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Ar. N» 47. IaHrgang Sonntag, �9. Ianuar 4920
Sparen und Arbeitslosigkeit. Die Schachi-Katastrophe des Winters-1929/30.
Die Arbeitslosigkeit steigt weiter a n. Die Kommu­nisten veranstalten sogenannte Kundgebungen der Arbeitslosen, von deven diese in ihrer grasten Mehrheit fernbleiben. Denn mit der Zeit haben die Arbeitslosen herausbekommen, daß die Kommu- »istisch« Partei ihnen weder helfen kann noch will. Die KPD  . will im Gegenteil, daß die Arbeitslosen ihr aus die Beine helfen. Dos Problem der Arbeitslosigkeit als Folge der NalionalU sterung bleibt noch zu lösen. Die künstlich erzeugte Finanz- not hat es nur verschärft. Was Im legten Winter die katastrophale Kälte erzeugte, hat in diesem milden Winter Herr Schach: getan. In ollen öffenllichen Betrieben und Verwaltungen wirdge­spart". In den Derwallunosabteilungen wird gerechnet und solange gestreckt, bis Arbeiter und Angestellte auf die Straße fliegen. Wenn die kommunalen Bauten eingestellt werden, dann bleibt natürlich nichts anderes übrig, als eine Reihe der beschäftigungslos ge- wordenen Techniker, für die keine Arbeit mehr da ist, abzubauen. Es werden jedoch nicht nur Techniker, sondern auch Ber- waltung 5 angestellt« entlassen. Da man schon einmal beim Sparen ist. macht man gleich grürid- kich« Arbeit. Dos Feuer brennt den Gemeinden auf die Nägel, und da überall den letzten die Hund« beißen, müssen die kleinen Anger stellten dran glauben und ihre Arbeitsstelle verlassen. In Berlin   hat man bei verschiedenen Bezirksämtern über lüv älter« Angestellt  « gekündigt, obwohl eigentlich Arbeit genug vorhanden wäre. Es handelt, sich vielleicht um Leute, die über fünf Jahr« beim Magistrat bereits beschäftigt sind. Zur Zeit werden Liften angefertigt, um festzustellen, wer noch am IS. Februar mit 6 Wochen Frist zum 1. April gekündigt werden kann. Di« Angestelltengewerkschaften kämpfen«inen schweren Kampf gegen diese KLndigüvgin älterer Angestellter beim Dtagistrat, und die sozialdemokratische Fraktion im Stadtparlament will diesen Kampf durch eine Interpellation unterstützen. Was wird aus den Entlassenen werden? Leute, die bisher bei Behörden gearbeitet haben, haben sehr wenig Aussicht, in der In- bustri«»der im Handel ein linterkommen m iinden. Die Entlassenen werden Dauerarbeitslos«. Ein« Zeitlang besuchen sie ver- geblich den Arbeitsnachweis und vertreiben ihre Zeit mit der An- sertigung von Lewerbuügsschreiben. Laim werden sie diese Art von Zeitvertreib aufgeben. Di« Arbeitslosenversicherung und die Krisen- Unterstützung werden sie vor dem direkten Verhungern bewahren. Dann tauchen sie eines Tages iin Gemeindeetat wieder als Wohl fahrtsarbeitslose auf. Die Kommune wird ihnen Wohlfahrtsunterstützung zahlen und sie vielleicht alsWohlfahrts- erwerbslose" beschäftigen. Man wird also den früheren Magistrats- angestellten und späteren Wohlfährlserwerdslosen an ein paar Tagen der Woche Zusatz l i lh«Arbeit" verrichten lassen. Damit
ist der Kreislauf geichloflen, ein Kreislauf der Tragik für die Ange- stellten, eineErsparnis" für den Genreindeetat, deren dickes End« nochkommt. Will man in den Gemeinden die Angestellten enllasten und durch Woh'.fahrtserwerbslose ersetzen? Planmüßig vorgesehene Arbeiten und Arbeitsplätze sollen nicht in den Ra huren der Arbeiislosen- fürsorge einbezogen werden. Entlastungen oder Versetzungen von Slrbeitern und Augestellten zur Freimachung von Plätzen für Per- surren der Ärbestsfürsökg« sind nicht statthast. Rigoroser Ange- stelltenabbau nruß praktisch dazu führen, daß iniin er mehr Wohl- fahrtserwerbslose auf Kosten der Angestellten beschäftigt werden. Eine solche sich im Kreis drehende Sparerei hat keinen Sinn. Llebsrstundenftanüal in den Arbeitsämtern. Zehntaufcndc von erwerbslosen Angestellten sind in den Arbeitsnachweisen eingetragen und beziehen Arbeitslosen. oder Krisenuirterstützung oder sind ausgesteuert und werden zum Teil durch die Wohlfahrtsämter unterstützt. In den Arbeitsämtern, besonders in den Versicherungsabteilungcn/ werden aber nach wie vor U eberstunden von den Angestellten gefordert oder von den Vorsitzenden der Arbeitsämtererwartet". Nicht nur an den Wochemagen, zum Teil bis nachts 12 Uhr. i ordern auch Sonntags sind die Angestellten zufreiwilligen Ueb erstunden" gezwungen worden, uird zwar ganz liesorrdcrs in den Arbeitsämtern der Provinz. Diese Ueberstundenmißwirtschait. bestebt auch besonders im Arbeitsamt Berlin  -Rordwest(Spandau  ), in dem etwa 40 Angestellte fest Anfang Januar täglich Wochentags und Sonn- tags Ueberswndsn lersten. Die Arbeit, die trog der Ueberstunden nicht in den Diensträumen zu schassen"ist, wird zum Test in den Wohnungen der Angestellten erledigt. Es muß geradem als öffentlicher Skandal bezeichnet werden, daß die Reichs- anstalt, deren Hauptaufgabe die Arbeitsbeschaffung ist, in ihren eigenen Dienststellen nicht die Möglichkeiten zur Beschäftigung von erwerbslosen Angestellten ausnutzt. Durch Entlaffungs- androhungen und mit dem Hinweis, daß im Jnteresie der Arbeitslosen die Ueberarbeit geleistet werden müsse, werden die Angestellten zu diesen Ueberstunden gezwungen. Offenbar müssen einzelne Vorsitzende der Arbeitsämter erst durch dienstliche Anweisungen der Ha» p stelle der Reichsanstalt gezwungen werden, die Mstnohmc der Akten in die Wohnungen der Angestellten und die Ableistung der Ueberstunden zu verbieten. Es ist die höchste Zeit, daß die Rcichsanstolt dies« Mißstände endlich beseitigt/.-... o..
Totes Rennen in Genf  . Die Kohlen?onferenz endet mit einem Torso. Gens. 18. Januar.(Ergenberichi.) Die K o h l« n k o n f e r e n z koontc Ihr Ziel,«ine internationale Arbettszcit iür die Untertagearbeiter festzusetzen, trotz aller Be» mühungen einiger Negierunge», darunter der deutschen  , und trotz des großen Verständigungzwillens der Arbeitnehmer nicht er- reichen. Der letzte Tag der Konferenz zeigte nochmals deutlich die ungeheuren sachlichen Schwierigkeiten und die Renitenz der Grubenherren. Ursprünglich war die osfentliche Schlußsitzung für Sonnabend vormittag vorgesehen. Da der Ausschuß sich nicht einigte, wurde sie erst aus drei Uhr und dann nochmals auf fünf Uhr verschoben, und fand erst am späten Abend ihr Ende. Nachdem weder für sieben noch für 7''! Stunden Arbeitszeit eine Mehrheit zu iinden war, höfste man in der össemlichen Sitzung eine solch« für 1% Stunden zu erreichen, un, so mehr, als der 7?ir-Swnden-Tag nur mit Stimmengleichheit abgelehnt worden war. Aber die öffentliche Sitzung hatte dasselbe Ergebnis, mrt 13 gegen 13 Stimmen be! einer Enthaltung fiel die Festsetzung der Arbeits- zeit, trotzdem Deutschland   noch tn letzter Stund« einen Venwirlungs- vorschlug machte. Es war der polnische Reaierungsvcriretcr, desien Siimme die A b l e h li u n g c n t l ch i e d. während sich die belgisch« Regierung beide Male der Stimme enthielt. Es wird nunmehr die Zlufgabe des am 4. Februar zusammen» tretenden Derwastungsrates des Arbeitsamtes sein, den nicht nur in den Hauptpunkten der Zlrbeitszeit,- sondern auch tn»nanchen anderen Punlren unvollständigen Abkommeneentwurf zur Dervoll, ständigung der Arbeftskomerenz mr Juni zu.überweisen, wobei dif Frage ossen ist, ob die Konferenz in diesem Jahre das Abkommen erledigen kann oder ob auch auf chr der Widerstand so groß ist, daß es nicht zustande kommt. Der belgisck?« Dergarbeiterführer Delattr« gab zum Schluß im Namen der Arbeiter der Enttäuschung der Arbeiter- g r u p p e über das mangelhafte Ergebnis der Konferenz Ausdruck. Er betonte, daß die Arbeiter am Siebenstundentag als Ziel f e st» holten und warnte die Regierungen und die Unternehmer davor. durch ein Versagen in der Frage der Arbeitszeitregelung die Hoff» nu»g in den Herzen der Arbeiter zu töten und das'Vertrauen in die internationale Sozialpolitik zu erschüttern. Der Führer der christlichen Vergarbelterorganisationen schloß sich diesen Warten an und betonte, daß auch für die christ» lichen Bergarbeiter der Siebenstundentag die Forderung sei und bleibe. Absuhr der Gelben. Oie Konditoren bekennen sich zur freien Gewerkschofi. Eine sehr stark besuchte Versammlung des Äondltoreipersonals beschäftigte sich am Donnerstag mit der bei dem Konditoreipersonal durch die Taktik der Unternehmer herrschenden Zersplitterung. Der RsichSsektionsl«ter B o s se rechne!« ön Hand' zahlreicher-Beispiel«
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Der Abendschuh der Safsonl