Krawalle am Friedrichshain . -1300 Personen nach Waffen durchsucht. Die Nationalsozialisten hielten gestern abend am Friedrichshain eine Versammlung ab, in der der Nationalsozialist Mossakorosti rese rierte. Die Kundgebung nahm einen sehr stürmischen Verlauf, da sich zahlreiche Kommunisten in den Saal Einlaß ver schafft hatten und durch Zwischenrufe Störungen herdeizu. führen suchten. Mehrere der Krakeeler mußten von der Polizei ab* geführt werden. Da in der Umgebung des Frtedrichshains sich größere Gruppen Kommunisten angesammelt hat«n und so die Gefahr bestand, daß es zu blutigen Zwischenfällen kommen könnte, hatte die Palizei ein großes Aufgebot von Beamten dorthin beordert. Mehrfach kam es zu kleinen Zwischenfällen und Schlägereien, so daß die Polizei, wiederholt die Straßen und einen Teil des Friedrichshains freimachen mußte. Bis um 2S,15 Uhr wurden zehn Personen fest genommen, die sich den polizeilichen Anordnungen widerfetzt hatten und die außerdem im Besitze von Stich- und Hiebwaffen angetroffen worden waren. Als die Kundgebung der Nationalsozialisten, die von etwa 1300 Personen besucht war, gegen 23 30 Uhr ihr Ende erreicht hatte, hatte die Polizei sämtliche Ein- und Ausgänge besetzt und schritt zur Durchsuchung nach Waffen. � Dt« Beamten, die bei Bekannt- gäbe ihres Vorhabens mit großem Hällo und Protestgefchrei emp- fangen wurden, griffen aber energisch durch und nach etwa einer Stunde war die Durchsuchung beendet. Beim Abmarsch der ersten nationalsozialistischen Trupps kam es zwischen diesen und Kommunisten zu einer größeren Schlä- gerei. Mehrere Personen wurden dabei verletzt. Dl« Polizei griff sofort ein und nahm mehrere Verhaftungen vor. Wie noch bekannt wird, wwrde bei einer Schlägerei, die sich während der Versammlung im Innern des Saales entwickelt hatle, ein Teil der Saaleinrichtung demoliert. Zahlreiche zerbrochene Stühle und Bierseidel bedeckten den Fußboden.
Die posaunen von Jericho . Geblasen von Hugenberg und Stubbenborf. Die D« s p e r a d o p o l i t i k, die im Lager Hugenberg fetzt als die große Mode betrieben wird, findet bei ollen einigermaßen veruünftiyen bisherigen Anhängern der deuffchnationalen Ideologie lebhaften Widerspruch, auch nachdem die bekannte- Absplitterung aus der Reichstagsfraktion und der Partei schon erfolgt war. Neuerdings nimmt der fränkische Bauernabgeordnete Bach mann in einer Hugenberg nahestehenden Zeitungskorrespondenz das Wort, um gegen gewisse Ueber treibungen deutschnatio naler Landbündler sich zu wenden. Da ist z. B. der deutschnational« Abgeordnete o. Stubbendorf . dem Bachwann vorwirft, daß er die Parteien der nationalen Opposition über das fachlich not- wendige Maß hinaustreiben wolle. Der Landwirt wie der Mensch überhaupt, sagt Bachmann, leb« nicht von Forde- rungen. sondern von dem. was er für sich und seinen Stand erreiche. Das könne nur in mühseligen, im einzelnen unbesrkdi- genden Etappen geschehen. Der Weg zum praktischen Erfolg geh« aber nun einmal durch da» Parlament. Stubbendorf hoffe aus den»Retter", der einmal„das Heft in die Hand" nehrvc. Aber erst müsse dieser Mann, selbst wenn er vorhanden wäre, doch einmal das Heft in die Hand bekommen. Das ging« nur auf illegalem oder legalem Weg«. Den illegalen, den Putsch. werde Ewdbendorf doch wohl ablehnen. Tiber den legalen wolle er anscheinend auch nicht. E» bleib« also nur übrig, daß er aus- ein baldiges Wunder hoffe. Auf ein solches Wunder zu warten und in dieser Erwartung mit agitatorischen Forderungen die Posaunen von Jericho zu blasen. könne man der deutschen Landwirtschaft in ihrer jetzigen Lag« nicht empfehlen. Sie müsse vielmehr unboschodct aller weiteren Hofs- nungen. Dünsche und Forderungen alle gegebenen Mög- lichteiten ausnutzen, utn Schritt für Schritt den Zielen der völligen Wiederherstellung näher zu kommen. Sonst könnte auch der Retter, wenn er eines Tages kommt, nicht mehr viel zu retten vorfinden. * Da» sind sehr vernünstige Worte, die der fränkische Land- bündler seinem norddeutfch-preußischen Kollegen verseßt. Man darf wohl annehmen, daß es noch inehr Leute bei den Hugenbcrgern gibt, die so vernünftig denken, wenn sie auch nicht alle den Mut finden, so offen heraus zu sagen, was es mit der Katastrophen- theorie ihres Führers auf sich hat. Di« vernünftigen Ansichten aber können sich natürlich nicht nur auf die Interessen der Land- Wirtschaft beschränken. Sie gelten vielmehr für alle Gebiet« des politischen Lebens. Flucht vor Hugenberg . Leipzig . 21. Januar. Die Stadtverordneten Schmidt und Franke, die beide auf der deutschnationalen Liste ia dos Stadtverordnetenkollegium gewählt worden sind, haben erklärt, daß sie ihre Bindung zu der deutsch - nationalen Gruppe in der bürgerlichen Stadtoerordnetensrattion gelöst hätten. Sie wollen als Hospitanten bei der Deutschen Volkspartei eintreten, aber nicht aus der Deutschnationalen Volks- parte! selbst austreten. Die Demschnattonole Partei Leipzig teilt hierzu mit. daß sie das verfahren auf Ausschluß aus der Partei gegen diese beiden Stadtverordneten in die Weg« leiten werde. Zenirum gegen Wissel!. Ein Schreiben des Reich??an,lerS an Or. Brüning. Reichskanzler Müller hat dem Vorsitzenden der Zeittrum«- fraitlon des Reichstages, Dr. Brüning, auf desien am 16. d. M. an den Reichskanzler gerichtetes Schreiben mit folgendem Schreiben geantwortet: „Zu dem in dem Beiblatt der Morgenausgabe Nr. 26 des „Berliner Tageblatts" vom 16. Januar 1030 unter der Ueberschrift „Fort mit den Lügen!" veröffentlichten Artikel des Herrn Reichs- arbeitsmlnister» Wtssell zu§ 218 des Reichsstrafgesetzbuches(§ 254 de» Entwurfs) hat der Herr Reichsapbeitsminifter erklärt, daß die Ueberschrift„Fort mi t L ü g e n!" nicht von ihm stamme, sondern ein Zusatz der Redaktion des„Berliner Tageblatts" sei, und daß seine Unterschrift auch nicht de» Zusatz„Reichsorbeitsminjster" getragen habe. Ich darf hierzu mitteilen, daß der Herr Reichsjustiz- minister bei seinen in der 68. und 70. Sitzung des Strafrechts- ausschusse« am«. und 11. Juni 1929 zu dem§ 218 abgegebenen Erklärungen gemäß seiner durch Artikel 56 der Reichsverfassung bestimmten Zuständigkeit gehandelt hat. Der Artikel des Herrn Reichsärbeitsministers enthält demgegenüber nur ein« private Meinungsäußerung. Das Reichskabinett wird sich, ror« mit anderen Fragen des neuen Reichsstrafgesetzbuches, auch mit dieser nach Abschluß der ersten Lesung des Strafrechtsausschusses beschäftigen."
Oer allmächtige Kassierer.
,Mr würden ihn ja gerne los. Aber wer zahlt dann die Gehäiter?� Die Londoner Konferenz. Donnerstag beginnt die Beratung.
London , 21. Januar. In der Eröffnungssitzung der Flottenabrüstungskonferenz be- zeichnete, nachdem der Vertreter der. australischen und der kanadischen Delegation, der Ueberzeugung Ausdruck gegeben hatten, daß die Arbeiten der Konferenz bei gutem Willen zu prak- tffchem Ergebnis führen würden, der französische Ministerprästdeitt Tardieu die Konferenz als entscheidenden Versuch, den Frieden zu organi- sieren: dieser Versuch ruf« bei allen Teilnehmern ein ernstes Gefühl der Derantwortung hervor. Ein Erfolg im begrenzten Rohmen dieses Unternehmens werde den Erfolg einer in einem größeren Ausmaß zu unternehmenden Anstrengung im Jnteresi« der Abrüstung ermöglichen. Ein Mißerfolg der Konserenz würde alle B«> strebungen auf Abrüstung schwer belasten. Die nationalen Bediiri- nisse müßten die Grundlage der Verhandlungen bilden. Vor allem müsse man den geheiligten Anspruch aus national« Sicherheit im Aug« behalten. Man sei jedoch bereit» in her Lag«, die Probleme unter dem- Gesichtspunkt der zunehmenden Reih« von Ga ra n.ti cn zu behandeln, die in den internaiionolen Verträgen der letzten Jahr« enthalten feien. Nur«iru feste Zuversicht werde ermöglichen, zu der dringend notwendigen Regelung der technischen Fragen zu gelangen. Frankreich werde zur Erreichung des gemeinsamen Zieles sowohl durch seinen guten Willen wie auch durch seine uncrschütter- liche Zuversicht beitragen. Die Uebertragung der Reden auf den deutschen Rundfunksender lieh nun die Hörer das eigenartig« Englisch des Oberfaschisten Graudi genießen, der wohl Eindruck auf die anglo -überseeische Mehrheit der
Konserenzteilnehmer ausüben wollt«, indem er ihre Sprache g«- brauchte. Er brach!« es fertig, von Mustoiini und von dem„großen fortschrittlichen Ausbauprogrymm" zu reden,, tas Italien besonders obrüstungsbedürftig mache. Die Faschistenrezierung möchten wir sehen, die etwa auf ihr«„Miliz " verzichten würde!. In japanischer Sprache, die gewiß kein Hörer außerhalb der Delegation von Tokio und dem Dolmetscher versteht, der gleich darauf ins Englisch « übersetzte, führte Außenminister Wakalsuki aus: Die japanische Nation ist von dem einhelligen Wunsche ersüllt, daß der Friede aus' unvergänglichen Grundlagen errichtet und daß der Grundsatz gemeinsamen internationalen Wirkens nachhältig ge- festigt wird. Das gespannt« Interesse, das die Oeffentlichkeit in Japan der Konferenz entgegenbringt, ist ein unmißverständliches Zeichen für die friedlich« Gesinnung, die unser Land beherrscht. Ich glaube zuversichtlich, daß die Konserenzmächte in wechselseitigem Ver- hältni» dic. Paltttt.aind die Haltung der anderen Konserenzteilnehmer im vollen Umsqng begreisen und würdigen, Wenn ich mir auch be- wüßt hin/ wie delikat. die Problem« sind,! mit denen wir uns hier befassen wüsten, kann ich doch nicht irgendein nicht zu bewältigendes Hindernis erblicken. Japan gelobt jreimlltige und loyale Zusammen- arbeit mit den anderen Konserenzteilnehmcrn. Gemeinsam mtt ihnen ist es bereit, in Sachen der Abrüstung zur See bis zum äußer- st e n zu gehen. Nachdem noch Vertreter Neuseelands und der Süd- afrikanische»Union gesprochen Hatten, wurde die Sitzung auf Donnerstag vormittag 10 Uhr vertagt.
Tumult vor Gericht. Kommunisten wollen das Urteil v« bindern. Breslau . 21. Januar. Das Groß« Schöffengericht verhandelt« heute gegen Mitglieder der Kommunistischen Partei, die wegen schweren Aufruhrs aus Anlaß eine» Demonstrationszuge» des Roten Frauen- und Mädchenbundes im Juli 1929 angeklagt waren. Gleich nach Beginn des Prozesses kam es im Gerichtsgebäud« zu schweren Tumulten. Es hotten sich annähernd 200 An- Hänger als Zuhörer«iiigefunden. Dos Gericht beschloß hieraus, die Sitzung aus dem Schöffen- gcrichtssaal in den kleinen Straftammersaal zu verlegen. Da die Angeklagten sich diesem Beschluß widersetzten, und sich nicht be- ruhigen liehen, beschloß da» Gericht, Haftbefehle auszuschreiben und Zwangsvorführung zu oeranlasten. Di« als Zeugen geladenen Schutzpolizisten brachten die Angeklagten in den kleinen Strafkammersaal. Unterdessen hatte sich auch die Erregung des Publikums gesteigert. Reue Menschenmassen suchten ins Gerichtsgebäude einzudringen, so daß schließlich Poll- zei die Straßen säubert« und das Gerichtsgebäude abriegelte. In der dann beginnenden Verhandlung wurde der Angeklagt« Schaffel wegen schweren Aufruhr» in Tateinhett mtt Körperverletzung zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Ein- weiterer- An- getilgter erhielt sechs Monate Gefängnis, drei Angeklagte wurden freigesprochen. Indiens Parlament tagt. Sofort Niederlage der britischen Koloniolregierung. Neu Delhi. 21. Januar.(Reuter.) Infolge des vom Indischen Nattonalkongreß ausgesprochenen Boykotts waren bei der Wiedereröffnung der Gesetzgebenden Versammlung von 145 Mitgliedern nur. 73. anwesend. Da zwischen dem Präsidium. und der Regierung Meinungsverschiedenheiten über die Sicherheitsmaßnahmen, bei der Zulassung von Be- suchern aus das Gelände des Parlamentsgebäudes eittstanden waren. traf Präsident Patel unter dem Beifall der Opposition die Anordnung, alle Tribünen, mtt Ausnahme der Journal isteniribiiue, zu räumen. Patel lehnte es auch ich, das Mitglied des Minister- rats Crerar zu diesem Thema sprechen zu lassen, und erklärte, daß. di« Anordnungen der Regierung eine vorbedacht« Nicht- a ch t u n g der Zlnordnungen des Präsidiums darstellten. Die Versammlung nahm einstimmig eine Entschließung an, die den Bizerönig zu seiner Rettung bei dem Anschlag auf seinen Zug
beglückwünscht. Vorher hatten der Präsident und verschieden« Mit- glieder der Versammlung ihrem Abscheu vor diesem Verbrechen Ausdruck verliehen. Der Redner, der die Entschließung begründete, hatte aies die bewundernswerte Art und Weise hingewiesen, in der der D> z« k ö n i g in England wie auch in Indien sürdie Sache Indiens eintrete. Die falschen(Sowjetwechsel. Beginn des Litwinof-prozesses. Paris , 21. Januar. (Eigenbericht.) Vor dem Pariser Schwurgericht begann der Prozeß gegen de« Bruder des russischen Volkskommissars Vit« winof, der beschuldigt wird, sieben Wechsel im Gesamt- betrag von rund 200 000 Pfund Sterling mißbräuchlich auf de» Namen der russischen Handelsdelegation in Berlin ausgestellt zu haben. Mit Litwiuof sind der psl- uische Bankier Max Joffe und der Berliner Hotelier Willi Liborius vor Gericht erschienen, weil sie die falsche« Wechsel in de« Verkehr zu bringen suchten. Die Verlesung der Anklageschrift dauerte fast eine. Stund «. Di« russische Regierung ist als Nebcnklägerin durch den Moskauer Rechtsanwalt Telslcnof ver- trete«. Die Verhandlung, zu der zahlreiche Zeugen, dar- unter auch Bessedowski, der ehemalig« Geschäftsträger der russischen Botschaft in Paris » geladen sind, dürfte vier Tage dauern.
Saarvcrhandlungcn. Die deutsche und französisch« Saardelegatton hielten am Dienstag- eine Dollsitzung ab, ohne jedoch über eine ollgemein gehaltene Fühlungnahme hinauszukommen. Angesichts des komplizierten Charakters der zur Behandlung stehenden Problem« sind greifbare Ergebnisse allerdings, gegenwärtig noch nicht zu erwarten. Der japanische Reichstag ist aufgelöst worden Für die R»- gieruna war dl« Regierungsmiflösuttq die einzige Möglichkeit, um eine Mehrheit zu suchen. Bisher hatte die Seiyukai, di« stärkste Oppositionspartei, die absolut« Mehrheit. Ein Denkmal für den Riärder Franz Ferdinands . In S e? n- j e w o findet am 2. Februar die feierliche Enthüllung eines Denk- mals für den Mörder des Erzherzogs Franz Ferdinand , G a bri l a Pr.incip, statt. Sämtliche Kullurveteiiie Serasewas haben die Enthüllung große Vorbereitunzen gettosse-n.