Einzelbild herunterladen
 
7tr. 65 47. Jahrgang
i. Beilage des VorwZris
Sonnabend, S. Februar 4930
Kleinf lere in den Ne$$ehanen Eine sehenswerte Sdtau für den MeinzOdiler
Es ist phantastrich, was In den acht riefigen Messehallen auf­gebaut. dargestellt und vorgeführt wird an Erfindungen, Einrich­tungen und Neuerwerbungen jeder Art. Denn es sind ja nicht mehr wie früher vier Hallen, sondern acht, die gefüllt und überfüllt sind. Unter den vielen Geslllgela-uestellungen, die ich schon besucht«. habe ich etwas Aehnliches nicht vor Augen gehabt. Schon die wundervoll« geräumige und lichtüberflutete Holle macht diese Aus-
K \.jr7
Prachtstacke der Kaninch ensebau. siellung zu einem Kabinettstück der Grünen Woche. Ob Hühner» oder Taubenliebhaber, Ganfo. oder Entenzüchter hier wird jeder be» friedigt weggehen. Als besonderer Clou wären die Awerghuhn, rasten zu bemerken Zwerg.Wyandorten, die in Form und Farbe den Züchter überwältigen. Unter den Tauben schienen mir die weihen und buntflügeligen Pfauen der Siegeepatme wert. Aber>ch habe auch Berliner Lange. Elstern Wiener Hochilieger und Star. garder Zitt-rhälse gesehen, die auf jeder Schau Sieger geblieben wären Von den Hühnern waren die Favcrolles prächtig vertreten Rhodeländer in einer Fülle und soualitäwoll, wie man sie nur wünschen kann Unter de» Enten schienen mir die Laukenten an erster Stell« zu stehen, und ich bedauerte, datz Feierobend geboten
M-ä
Pinguine.
wurde, sonst wäre ich gern noch ein wenig bei den Perücken- und Lockentauben und den ganz hervorragenden Carrieres geblieben. Vorher war ich bei den Kaninchen. Na. da muß man wohl sagen, die letzten zehn Jahre hoben nicht nur Wandel geschaffen, sie haben
eine Umwälzung hervorgebracht. So ein dreizehn dl» vierzehn Pfund schwerer belgischer Riese ist schon das Ansehen wert. Und ganz herrlich für den Kleintierzüchter war das Bild, das die weißen Wldderkaninchcn baten, während wieder für den Pelzfchwärnier die Havanna  - und Chinchillatier« den größten Reiz hallen. Was nüch am meisten interessiert«, ist da? Cnstorex-Saniuchen gewesen. In der großen Ausstellung gab es Castorex der fran­ zösischen   Richtung. Die Franzosen wollen dieses in seinem Pelz ganz von allen anderen Kaninchen abweichende Geschöpf mll vollendetem Kurzhaar, das in feiner Struktur und im Luster völlig wie Seldensamt wirkt. Man hat das Castorex der Name stammt von Castor-Biber, well der Pelz dieser neuen Rasse dem des Bibers am ähnlichsten scheint aus solgendc Weise crzüchiet: Bei einem französischen   Züchter, einem Abbö, siel von einem langhaarigen Kaninchenpaar zufällig ein Jungtier, das nur einen halben Zemi» meler langes Haar hatte. Und als dieselbe Kaninchenmutter beim nächsten Wurf wieder ein so seltenes Junges warf, paarte er die beiden Jungtiere. Mll Hin und-her und vieler Mühe gelang es, solches Haar konstant zu bekommen. In Deutschland   will man das Haar des Rex nicht ganz so kurz. Auch störten hier die über- schießenden Grannen. Man züchtete also durch konsequente Aus­wahl der Etternttere ein Haar ohne Grannen. Das erwies sich als zu weich. Und nun versuchte der deutsche Züchter, di« Grannen und die Unterwolle aus gleiche Länge oder vielmehr Kürz« zu bringen,
<- Gefiugelscbaa:Die Werbung". was, wie die Rex-Kaninchenkarm von Hermann Will in Derlin- Buchholz zeigt, schon durchaus gelungen ist. Es handell sich hier ollcidtngs bisher immer noch um Zuchtliere, für die Preise von hundert bis zweihundert Mark gezahlt werden. Es kommt vor- läufig also der Pelznutzwert noch nicht in Frage. Und dazu ist das Eastorex noch zu kellen und zu wenig verbreitet. Man wird aber mit diesem Tier allmählich ein Pelzwerk erzielen, was den ausländischen Cdelpelzen nahe kommt; ja sie vielleicht an Schönheit und Hallbarkell übertrifft. Auf dem Wege des Experiments ist nach­gewiesen, daß die Hallbarkell und Widerstandsfähigkeit des Castorex. haar«? die des gewöhnlichen Äanmchenfells zwölfmal übertrikst. Di« Zagvhunde erscheinen am Sormtäg'in der fünften Haste.
Perückentaube und Ptautaubc.
Den Meldungen nach z» urteilen in überreicher Fülle und hernor- ragender Oualllät. An diesem Tage wird man mll tun, recht früh die Ausstellung aufzusuchen, da nach der schon jetzt merkbaren Dich- tigkeit der Besucher dann wohl am Nochmlltag ein schwer durchkawps- bares Gedränge sein wird. Zum erstenmal in diesem Jahre hat nicht nur Karl Hagen  - b e ck aus Stellingen   Tiere. Kamele, afrikanische Ziegen, eine Flamiogogruppe und d>e Pinguine hergesandt, nein, auch unser Berliner   Zoo ist zum Start geellt mit einem großen Hornraben. der jede Kistc kleinhämmert mit seinen, Stahlschnabel: einem Gepard, der allabendlich in drolliger Weise zu Bett gebracht wird, und vielen anderen fremdländischen Geschöpfen. Diesem lebenden Ausstellungx Inventar schließt sich eine Zogdkunslausslellung an, deren Reichtum und künstlerischer Wert in der Schilderung den bescheiden zugemessenen Raum des Artikels sprengen würde. Hinweisen möchte ich da auf die afrikanischen Tierbilder des verstorbenen Wilhelm Kuhnert   und auf die hervorragenden Iagdtrophöen, unter denen be­sonders«in Alaskaelch mit ungeheurer SchaufelbiKiung zu be­wundern ist." Hans Hyan  . Berlins Stresemannfiraße. Die ilmbenennung der Königgräher Straße durch den Polizeipräsidenten. Wie wir bereits im größten Teil der gestrigen Abendausgabe mitteilten, hat der Polizeipräsident die bisherige König. größer Straße vom Potsdamer Platz   bis znr Einmündung in das Hallesche User in Stresemnnnstrnße umbenannt. Das Staatsministerium hatte feine Einwilligung hierzu bereits am 3. De­zember erteilt. Gleichzeitig mit der llmbenennung erfolgt die U m. nnmeriernng der Hausgrundstücke, gemäß den jetzigen Grund- sätzen für die han-numerierung. d. h. die ungeraden Zahlen werde« für die eine und die geraden Zahlen für die andere Straßenseite angesetzt. Diese letzte Maßnahme fetzte zeitraubende Umänderungen beim Grundbuchamt voraus, die aber jetzt zum größten Teil durch­geführt sind. Die Entscheidung der Unrbenennung von Straßen liegt in jedem Falle beim Polizeipräsidenten. Die Stadtverordneten- Versammlung kann die Umbenennungen lediglich empfehlen. Der am Donnerstag mll 109 gegen 101 Stimmen gejaßt Beschluß der Stadtverordneten wollte die Tiergarten, und Lennästraße zur Sttese- mannstraße macheir. Diesem Wunsche hat der Polizeipräsideill nicht entsprechen können, well die Hauptvorberellnngen für di« Um- benennung der Äöniggrätzer Straß« berells durchgeführt waren. Die Stresemannstraße wird also künftig die direkte Fort- ietzung der Friedrich»Cbert. Straße bilde, r Die Reichs- hauptftadt ehrt so in würdiger Form das Andenken der beiden Staats­männer. die ihre ganze Kraft für dt« Deutsche Republik opferten. Außerdem aber wird der Name jenes böhmischen Ortes aus den Reihen der Berliner   Straßen verschwinden, der seinenRuhm" einer Schlacht verdankte, bei der wegen der Eifersüchteleien macht- lüsterner Herrscherhäuser noch Deutsche gegen Deutsche kämpfe» mußten. Neues Lergwerksunglück. 25 Bergleute verschüttet.- Bisher 14 Leichen geborgen. Salt Lake Cith sNordameriika), 7. Februar. Bei Ttandurdville hat sich ein schweres Berg- Werksunglück ereignet, dem 25 Bergleute zum Opfer ge­fallen fein dürften. Bisher wurden 14 Leiche» von Bergleute« ge- borgen bzw. gefunden. Die drei geretteten Bergleute er- klärten, daß im ganzen 2 5 Mann unter Tag gearbeitet hätten. KS'besteht nur geringe Soffnung, daß noch einer von de« bisher Vermißte« am Leben ist.
s&ttm, In diesem Augenblick erschien Augusta mit einer Ranne schwarzen Kaffee, den Leoni« abschlug, weil sie lieber Bier trinken wollte. Und ohne Widcrlpruch aufkommen zu lasten, zog sie eine Zehn-Milreis-Note aus ihrem Portemonnaie und beauftragte den kleinen Augufto, drei FlaschenKarl-Berg"- Bier zu bringen. Die Kokotte vertziltc die Gläser eigen- händig im Kreise und behielt eins für sich. Es genügte aber nicht für eine Runde, und der freigebige Gast wollte mehr holen lasten, aber das verbot man ihr, denn es konnten ja doch leicht immer zwei aus demselben Glase trinken. Nein, daß sie so viel ausgibt! Was für ein edles Herz sie hat!" Das Kleingeld wurde absichtlich auf dem schäbigen Schreibtisch, ball, oersteckt von den alten, aber gut erhaltenen Toilettegegenständen, vergessen. Sag mal, mein ochatz, wann kommst du denn ein- mal zu mir?" drängte Leonis. Ende der Woche, ganz bestimmt ich bring dann auch olle Wäsche mit. aber wenn du irgend etwas nötig brauchst, schicke ich's dir früher." Oa, Handtücher und Bettwäsche; und ach ja ein paar' Nachthemden könnte ich auch recht gut gebrauchen." Sie wurden für den folgenden Tag versprochen. Es war jetzt zehn Uhr. für Sao Romao also schon spät. Leonie war ungeduldig geworden und schickte hinaus, nach- sehen.yz lasten,' ob der junge Mann, der sie abholen sollte. nicht vielleicht draußen vor der Tür wartete, statt hineinzu- kommen. Ist es derselbe, der voriges Mal gekommen ist?" ..Nein, der hier ist größer und trägt einen seidenen Hut." Ein paar liefen hinaus, aber der Galan wgr noch nicht erschienen. Leonie war ärgerlich. Fauler Bummler!" murmelte si-.Was kann er denn jetzt nur tun?" Warum bleibst du v'cht die Nacht über hier?" bat
Augusta.Du hast es zwar hier nicht so bequem wie bei dir zu Hause, aber die Nacht ist ja schnell rum- O nein, danke; ich muß nach Hause, denn ich habe morgen früh allerhand zu tun." Aber in diesem Augenblick kamen Dona Isabel und ihre Tochter zurück, und als Pombinha hörte, daß Leonie da sei, rannte sie ihrer Mutter fort, um die Französin zu begrüßen, denn die beiden waren dicke Freundinnen. Die Kokotte emp- fing das junge Mädchen überströmend und küßte sie wieder- halt auf Augen und Mund.Mein süßes Kind, wie kpmmt's denn, daß du so hübsch aussiehst?" rief sie aus. Gewiß, well ich so oft an dich denke", erwiderte die andere in ihrer unschuldigen Einfalt. Dann gingen sie beiseite, um sich ein wenig zu unter- halten, und Leonie holte ein Geschenk heraus, das sie Pom- binha mitgebracht hatte, ein wertloses Spielzeug, das höch- ftsns Spaß machen konnte: eine Maus, die an einem Stück Käse knabberte; aber es ging von Hand.  zu Hand und wurde über alle Maßen bewundert. Beinah hättest du mich verfehlt", bemerkte die Kokotte. Wenn der Kerl, der mich abholt, pünktlich gewesen wäre, war ich jetzt schon fast zu Hause. Sag mal", fuhr sie'fort und fuhr dem jungen Mädchen liebkosend über» Haar,wann kommst du dekrn mal zu mir? Du brauchst keine Angst zu haben, meine Wohnung ist ganz ruhig und ordentlich. Es kommen viele nette Leute hm." Aber ich gehe doch nie in die Stadt oder nur sehr festen", stöhnte Pombinha. Bitte doch deine Mutter, daß sie morgen mit dir zu Tisch zu mir kommt", drängte Loonie. Schön, ich werd's versuchen. Da ist si«, frag sie doch selber." Dona Isabel versprach, zwar n'.cht am folgenden Tag, aber am Sonntag zu kommen, und die Leutchen unterhiesten sich noch eine Viertelstunde angeregt, bis Lsonies Galan auftauchte. Das war ein Jüngling von Anfang Zwanzig, ohnl Vermögen und Stellung, aber gut angezogen und sehr reprä'entabel. Erwähnt vor ihm nichts vom Sonntag", flüsterte der Gast. Iusu war einge'chlafen, und man kam überein, sie nicht zu wecken, sondern sie am nächsten Morgen mst der Bett- wasche, den Nacbchemdsn und den Handbüchern zu schicken. Als iseonie cm Arm ihres Gigolo und von e'ner Schar von Verehrerinnen begleitet, hinausging, gab Rila Ieronymo
einen scherzhaften Seitenstoh und warnte ihn vor den Reizen der blonden Frau. So ein gemalles Frauenzimmer wie die kann mir nie- malz gefährlich werden", erwiderte der Steinbrecher und zuckte verächtlich die Achseln. Dann gab er ihr einen kleinen Klaps, um damit anzudeuten, daß sie die Dame seiner Wohl sei. Pfui. Sie roher Kerl!" rief sie aus und rieb sich die mißhandelle Stelle.Sic werden doch Ihre portugiesischen Sitten nie los werden."
10.
In Mirandas Haus wurden Vorbereitungen zu einem Fest getroffen. DasJamal do Commerzu/ hatte seinen. Lesern bereits mitgeteist, daß chm der König von Portugal  gnädigst den Titel eines Baron de Freixal verliehen hatte. und da feine Freunde sich für den kommenden Sonntag bei ihm angemeldet hatten, um ihm zu gratulieren, beschloß der neugebackene Aristokrat, sie würdig zu empfangen. In der Siedlung wirkte diese Nachricht sensationell, und viele?lugen waren auf Mirandas Fenster gerichtet. Izaura und Leonor erschienen regelmäßig, um Decken und Teppiche auszuschütteln, h'.ellen sie jedoch weit von sich gestreckt und schlössen die Augen, um sich vor der Staubwolke, die bei led«m Schütteln oder Schlag aufstieg, zu schützen. Es wurden noch Aushilfsdienstboten für das große Ereignis engagiert. Die Parkettböden wurden von ein paar Negerjungen e nge- wachst, und in der Küche herrschte ein wahres Tohuwabohu. Dono Estella, in einem Morgengewand aus Batist, das mit rosa Schleifchen reich verziert war. eilte hin mid her, erteilte Befehle und fächelle sich, und wenn sie in die Küche kam oder die nasse Hintertreppe benutzte, hob sie ihre Schleppe geflissentlich hoch. Ruch Zulmira kam und ging und sah blaß und blutlos aus wie immer, und Henrique half dem asten Botelha beim Umstellen der Möbel und anderen Vorbereitungen für die erwartete Mastenversammlung. Er trug einen weißen Rock und fand immer wieder einen Vorwand, sich einen Augen- blick ans Fenster zu stellen, um mit Pombinha zu kokettieren. die vor ihrer Tür saß, nähte und tat, als merkte sie seine Blicke nicht. Sie hatte ein Bein übers andere geschlagen und zeigte«ine gerundete Wade in blaussidenem Strumpf und einen ausgeschnittenen Schuh, und nur ganz festen hob sie die Augen zum Nachbarhaus empor. (Fortsetzung folgt.)