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Nr. 62.

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Vorwärts

13. Jahrg.

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Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Arbeiter und Fabrikinspektion in Baden. II.

2. Art und Umfang der Aufsicht im Jahre 1895.

Presse bemerkt:

Freitag, den 13. März 1896.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

von solchen Elementen wäre doch die sonst so trefflich or- dem Gesetz Anspruch haben. Gewiß allein schon Grund ganisirte badische Fabrikinspektion ganz entschieden rein zu genug zur Beamtenvermehrung! Am intensivsten halten. Der Chef des Ressorts dürfte selbst keine Freude wurden beaufsichtigt die Verhältnisse der Textil, Papier­an ihnen erleben, noch weniger aber würden die Arbeiter und Leder sowie der Zigarrenarbeiter, wo die revidirten mit solchen Anstellungen zufrieden sein. Betriebe den größten Theil der Beschäftigten umfassen; auffällig wenige Revisionen fanden dagegen noch immer in den Buchdruckereien statt, wo auf 137 Betriebe mit 2864 sowie in der Metallverarbeitung, wo von 673 Betrieben Arbeitern nur 21 mit 466 Arbeitern besichtigt wurden, mit 16 762 Arbeitern nur 109 mit 4476 revidirt wurden. Das kann so nicht fortgehen.

Da auf diese Weise eine Personalvermehrung in sicherer Bei der Besprechung des vorjährigen Berichtes über Aussicht steht, erübrigt es diesmal, auf die wiederum hervor die Fabrikinspektion in Baden wurde in der sozialistischen gehen, so gutes Material derBericht auch dazu bietet. Nur nebenbei getretenen Mängel der ortspolizeilichen zc. Hülfs- Aufsicht einzu Es ist richtig und gerade von den Arbeitern immer am sei bemerkt, daß der neue Bericht S. 2 eine Erwiderung auf offenften anerkannt worden, daß Dr. Wörishoffer durch sein die Kritik enthält, die Genosse Quarck voriges Jahr an fozialpolitisches Verständniß die badische Fabrikinspektion in ihrer dem mangelhaften statistischen Nachweis über die Zahl der Auch bezüglich der Sprechstunden für Arbeiter hat die Beurtheilung der Arbeiterverhältnisse auf die erste Stelle im ganzen Revisionen und der davon betroffenen Betriebe und Arbeiter Fabritinspektion in ihren Anschauungen einen erfreulichen Deutschen Reich erhoben hat. Darüber dürfen aber die vielen Mißlich übte.*) Aber die Erwiderung macht es sich etwas gar zu Fortschritt gemacht. Voriges Jahr war mit ihr zu pole­feiten, mit denen die Arbeiter in Fabriken zu kämpfen haben, nicht ver- leicht damit, daß sie die Bemerkungen der Quarch'schen misiren, weil sie geschrieben hatte, die Einrichtung von geffen werden und diese können nur dann wirksam tontrollirt Broschüre als hinfällig" und" oberflächlich" bezeichnet. Sprechstunden der Aufsichtsbeamten bei ihren Besuchen in werden, wenn jeder Betrieb jährlich wiederholt inspizirt wird. Sie will die zugegebene Thatsache, daß im vorjährigen Be- Industrieorten sei ausgeschlossen, weil das Ungewohnte Die Vermehrung der inspettio3- Beamten ist also eine unabweis- richt mehr Betriebe mit mehr Arbeitern als revidirt einer solchen Maßregel auffallen und zweifellos zu vielen bare Forderung im Arbeiterinteresse, welche bezeichnet waren, als in einzelnen Gruppen überhaupt vor Mißstimmungen Anlaß geben würde". Im neuesten Bericht unsere Abgeordneten im Landtage hoffentlich mit demselben Er- handen waren, damit rechtfertigen, daß große Betriebe heißt es, die Rücksicht auf" Mißstimmungen" habe nur folge ftellen, wie unsere Genossen in Hessen für eine viel kleinere mehrfach besucht und deshalb mit der doppelten und verzögernd" gewirkt: auf die Dauer fonnte sie aber Industrie bereits vier Beamte durchgesezt haben." dreifachen Arbeiterzahl eingesetzt seien. Das ist aber nicht für so wichtig angesehen werden, um deswegen von

Wir erhalten jetzt im neuen Bericht die entgegenkommende eine schwache Entgegnung. Erstens ist und bleibt einer Veranstaltung abzusehen, die eine an sich selbst­Antwort, die von dem sozialpolitischen Verständniß der es verwirrend, wenn die Arbeiterzahl mehrfach revidirter verständliche Ergänzung des Dienstes der Fabrikauf Fabrikinspektion zu erwarten war. Es sollen in den Betriebe ohne nähere Angabe mehrfach eingesetzt wird; statt ficht bildet, gleichgiltig, ob anzunehmen war, daß sie that­nächsten zwei Jahren zwei weitere Hilfsbeamte angestellt dessen hätte die Angabe zu stehen, daß so und soviel Be- sächlich viel oder wenig benutzt würde. Von allen solchen werden wegen der zahlreichen kleineren Geschäfte, die sich triebe mit so und soviel Arbeitern einmal, so und soviel Einrichtungen kann außerdem erwartet werden, daß sie sich durch die stattgefundene Ausbildung der Arbeiterschuß- Betriebe mit so und soviel Arbeitern mehrfach revidirt fortschreitend mehr entwickeln, weil die ihnen entgegen Gesetzgebung selbst ergeben." Auch die Kontrolle der ge- wurden. Zweitens ist es unrichtig, daß die falschen Zahlen stehenden Hindernisse allmälig mehr verschwinden, und daß troffenen Einrichtungen lasse eine intensivere Thätigkeit er überall durch die mehrfache Zählung doppelt revidirter Be- aus ihnen gegenseitige Anregungen entstehen, die sich im wünscht erscheinen." Das sind faft wörtlich die Gründe, triebe entstanden seien. In der vorjährigen Tabelle waren voraus gar nicht beurtheilen laffen". Das ist jetzt in etwas die im vorigen. Jahre für eine Vermehrung angeführt unter sonstigen Industriezweigen" 4 Betriebe mit 418 Ar- schlechtem Deutsch ein recht gutes Urtheil, und wir fügen wurden, so daß man fagen fann, hier hat beitern als einfach revidirt aufgezählt, die ganze Gruppe hinzu: gebt den Arbeitern volle Elnbogenfreiheit, dann wird endlich einmal ein gutes Wort einen guten Ort hatte aber nur 9 Betriebe mit 46 Arbeitern. Auch die öffentliche Meinung und Arbeiterorganisation die beste gefunden. Etwas langsam soll es ja mit der Verschiebungen in den Arbeiterzahlen einzelner Gruppen Gewähr für eine rege Benutzung der Sprechstunden sein. Beamtenvermehrung immer noch gehen. Hier hat offenbar während eines einzigen Jahres können solche Widersprüche Einstweilen plädirt der Fabrikinspektor sehr richtig auch die Rücksicht auf den Landtag mitgesprochen. Vielleicht nicht erklären. Der beste Beweis für die Richtigkeit der dafür, daß die Sprechstunden nicht blos in den Amts­machen unsere badischen Landtags- Abgeordneten dadurch Ausstellungen Quarc's wird aber dadurch geliefert, blättern, sondern auch in der weit mehr gelesenen Arbeiter­etwas mehr Dampf hinter die Sache, daß sie bei der bevor- daß in der diesjährigen Tabelle über die Revisions- presse bekannt gemacht werden möchten. stehenden Etatsberathung beantragen, daß alle beide thätigkeit die gerügten Zahlenfehler völlig ver Die Unternehmer leisteten sich im verflossenen Jahr Hilfsbeamte auf einmal in den Staatsvoranschlag für schwunden sind. Mehr verlangen wir ja nicht beim Verkehr mit der Fabrikinspektion gerade keine offenen 1896/97 eingestellt werden. Außerdem werden sie wohl nach und die Fabrikinspektion mag deshalb ihre Gegen- Feindseligkeiten mehr, aber sie erschienen auch niemals einer genaueren Erläuterung des Zusages fragen müssen, bemerkungen gemacht haben, um sich ihre Rückzugslinie in den neu eingerichteten Sprechstunden und setzten im der im neuen Bericht enthalten ist:" Die Auswahl der neu durch ein paar blinde Flintenschüsse zu decken; wir nehmen übrigen der Wirksamkeit der Gewerbeaufsicht passiven hinzutretenden Beamten wird mit Rücksicht auf die Natur ihr das nicht weiter übel. Diesmal stimmt alles recht gut: Widerstand entgegen. Sie machten es wie die bösen Buben, der Geschäftsverrichtungen, die zur Personalvermehrung auf 5796 ihr unterstellte Betriebe mit 143 623 Arbeitern die darauf los wüften, bis sie eben einmal erwischt werden: Anlaß geben, zu erfolgen haben." Soll das heißen, hat die Fabritinspektion 1030 Betriebe revidirt mit 79 891 fie erklärten häufig, sie hätten mit dem Vollzuge( der Ar­Hilfsbeamten keine akademische Bil Arbeitern, also etwa 20 pCt. der Betriebe( gegen 19,7 pCt. beiterschutz- Vorschriften) warten wollen, bis bei ihnen dung verlangt wird, und daß man mehr auf im Vorjahre) und 55 pCt. der Arbeiter( gegen 64 pCt. im revidirt würde". Kam der Inspektor nicht, so wurde ihre praktischen Kenntnisse vom Fabrik- und Arbeiterleben Vorjahre), sodaß sie also etwa 10 pCt. weniger Arbeitern eben ungefeßlich fortgearbeitet; tam er, so war leider" sehen will, so begrüßen wir diese Wendung. Soll sie aber denjenigen Schutz gewährte, auf welchen dieselben nach die unbeschränkte Ausbeutungsherrlichkeit zu Ende. Und bedeuten, daß man etwa wie in anderen Staaten lediglich das will im Landtage mit sittlicher Entrüstung über die stramme" Forst, Bau- oder gar Militärbeamte heranziehen *) Vergl. Arbeiter und Fabrikinspektion in Baden". 1895. Fabrikinspektion und den Arbeiterschutz zu Gericht sizen, will, so müßte energische Verwahrung eingelegt werden. Verlag der Mannheimer Aktiendruckerei. das will den Arbeitern Moral und Gesetzlichkeit predigen! er der größte Schreier unter den Stadtverordneten war, zum Stadtrath gewählt; da war er zwar stiller geworden, aber sein Wißgeschick blieb ihm auch hier treu und spielte ihm einmal einen argen Possen.

daß von

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Clotilde.

( Nachdruck verboten.) Eine Stunde später wurde der Stadt eine allseitig ge­achtete Bewohnerin entführt, die in kurzer Zeit auf lange hinaus segensreich gewirtt", wie ein ihr zuerkanntes Ehren­diplom kundgab.

Sie blieb um so mehr in regem Andenken, als man wußte, daß sie hier viel Leid erfahren und gemildert hatte.

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Etwas über zwei Jahre mochten verstrichen sein, seit Hanne vollständig wieder gesund ausgegangen war, um ihren ersten Kirchgang zu thun.

Friedrich hatte sie begleitet zum Abendmahl.

Eine Schenkungsurkunde war ihnen vom Friedrich­Komitee überreicht worden. Danach waren sie in den Besit eines eingerichteten Hauses mit Garten gelangt, um des vollen Genusses ihrer wieder erlangten Freiheit sich zu erfreuen.

Die Oberin des Magdalenenstiftes sah dies zwar nicht gern und redete Hanne zu, doch zu bleiben, aber Friedrich Srängte hinaus.

Es sollte bei dem Einzuge zugleich ihre nachträgliche Hochzeitsfeier stattfinden.

Die damalige tirchliche Trauung der Friedrich'schen Eheleute wurde ein Ereigniß für die Stadt und füllte die Kirche mit theilnehmenden Zeugen.

Der Gärtner Künzel, der sich inzwischen eine eigene Gärtnerei und eigenen Herd gegründet, hatte es sich nicht nehmen lassen, den Altarplatz mit Lorbeerbäumen aus­zuschmücken.

Nach dem Orgelspiele ertönte ein erhebender Trau­gesang.

Der Prediger hielt eine ergreifende Traurede und weihte die goldenen Trauringe, das Geschenk des Gefängniß­inspektors, durch goldene Worte ein. Der Einsegnung folgte wieder Gesang.

Hanne vergoß Freudenthränen bei den vielen Beglück wünschungen und Grüßen, welche ihr und ihrem Manne in der Kirche und bis in den Wagen dargebracht wurden. Wieder standen vor dem Hause, aus dem Hanne einst von einer hartherzigen Frau hinausgewiesen wurde, eine Menge Menschen, um Hanne's Einzug und ein glückliches Paar zu sehen.

Vom Festkomitee wurde dasselbe feierlich empfangen und in ihr neues Heim und Eigenthum eingeführt. Hanne und Friedrich kamen aus dem Erstaunen nicht heraus, als sie umher geführt wurden.

Durch die Langenberg'schen Möbel waren auch für Vornehme Fremdenzimmer da.

Der Wirth vom Weißen Roß" hatte für ein Festmahl gesorgt und die Einzugs- und Hochzeitsfeier verlief sehr fidel.

Bei einem späteren öffentlichen Einzugsschmause zeigte sich Friedrich bereits als gewandter aufmerksamer Wirth, und seine Frau, daß sie der Küche und der Wirthschaft vorzustehen verstand.

Die Gaststube war zwar nicht allzu groß, bot aber einen freundlichen Aufenthalt. Der Garten, von der gräf­lichen Besitzung abgetrennt, hatte einen parkartigen Buschnitt und wurde für Spaziergänger ein gern besuchter Drt. Sogar der Halbe Sechserklub hatte ihn zum Sommer lokal" erwählt, weil der Kandidat, wie er ehemals hieß, hier Stammgaft war.

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Der Kandidat Schulze hatte doch noch sein Examen ge­macht, seine treue Braut, der er vor zwanzig Jahren Liebe geschworen, geheirathet und war jetzt wohlbestallter Vilar im Nachbarorte. Von dort kam er oft hierher.

Einige vom Klub waren verschollen, gestorben und ver dorben. Der alte Professor und der Hauptmann Kohl waren zur großen Armee gegangen.

Der Wunderdoktor Mittenentzwei hielt noch immer auf Anstand, der Direktor Eichwald auf Pünktlichkeit.

Den Bürstenbinder- Obermeister Zapf hatte man, weil

Es wurde ihm an Königs Geburtstag der ehrenvolle Auftrag zu theil, ein Hoch auf den König auszubringen, wenn dieser im Theater erscheinen würde.

Der König erschien-

Alles erhob sich von den Sigen, eine lautlose Stille trat ein und der Stadtrath Zapf begann zu sprechen, ver­wechselte aber die Namen des früheren und jetzigen Königs und ließ den verstorbenen König hochleben!

Zum Glück setzte das Orchester schnell zum dreimaligen Tusch ein.

Der König verbeugte sich lächelnd, setzte sich und nach ihm auch die Festversammlung.

Warum einige darauf den Stadtrath Zapf so vers wundert angesehen, erklärte sich dieser erst, als er hörte, welchen Bock er geschossen.

Dem Halben Sechserklub gefielen die Wirthsleute der Friedrich'schen Gastwirthschaft, die auch lebhaften Fremdenverkehr bekam, so gut, daß er auch zuweilen im Winter dort zusammen kam.

Vom nahen großen Teiche hielten Schlittschuhläufer und Ruderer hier Einkehr.

Der jezige Teichpächter, der im Sommer zu Gondel fahrten, im Winter zum Eislauf einlud, war Jean Barbo. Er hatte die blonde Christel" geheirathet, und die fleine Restauration am Teiche, Bum Wasserpavillon" ge nannt, inne.

Die blonde Christel hatte sich wenigstens in einem Zweige der Kochkunst vervollkommnet; wer einmal ein gutes Fisch oder Krebsgericht genießen wollte, ging nach dem Wasserpavillon zur blonden Christel.

Aber keiner hielt sich in der engen Hütte lange auf, denn das Bier war nicht zum Trinken.( Forts. folgt.)