Sofortprogramm und Zollvorlage angenommen
Stimmenthaltung der Hugenberg- Leute bei der Bolländerung.
In der geftrigen Reichstagssigung, über deren Beginn mir fchon berichtet haben, nahm Abg. Dittmann( S08) das Wort zur Geschäftsordnung nach der Repe des Hafentreuglers Stöhr zum Tilgungsgefeß, um auszu führen: Ich habe Beschwerde dagegen einzulegen, daß der amtierende Bizepräsident es duldet, daß der Reichstag in einer Bede mißbraucht mird, die ihn auf das Niveau eines Schmierentheaters herabèrüdt. Der Bizepräsident hätte darauf achten müssen daß der Abg. Stöhr nicht die Rebezeit weit überschreitet und Ausführungen macht, die mit der Sache nichts zu tun haben.( Unruhe.)
Bizepräsident Graef- Thüringen : Der Abg. Stöhr hat die ihm
zuftehende Redezeit nicht überschritten. Als er vom Thema ab schweifte, habe ich ihn zur Sache gerufen. Die Borwürfe des Abg. Dittmann find unberechtigt. Ich werde die Sache bem Aeltestenrat Dorlegen.
Abg. Aloenne( Dnat. AG.) fpricht sich gegen den Tilgungsfondsantrag aus. Die Linte habe das Reich bankrott gemacht, aber nichts daraus gelernt.
Damit schließt die Aussprache.
Nach dem bereits gemeldeten Abschluß der Beratung des Tilgungsfondsantrages folgte die dritte Beratung der Tabatftener. Dorlage und der Ethöhung des Beitrags zur Arbeitslofenversicherung.
Abg. Stöhr( Nat. Sog.) bestreitet, daß seine Bar: ei von den Zigarettengroßfonzernen finanziert werde. Br haben die Monopol ftellung diefer Ronzerne schon vor den Kommunisten bekämpft, und zwar im Gegenfas zu den Sozialdemokraten, die alle ihre Grundfäße über Bord geworfen haben.
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zeuger gefügt find. Gine länger befristete Kontingentierung hätte| ein uneingeschränttes Brivatmonopol für den in feinen Geschäfts methoden nicht immer wählerischen Großtonzern geschaffen und die Berbraucherschaft nolltommen diesem Pripatmonopol ausgeliefert. Diele Gefahren find durch die jetzige Kontingentsdauer so gut wie beseitigt.
3. Arbeiter und Angestellte der Zigaretten und Rauchtabat industrie, die durch die Steuererhöhung in ihren Arbeitsmöglichkeiten beschränkt werden, erhalten unbeschadet der Leistungen der Arbeits: lofenversicherung für die Dauer von 26 Wochen Unterstügung aus der Reichstaffe in Höhe von 75 Proz. des entgangenen Arbeitsverdienstes.
Wie fchon aus der furzen Befristung der Kontingentierung hervorgeht, bedeutet die jeziqe enderung des Tabafsteuergesetzes lediglich ein Broviforium. Die übrigen Regierungsparteien haben anerkannt, daß die fünftige Gestaltung der deutschen Tabafbesteuerung von den Erfahrungen abhängig gemacht werden soll, die mit diefer Regelung gemacht werden.
Die Sozialdemofrafie ift schon jetzt der Auffaffung, daß in einem Industriezweige, an dem das Reich mit einem Steuerertrag von annähernd 700 millionen Mark jährlich beteiligt ist, und in dem die Konzentration der Unternehmungen zu einem Privatmonopol geführt hat, sowohl zur dauernden Sicherung diejes Steuerertrages als auch um Sduke der Verbraucher und der allgemeinen volkswirtschaftlichen Intereffen ein Staatsmonopol die allein mögliche Lösung darstellt.
mungslokal Dorotheenstraße 36 bei Bauli( Heiterfelt), wenn fie fich vorher im Reichstagsgebäude Stimmscheine besorgen. Ich schlage deshalb vor, die dritte Lesung des Tilgungsgesezes Sonntag, 0.15 Uhr, zu beginnen.
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Abg. v. Cindeiner Wildau( Dnat. 2.-G.) appelliert im Intereffe des Ansehens des Reichstags, im Interesse des Reich: tegspersonals und auch aus Rücksicht auf die nicht in Berlin wohnenden Reichstagsabgeordneten und ihre Angehörigen an die Opposition, ihren Widerspruch gegen die Vornahme der dritten Lesung am gleichen Tage doch nicht bis zuletzt aufrecht zu erhalten.
Schon durch die Erhebung des Widerspruchs fel die oppofitionelle Haltung genügend befont worden,
Man müffe doch wirklich nicht die Geschäftsordnung bis auf ihren letzten Buchstaben ausnußen, um nach einer neunstündigen Pauſe das sich ereignen zu sehen, was mit derselben Sicherheit auch ichon am heutigen Nachmittag vorgenommen werden könne.
Präsident Löbe: Die dritte Lesung fann am gleichen Tage nur stattfinden, wenn fein einziges mtalied widerspricht.
Abg. Torgler( Komm.): Es ist bezeichnend, daß Herr v. Lindeiner Bildau vorschlägt, die Bestimmungen der Geschäftsord und außer Kraft zu sehen, weil es der Mehrheit pakt( Präsident Löe: Es foll hier gar teine Beftimmung der Geschäft ordnung außer Kraft gesetzt werden, es genügt vollständig, wenn Sie meine Frage mit Ja oder Nein beantworten.)
Wir halten unseren Widerspruch aufrecht. In dieser Auffaffung wiffen wir uns einig mit großen Schichten der( Stürmische langanhaltende Entrüstungsrufe rechts und in der Mitte.) Berbraucher, mit den in der Zigarettenindustrie beschäftigten Arbeits- Präsident Löbe: Dann bleibt es bei meinem Borschlag. Se träften und den Kreifen des Tabatwarenhandels, die nach der voran werden bei einer Revision der Geschäftsordnung G gegangenen Entwidlung von dem Privatmonopol die größten Gelegenheit haben, auch diese Frage zu erörtern.( Aha!-Rufe bei den Kommunisten.).
Menderungsanträge der Regierungsparteien ermäßigen die Steuer für Feinschnitt Pfeifentabat noch weiter und fprechen den infolge der Steuererhöhung arbeitsios werdenden Angestellten und Arbeitern, unbeschadet der Arbeitslosenversicherung. Für ein halbes Jahr 75 Broz. ihres durchschnittlichen Arbeitsverdienstes als Unterfahren zu befürchten haben. fügung zu.
Bräsident Cobe: Der Bormurf gegen den Bizepräsidenten Graef , daß er den Abg. Stöhr die Redezeit habe überschreiten laffen, ift unberechtigt. Erhöhung des Bei natürlich bie Sozial fondern Weihnachts.
Abg. Rädel( Romm.) spricht gegen die trags zur Arbeitslofenversicherung und greift bemotraten an, bei denen nicht Klassenfampi Stimmung herrsche.
Abg. Dr. Rademacher( Dnat.) fündigt die Ablehmung der Ar. beitslofenvorlage durch seine Partei an.
Abg. Dr. Büll( Dem.): Mit insgesamt 1100 Millionen Marf ift der Tabat 22 mal fo hod) belastet, als im legten Bortriegsjahr. Nur aus dem 3wang der Berhältniffe stimmen wir der Borlage zu.
Abg. Dr. Berk( Soz.):
Der Abg. Ende hat gegen die Firmen Batschari und Reemisma heftige Borwürfe wegen betrügerischer Handlungen gegenüber dem Reich erhoben. Ich habe feinen Anlaß, die Firmen irgendwie in Schuß zu nehmen, ihr Berhalten war zweife'los außerordentlich anfechtbar. Ende hat aber im Zusammenhang mit diesen An griffen auch die Sozialdemokratische Partei befchuldigt, und diese Angriffe find in jeder Beziehung unwahr. Nicht die Kommunisten haben als erste die Beschuldigungen gegen diefe beiden Firmen er
hoben, sondern die Sozialdemokratie hat bereits am 31. Mai 1929
durch ihre Rebner im Haushaltsausschuß diese Angelegenheit zur Sprache gebracht und die schärffte Kritit an dem Berhalten dieser Firmen geübt.
Für die sozialdemokratische Frattion habe ich folgende
abzugeben:
Erklärung
Die Abänderung der Tabatbesteuerung ist ein Bestandteil des Sofortprogramms der Regierung zur Beseitigung der KaffenIchwierigkeiten des Reiches. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion bat gegen diefe Aenderung schwere Bedenken, vor allem wegen der damit verbundenen Kontingentierung der Zigarettenherstellung. Gefahr einer weiteren Befeftigung des Brisafmonopols ber Firmen Reemisma- Neuerburg
die die
hervorruft. Menn fich die Sozialdemokratie trondem entschloffen hat, dem Gefeßentwurf ihre Zustimmung zu erteilen. fo gefchieht dies unter zwei Borauslegungen. Einmal ist es angel dis ber Rassenschwierigteiten des Reiches erforderlich, dem Reiche fofort wirkjame neue Einnahmen zu verschaffen Außerdem ist der ursprüngliche Borschlag der Regierung in Berhandlungen mit den Regierungsparteien in folgenden Punkten verbeffer worden:
1. Der größte Teil der Steuererhöhung entfällt auf die Mehr besteuerung der Zigaretten. Das Gefen sieht vor, daß diefe Mehr besteuerung in erster Linie von der Industrie eber 34 tragen ist( Lachen und zurufe der Komm.. Wie soll das genacht werden?), so daß eine vermehrte Belastung der Birbraucher nach Möglichkeit vermieden ist. Bei den erheblichen Gewinnen, die die Zigarettenindustrie erzielt, ist sie in der Lage, diese Mehriasten zu tragen, um so mehr, als die Kontingentierung ihr den 2b beau ihres verfchwenderischen Werbeapparates und fonstige Einsparungen ermöglicht.
2. Der Vorschlag der Regierung fah die Ron ingentierung für fünf Jahre vor. Die Sozialdemokratie hat erreicht, daß die Frift auf 1% Jahre verkürzt morden ist. Diele Beschränkung der Kontingentierungsfrist auf den dentbar fürzesten Zeitraum gewährt die Sicherheit, daß das Reich den erwarteten Mehrertrag erhält, und daß die Berbraucher vor der willfürlichen Ausmügung der Monopolstellung der jeßigen Er
Die fünftige Einführung des Zigarettenmonopols darf aber durch die Kontingentierung nicht erfdert werden. Auf das Berlangen der Sozialdemokratie hat deshalb die Reichsregierung im Steuerausiduß eine Ertlärung abgegeben, daß Wertsteigerungen, pie durch die Kontingentierung bei den Produktionsbetrieben eintreten follten, unter teinen Umständen bei der Festlegung der Entschädigung Berüdlichtigung finden dürfen. Diesem Standpuntt haben sich alle Regierungsparteien unbeschadet ihrer fachlichen Stellung zum ftaatlichen Bigarettenmonopol angeschloffen
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Angesichts des unmittelbaren 3weds diefer Vorlage, die Kaffen lage bes Reiches zu erleichtern, halten wir eine weiters Berfürzung der Stundungsfristen auch bei der Bandetolensteuer
für notwendig, die auch ohne Beeinträchtigung der Leistungsfähig. teit der Zigarettenindustrie möglich ist.
In Anbetracht der schwierigen Raffentage des Relches und im Hinblid auf die erreichten Berbesserungen ist die Sozialdemokratie bereit der Borlage ihre Rustimmung zu geben.
Die Tabaffteuervorlage wird mit den erwähnten Berb ferungen unter Ablehnung aller Oppositionsanträge in namentlicher Abstimmung: 17)
mit 258 gegen 147 Stimmen bei 9 Enthaltungen verabschiedet. Auch die Schlußabstimmung über bas rbettslosenge, ift namentlich unb ergibt die Annahme mit 248 gegen 156 Stimmen bei 9 Enthaltungen.
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Die Zoll Abstimmungen.
Nun folgt die zu wiederholende Abstimmung über den am Frei tag angenommenen Antrag Dr. Horlacher( Beyer. Bp.)- Döbrich ( Chr. Nat. Bauernp) über den Zoll auf Futtergerite. Ein Antrag des Abg. Dr. Frid( Nat. Soz.) auf namentliche Abstimmung wird nicht ausreichend unterstüßt und in punttweiser Abstimmung über diesen Antrag und über die dadurch betroffene Bestimmung Futtergerſtenzoll für ein Jahr 5 M. beträgt, bann wieder 2 M. der Regierungsvorlage in der Ausschußfaffung festgelegt, daß der
Nach dieser Aenderung, die ein Rompromiß der Regierung. parteien darstellt, folgen Ertlärungen vor der Schlußabftim. mung:
Abg. Dr. Oberfohren( Dnat.) erklärt, daß die Borlage nach wie Dor unzureichend fei, wenn sie auch einige Berbefferungen erhalten habe. Seine Partei werde sich der Stimme enthalten.( Aha! Rufe und Heiterfeit.)
Abg. Dr. Hepp( Chr. nat. Bauernp.) fündigt Stimmenthaltung feiner Partei an.
2fbg. Schlange Schöningen ( Dnat. A G.) erklärt, daß feine Gruppe für die Borlage stimme, dem wenn fie auch Bedenten habe, walle sie der Landwirtschaft auch eine teilweise Hilfe feinen Augenblid vorenthalten.( Lebhafter Beifall in der Mitte.)
Die Schlußabstimmung ist wieder namentlich, das 3ollände. rungsgefeß wird mit 311 Stimmen der Regierungsparteien, der Chriftlichnationalen Bauernpartei, der Hafentreuzler, vermutlich auch einiger Deutschnationaler gegen 40 Stimmen der Kommunisten bei 64 Enthaltungen der Deutschnationalen verabschiedet. Nach Erledigung der Entschließungen wird das Mißtrauens votum der Kommunisten gegen die Reichsregierung in einfacher Abstimmung abgelehnt, nur die Kommunisten stimmen dafür. Bräfident Cobe teilt mit, daß ein Abstimmungslokal im Reichs. tagsgebäude für den Volfsentscheid aus gefeßlichen Gründen nicht bereitgestellt werden tann Diejenigen Reichstagsmitglieder, die sich am Boltsentscheid beteiligen wollen, haben die Möglichtet dazu zwischen 12 und 1 Uhr morgens in dem örtlich zuständigen Abstim
Schluß der Sizung 16 Uhr.
Aus der Partei.
Politische Schulung.
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Arbeiterbildung ist 3wedbildung Diese Erkenntnis bringt mehr und mehr in alle Kreise der Arbeiterschaft ein, nicht etwa im Sinne einer Berengerung des Interessenkreises der Arbeiterschaft, sondern im Sinne der Konzentration auf das wesentlichste und wichtigste, im Sinne der Hervorkehrung des gesellschaftlich und politisch Notwendigen. In dieser Hinsicht bringt das foeben erschienene Dezemberheft der Sozialistischen Bildung eine Reihe von Beiträgen, die für die politische Schulung wertboll find. An erster Stelle fei eine Vortragsdisposition Don E. Rinner, Bro bleme der Steuerreform" genannt. Sie bringt in fonzen trierter Form das wichtigste Material zur Erörterung der Steuerreform, das allen in Frage kommenden Referenten sicherlich millfommen sein dürfte. H. Jakubowicz behandelt in einem längeren Auffah Die politische Entwicklung der deutschen Studentenschaft", ein Thema, das durch die jüngsten Greignisse in den Universitäten und ie Erstarfung der sozialistischen Stu dentenbewegung aktuell geworden ist. H. Reinowfti schildert.in einem Auffaz„ Das Kino im Dienst der modernen Arbeiterbewegung das vorbildliche Birten des Volfstinos" im Bezirk Braunschweig , das der sozialistischen Propaganda, namentlich auf dem flachen Bande, starfe Antriebe gegeben hat Profeffor Hugo Altis schließt mit einem umfangreichen Aufsatz eine Schilderung des Volkshochschulwesens in Deutschland und Desterreich, in dem er vor allem die Stellung des Arbeiterbildungs wesens zu den Bolkshochschulen flar und präzise herausarbeitet. Das Dezemberheft der Büchermarie, das auch diesmal in verstärktem Umfange herausgekommen ist, bringt neben zahlreichen Besprechungen aus den Gebieten der Jugend- und Kinderliteratur, der Länder und Bölkerkunde, der Naturkunde und der schönen Literatur Besprechungen der politisch aktuellsten Bücher: Trozti: Mein Leben, Seedt:„ Die 3utunft des Reiches", Heller:„ Europa und der Faschismus" usw.
Roten
Aus der Sozialistischen Erziehung fet insbesondere auf die Artitel von Haebler Der Kampf um den Unterrichtsminister in Baden und von Felsen ,, Marristischer Geschichtsunterricht in der Boltsschule" hingewiesen.
Die Sozialistische Bildung mit ihren Beilagen„ Bücherwarte" und Sozialistische Erziehung" ist zum Preise von 1,50 m. für das Bierteljahr durch die Post, die Buchhandlung Diez , Lindenstraße 2, sowie durch alle Borwärts"-Speditionen zu beziehen. Einzelnummern foften 75 Pf.
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( Gewerkschaftliches fiche 3. Beilage.) Berantwortlich für Politik: Dr. Curt Gener: Birtfchaft: Aliagelböter: Gewerffchaftsbewegung! S. Cteiner:
Feuilleton: R. S. Doscher; gobales sund Gonftiges: Fein Raritäbt: Anaciaen: Th. Glode: fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag G. m b. S... Berlin Drud: Borwärts- Buchdruderet und Berlaasanstalt Baul Ginger u. Co., Berlin GB. 68. Lindenstrake& Sierzu 5 Beilagen, Unterhaltung und Wissen und Kranenftimme".
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