Amnestie im Tscherwonzenprozeß?
Die Länderwirtschaft.
Die Gächsische Gesandtschaft und die Landtagsdeputaion.
8.
Zu unserer Notiz über Länderwirtschaft" in der Nummer Dom
Das Ziel der Verteidigung.- Bevormundung der Angeklagten. - Der Plan 8 Januar mirb uns pon beteiligter Seite geſchrieben: gegen Güdrußland.
Im Tscherwonzenprozeß wurde gestern die Bernehmung der Angeklagten Bell und Schmidt über die Angelegenheit des Ronfultitels für den Nürnberger Lebensmittelhändler Rieger fortgefeßt. Schmidt und Bell trafen sich Anfang 1927 in Lausanne . Bell bat Schmidt um 2000 Marf für eine politische Sache. Schmidt hatte fein Geld Da tam Bell auf den Gedanken, von Rieger 3000 Mart als Spesen in der Konsulatsangelegenheit zu verlangen. R'eger erhielt ein Telegramm, daß er Konsul geworden sei und ein zweites Telegramm, in dem 3000 Mart verlangt wurden. Rieger zahlte an Bell und Bell überwies Schmidt von dem Gelde 1000 Mart.
Nach einer furzen Bause nahm der Vorsitzende sodann die Frage wieder auf, mas eigentlich aus der Konsulatsfache geworden fei. Bell erklärte, daß er nicht wisse, was aus der Sache gewor den sei.
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Vorf.: Rieger soll sich doch in Sofia furchtbar bumm benommen haben. Weshalb ist ihm denn alles schief gegangen? Bell: Ich habe darüber nur etwas gehört. Mir wurde gesagt, er hat sich in Sofia benommen wie ein deutscher Diplomat. Bors.: Was heißt denn das? Bell: Nun, so schlecht.( Allgemeine Heiterfeit.) Er erzählte Sachen, von denen er wußte daß fie gar nicht stimmten. Borf.: Jedenfalls ist Rieger also nicht Ronsul geworden.-
Oberstaatsanwalt Tehlaff: Der Angeflagte hat hier immer gefagt, daß er von Schmidt das Geld für politische 3 me de betommen habe, Darunter tank than both allergang, perstehen. Er soll uns doch einmal sagen, welche Zwede das waren.
Die Verteidigung greift ein.
R.-A. Dr. Sad: Herr Bell, beantworten Sie uns doch einmal genau die Frage, wer der Kreis um General Hoffmann, welches die wirtschaftspolitischen Rreife waren, die sich dafür interessierten und welchen politischen Erfolg sich die deutschen Kreise von der Sache versprachen. Bell: Wir sind auf die politischen Möglichkeiten im Ballan durch Karumidle aufmerksam gemacht worden. Es ist nämlich nicht möglich, dort politisch tätig zu sein, menn man nicht wirtschaftlichen Einfluß gewinnt und die maß gebenden Kreise, Kaufleute usw. unterstüßt
R.-A. Dr. Sad: Es war nämlich so, daß Rieger nicht bloß den Ronfultitel haben wollte, sondern durch Erlangung der Schweinetonzessionen Beherrscher des Schweineerportes werden wollte. Es handelte sich nicht um Geschäfte mit Konsulstiteln, sondern um eine rein geschäftliche Angelegenheit
Angeflagter Schmidt: In der Boruntersuchung habe ich den Einbrud gehabt, daß man seitens der Antlagebehörde mein Ber fahren durchaus in diesen Prozeß hineinhaben wollte, um die ernst zunehmende Sache der georgischen Freiheitsbewegung lächerlich zu machen. Der Faden der ganzen Angelegenheit dors in der Berhandlung nicht verloren gehen und nicht durch Schweinefonzessionen und ähnliches lächerlich gemacht werden.
R.-A. Dr. Sad: Der Angeklagte Schmidt hat ganz recht, deshalb märe es angebracht, daß der Angeklagte Bell endlich einmal sagt, melches der Freundesfreis mar, der sich in Deutschland mit dieser Angelegenheit der wirtschaftspolitischen Fühlungnahme mit dem Kautajus und dem Balkan beschäftigte.
Bell: Ich bin doch hier wegen der Tscherwongen. fälschung angeklagt, und diese Angelegenheit hat doch gar nichts damit zu tun.
R.-A. Dr. Sad: Die Bewegung stand doch unter Führung des verstorbenen Generals Hoffmann und anderer. Es handelte fich doch um die große politische Aufgabe, eine neue deutsche Intereffensphäre zu schaffen. Das müssen Sie doch klar zum Ausdruck bringen.
Bell: Dazu bin ich nicht in der Lage. Ich weiß auch nicht, was das für einen 3wed haben follte.
Auf erneutes Sureben seines Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Sad, der darauf hinwies, daß die Beantwortung dieser Fragen von großer Bedeutung in diesem Prozeß fei, erklärte Bell, daß er es sich bis Montag überlegen werde, ob er darauf Antwort geben wolle.
An seiner Stelle erklärte der Angeflagte Schmidt: Die ganzen Grundzüge sind durch die Aussagen Bells verzerrt worden. Ich wollte auch gar nicht, wie er in der Voruntersuchung erflärt hat, eine politische Rolle spielen oder eine Führerstellung einnehmen, denn an der Spitze der Bewegung stand General Hoffmann, zu dem ich unbedingtes Bertrauen hatte. Ich konnte mir ja auch nicht denken, daß die frühere deutsche Regierung einen unfähigen Mann einen Frieden abschließen läßt. General Hoffmann hatte Beziehungen zu den größten wirtschaftlichen Faftoren, er war es, der mit dem englischen Delfonzern in Berbindung stand, und er hatte die Pläne mit maßgebenden Leuten in Deutschland durch gesprochen.
Borf.: In diesem Prozeß entwideln sich also jeẞt drei Bro. bleme, die von den Angeklagten erstrebt worden sind. Erstens der Kampf gegen den Bolschewismus, zweitens Schaffung von Handelsbeziehungen zu Bulgarien und drittens das neueste Problem: der Kampf des englischen Deltonzerns um die reichen Quellen Südrußlands. ilust
Erzählungen über südruffische Aufstandspläne.
R.-A. Dr. Sad: Die drei großen Probleme, die der Herr Bor fizenbe hier eben genannt hat, find untrennbar voneinander. Nur menn wir die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen politischen und wirtschaftlichen Fragen verfolgen, tönnen wir rekonstruieren, was seit dem Jahre 1926 von führenden englischen und deutschen Wirtschaftlern angestrebt worden ist. An der Peripherie dieser großen Probleme steht die Tat der Angeflagten, stehen auch die Tscherwonzenfälschungen. Wenn wir das Berhalten der Angeflagten bis in die letzte Tiefe durchleuchten wollen, müssen wir die Rernfrage, den Kampf um Rußlands Delquellen, hier aufrollen. Wir wollen doch endlich einmal das Bifier hochschlagen. Ist es richtig, Herr Schmidt,
daß die geplante Eroberung Südrußlands bis in das letzte hinein durchdacht war, daß man Verkehrswege und Fluglinien vorbereitet, daß man Geheimverbindungen hergestellt hatte, daß alles getan war, um die Produffion der Delgebiete ohne Störung zu übernehmen und auch den Absah in die Wege zu leiten? Angell. Schmidt: Das alles ist in den deutsch - englischen Kreisen bis in das fleinste besprochen worden.
R.-A. Jung- München : Mir scheint, als ob durch die Erörterung der Konfulatsaffäre jegt ein gewisser Birrmarr ent standen ist.
Es ist nicht zutreffend, baß die Sächsische Gesandtschaft in Berlin aus einem Gesandten, vier Ministerialdirektoren und ente sprechendem Personal besteht. Es find neben dem Gesandten drei ministerialbirettoren vorhanden, die als Bevollmächtigte zum Reichsrat die Aufgabe haben, in den zahlreichen Ausschüssen dieser Körperschaft die gesamte Reichsgefeßgebung, wie sie durch den Reichstag geht, auch ihrerseits mit zu bearbeiten. Wenn man sich über die Zahl der zum Reichsrat entsandten Bevollmächtigten Sachsens verwundert, so sollte man sich auch erinnern, daß das Land Preußen neben seinen Bevollmächtigten im Hauptamt mehr als 60 seiner Ministerialbeamten als Stellvertreter für die Beratungen im Reichsrat bereitstellt.
Es ist ferner nicht zutreffend, daß die Deputation des Hauptausschusses des Sächsischen Landtages nach Berlin gesandt worden ist. um an Ort und Stelle die Frage zu prüfen, ob die Sächsische Gesandtschaft in Berlin notwendig sei". Ein solch ab= wegiger Auftrag ist der Deputation natürlich nicht gestellt worden. Denn jeder fächsische Abgeordnete weiß fehr wohl, daß die Ge fandtschaft zugleich die Vertretung des Landes Sachsen im Reichsrat umfaßt, die auf der Reichsverfassung von Weimar beruht. Nicht richtig ist auch, daß die Deputation aus 21 Personen bestanden habe. Es waren vielmehr zwölf Abgeordnete, darunter acht von der sozialdemokratischen Fraktion des Sächsischen Landtages . Der 3wed diefer Reise war nicht allein die Prüfung von Ersparnismöglichkeiten, sondern ebenso die Aussprache über perfchie. dene schwebende politische Fragen, die für die Industrie und Arbeiterschaft Sachsens von großer Bedeutung sind. Es war durchaus begrüßenswert, daß einmal eine Anzahl Abgeordnete mit der Bertretung des Landes Sachsen in Berlin einen Gedankenaustausch herbeigeführt haben. Schließlich ist es auch verfehlt, die often dieser Maffendeputation" tadelnd zu betonen; die Reise hat dem Sächsischen Staat außer den Fahrkarten zwischen Elfterwerda und Berlin feinerlei Rosten verursacht."
Dementiert. Auf Anfrage hören wir vom preußischen Staatsministerium, daß die Meldung der Börjenzeitung", ber preußische Staat babe die Bettungs- Korrespondenz des Dr. Rudolf Dammert Berlages, sowie den Reichsdienst der deutschen Preffe und die Konjunkturforrespondenz" erworben, unwahr ist.
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Aus der Partei.
Zusammenschluß in Palästina.
Wie die Jüb. Tel.-Ag." meldet, haben die beiben füdischen Arbeiterparteien Palästinas Aschduth Awoda und Hapoel Hazair auf einer Tagung in Tel- Awim beschloffen, sich zusammenzuschließen und den Namen Jüdische Arbeiterpartei Palästinas anzunehmen. Die neue Einheitspartei steht auf dem Boden der sozialisti. schen Internationale und hat beschlossen, sich durch das Verbandsbureau der Boale Zion der Internationale anzuschließen.
Der englische Arbeitsminister George Lansbury beglüd. wünschte die Partei zu der Bereinigung, die die Schlagkraft und R.- 2. Dr. Sad: Von einem Wirrwarr fann gar keine Rede sein, das Ansehen der Arbeiterschaft vermehre. Das Schreiben schließt: denn unser Ziel ist, die politischen Hintergründe aufzusch erwarte den Tag, an dem Juden und Araber gemeinsam eine neue Kultur schaffen, die größer sein wird als jede ihr voran. flären. Das Kammergericht selbst hat sich ja mit diesen Dingen gegangene. fchon eingehend beschäftigt, und es ist für die Angeklagten von eminenter Bedeutung, ob das Gericht anerkennt, daß ihre Handlungsweise durch ihre politische Einstellung be stimmt war.
R.-A. Dr. Beer stellte dann noch zum Schluß der Sigung den Antrag, daß am kommenden Montagmorgen K armuidse noch einmal Gelegenheit gegeben werde, über die politischen Hintergründe, über die Besprechungen mit Sir Deterling und Nobel in London sich ein gehend zu äußern. Das Gericht stimmt diesem Antrag schließlich zu. Darauf wurde die Sigung auf Montag früh 9% Uhr vertagi.
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