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Morgenausgabe­

Rr. 595

A 299

46.Jahrgang

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Norwärts

Berliner Bolksblatt

Greitag 20. Dezember 1929

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

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Bankenkredit für das Reich.

Schacht als Vormund.- Amerika- Anleihe aufgegeben.

Die Lösung.

Amtlich wird mitgeteilt: Zwischen der Reichsregierung und dem Reich- bankpräsidenten haben im Laufe des heutigen Tages Verhandlungen stattgefunden, die zu einem völ. ligen Einvernehmen geführt haben. Infolgedessen ist in Ausführung des Punktes 14 des Finanzprogramms der Reichsregierung, der die Schuldentilgung be­trifft, im Reichstag ein Initiativantrag der fünf trifft, im Reichstag ein Jnitiativantrag der fünf in der Reichsregierung vertretenen Parteien ein. in der Reichsregierung vertretenen Parteien ein gebracht worden, welcher wie folgt lautet:

Gesetz zur außerordentlichen Tilgung der schweben den Reichsschuld. Bei der Aufstellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan 1929 und des Haushaltsplans 1930 ist ein Tilgungsfonds zur Abdeckung der schweben den Schuld des Deutschen Reiches einzustellen, der spätestens bis Ende des Rechnungsjahres 1930 den Be trag von 450 Millionen zu erreichen hat. Der Fonds ist aus Steuern und aus Einsparungen bei den Ausgaben zu speisen."

Die von der Reichsregierung mit dem amerika nischen Bantentonsortium eingeleiteten Ver­handlungen werden nicht weiter verfolgt. Die Beschaffung der notwendigen Kredite wird unter Füh­rung der Reichsbank erfolgen.

Die Sozialdemokratische Reichstagsfrattion hat diefen Gefeßentwurf am Donnerstag in einer furzen Fraktionsfigung gebilligt, nachdem die übrigen Regierungs­parteien ebenfalls ihre Zustimmung erklärt haben. Wenn dieser Frattionsbeschluß in nahezu völliger Einmütigkeit zu­stande tam, so vor allem deshalb, weil die Sozialdemokratie immer verlangt hat, daß der Steuersentung die Sanierung der Reichstasse und des Reichshaushalts vorangehen muß. Someit der neue Gesezentwurf diesem Ziel dient, ist die Sozialdemokratie mit ihm fachlich einverstanden. Soweit er darüber hinausgeht, wird sie bei den Entscheidungen über die Ausführung des Gesetzes alles tun, um ihren Standpunkt durchzusehen. Es ist teine Frage, daß durch das Schuldentilgungsgesetz die Steuer. jentung außerordentlich erschwert wird, zumindest dürften damit die uferlosen Pläne der bürgerlichen Steuerreformer für alle ernsthaften Menschen begraben sein.

Gerüchte um Hilferding .

Der Erfolg, den Reichsbankpräsident Dr. Schacht durch die Ver­hinderung der Auslandsanleihe gegenüber der Reichsregierung er­rungen hat, gab am Donnerstag zu Gerüchten über den Rüdtritt des Reichsfinanzministers Dr. Hilfer ding und des Staatsfetretärs Dr. Bopitz Anlaß.

Es ist demgegenüber festzustellen, daß in den Besprechungen der Parteiführer am Donnerstag nachmittag von feiner Partei die Frage des Wechsels der leitenden Persönlichkeiten im Reichsfinanzministe rium aufgeworfen worden ist. Ferner ist auch anzunehmen, daß eine derartige Absicht auf Widerspruch gestoßen wäre, da der Erfolg des Herrn Schacht nicht nur gegenüber dem Reichsfinanzminister, sondern der Gesamtregierung gegenüber erzielt wurde. Das Kabinett hat die Maßnahmen des Reichsfinanzministe riums stets gebilligt und mußte sich infolgedessen auf den Standpunkt stellen, daß es als ganzes für fte verantwortlich sei.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß ein Wechsel in der Beitung des Reichsfinanzministeriums mit Rücksicht auf die im Januar in Aussicht stehenden Reparationsverhandlungen im Haag sehr starte Bedenten hervorruft. In der Hand des Reichsfinanzminifteriums laufen die Fäden über die Reparations verhandlungen zusammen. Man müßte bei einem Bechsel aljo mit gewissen Schwierigkeiten, vielleicht sogar mit der Bertagung rechnen. Daran hat Deutschland taum ein Intereffe.

Dem Reichsbantpräsidenten Sch a cht ist es gelungen, bie in den letzten Wochen von der Reichsregierung mit den aus ländischen Geldgebern geführten Berhandlungen wegen

Bereitstellung eines ausländischen Kredits zum Scheitern zu bringen. Diese völlig veränderte Situation hat die Re­gierung zu neuen Verhandlungen mit Schacht gezwungen, die schließlich zu folgendem Ergebnis geführt haben: Schacht zieht seinen Widerspruch gegen die Beschaffung des Reichskredits zurück, wenn dem Reichstag ein ,, Gesezent wurf zur außerordentlichen Tilgung der schwebenden Reichs­Schuld" vorgelegt wird, durch den im Wege der Steuer­erhöhung und Ausgabetürzung bis zum Ende des Rechnungs­jahres 1930 450 millionen zur Schuldentilgung beschafft werden. Schacht ist meiter bereit, die Führung eines deutschen Bankkonsortiums zu übernehmen, das die fehlenden 330 Millionen unter Zuhilfenahme der Auslands­guthaben der Reichsbank beschaffen will. Diesen Gesezent wurf haben die Führer der Regierungsparteien zuge stimmt, nachdem festgestellt worden war, daß mit ihm Sicherheit für die Ueberwindung der Ultimoschwierigkeiten geschaffen wird.

Wenn man diesen Gesezentwurf zur Schuldentilgung richtig beurteilen will, muß man noch einmal die politischen Ereignisse der lezten Wochen überbliden. Die Reichstaffe steht Ende Dezember vor der Notwendigkeit, Zahlungsverpflichtungen von 450 Millionen befriedigen zu müssen, für die bisher nur 120 Millionen vorhanden sind, während für 330 Millionen bisher keine Deckung beschafft werden konnte. Die Reichsregierung hat mit diesen Kassen schwierigkeiten seit langem gerechnet und eine Reihe von Maßnahmen zu ihrer Ueberwindung in Angriff genom men, deren wichtigste der Abschluß der Schweden­3war soll die erste Zahlung auf die Schwedenanleihe erst anleihe im Zusammenhang mit dem Zündholzmonopol ist.

Mitte des nächsten Jahres eingehen, aber es war von Anfang an beabsichtigt, zur Ueberwindung der Kaffenschwierigkeiten im Winter auf Grund der Schwedenanleihe einen Ueber­brüdungskredit bei ausländischen Banken zu be schaffen. Die Verhandlungen über einen solchen Kredit sind bald nach dem Abschluß der Schwedenanleihe mit dem a meritanischen Banthaus Dillon Read u. Co. aufgenommen worden.

Diese Verhandlungen waren in einem günstigen Stadium, als plötzlich der Reichsbankpräsident Dr. Schacht mit seinem Memorandum hervortrat. Selbstverständlich mußte dieses Memorandum die Kreditverhandlungen un­günstig beeinflussen und das Mißtrauen der ausländischen Geldgeber in die deutsche Finanzgebarung erwecken. Aber Schacht begnügte sich nicht mit seinem Memorandum, sondern teilte der Reichsregierung mit, daß seine Mitwirkung bei der Beschaffung eines ausländischen Kredits nur in Betracht fomme, wenn das Reich bis Ende 1930 etwa 500 Millionen zur Abdeckung seiner schwebenden Schuld verwenden würde.

Reichsregierung und Parteiführer Lehn­ten diese Forderung des Reichsbantpräsi denten a b. Sie glaubten dies um so eher tun zu können, weil die Regierung sich schon vorher entschlossen hatte zur ueberwindung der Kassenschwierigkeiten dem Reichstag ein Sofortprogramm vorzulegen, das einmal die Er höhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um

Proz. und zweitens die Erhöhung der Tabaksteuer um etwa 220 Millionen vorsah. Da auf diese Weise bereits etma 400 Millionen zur Verminderung der schwebenden Schuld zuschwächen. Außerdem wurde erwartet, daß es möglich sein bereitgestellt werden, hoffte man den Widerstand Schachts ab­ Macdonald

siegt mit 8 Stimmen.

Konservativer Antrag mit 281 gegen 273 Stimmen abgelehnt.

London , 19. Dezember. Unterhaus. Der konservative Antrag auf Ver­werfung der Kohlenbergwerksvorlage der Regierung in zweiter Lesung wurde mit 281 gegen 273 Stimmen, das ist mit einer Mehrheit von nur acht Stimmen, abgelehnt.

Die Vorlage erfuhr damit die zweite Lesung.

Der Borstoß der Liberalen.

Im Unterhaus wurde heute nachmittag die Debatte über das Gesetz zur Reform des Kohlenbergbaus wieder auf genommen. Die mit großer Spannung erwartete Abstimmung zur zweiten Lesung findet, wie bereits gemeldet, heute abend um 11 Uhr statt.

Lloyd George

Gegen 8 Uhr abends fonnte man bemerken, daß die konser­vativen Mitglieder entgegen der Erwartung in großer Zahl im Unter­haus eintrafen.

8 Liberale retten die Arbeiterregierung.

London , 19. Dezember.( Eigenbericht.) Die Debatte über die Bergbaugesetzgebung der Regierung, die merkwürdig ruhig eingefeht hatte, erreichte in den späten Abend­flunden ihren Höhepunkt in der Rede des ehemaligen Schatz. fanzlers Churchill und des Ministerpräsidenten Macdonald, der im Namen der Regierung die Argumente für die Kohlengefehz­gebung nochmals zusammenfaßte.

Im Laufe der letzten Stunden war das bis dahin beinahe apathische Unterhaus von einer starten eroosität erfaßt worden, da es von Minute zu Minute deutlicher wurde, daß die Mehrzahl der Liberalen die Ausführungen der Regierung nicht als befriedigend betrachtete und gegen die Regierung zu stimmen ent­schloffen war. Es wurde deutlich, daß die Regierung feineswegs mit

könne, fondern daß es sich im besten Falle um eine äußerst fnappe Mehrheit handeln könne.

Die Abstimmung ergab schließlich 281 Stimmen für die Regie­rung und 273 gegen die Regierung. Die Regierung ist im wefent­lichen

ergriff heute selbst das Wort. Er nannte die Borlage unglaub Ich schlecht" In ihr könne man die schlimmsten Mert dualismus feststellen. Sie werde die Preise hoch treiben male fowohl des Sozialismus somie des Individer ursprünglich erwarteten Mehrheit von 30 bis 50 Stimmen rechnen und die Förderung einschränken. Die Antwort der Regierung auf die Anfrage der Ciberalen Partei vom Dienstag sei durchaus unbefriedigend. Aber selbst eine befriedigende Antwort hätte den Liberalen nicht erlaubt, auch nur das geringste Maß von Verantwortung für die Vorlage zu übernehmen. Enthalte sie doch Bestimmungen, die die Liberalen als vollkommen verwerflich be trachten. Sie müßten sich vollste Freiheit vorbehalten, diese Frage im Ausschuß zu behandeln, falls die Vorlage heute abend zur zweiten Lesung tomme. Lloyd George wiederholte zum Schluß, die Borlage laffe das allgemeine Interesse des Boltes vollkommen un berücksichtigt. Die Regierung erfülle nicht die Hoffnungen, die sie bei den Neuwahlen erweckt habe.

Aus den Aeußerungen Loyd Georges glaubt man immer noch entnehmen zu Lönnen, daß seine Anhänger sich der Stimme enthalten werden, wenn der Premierminister beim Schluß der Debatte den liberalen Ansichten Entgegenkommen zeigt. Als Partei werden nach Ansicht parlamentarischer Kreise jedenfalls die Liberalen nicht für die Vorlage stimmen, obgleich vielleicht einige Liberale dies tun werden.

dadurch gerettet worden, daß 6 Ciberale nicht abstimmten und 2 mit der Regierung stimmten.

Die Reffung der Regierung ist auch dadurch möglich geworden, daß eine Reihe von fonjervativen Abgeordneten bereits nach der Riviera abgereift waren und dem Rufe der Einpeifscher nicht mehr Folge leisteten.

Konferenzeröffnung durch König Eeorg.

London , 19. Dezember. ( Eigenberic Macdonald teilte im Unterhaus mit, daß König Georg V. an der Eröffnungssigung der Seeabrüstungs tonferenz am 21. Januar in London teilnehmen und die Eröffnungsrede halten wird.