Jr. 601 46. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Notbrücke an der Tiergartenschleuse
Die
Berliner Stadt Bahn ist 1882 entstanden, tatt also auf ein Alter von 47 Jahren zurückbliden. Der größte Teil der Strede, nämlich vom Schlesischen Bahnhof bis zum Savignoplay, ruht auf einem Biadult, den Stadtbahnbogen. 48 Jahre haben diefe Baumerke dein immer steigenden Berlehr standgehalten. Millionen von Zügen find über sie hinweg gerollt. Die Eisenbahnwagen und Solomotiven find schwerer geworden, die Suggeschwindig feit wurde erhöht, die Bögen hielten stand. Jetzt mit der Elattrifierung und der Indienststellung neuer riesiger Schnellzugslotomo tipen, die über die Ferngieise der Stadtbahn fahren, ist der Sicher heitsfaktor, der bei jedem Baumert ein Mehrfaches der erred neten Belastung beträgt, zu gering gemorden. Die Bögen müssent verstärft merben. Die Schwierigkeit dieser Arbeiten, die bei Aufrechterhaltung des Berkehrs gemacht werden müssen, find groß.
區
Ein finnreiches Verfahren ermög Mächtige Rohrleitungen heben das Wasser über einen Damm unterhalb licht es, die Berstärfung so unter der Notbrücke. den alten Bogen zu bringen, daß
machen.
beide zu einem verschmelzen. An einigen Stellen jedoch müssen| Bärm, riesige Broden der festen Gesteinsmassen los. Dazwischen die Bögen gänzlich niedergeriffen werden, um Neubauten Platz zu faufen die elettrischen Züge, vorsichtig schnaubt eine schwere Schnell zugslotomotive über die Notbrüde. Melancholisch rauscht das Wasser des Webrs, die wenigen Spaziergänger bleiben stehen und erleben dies einzigartige Stüd voller Gegenfätze. Der Abfluß des Wassers wird durch die Fundamente der Rotbrücke gehindert. In gewaltigen Rohrleitungen wird es gehoben und darüber hinweggeführt.
Solche Arbeiten werden augenblicklich an der Tiergarten fchleule ausgeführt. Die Fahrbahn wiro etngleifig über eine hölzerne Rotbrüde geführt. Eine große Scher von Arbeitern bridyt mit pneumatischen Steinbrechern, der Berliner tennt sie von der Straßenbubbelei her, unter ohrenbetäubendem
Im Schneesturm umgefommen Drei Berliner auf dem Ramm des Riefengebirges verunglückt Einem furchtbaren Unglüd find im Riesengebirge vier Menschen zum Opfer gefallen. Es handelt sich um eine Berliner Gesellschaft, die zwischen der Prinz- HeinrichBaude und der Spindler- Baude in unübersichtlichem Ge lände den Weg verlor. Drei von ihnen kämpften fich schließlich bis zur Prinz- Heinrich- Baude durch Sie tamen in halberstarrtem Zustande dort an und erzählten von dem Unfall. Eine sofort in die Wege geTeitete Hilfsexpedition fand gegen Mitternacht noch drei Personen ebenfalls in halberstarrtem Zustande auf, die sie nach der Spindler- Bande transportierten. Heute morgen wurden vier weitere Versonen aufgefunden, die aber bereits tot waren. Es handelt sich hierbei um zwei Herren und eine Dame aus Berlin und einen vierten Herrn aus Hirschberg.
Die Opfer wurden in die Leichenhalle der Kirche Wang in Brüdenberg gebracht. Es handelt sich um die Kontoristin Hildegart
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Pamais
Roman von
wantteilbut
10.
Wie der Morgen hell ist, steht Hans am Eingang zu der fleinen Stadt.
Er läßt seinen Schwarzen im Ausspann der ersten Birt schaft, und dann geht er, im Rücken der Stadt, auf einem fchmalen Weg zwischen Hecken; jenseits liegen Gemüsegärten und dahinter Häuser.
Ein Kind tommt des Weges. Etwa dreißig Schritte da hinter ein Mann.
Wo wohnt der Biehandler Rubin?" fragt Hans. Das Mädchen wird verlegen. Ja, fie fennt wohl das Haus, aber fie sucht hilflos über die hede zu bliden, die Hede ist so hoch! Der Mann, der hinterher fommt, hat die Frage gehört.
Da mahnt er!" ruft er und deutet über Bach und Hede, ,, da, wo der Steg übers Wasser führt!" Er ist stehen geblieben imd ruft auffällig laut: Rubin , Rubin ! Ja, Rubin !" Das Kind steht noch da und sieht beide Männer an
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So, dante", fagt Hans und wendet sich nun an das Rind. Rennst du nicht Esther Rubin?" fragt er leise. Ja", nicht das Kind, die fall it wol fennen. Efther Rubin, meine Frau! Soll ich fie holen?" rust der Mann, ichon einige Schritte entfernt, und steht still mie von Stein. Sie ist meine Schülerin gewesen, ich habe sie den Gelang gelehrt. Und morgen soll die Hochzeit sein Er lacht fröhlich und fingt. Was mollen Sie denn von Efther Rubin?" Er tommt wieder näher und sieht ihn an. Nichts", sagt Hans und geht feines Weges, er führt bas Rind an der Schulter neben sich mit.
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Das ist der Lehrer Tannenbaum", sagt leise das Kind, und hebt den Finger vorsichtig gegen die Stirn.
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Schönfeld aus Berlin , den Berufsschüler Berner Bessel aus Berlin C. 2, Jüdenstraße 51, und den Buchbinder Frizz Radioff aus Berlin- Wilmersdorf . Ueber die Beilegung ist noch feine Beftimmung getroffen. Die Leiche des vierten Berunglückten, des Bandwirts Theodor Iech e, Sohn eines Hotelbesitzers aus Sirich berg, ift vorläufig nach Seidorf gebracht worden.
Raubüberfall in der Sparkasse.
Der Täter entfommen.
Gestern nachmittag wurde im Kaffenraum der 51. Filiale der Städtischen Spartaffe in der Richard. ffraße 115 in Neukölln ein frecher Raubüberfall auf ein junges Mädchen verübt.
Die 24jährige Erna S. mar von ihrem Vater, der in der Kirch hofstr. 48 in Neukölln ein Installationsgeschäft betreibt, beauftragt worden, von der Sparkasse 500 m. abzuheben. Das Mädchen nahm das Geld in Empfang und steckte es in eine Aktentasche. Als sich Erna H. anschickte, die Kasse zu verlassen, vertrat ihr ein jüngerer Mann plöglich den Weg. Er sireute ihr eine Tüte Pfeffer ins Gesicht und entriß ihr die Aktentasche. Mit feinem Raub flüchtete der Täter durch einen zweiten Ausgang
er mit langen Beinen hinüber, über den Steg und den Weg entlang, ziázad auf das Haus zu. Esther!" ruft er, und ruft noch mehr.
,, Sage ihr, wenn du sie siehst", flüstert hastig Hans", ich ermarte sie hinterm Bahnhof. Sage ihr, da ist ein Bekannter von ihr, der will einen Gruß bestellen. Verstehst du?" ,, Am Bahnhof, ja."
Ja, am Bahnhof." Er schenkt dem Kind eine Münze und geht davon.
Keine halbe Stunde ist um, da steht sie vor ihm. Ja, ich bin's", sagt Hans und sieht sie nur an. ,, Das wußte ich, daß du es bist", sagt sie mit einer Stimme, die er nicht an ihr fennt. Die Stimme ist so bleich wie die Stirn. Sie gehen in der Richtung zur Stadt hinaus. Hinter ihnen liegt die Stadt. Lints liegt ein Gehölz. ,, Du bist so blas", sagt Hans und sieht sie nicht an. Da ruft fie: ,, Wie geht es dem Kinde?" ,, Das Kind", lächelt hans, ja, nun sieht er sie an ,,, ift auf Hohenau ."
,, Das weiß ich", ruft sie, bei Meltersleuten." Mein", jagt Hans, has Kind ist auf Schloß Hohenau ." ,, Auf den Schloß?" Sie bleibt stehen, thr Blid irrt in feinem. Du hast es geholt?" Wie er nidt, Ach Hans, darauf hab ich so lange gemartet, bis ich endlich ver zweifelt war."
Sie sind im Gehölz Ihre Stirn, die gegen seine Brust lehnt, fühlt sein lopfendes Herz. ,, Sa", sagt er ,,, ich tam jeden Tag an der Hütte vorbei, aber daß darin mein Kind lag, das wußte ich nicht." ,, Und dann hast du's geholt
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Dienstag, 24. Dezember 1929
des Edhouses nach der Bergstraße und lief die Richardstraße hinauf. Obgleich die Berfolgung des Räubers fofort aufgenommen murde, gelang es ihm, unerfonnt zu entkommen.
Man glaubt, daß er foon in einem der nächsten Häufer Unters fhlupf gefunden haben muß, denn im Augenblid mar er den Augen seiner Berfolger entschwunden. Die riminalpolis zei hat die meiteren Ermittelungen aufgenommen.
Die Sparmaßnahmen.
Berfügung an die Bezirksämter. Die neue Kontrollstelle.
Im Anschluß an die Aussprache mit dem Borfihenden der Beziefsämter, über die der„ Bormärts bereits in seiner Sonntagausgabe berichtete, hat Bürgermeister Scholz an die Bezirksämter eine eingehende Berfügung gerichtet, die sich mit den nächffliegenden Aufgaben des Sparprogramms befaßt. Diefe Berfügung legt die Maßnahmen dar, die zur Ueberwindung der Schwierig. feifen zu 21timo und in den nächstliegenden Woden zu ergreifen find. Es soll daneben geprüft werden, wie sich die Haushaltsgebarung der nächsten drei Monate, aljo bis zum Ablauf des Haushaltsjahres 1929, gestaltet, und was im einzelnen bis dahin zugelassen werden fann. Darüber hinaus joll schon jetzt für das nächste Haushaltsjahr, das am 1. April 1930 beginnt, der Ausgaberahmen für sämtliche Verwaltungen genau durchgeprüft werden.
Ferner wurde eine Verfügung über die Schaffung der neuen Sontrollstelle an sämtliche zentralen Berwaltungen erlassen. Da= nach wird der gesamte Anmeijungsverkehr, der die Zahlungen aus ter Stadthauptkasse betrifft, sofort einer eingehenden Kontrolle unterworfen. Es soll dadurch festgestellt werden, ob seitens Der Verwaltungen nur die zulässigen, unumgänglich notmendigen Ausgaben angewiesen worden sind Zum Letter der kontrollstelle ist Obermagistratsrat Liebau von der Hauptprüfungsstelle bestellt, während als Dezernent der Finanzvermaltung Magistratsrat Moldenhauer fungiert.
250 Passagiere vermißt.
Ein chinesischer Dampfer gefunten.
Songtong, 23. Dezember.
Der kleine chinesische Dampfer„ Ciffcheong", der 250 Passagiere, darunter Frauen und Kinder, und eine chinesische Besatzung an Bord hatte, ist heute nacht furz nach dem Berlaffen des Hafens Smabue in der füdchinesischen Provinz Kwangfung im Sturm untergegangen. Nach den bisherigen Berichten konnten fich nur zwei Matrojen reffen, während alle paffagiere er. frunten find.
Die Funkstation von Marseille hat einen Funkspruch des Dampfers ,, merethie II", der gestern von Oran in See gegangen ist, aufgefangen. Er hat in der Nähe der Balearen den italienischen Dampfer Leonardo" in Seenot angetroffen und die aus Kapitän und elf Mann bestehende Besagung an Bord genommen. Das Wre des Leonardo treibt in südwestlicher Richtung ab.
Ein ungetreuer Buchhalter.
In den Lehr- und Beschäftigungs werfstätten für Kriegsbeschädigte, Kriegerhinterbliebene und andere Erwerbs beschränkte G. m. b. H. hat ein Buchhalter Unterschlagungen in hohe von etwa siebentaufend Mart begangen. Der Borjall hat dem Magistrat Beranlassung gegeben, den Betrieb durch die Hauptprüfungsstelle fontrollieren zu lassen. Die Untersuchung gegen den schuldigen Beamten ist eingeleitet.
Die Juristische Sprechstunde fällt heute und am Freitag, dem 27. Dezember d. 3., aus.
,, Rofine?" fragte der Bater ,,, wie lebt sie denn? Wie?" ,, Ach, Rosine mit ihrem Fischhändler meine ich nicht." ,, Und Magda?" Der Alte schob seine Brille hoch. Magda war immer noch in Berlin , und von Berlin erwartete er fid) nie etmas Gutes gerade für Magda war Berlin ja das Haus des Versuchers!
,, Sie hat nun eine Stellung, gut", fuhr Esther fort, aber was ist das, eine Stellung! Am Sonntag abend kann sie glücklich sein, wenn eine Menschenseele mit ihr im Café fizt, damit fie in Ehren Windbeutel mit Schlagsahne effen fann."
,, Ob sie das immer noch so gerne igt?" fragte die
Mutter.
Sie soll überhaupt nicht ins Café", groffte der Alte, Frauenzimmer gehören wo anders hin."
,, Und so", sagte Esther ,,, wie Magda, soll es auch mir ergehen."
Der Vater Rubin nahm die Brille nun ab. ,, Wessen Schuld ist das aber?" fragte er drohend. ,, Sind in das Haus deiner Eltern, nur um deinetwegen, nicht achtUnd wie haft du bare Leute genug eingeladen worden? fie alle behandelt, wie?"
Ich brauche teinen Mann", sagte Esther falt. ,, So", sagte der Alte, halb ärgerlich, halb gemütlich, ,, also hast mohl schon einen."
a", jagte Esther, ich habe schon einen." ,, Bic?" Das hatte der Bater Rubin nicht erwartet. ,, Und mer ist's also? Bie?"
Aber da verließ seine Tochter das Zimmer. ,, Das sage ich nicht". rief sie, schon draußen ,,, du zerstörst ,, Ja, zuerst das Kind. Und nun hole ich mir die mir höchstens auch die Hoffnung noch!" Bielleicht weinte fie Mutter dazu."
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Aber da maren nicht nur die Eltern auf Hohenau . Die für die Absicht des Sohnes erst noch gewonnen merden sollten, sondern es gab ja auch noch die Eltern Rubin zu gewinnen. ... mit ihr wäre es nicht so schmer gewefen, Die Mutter vom Leben zu reden, aber der Bater Rubin, der harte Ropi! ,, Mein Bater", sagte Esther zu Hans, ist schwerer zu friegen als deine Eltern zusammen Mein", fagte Hans, meine Eltern find schwerer zu friegen." Sie fingen aber trotzdem bei dem Bater an, bei dem Hartkopf Rubin.
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auch.
Jedenfalls schloß fie fich ein, ihre Kammer blieb Dunkel, es war längst noch nicht 3eit, zu fchlafen. ch zerstöre?" fragte der Alte ,,, wieso? Bin ich denn folch ein Barbar, Frau? Wie?"
Die Mutter ging gebeugt und feufzend herum. Mitunter weinte fie auch für fich. Das sollte dem Bater Rubin wohl angenehm sein?
A...
der Mite.
Was weißt du denn von dieser Geschichte, wie?" fragte Sie schüttelte nur den Kopf und feufzte. Dann ging sic Womit der Bater Rubin seine Antwort hatte, wieviel Frauensleut...!"
Findet ihr es eigentlich gut", fragte Esther, als le ,, wie meine Schwester abends am Tisch beisammensaßen
hinaus. fie mußte.
Aber der Lehrer Tannenbaum ist nun nicht mehr fortzubekommen. Was wollen Sie denn von Esther Rubin?" ruft er fingend, und springt hinter ihnen her. Dann bleibt er stehen einen Augenblid, um wieder hinterdreinzuspringen. Sie sind jetzt in der Nähe des Stegs. Und plöglich rennt lebt?"
( Fortsetzung folgt.)