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NsrUner Voltsblatt

Sonntag 2 Februar 1930 Groß-Äerlin 15 Pf. Auswärts 20 pf.

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Verunglückte Weltrevolution. Wegen Mangel an Veieiligung gescheitert.

Revolutionäre Situation." Kommuniflische Parolen werden nicht ernst genommen. > Die Funktionäre der Komintern und der russischen Regierung werden gestern in fleberhaf'.er Spannung auf Nachrichten aus Deutschland gewartet haben. Gestern war der Tag. au dem die KPD. beweisen wollte, daß in Deutschland eine u n m i t t e l> bar« revolutionäre Situation"' besteht, an dem sie u f bolschewistisch« Art schlagen" wollte. Die Sowietpresie hat feit Wochen die unmittelbare revalutio- näre Situation in Deutschland sestgestellt, sie hat in den Tagen vor dem 1. Februardas Wetterleuchten der deutschen kommunistischen Revolution" gesehen und hat für den 1. Februar nun dos krachende Anschlagen des Blitzes erwartet: den politischen Masienstreik, die Eroberung der Straße durch die Kommunisten, und wer weiß was noch. Wenn die Leitung der Komintern heut« morgen das Gesamt- bjld der Nachrichten aus Deutschland überblickt, so muh sie feststellen: Za Berlin haben sich einige Demonstralionszüge gebildet, deren stärkster etwa 390 Teilnehmer hatte, sie sind ohne ernstere Zwischenfälle von der Polizei ausgelöst worden. Ja Hamburg sind Demonstralionsversuche kleinerer Gruppen mühelos verhindert worden, der sogenannte Hungermarsch ist völlig in» Master gefallen. Der..politische Masienstreik" la veulschland besteht darin. daß aus drei Baustellen In Hamburg einige Leute am Sonnabend nicht zvr Arbell gegangen stad.> Salles in' allem': die..unmittelbare revolutionäre Situdtimr in Deutschland " besteht in der völligen Isolierung der Som- inunistischen Partei von der Arbeiterschaft. Ihre verbrecherischen Parolen werden selbst von ihren Anhängern abgelehnt. OieWelirevoluiion" in Hamburg . Kläglicher Zusammenbruch des kommunlstischea ErwerbSlo'entonqresses. Hamburg , 1. Februar.(Eigenbericht.) . Der Sonnabend ist bisher ohne ernstliche Zwischen- fälle verlausen. Der Verkehr im Hamburger Gängeviertel war allerdings stärker als zu normalen Zeiten. Es genügte aber, hier und da zum Weitergehen aufzufordern und einige Sistierungen vorzunehmen. TN« Ruhe mag auch darauf zurückzuführen sein, daß der er- wartete Zuzug von auswärts ausgeblieben ist. Es kommen noch heute Meldungen aus Lübeck und Itzehoe und anderen schleswig- holsteinischen Orten, nach denen kleine Gruppen von Kommunisten, die sich nach Hamburg aus den Weg machen wollten, zurückgehalten worden sind In Lübeck hat man rund 50 Personen festgenommen und zu- nächst in der Strofanstoll Deierhof untergebracht. Es sind zumeist junge Leute, unter ihnen befinden sich zwei Lübecker Bürger- fchafsmitglieder. In Itzehoe haben dl« Kommunisten die Segel völlig gestrichen. Auf dies« Weise ist au» der ganzen Aktion weiter nichts ge- worden als ein mehrtägiger verbrecherischer Kra- w a l l im Gängeviertel. DerCrwerbslosenkongreß". der am Sonnabend vormittag durchgeführt wurde, war«Ine ganz klag- klche Angelegenheit. Nur etwa zwanzig Delegierte beteilig- ten sich daran. Oer �Hungermarsch� gescheitert. l Hamburg , L Februar. Der sogenannt«.Hungermarsch noch Hamburg " kann al« ge- scheitert angesehen werden. Es dürft« nur vereinzetten Hunger- Märschlern S«glückt sein, noch Hamburg durchzukommen. Die Ehausseen der Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover werden auf das strengste bewacht, und an vielen Orten sind Gruppen und Einzelgänger ausgehalten und an ihren Ausgangsort zurückbesördert worden. Auch die Fähren über den Kaiser.Wilhelm-Kanal werden von Landjägerbeamten überwacht. Am Fehmarnsund konnte ein Kommunistentrupp, der sich von der Insel nach dem Festland über­setze» lassen wollte, an der Uebersahrt gehindert werden. Völlig isoliert. Siel. 1. Februar.(Eigenbericht.) vi« Kammunisten verbretteten am Sonnobettd Flug- MS'tet. tu tunfp fu y| Demonstrationen aufrufen und

die Arbeiter der Betriebe auffordern, in den politischen Massenstreik einzutreten. Soweit die politischen Obleute der Arbeiter in den Betrieben zu den kommunistischen Forderungen Stellung nahmen, sind sie zu einer einmütigen Ablehnung gekommen. Selbst kommunistisch« Arbeiter bezeichneten das Bor- gehey der kommunistischen Zentrale als«in Verbrechen, das sich einzig gegen die Arbeiterschaft richte.

Hochverraisverfahrengegen�oieFahne Hastbefehle des Reichsanwo'.iS gegen Redakteure. In Gegenwart des Reichsanwolts Neumann aus Leipzig als Vertreter der Oberreichsamvattschost sand gestern vor dem Amt»- gericht Wedding durch Amtsgerichtsrat Brandt«in H a s t p r ü- fungstcrmin für den am 22. Januar verhasteten verantwort­lichen Schriftleiter derRoten Fahne". Karl Sothmann, statt. Gegen Sothmann ist vom Oberreichsanwall auf Grund von in zwei Nummern derRoten.Fahne" erschienenen Artikeln«in Ver- fahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat«in- geleitet worden. Die betreffenden Nummern derRoten Fahne" sind bekanntlich auch beschlagnahmt worden. Der von Rechtsanwalt Dr. Äpfel eingehend degründete Haftentlassungsantrag wurde, nach­dem sich Reichsanwatt Neumann dagegen ausgesprochen hatte, mit der Begründung abgelehnt., daß es sich um ein Verbrechen Handel«, und daß bei«inem Derbrechen Fluchtverdacht nicht einer besonderen Begründung bedürfe. Me Reichsanwatt Skeumann im Läufe der Verhanillttngen mit» teille,. ist.«in.«v e i t e r e r Haftbefehl des Oberreichsanwolts gegen den Redakteur hampel(Slang) erlassen worden. hampel ist ebenfalls Redakteur derRoten Fahne".

Reichsrat am Dienstag. Reichstag wahrscheinlich am Freitag. Die vereinigten Ausschüsse des Reichsrats setzten am Sonnabend ihre Verhandlungen über die haager Abkommen fort. Di« Arbeiten sind inzwischen soweit fortgeschritten, daß in der nächsten Woche neben einigen kleinen Resten. in der Hauptsache nur noch da? Polenabkommen zu erledigen sein wird. Für die ab- schließende Plenarsitzung des Reichsrate ist daher jetzt der Dienstag nachmittag in Aussicht genommen. Unter diesen Umständen würden einer Einberufung des Reichstags zum Freitag keine geschäftsordnungsmäßigen Schwierigkeiten im Wege stehen. Greuelgerüchte um die Sowjetbotschast. Sin russisches Dementi. pari», t Februar. (Eigenbericht.) Um den im Zusammenhang mtt dem Verschwinden des Generals Kutiepoff von lveißrussisckjcn Kreisen über die reaktionäre Press« lancierten sensationellen Gerüchten ein End« zu machen, veröffenttickst am Sonnabend die Pariser Sowjetbotschast ein Kommunique, in dem sie aufs energischste gegen den Berdacht einer politischen Entführung protestiert und die ganze künstlich aufgebauscht« Affäre als einen V o r w a n d bezeichnet, den gewisie interessierte Kreis« dazu benutzen, um einen neuerlichen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Frank- reich und Rußland herbeizuführen. Die polizeiliche Untersuchung selbst ist bis Sonnabendabend um keinen Schritt weiter gekommen. Nur von«inigen Pariser Banken sind Anzeigen bei der Kriminalpolizei eingelaufen, in denen die Banken mitteilen, daß sich bei ihnen eine Anzahl ungedeckter Wechsel Kutiepoff» in Umlauf befinden. Im übrigen wächst die Schar der Denunzianten, die bei solchen Gelegenheiten immer aufzutauchen pflegen, und die die Polizei mit den haarsträubendsten Halluzinationen überschütten So gibt es Leute aus der Nachbarschast der Sowsetootschast in der Rue de Grenclle. die sich plötzlich entsinnen, seit Monaten markerschütternde nächtliche Schreie aus dem Botschaftsgebäude vernommen haben und sogar den Gärtner der Botschaft beim Schaufeln von Gröbern im Morgendämmer belauscht zu haben. Das Tollst« leistet sich die reaktionäre Press«, allen voran die.Mdertö", die am Sonnabend auf ihrer Titelseite die Schlag- zeilen.Lutieposf auf der Folterbank" undDie Empörung der Pariser veffentlichkett nimmt immer bedrohlichere Formen an" bringt und offenbar demülst ist. eine Nassenpsqchos« zu ent- fesseln.

Bedrohte Demokratie. Sem letzter Seufzer war:Amalie!" Nun haben wir es von der demokratischen Presse schwarz auf weiß: Die Demokratie, das parlamentarische System, sie sind in Gefahr. Warum? Nicht etwa, weil im Lairde Württemberg die D e u ts ch- D e m o k r a t i s ch e Partei in da? deutschnationale Ministerium V a z i l l e eingetreten ist. Nicht etwa, weil im Prooinziallandtag der Pro- vinz Hannover die Deutsch-Demokratische Partei in Gemeinschaft mit den Nationalsozialisten einen Bürgerblock gegen die Sozialdemokratie gebildet hat. Nicht etwa, weil die D e ut s ch- D e m o k r a t i s ch e Partei sich in Chemnitz und einem Dutzend anderer sächsischer Städte mit den gleichen N a t i o n a l s o z i a l i st e n paaX um die Sozial« demokratie und die Arbeiterschaft von jeder Anteilnahme an der Stadtverwaltung auszuschließen. Nein, die Demokratie ist in Gefahr, weil die sozialdemo» kratische Fraktion des Preußischen Landtags , die mit ihren 137 Abgeordneten drei Zehntel der Wählerstimmen und drei Fünftel der von der Weimarer Koalition ausgebrachten Stim­men repräsentiext, es gewagt hat, ihre Hand nach dem Kultus- Ministerium auszustrecken und den preußischen Kultusminister Becker, der sich in den letzten Iahren systematisch allen Wünschen auf eine soziale Volksschulpolitik verschloß, durch einen sozialdemokratischen Unternchtsminister zu ersetzen.

Um völlig gerecht zu sein: es gibt auch in der Demokrat!» schen Partei vernünftige Leute, die bei aller Sympathie für Herrn Becker das Notwendige und Logische eines solchen Bor- ganges einsehen. In derVossischen Zeitung" setzt Georg Bernhard gerade den Gebildeten auseinander, daß auch sie sicb an die veränderte Bedeutung der parlaMentari- schen Minister gegenüber dem früheren Regime gewöhnen müßten..Die Hauptaufgabe des pgrlamentyrjschen Ministers. so schreibt Bernhard, liegt darin,der regierenden Partei oder der berrschenden Parteikoalition dafür zu sorgen, daß die von ihr f e st g e l e g t e n Grundsätze für die Gesamtoolitik den Niederschlag in seinem Ressorr finden". Zwischen Becker und der Sozialdemokratie hätten über bestimmte Fragen seit langem Konflikte bestanden, die zwar äußerlich beigelegt wurden, aber unter der Oberfläche weiterscbwelten. Diese Konflikte seien entscheidend gewesen für Beckers 2lb- gang. Bernhard gelangt zu dem Schluß:Der Fall Becker gibt also wirklich keinen Grund, die allgemeine Un- zufriedenheit zu nähren und die Gebildeten im Lande zu beunruhigen." Diese Aufgabe, die Gebildeten zu beunruhigen, hat der Chefredakteur desB T.", Herr Theodor Wolfs, um so gründ« sicher übernommen. Wir sind nicht unbewandert in den Grundsätzen des altdeutschen Rechtes, das dem vor Gericht Unterlegenen das Recht gab. drei Tage lang das Urteil zu schelten. Diese Frist wäre für dasB. T." mit dem Sonn- abend abgelaufen. Aber statt den erregten Freundeslchmerz abklingen zu lasten, steigert sich Herr Theodor Wolff in eine Stimmung hinein, die man nur noch mit Freud 'chen Ausdrücken als P s n ch o s e oder K o m p l e r bezeichnen kann. Wie der versiebte Sekundaner in Heinrich Manns , Profestor Unrat" dieKünstlerin Fröhlich", so stellt Theodor Wolfs den vergötterten Becker auf das Piedestal der erhabensten Un- erreichbarkeit. Durch feine Kultur, Eleganz der Formen und de? Rede, Vielseitigkeit der Bildung und der geistigen und künstlerischen Interessen war er allen Kultus- ministem, die wir in Preußen gesehen haben, weit überlegen. ... niemals befaß einer«in ähnliches internationales Ansehen. «ine solche Autorität und Beliebtheit in der ganzen Geisteswelt." Die diesen Göttlichen gestürzt haben, können natürlich nur eine Rotte vemichtester Bösewichte sein. Der gesamte Schiller muß berhasien. um ihre Schurkerei mit Zitaten zu belegen. Für G-nosten Heilmann t"t es Theodor Wolkf mcht unter F r a n z M o o r aus denRäubern", da er aber in dem Zentrumsführer Heß noch einen Komplizen Heilmanns er« iväht. so werden sie beide zusammen M't den Mördern W a l l e n st e i n s. den Deveroux und Macdonald in Par- allele gestellt. Wodurch nun allerdings die Frage akut wird: Was hat der verflostene Kultusminister Becker mit Wullen- stein zu tun? Wallenstein war bekanntlich ein Hochver- räter. Aber auch der Franz-Moor-Bergleich findet noch eine merkwürdige Erweiterung. Die Ueber'chrift des Gesamt- artikels lautet nämlich:..Das Drama vom alten Moor", und der aste, vom teuflischen Franz belogene Graf Moor, der den genialen Sohn Karl vi »,»ößt. ist niemand anderes als man höre und staune Ministerpräsident Otto Braun ! Wir zitieren: Wir haben an ihn geglaubt, vor zehn Tagen noch, bis er. in diesen zehn Togen, immer mehr zusammenbrach von t-em Unheil mann sich anketten ließ, wie ein besiegter Ger - «»nenhäuptling de« breiten Rücken unter da»