Sichert den Wohnungsbau.
Reichsrat und Hauszinsstenerrückflüffe.
Nach dem Reichsgesetz über den Geldentwertungsausgleich bei bebauter Grundstücken vom 1. Juni 1926 wird die Gebäudeent schuldungssteuer( Hauszinssteuer) als Steuer auf den Inflationagewing der Hausbesiger erhoben. Praktisch trägt diese Steuer der Mieter, und der Hausbesitzer ist nur der Vermittler zum
Finanzamt. Ais am 1. Januar 1928 der Hausbesitzer den Zina
der aufgewerteten Hypotheken von 3 auf 5 Pro3. erhöhen mußte,
wurde dies der Rormand, die Mieten im Jahre 1927 auf 120 Bro3.
der Friedensmiete zu erhöhen. Damit wurde bestätigt, daß die Mieter die ganze Aufwertungslaft zu tragen
haben. Deshalb haben die Mieter auch das größte Intereffe an
der richtigen Verwerdung der Steuer. Sie erbringt etwa 1600 Millionen pro Jahr und fließt zur guten Hälfte den Ländern und Gemeinden zur Dedung ihres Finanzbedarfs zu, der Rest dient dem Wohnungsbau.
Bis Ende 1929 dürften aus der Hauszinssfeuer 4 Milliarden Mark für den Wohnungsbau verwendet worden sein. Wird die Hauszinssteuer weiterhin, in gieicher Höhe für den Wohnungsbau verwendet, dann steigt die Summe in zehn Jahren auf etma 12 milliarden Mart. Das ist für den Wohnungsbau der Zukunft ein beträchtliches Kapital.
Die Hauszinssteuerhypothefen werden nur mit der Auflage der Tilgung, teilweise auch der Berzinsung, gegeben. Die Sätze betragen 1 bis 2 Proz. der Hypothekenfumme. Die Rüdflüsse aus Til. gung und Verzinsung betragen jeht pro Jahr 30 bis 40 Millionen Mart und werden auf 120 bis 150 Millionen Mart pro Jahr an steigen. Diese Rückflüsse dem Wohnungsbau zu sichern, war das Ziel des Reichstags. Das hat er in seinen, am 13. März 1928 einstimmig beschlossenen Wohnungsbauprogramm zum Ausdruck gebracht. Dort heißt es:
,, Die Rüdflüsse( 3ins und Amortisationsrate) aus Haus. zinssteuerhypothefen und Darlehen sind ausschließlich für den Kleinwohnungsbau sowie zur Berzinsung und Tilgung der für diesen 3meck erforderlichen Anleihen zu vermen: den; fainesfalls dürfen sie zur Dedung von Ver= waltungsaufgaben der Länder und Gemeinden benugt werden."
Unter Mißachtung dieses Beschlusses setzte Preußen 12% Mil lichen Mark der Rückflüsse in den Etat für 1930 zur Schuldendeckung, also für Verwaltungsausgaben, ein. Hiergegen wandte sich der Reichstag . Da das Wohnungsbauprogramm nur eine Entschlie Bung darstellt, so galt es nunmehr bindend durch Gesetz die Rückflüsse für den Wohnungsbau zu sichern. Es war notwendig, dem ersten Mißbrauch zu begegnen, damit Nachahmungen unterbunden wurden und ein großes Kapital nicht auf Nimmerwiedersehen in den großen Verwaltungstopf verfchwindet, slatt für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stehen.
So entstand der Gesezentwurf zur Sicherung der Rückflüsse aus der Hauszinssteuer für den Sied lungs und Wohnungsbau, der am 20. Dezember vom Reichstag in dritter Lesung angenommen wurde.
Nun wurde der Reichsrat mobil gemacht. Er erhob auch Einspruch gegen den Beschluß des Reichstags. In der Begründung machte der Reichsrat geltend, daß die Steuer den Ländern zustehe, die sie beliebig verwenden könnten und daß das neue Gesetz in die Neuregelung des Finanzausgleichs vorab eingreife.
Beide Einwände sind falsch und irreführend. Das Gesetz über den Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken ist ein Reichs gefeß. Es überläßt zwar den Ländern und Gemeinden die Erhebung der Steuern, bindet aber ihren Verwendungszweck. Für den Finanzbedarf find 20-30, für den Wohnungsbau 15-20 vom Hundert der Friedensmiete zu verwenden.
Das Gesetz bestimmt aber weiter, daß, wenn die Mieten erhöht werden, in diesem Falle von dem Mehrertrag der Mieten höchstens ein Fünftel für den allgemeinen Finanzbedarf beansprucht werden darf.
Dieser Fall irat 1927 ein, denn die Mieten wurden auf 120 vom Hundert der Friedensmiete erhöht und der Anteil für den Woh nungsbau stieg auf 20 vom Hundert der Friedensmiete, das heißt, auf die Hälfte der Hauszinssteuer. Den Ländern blieb also nur das Recht, mehr für den Wohnungsbau von der Hauszinssteuer bereitzustellen. War dieser Teil einmal festgelegt, jo mar er für den Wohnungsbau z wed gebunden und mußten auch die Rückflüsse aus diesem Teil wieder für den Wohnungsbau verwendet werden. Dies sicherzustellen, ist der Zweck des neuen Gesezes. Es ist also falsch, daß es im Ermessen der Länder steht, die Rückflüsse beliebig zu verwenden.
Noch irreführender ist die Behauptung des Reichsrats, daß das neue Gesetz vorab in den Finanzausgleich eingreift. An dein gegenwärtigen Stande des Finanzausgleichs wird nichts geändert. Für den fünftigen Finanzausgleich erstrebt der Reichstag durch die von ihm beschlossenen Richtlinien für den Wohnungsbau den vollen Ertrag der Hauszinssteuer für den Woh nungsbau zu verwenden, was faum ohne anderen Steuerersatz möglich sein dürfte. Bei der Auffassung des Reichstags dürfte faum zu erwarten sein, daß er noch größere Teile der Hauszinssteuer oder die Rückflüsse für den Finanzbedarf der Länder bereitstellen wird. Das würde den Wohnungsbau zum Erliegen bringen und die Arbeitslosigkeit steigern. Darum ist das Borgehen des Reichs rats zweck- und nuglos. Aller Voraussicht nach wird der Reichstag mit mehr als 3weidrittelmehr heit den Einspruch zurückweisen und die zweck midrige Verwendung der binden.
Das Das Seftglas ins Gesicht.
Ein Bild in Grau aus dem modernen Bergnügungsbetrieb.
reinen Herzens glaubt, daß sich seine Damen für die Gage von 1 M. pro Tag elegant fleiden und noch soviel von dem Geld erübrigen fönnen, wie sie zum Leben brauchen. Der Chef der Eintänzerinnen würde jeden, der ihn als Kuppler oder Zuhälter zu bezeichnen wagt, wegen Beleidigung verklagen.
Wie die großen eleganten Tanzlokale ihre Eintänzer haben, die sich der ohne männliche Begleitung gefommenen tanzluſtigen Damen annehmen müssen, so haben sie auch ihre Eintänze rinnen, die umgekehrt die Pflicht haben, sich der allein gekommenen oft weniger tanz- als vergnügungslustigen älteren Herren anzunehmen. Diese Eintänzerinnen find nichts anderes als Animierdamen, die die Kavaliere im Interesse der Unternehmer zu tüchstädten zu finden sind. tigem und kostspieligem Alhoholfonfum anhalten müssen, während sie selbst, meist ohne Gehalt angestellt, auf Prostitution angewiesen sind. Wenn dann ein armes Mädel in einem Augenblick der Berzweiflung und des Zornes einem allzu aufdringlichen Ravalier grob tommt, dann wird es einfach auf die Straße gemorfen und das Amtsgericht sagt, wie der folgende Vorfall be= meist, Ja und Amen dazu.
Elegant gekleidet, gut frisiert, tadellos manikurt, so müssen Sie Eintänzerinnen allabendlich zum Dienst antreten, der lediglich darin besteht, mit gut angezogenen Herren auf Anordnung der Geschäftsleitung zu tanzen und möglichst viel Sekt und Wein zu trinken. Beim oberflächlichen hinschauen erscheint der Beruf der Eintänzerin geradezu beneidenswert. Aber so ganz beneidenswert ist dieses Leben doch nicht, denn auch hier ist die leidige Geldfrage von großer Bedeutung. Das Gehalt der Eintänzerin bezahlt gewöhnlich nicht der Chef, für den fie tanzen muß. Der Chef verlangt wohl, daß sie stets elegant gekleidet zum Dienst erscheint, aber woher fie das Geld für die Garderobe nimmt, intereffiert ihn nicht. Meift ist es so, daß die Eintänzerinnen Tisch geld " machen müssen, d. h. daß sie von den Herren mit denen sie auf Anordnung der Geschäftsleitung tanzen und trinken müssen, sich Geld- schenken lassen. Vielfach bekommen sie auch eine gewisse ilm fagprovi sion vom Unternehmer ausbezahlt, dann müssen sie aber auch die Borwürfe einsteden, wenn sie die Gäste nicht start genug zum Trinken animieren.
Nur in Ausnahmefällen kommt es vor, daß die Eintänzerinnen eine feste Tagesgage erhalten. die sich dann zwischen 1 bis 5 M. bewegt. Bon dieser Entlohnung müssen die Eintänzerinnen ihren Garderobenaufwand bestreiten, denn wenn sie etwa in nicht hochelegantem Ballkleid erscheinen würden, würden sie sofort aus dem Lokal gewiesen werden.
Der Hauptermerb der Eintänzerinnen liegt in der Zeit nach Schluß des Lokals, wenn sie von den Kavalieren, die sie im Lokal fennengelernt haben, noch weiter eingeladen werden. Aber das weiß selbstverständlich der Chef der Eintänzerinnen nicht, der
Erziehung zum Prügeln.
Jenny war eine Eintänzerin, wie sie zahlreich in den Großstädten zu finden sind. Sie gehörte sozusagen zur ersten Klasse, denn sie bezog ein festes Monatsgehalt von 125 M. Dafür aber war sie auf eine feste Arbeitszeit verpflichtet und durfte nicht während der Geschäftsstunden, wie ihre Kolleginnen, mit einem Kavalier das Lokal perlassen, um dann nach einer Stundi wiederzukommen. Ihren Nebenermerb, der der Haupterwerb jeder Eintänzerin ist, mußte sie ausschließlich in der Zeit nach 3 Uhr nachts betreiben. Jennys Unglüd war es, daß sie etwas melancho lischer war als ihre Kolleginnen. Alle diese Mädel haben gewöhnlich im Jahr eine Zeit, in der das
..heulende Elend"
über sie hereinbricht. Und da sind gerade die letzten Wochen des Jahres, in denen alle möglichen Erinnerungen gemedt werpen, besonders gefährlich. Da passierte es, daß Jenny, die auf Anordnung ihres Chefs mit einem etwas ältlichen, aber offenbar sehr reichen Kavalier zusammen saß und gehörig ineipte, plöglich von jener namenlosen Sehnsucht gepackt wurde. Ihr ganzes buntes Scheindafein und die zahlreichen und eindringlichen Anträge ihres Kavaliers efelten sie derart an, daß sie das voile Seftglas ihrem Gegenüber ins Gesicht warf und heulend da von lief.
Einen Augenblick herrschte im Lofal infolge dieses Auftritts eine peinliche Stille, denn Jennys Kolleginnen befanden sich alle mehr oder minder in der gleichen Stimmung. Aber dann brach, auf Anordnung des Herrn Chefs, eine besondere Lustigkeit aus, hervorgerufen von den Tanzmädchen und der Kapelle. So wurde die Situation in dem vornehmen Tanzlokal gerettet. Nur für Jenny hatte der Fall noch ein unangenehmes Nachspiel. Sie wurde
fristlos entlaffen.
und als sie wenigstens ihre 125 M. Monatsgehalt vor dem Arbeitsgericht einflagte, wurde sie mit ihrer Klage abgewiesen. Das scheinbar so elegante vornehme Tanzlofal zeigte hier seine wahre Fassade: die Fassade eines ordinären und brutalen Unternehmers, der nicht einmal so viel Anstand befizt, einem armen auf die Straße gehezten Tanzmädchen 125 M. mit auf den Weg zu geben.
Plattform sind, daß unten etwas los ist. Auch sie steigen einzeln die schmale Treppe herunter und jeder von ihnen wird von den Schlägen Gewalttätigkeiten von Kindern und Erwachsenen. der Rowdys empfangen. Das Geräusch der Pflasterarbeit übertönt die Schlägerei am Wagenturm. Die Straßenarbeiter werden aber Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Die schließlich doch herbeigeholt und sind gerade dabei, die drei Rowdys Alten prügeln die Jungen, die Jungs prügeln sich untereinander, und zu umzingeln, als es diesen gelingt, zu entwischen. Sie werden wenn sie alt geworden, prügeln sie ihre Jungen. aber aus ihren Betten geholt, verhaftet und stehen nun vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte unter Anklage der Körperverlegung. Die Strafe lautet 6 und 4 Monate Gefängnis für die erſten beiden und 6 Wochen Gefängnis für den Dritten. Wer weiß, ob nicht auch sie in ihrer Kindheit tüchtig geprügelt wurden. Jetzt prügeln sie selber.
Auf einem der häßlichen Höfe einer Mietfaserne spielt ein Dreizehnjähriger mit einem Siebenjährigen. Wie oft bei Kindern, wird aus dem Spiel Streit. Der Kleine wirft nach dem Großen mit Glasscherben, der Große prügelt den Kleinen durch. Der weint bittere Tränen, seine Mutter eilt herbei und verprügelt den großen Jungen. Die Mutter des Dreizehnjährigen will sich das nicht gefallen lassen; sie erstattet gegen die Mutter des Kleinen Strafanzeige wegen tätlicher Beleidigung. stehen die beiden Mütter und die beiden Jungen vor dem Amts= Rückflüsse unterrichter Berlin- Mitte. Er versucht, die streitenden Parteien zu beRichard Lipinski. schwichtigen, aber weder der Dreizehnjährige noch seine Mutter wollen etwas von einem Bergleich hören. Die Mutter des Kleinen verteidigt fich aber auf ganz eigenartige Weise. Sie erklärt, daß die Mutter des Großen ihren Jungen derart prügelte, daß sie, die Mutter des Kleinen fich sogar genötigt gesehen habe, das Jugendamt mobil zu machen. Und da prügeln Sie selbst den Dreizehn jährigen?" ironisiert der Richter und verurteilt die Frau zu 30 mart Geldstrafe.
Neuland entdeckt.
Erfolg der Norwegia Expedition im Südpolargebiet. Oslo , 28. Dezember. Der Fliegerkapitän Riiser- Larsen von der Nor wegia Expedition teilt mit, daß er zusammen mit Kapitän Lützow- Holm im Haakon VII . Meer im im Haakon VII . Meer im Südpolargebiet zwischen Coatsland und Enderbyland neues Land entdeckt hat, das sie für Nor wegen in Besik genommen haben. Die beiden Flieger verließen die„ Norwegia " im Flugzeug und gingen auf einer offenen Stelle im Wasser nieder. Hier auf begaben sie sich auf Stiern an Land, hißten die nor wegische Flagge und flogen dann zum Schiff zurück.
Eine Steuerbescherung. Das amerikanische Schazamt beglückte die Steuerzahler mit der Rückvergütung von 190 Millionen Dollar zuviel gezahlter Steuern.
Eine Straße im Norden. Mitternacht. Eine Kolonne Arbeiter reißt das Pflaster auf. Steine fallen laut polternd zu Boden. Nebnean führt eine Kolonne Monteure Reparaturarbeiten an den Drähten der elektrischen Straßenbahn aus. Der untere Teil des Wagenturms ist unbewacht. Drei Brüder fommen Schmiere stehen. Die beiden anderen nähern sich dem Wagenturm des Weges daher. Sämtlich vorbestraft. Der eine der Drei bleibt und entnehmen ihm schnell neuen und alten Kupferdraht. Der Kolonnenführer der Straßenarbeiter bemerkt es. Begt zurück den Draht," ruft er ihnen hinüber. Der Obermonteur wird auf den Streit aufmerffam Steigt schnell die schmale Treppe vom oberen Teil des Wagenturms herunter. Die Rowdys empfangen ihn mit dem Lötkolben, zertrümmern ihm den Kiefer und schlagen ihm die Zähne aus. Jetzt merken auch die Monteure, die auf der oberen
In einer hiesigen Jrrenanstalt erkrankten zahlreiche Personen erscheinungen. Ein krantenwärter, ein Diener nach dem Genuß von Wein an Bergiftungsund zwei Geistesfrante sind bereits unter furchtbaren Schmerzen geftorben. Sieben Patienten schweben noch in Lebensgefahr und 15 weitere liegen schwer frank danieder. Die Untersuchung ergab, daß ein Diener den Wein aus Berjehen in ein Gefäß gefüllt hatte, das vorher ein arjenhaltiges mittel zur Bernichtung von Insekten enthalten hatte.
die
Durchsuchung eines Kommunistenlofals. Der Polizeipräsident teilt mit:
,, Wiederholte Ueberfälle auf politisch Andersdenkende, ihren Ausgang von dem fommunistischen Verkehrslokal von Potraz in Schöneberg , Sedanstraße 53, ge= Lokals durch die Abteilung I A des Polizeipräsidiums. Die im nommen hatten, führten gestern Abend zu einer Durchsuchung des Lofal anmesenden Personen wurden nach ihrer Feststellung auf dem zuständigen Polizeirepier wieder entlassen. nahmt wurden u. a. drei Vervielfältigungsapparate und Handsazmaterial in Geßtäften, die offenbar zur Her ftellung von gleichfalls beschlagnahmten preffegezwidrigen Drudschriften, bestimmt waren. Beschlagnahmt wurden jerner Druckschriften.
Beschlag