenwärtigen berechtigten Interessen der Saar , Deutschlands und Frankreichs entspricht. Sie richtet erneut an die Reichs- und zuständigen Länderregierungen die drin- gende Aufforderung, nunmehr auch den Zeitpunkt des Beginns der innerpolitischen Rückgliederungsverhandlungen zwischen Sqar, Reich und Ländinn baldigst festzulegen und damit ein« möglichst sorgfältig« Vorbereitung dieser wichtigen Aufgab« zu gewährleisten."