Aber allgemein den Hausirhandel mit Sämereien als richtig zu> zulasse», das ist nicht möglich. Da setzt man das Publikum dem größten Risiko aus.(Zuruf links: Großartig!) Bei den Futtev mittel» handelt e8 sich um chemische Zusammensetzungen, wo auch die Fälschungen bereits eingesetzt haben. Abg. Schädler(Z.): Herr Payer hat bewiesen, daß er wieder gesund ist; er hat aber nicht das richtige getroffen; denn es handelt sich nicht blos um Reseda- und Retligsamen. Die geistreiche Causerie des Herrn Munckel war überflüssig, denn an den Bestimmungen über die Kolportage wird ja im all gemeinen nichts geändert; sie wird nicht todtgeschlagen; es hat aber auch niemand unter den bisherigen Bestimmungen gelitten und wird niemand darunter leiden, daß au� Lieferungswerken der Preis verzeichnet sein muß. Abg. Schneider(frs. Vp): Der Vorredner hält die Rede des Herrn Munckel für überflüssig; er hat nur übersehen, daß wir die ganzen Bestimmungen über die Kolportage einschließlich des ganzen Druckschriften-Verzeichnisses beseitigen wollen. Ter Hausirhandel ist schon in verschiedenen Bezirken erheblich zurück gegangen, so daß kein Grund vorliegt, diesen Rückgang noch künstlich zu beschleunigen. Stach einer kurzen Bemerkung des Abg. von Strom bcck(ZO, in welcher er bestreitet, daß bezüglich des Handels mit Sämereien Unfug vorgekommen sei, wird die Diskussion ge schlössen. Abg. v. Stumm bemerkt persönlich, daß er niemals em- pfohlen habe, einen Vertrag abzuschließen, wonach die Arbeid geber die Arbeiter zu einem bestimmten politischen Glaubens dekenntniß verpflichten. Er entlasse jeden Sozialdemokraten ans grund des Kündigungsrechts und daran werde ihn in Zukunft weder das bürgerliche Gesetzbuch noch Herr Munckel hindern. Der Antrag Hitze wird angenommen, alle übrigen Anträge werden abgelehnt. Artikel 11 wird mit dem Antrag Hitze an» genommen. Es folgt ein Artikel IIa, der von den Abgg. Gröber. von Holleuffer, Hitze und Jacobskötter in folgender Form vor- geschlagen wird:„Im§ 56a der Gewerbe-Ordnung wird hinter Ziffer 3 folgende Bestimmung hinzugefügt: 4. Das Aufsuchen von Bestellungen sowie der Abschluß von Geschäften, bei denen Waaren gegen Theilzahlungen unter dem Vorbehalt veräußert werden, daß der Veräußerer wegen Nichterfüllung der dem Er werber obliegende» Verpflichtungen von dem Vertrage zurück treten kann."„Diese Bestimmung findet auch Anwendung aus Gewerbetreibende, welche in Gemäßheit des Z 44 Waaren- bestellungen aufsuchen." Dadurch soll das Abzahlungsgeschäft vollständig vom Hausir Handel ausgeschlossen werden. Die Abgg. Hitze und Gröber(Z.) empfehlen den Antrag, während- Ministerialdirektor v. Wödtke nnd Abg. Haffe(natl.) einige Bedenken geltend machen, letzterer namentlich gegen den zweiten Satz. Art. IIa wird angenommen. Art. 12 bestimmt, daß in Ergänzung des§ 56 d neben dem Bundesrath die Landesregierungen die Befugniß haben sollen, bezüglich der in der neuen Nr. 10 bezeichneten Gegenstände das Feilbieten im Umherziehen zu gestatten. Ferner sollen die Landesregierungen auf bestimmte Dauer den Handel mit Schweinen, Ziegen oder Geflügel im Umher ziehen untersagen oder Beschränkungen unterwerfen können. Den Antrag v. S t r o m b e ck zu diesem Artikel haben wir bereffs bei Art. 11 mitgetheilt. Außerdem beantragt Abg. Schädler, daß auch der Handel mit Rindvieh untersagt werden kann. Ferner will Abg. Hahn, daß der Handel mit Vieh und Geflügel auch von der Beibringung von Herkunfls» und G* sundbeilsattesten abhängig gemacht werden kann. Nachdem Abg. von Strombeck seinen Antrag namentlich mit dem Hinweis auf die Spitzenklöppelei begründet hatte, be- merkte Staatssekretär von Böttichcr, daß Spitzen keine Druck- fachen, sondern Textilfabrikate sind. Die Abgg. Hahn und Schädler begründen und empfehlen ihre Anträge, welche vom Abg. von Talisch als nicht ganz un» bedenklich bezeichnet werden. Die Anträge des Abg. von Strom beck werden gegen eine große Minderheit abgelehnt; der Antrag Schädler wird dagegen angenommen und mit ihm der ganze Artikel. Angenommen wird ohne Debatte ein von den Abgg. Gröber und v. Holleuffer beantragter neuer Artikel 12a, wonach Wanderversteigerungen nur bei Waaren gestattet sein sollen, welche dem raschen Verderben ausgesetzt sind. Die Artikel 13 und 15 betreffen die Versagnng des Wander- gewerbescheines, und zwar ersterer die Fälle, wo die Versagung erfolgen muß, der letztere die Versagung erfolgen darf. Die Vorlage will als Versagungsgrund hinzufügen: Land- oder Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Die Versagung muß erfolgen, wenn die Freiheitsstrafe drei Monate betragen hat; sie darf erfolgen, wenn sie eine Woche (bisher sechs Wochen) betragen hat. Abg. Lenzmann will den jetzigen Zustand aufrecht erhalten. Nachdem Direktor Wödtke und Abg. v. Stumm sich gegen den Antrag Lenzmann ausgesprochen, wird dieser abgelehnt und die Artikel 13 und 15 nach der Vorlage angenommen. Nach Art. 14 kann dem Nachsuchenden der Hausirschein versagt werden, wenn er das 25. Lebensjahr noch nicht voll- endet hat. Abg. v. Strombeck(Z.) will Minderjährigen den Hansir- schein für den Fall gewähren, daß sie oder ihre Familie durch die Versagung in Roth gerathen. Abg. Vogtherr(Soz.) giebt zu bedenken, ob man hier tausende und abertausende von ehrlichen Gewerbetreibenden, an welche der Staat und namentlich der Militarismus Anforde- rungen stelle, mit einem Federstrich erwerbslos machen wolle. An der weiteren Debatte betheiligen sich noch der Abgeordnete Schneider und Direktor Wödtke. Der Antrag Strombeck wird abgelehnt und Artikel 14 unverändert angenommen. Artikel 16 wird mit einem Amendement Lenzmann an- genommen; danach kann das Feilbieten von Gegenständen durch Kinder unter 14 Jahren verboten werden. Artikel 17 nnd 18(Strasoestimmungen) und die Artikel 19 und 20 werden ebenfalls angenommen. Damit ist die zweite Be- rathung der Vorlage beendet. Schluß 6V- Uhr. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr.(Initiativanträge.) Prediger oder wer sonst Dienste ihres Gewerbes oder Berufes leisten. Der Entwurf bewahrheitet dadurch in gewissem Sinne unbewußt die Behauptung des kommunistischen Manisests:„Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Thätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt." Hingegen übersieht der Entwurf vollkommen, daß das Charakteristische der heutigen kapitalistischen Produktionsweise ist, daß der Arbeiter seine eigene Arbeitskraft als Waare für das Gewerbe, für den Nutzen eines anderen verwendet und daß infolge dieses, unsere Epoche von der auf Sklavenherrschaft beruhenden römischen Wirthschaftsweise unterscheidenden Merkmals es erste Aufgabe des Gesetzgebers sein muß, diese Reihe Arbeitsverträge zu regeln. F r o h m e und Stadthagen beantragten nun, die römisch- rechtliche, für die jetzigen Verhältniffe absolut unzureichende Schematisirung aufzugeben. Es müsse die unlogische, lediglich verwirrende, die Rechtsunsicherheit fördernde Unterscheidung zwischen„Werkvertrag" und„Dienstvertrag" fallen gelassen werden. Es sei erforderlich, wenn man nicht absichtlich die feudalen Verhältnisse konserviren und erweitern wolle, den Arbeitsvertrag in der Weise zu behandeln, daß man zunächst den „eigentlichen Arbeitsvertrag", wie er von dem Professor Sohm und in der Literatur genannt werde, definire, die Regeln für seine Verhältnisse festsetze und dann die anderen Fälle der Leistung an Arbeit oder Diensten regele, soweit je nach Ausfall der Regelung des eigentlichen Arbeitsvertrages dann noch eine abweichende Regelung erforderlich sein würde. Sie schlagen deshalb vor: als Ueberschrift nicht Dienst- sondern Arbeitsvertrag zu sagen und dann mit folgendem§ 604 zu beginnen:„Arbeitsvertrag(Lehrvertrag. Dienstvertrag oder dgl.) ist ein Vertrag, durch welchen der Arbeitnehmer sich verpflichtet, einen Theil seiner geistigen oder körperlichen Arbeitskraft für die häusliche Gemeinschaft, ein wirthschaft liches oder ein gewerbliches Unternehmen des Arbeib gebers gegen einen vereinbarten Lohn(Gehalt, Salair, Honorar, Gage, Stolgebühr oder dergl.) zu verwenden. Unter Arbeitnehmern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeits stätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse A«S der Kommission fiir das Bürgerliche Gesetzbuch. In der Sitzung am Mittwoch standen die Bestimmungen über den Arbeitsvertrag zur Verhandlung. Der Entwurf kennt den Namen Arbeitsvertrag, sowie die Begriffe Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeiter überhaupt nicht. Er spricht vielmehr von einem„Dienstvertrag", von„Dienstbercchligten"(d. h. Arbeit- gebern) und„Dienstverpflichteten"(d.h. Arbeitern). Der Entwurf macht nun lediglich die ans dem auf der Sklavenwirthschaft beruhenden römischen Recht herstanmienden Unterschiede, ob der Erfolg einer Arbeitsleistung(z. B. Herstellung, Bau eines Hauses u. dergl.) —„Werkvertrag"— oder ob lediglich„Dienste"—„Dienst- vertrag"— durch den Vertrag vereinbart.verde». Eine Aus- legung darüber, wa? ein„Dienst" oder was„Dienstvertrag" sei, findet sich im Gesetz nicht. Es sollen in den§ß 604—620 alle Verhältnisse, in denen„Dienste" geleistet werde», geregelt werden, mögen diese Dienste für ein gewerbliches und wirthschastliches Unternehmen, für eine häuSliche Gemeinschaft oder für einzelne außerhalb einerchäusliche», wirthschaftlichen oder gewerblichen Unter- nehmung geleistet sein gleichgiltig, ob gewerbliche Gehilfen, Auf- wartefrauen. Rechtsbeflissene, Aerzte, Lehrer, Dienstmänner , beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen." Durch den letzten Satz würden endlich klar die Hausindustriellen als Arbeiter zu erachten sein. In 32 folgenden Anträgen verlangen Frohme und Stadt- Hagen dann spezialisirt eine Regelung im Anschluß an die Gewerbeordnungs- Vorschriften. Die Debatte wurde recht lebhaft. Die Regierungsverlreter betonten insbesondere, das Material zur Regelung dieser aller- Vings den hauptsächlich st en Theil der Arbeits - vertrüge umfassenden Arbeitsverträge fehle, die Berathung über die Gestaltung, wie sie sozialdemokratischerseits beantragt ist, gefährde das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs , mindestens würde eine erhebliche Verzögerung ei» treten. Dr. v. B u ch k a(k.) warnt vor dem sozialdemokratischen ukunftsstaat. Dr. v. Cuny und Enneccerus gebendem lrauen einiger Arbeitgeber vor Regelung im Sinne der gestellten Anträge Ausdruck. Frohme und Stadthagen betonen Wenn in der Kommission eine Einigung nicht erfolge, so würde ja lediglich die Berathung im Plenum verzögert werden. Wenn 22 Jahre nicht hingereicht haben, um den Hauptver- trag einheitlich regeln zu können, so sei dies bedauerlich und zeige klar, daß der Theil der Gesetze, der das arbeitende Volk betreffe, einheitlich nicht geregell werden solle. Es sei geradezu beschämend, wenn in einer Wirthschastsepoche. die auf„freier Arbeitskraft" beruhe, das bürgerliche Gesetzbuch nicht einmal im Stande sei, die allgemeinsten Regeln für diese Verträge ein- heitlich zu schaffen, die für 36 Prozent der Bevölkerung von der allererheblichsten Bedeutung seien. Dann liege aber in Wahrheit kein einheitlichesGesetzbuch, sondern das Geständniß zur Unfähigkeit zu einem o l ch e n vor. Der Antrag der Genossen wurde darauf abgelehnt und§ 604 des Entwurfs angenommen. § 604 lautet:„Eine Vergütung gilt als stillschweigend ver- einbart, wenn die Dienstleistung de» Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei den» Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen." Als Z 604a beantragen Frohme und Stadthagen einzuschalten:„Vereinbarungen, durch welche Arbeitern die Ver- nflichtung auferlegt wird, bestimmten politischen, gewerkschaft- lichen oder religiösen Vereinigungen nicht anzugehören oder aus denselben auszutreten, sind ungiltig. Desgleichen sind Ver- einbarungen ungiltig, durch die für den Fall der Zugehörigkeit zu einer derartigen Vereinigung Konventionalstrasen festgesetzt werden." Der Antrag wird von allen mit Ausnahme der sozial- demokratischen Stimmen abgelehnt. Auch die Freisinnigen timmen gegen diesen Vorschlag, wiewohl selbst regierungsseitig zugegeben wird, daß meist solche Vereinbarungen als gegen die guten Sitten verstoßend ungiltig sind.§ 605 des Entwurfs lautet:„Wer zur Leistung gewisser Dienste öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Dienste gerichteten Antrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ab- lehnung dem Antragsteller unverzüglich anzuzeigen. Das gleiche gilt, wenn sich jemand dem Antragsteller gegenüber zur Leistung gewisser Dienste erboten hat." Unsere Genossen schlagen vor, daß die Redaktionskommission darauf Bedacht nehme, daß im ersten Satz klarer ausgedrückt werde, daß in erster Reihe die Verkehrs- sitte bestimmend sein soll, und daß ferner zum Ausdruck gelange, daß die 8§ 309 und 810 des Entwurfs(Bestimmung nach billigem Ermessen des Arbeiters) auch auf den Arbeitsvertrag Anwendung inden sollen. Mit diesen Maßgaben wird ß 605 angenommen. Als ) 605a schlagen Frohme und Stadlhagen mit Rücksicht auf die bekannten Entscheidungen des Reichsgerichts zu ß 253 Str.-G.-B.(Erpressung) vor:„Das Ersuchen um Arbeitsanstellung unter bestimmten Arbeitsbedingungen darf nicht als widerrecht- licher Vermögensvortheil erachtet werden." Es wird anerkannt, daß die-Judikatur des Reichsgerichts, die als Erpresser Arbeiter bestraft hat, die in Slreiksällen den„widerrechtlichen Vermögens- vortheil" einer Beschäftigung unter bestimmten Bedingungen durch Drohung zu erreichen suchte», höchst bedenklich sei. Dieser Recht- prechung entgegenzutreten, sei jedoch hier nicht der Ort. Der Antrag wird abgelehnt. 8 606 bestimmt:„Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist in, Zweifel nicht übertragbar." Er wird unter Ablehnung eines Antrages Frohme- Stadthagen angenommen. Als 8606a beantragen Frohme und Stadthagen einzuschalten:„Für die Entrichtung deS Lohnes haftet außer den unmittelbaren Vertragschließenden derjenige, in dessen Nutzen die Arbeitskraft vom Arbeitgeber ver iv endet ist." Stadthagen legt dar, daß durch Annahme dieses Antrages insbesondere Bauschwindlern, schwindelhaften Zwischenunternehmern, besonders ausbeutc- lustigen Kapitalisten das Handwerk gelegt_ und dem Grundsatz etwas Rechnung getragen werden würde: Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth; fremde ungezählte Arbeit dürfe niemand für sich in Anspruch nehmen. Der An- trag bezwecke Erweiterung der Verhinderung ungerechtfertigter Bereicherung. Die Abgg. Gröber und Bachem(Z.). v. D z i e m b v w s k t(Pole), v. Bennigsen(natl.) anerkannten, daß in dem Antrage ein berechtigter Kern stecke, er gehe aber zu weit und sei besser bei Erledigung des Abschnittes über„unberechtigte Bereiche- rung" zu erledige», zumal er plötzlich eine weiltragende frage anschneide. Frohme und Stadthagen st eilten ieraus den Antrag bis zur Berathung des be- treffenden Abschnittes zurück. Es wird dann über einen Antrag Gröber, der einen neuen g 606a will, zu be- rathen begonnen. Die Berathung muß wegen bereits ein- getretenen Beginns der Plenarsitzung um 1'/» Uhr vertagt werden. Die nächste Sitzung findet am Freitag um 10 Uhr vormittags statt. KonsnmdereinSkommissiou. Die Kommission des Reichs- tages hat den vom Abg. Dr. Hitze verfaßten Bericht über den Gesetzentwurf betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und W i rth s ch afts g en o ss en s ch af t en vom 1. Mai 1839 ausgegeben. Nach wesentlicher Umgestaltung der Novelle ist die Resolution angenommen worden, den Reichs- kanzler zu.ersuchen, Anordnungen dahin treffen zu wollen, daß die Ueberlassung von im Eigenlhum des Reichs befindlichen Ge- bäuden oder Theilen derselben an Konsumvereine oder Konsum- anstalten und ebenso auch die Besorgung des Waarenverkanfs, der Buch- und Kassenführung in solchen Vereinen und Anstalten durch im Dienste des Reichs stehende Beamte künftighin im wesentlichen auf Veranstaltungen zur Abgabe von Gegenständen des alsbaldigen Verbrauchs an die in Betriebsanlagen des Reichs beschäftigten Arbeiter und Beamten beschränkt bleibe. Uoksrles. Achtung, Kommunalwähler in Rixdorf! Wir machen die Parteigenossen darauf aufmerksam, daß am Montag den 16. März, von vormittags 10 bis abends 6 Uhr die Ersatzwahl der ausgeloosten Gemeindevertreter aus der 3. Klasse stattstndet. Als Kandidaten sind von Seiten der Arbeiterschaft die Genossen R e tz e r a u und Thomas aufgestellt. Wir fordern die Partei- genossen hiermit auf, sich recht rege an der Wahl zu betheiligen. Wahlberechtigt ist jeder deutsche Reichsangehörige, der das 24. Lebensjahr erreicht hat, im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist und aus öffentlichen Mitteln keine Armenunterstützung empfangen hat. Außerdem muß jeder Wähler mindestens die zweite Steuerstufe zahlen und seit einem Jahr in Rixdorf seine» Wohnsitz haben. Die zweite Sieuerstufe zahlen diejenigen. welche mit einem Einkommen von 600—900 M. eingeschätzt sind. Wir machen noch darauf aufmerksam, daß zur Wahl nächsten Sonntag früh 7 Uhr ein Flugblatt vertheilt wird, und außerdem findet Sonntag Vormittag eine öffentliche Volksversammlung in den Viktoriasälen statt. Die Parteigenossen, welche sich an der Vertheilung der Flugblätter betheiligen wollen, haben Sonntag früh um 7 Uhr sich bei Thomas. Bergstr. 162, pünktlich einzufinden. Der Vertrauensmann. Der Arbeiterschaft vo» Maricndorf und Umgegend steht das Lokal von Werner in Südende, Ecke der Steglitzer und Langenstraße zur Verfügung. Das gleiche Recht fiir alle in Preußen. In Schöne berg ist bekanntlich für einen großen Theil der Gast- und Schank- wirthschaften, namentlich wenn deren Inhaber im Geruch der Sozialdemokratie stehen, die Polizeistunde auf 10 Uhr fest- gesetzt. Infolge deffen wurden auch bisher alle öffent- lichen Versammlungen, die im Lokale unseres Genossen Obst tagten, regelmäßig um 10 Uhr aufgelöst. Als dagegen vor kurzer Zeit eine Versammlung in der Schloßbrauerei stattfand, wo die Polizeistunde nicht so zeitig eintritt, konnte auch die Versammlung bis>/»12 Uhr tagen, ohne der polizeilichen Auf« lösung zu verfallen. In der Hoffnung, auch ferner über 10 Uhr hinaus tagen zu können, hatten die Genossen am Dienstag Abend wieder nach der Schloßbraucrei eine Versammlung einberufen. Zum all- gemeinen Erstaunen wurde aberauch diese Versammlung.nachdem Ge» noffe Antrick seinen Vortrag über unsere prinzipielle Stellung zu den Gemeindewahlen beendet und der erste Diskussionsredner das Wort ergriffen hatte, wegen Eintritt der Polizeistunde um 10 Uhr aufgelöst. Da in der Schloßbrauerei, wie man täglich beobachten kann, wenigstens bis 12 Uhr Gäste verkehren, die allerdings dem ehrsamen Bürgerstande, ja den Honoratioren des Millionen- dorfes angehören, so bleibt zur Erklärung dieses Vorkommnisses nur die Annahme übrig, daß die 10-Uhr-Polizeistunds nur für die-f-s-I- Sozialdemokraten besteht. Auch ei» Beitrag zur Lösung der sozialen Frage. Die Aussicht auf ein gesetzliches Verbot der Jnnungs- Kranken- lassen ist unseren Zünftlern gewaltig in die Glieder gefahren. Sie fühlen sich in ihren heiligsten„Rechten", die Arbeiter zu bevormunden, bedroht und daher hat der Vorstand des Zentral- ausschusses der vereinigten Jnnungsverbände Deutschlands nichts eiligeres zu thun gehabt, als eine Petition an den Reichskanzler zu senden nnd um Gnade für die Jnnungs- Krankenkassen zu Hilten. Diese Petition ist höchst lehrreich und interessant, sodaß es sich wohl verlohnt, etwas näher auf dieselbe einzugehen. So wird u. a. in der Petition zesagt:„Gehen wir etwas den Spuren der Bildung von Jnnüngs-Krankenkassen nach, so finden wir die vielfach in gegnerischen Kreisen verbreitete Ansicht that- ächlich widerlegt, als riefen die Innungen ihre eigenen Gesellen- Krankenkassen lediglich aus egoistischen Gründen und um das Jnnungsprinzlp dadurch an sich zu stärken ins Leben. Dieses ist keineswegs der Fall, vielmehr ver- anlaßt«» die Uebergriffe der Gesellen, di« Vergewaltigung der Arbeitgeber durch die letzteren, ferner die theuren Verwaltungen u. dgl. m. in zahl- reichen Fällen die Errichtung von Jnnungs-Krankenkassen, ja es hielten nicht selten erst durch Gesuche und Anregungen aus ihren Gesellenkreisen die Innungen sich verpflichtet, solche Kassen ins Leben zu rufen." Diese Darlegungen kennzeichnen die be- opften Petenten in hinreichender Weise. Jedenfalls ist der Reichskanzler über das wahre Wesen der Jnnungs-Krankenkassen besser unterrichtet. Trotz der vorherigen Ableugnung, daß die Jnnungs-Krankenkaffen„egoistischen" Zwecken und der„Stärkung des Jnnungsprinzips" dienen, wird dieses doch gleich darauf in ziemlich unverblümter Weise zugestanden, indem in der Petition ausgeführt ist:„Die gesetzliche Zulassung der Jnnungs- Krankenkassen hat für die Innungen auch die große Bedeutung, daß mit dem Jnslebentreten dieser Kasseneinrichtung auch die Unterhaltung der Arbeitsnachweise wesentlich erleichtert wird, weil die mit der Mitgliedschaft bei de» Gesellen- Krankenkassen verbundene Anzeigepflicht überhaupt das geeignete Hilfsmittel bildet, um das Arbeitsnachweisewesen innungsseitig vorwärts zu führen." Die Arbeitsnachweise der Innungen bilden bekanntlich eins der größten Machtmittel dieser. Wenn die Jnnungs-Krankenkaffe nun zur Stärkung dieses Machtmittels benutzt wird, so nennen dies die deutschen Zopfmänner nicht egoistischen Zwecke» dienen". Die eingangs gleichfalls abgeleugnete beabsichtigte„Stärkung des Jnnungsprinzips" durch die Jnnungs- Krankenkasien findet gleichfalls ihre Bestätigung in folgender, einer unfreiwilligen Komik nicht entbehrender Auslassung der Petenten:„Somit sind die Gesellen-Krankenkassen besonders geeignet, ei» geordnetes und harmonisches Verhältniß zwischen der Innung und ihren Geselle» aufrecht zu erhallen. Zieht man dazu noch in belracht, daß auch die Meister als frei- ivillige Mitglieder den Jnnungs-Krankenkassen zusammen mit ihren Gesellen und Lehrlingen angehören dürfen, so bietet sich vormöge dieser Kassenorganisation die willkommene Gelegenheit. Meister, Gesellen und Lehrlinge nicht nur in bezug auf ihre Interessen für die Fälle der Krankheit und des Todes, sondern allmälig auch allgemein für die sonstigen Jnnungs- u f g a b e n einander näher zu führen." Hier ist wiederum klar und deutlich ausgesprochen, was ein offenes Geheimniß ist. daß die Jnnungs-Krankenkassen Selbst- zweck der Innungen sind. Die Herren Jnnungsmeister strafen sich somit selber Lügen! Wie die Herren es weiter sein meister- lich verstehen, mit der Wurst nach der Speckseite zu werfen. beweist folgender Schluß der Petition:„Die weitere Frucht solchen wirthschaftlichen Zusammengehens von Meistern und Gesellen wird schließlich dann auch die Beseitigung der Gegnerschaft bilden, welche zur Zeit zum großen Schaden des Handwerks immer noch die Meisterschaft von den Gesellen
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