* 29
Morgenausgabe
Nr. 73
A 37
47.Jahrgang
Ocer
Böchentlich 85 Bf monatli 3,60 m. im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 2. einschließlich 60 fg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Postbestellgebühren. Auslands abonnement 6.-M. pro Monat.
Der Borwärts" erscheint wochentaglich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel ,, Der Abend", Illuftrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner
luginsigh
audi
alanse Donnerstag 13. Februar 1930
0 1960
Groß- Berlin 10 Pf. dals sd Auswärts 15 Pf.
Vorwärts
Unterhaltung und Wissen", Frauen- dagan
ftimme"," Technit"," Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"
di
Die etnipattige Nonpareillezetle 1980 Pfennig. Reflame eile 5.- Reichs. mart. Kleine Anzeigen' bas ettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig grei fettgebrudte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jebes weitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 8 bis 17 Uhr.
Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönboff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .
19 stainbir si
Vorwärts- Verlag G. m. b. H.
Darmstadt , 12. Februar. ( WIB.)
Zu den kommunistischen Ausschreitungen in den Opelwerken in Rüsselsheim erfahren wir von zuständiger hessischer Stelle: In den Opelwerken waren gestern drei fommunistische Mitglieder des Betriebsrates entlaffen worden, da sie während der Arbeitszeit die Arbeiterschaft durch Bersammlungen zur Niederlegung ihrer Tätigkeit aufzupufschen versuchten. Heute vormittag erschienen auf£ aftautomobilen, Motorrädern und zu Fuß etwa 200 auswärtige kommunisten hauptsächlich aus Frankfurt und Offenbach in der Opel - Stadt, denen fich, als sie in die Opelwerte eindrangen und die Arbeiter zur Arbeitseinstellung aufforderten, etwa 400 tommunistische Arbeiter der Opelwerte anschlossen. Unter den Eindringlingen befanden sich der preußische Landtagsabgeordnete Ostar Müller und der hessische Landtagsabgeordnete Sumpf. Die Arbeiter wurden unter Anwendung von Gewalt von der Arbeit abgehalten, teilweise wurden fie von den Maschinen weggerissen und mißhandelt. Die Eindringlinge versuchten, die Dampffeffel und Maschinenanlagen ftillzulegen. Der gesamte Betriebsrat wurde tätlich be. droht. Der nichtkommunistische Betriebsratsvorsitzende, deffen Abfehung die Demonftranten verlangten, wurde von einem Kommuniften mit einem Dolchmesser angegriffen.
Schon während des ganzen Bormittags halten die kommu nistischen Arbeiler den Betrieb terrorisiert und andere Arbeiter mißhandelf. Auf Verlangen des zuständigen Kreisdirektors von Groß- Gerau wurde nach der Mittagspause polizeiliche Hilfe aus
Müller, der erst jüngst in Borms bei den blutigen Erwerbslosenunruhen als Anstifter verhaftet worden war. Auch der hessische Abgeordnete Sumpf befindet sich unter den verhafteten Anführern, Bei Betriebsschluß gegen 17 Uhr verließ die Gesamtbelegschaft in voller Ruhe die Werte. Die Arbeit dürfte am Donnerstag in blt vollem Umfange wieder aufgenommen werden.
Die Anteilnahme der Rüsselsheimer Arbeiterbevölkerung war außerordentlich gering. Nur etwa 200 Neugie rige, meistens Jugendliche, folgten am Fabrittor lärmend den Ereignissen im Innern der Höfe.
Der Schaden.
Boftscheckkonto: Berlin 37536. Bankkonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt Bu Disc. Gef.. Depofitentasie Lindenstr 3.
Von Peter Garwy.
-
Die Arbeitslosigkeit ist der Fluch der Arbeiterklasse. Sie unterbricht die Ausbeutung des Arbeiters um ihm zu zeigen, daß in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung diese Ausbeutung das Gefeß und die Grundlage seiner Existenz ist. Die Arbeitslosigkeit ist eine Auswirkung der Anarchie der tapitalistischen Produktionsweise. Es ist nicht verwunderlich, daß sie anarchistische Stimmungen in den Reihen der Arbeitslosen nährt. Anarchie erzeugt Anarchie. Hunger ist ein schlechter Ratgeber. Die Verzweiflung führt leicht zu Gewalttaten. Die Massen der Erwerbslosen bildeten immer einen Nährboden für Berzweiflungsakte, die den Arbeitslosen selbst nur Schaden bringen fonnten.
Die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften haben von jeher für die wahren Interessen der Erwerbslosen gefämpft. Sie haben die Arbeitslosenversiche dierung erfämpft, fie sind gleichzeitig gegen sinnlose Verzweif lungsatte von Erwerbslofen aufgetreten und haben entauf schieden die Aufputschungstaktik der Anarchisten und Syndi taliſten bekämpft.
Frankfurt a. M., 12. Februar.( Eigenbericht.) Wie die Frankfurter Zeitung " meldet, beziffert Werksleifung der Opelwerke den unmittelbaren Schaden 60 000 m. Cohngelder, den Produktionsausfall auf 60 Automobile. Ob durch Sabotageakte erheblicher Schaden angerichtet wurde, konnte bis zum Werksschluß noch nicht festgestellt werden. liuloq
Was ist's mit dem Ramsch?
Die Moskauer Subvention für die Rote Fahne ". Wie steht es um die Verramschung des fommunistischen Eigentums?
Die kommunistische Preffe hat unsere Feststellungen zu Darmstadt erbeten, da sich die lokalen Gendarmerieträfte als zunächst als„ blödsinnige Erfindungen" bezeichnet. Dann wurDarmstadt ein, die die Fabrit umſtellten und bisher acht Führer der Putshiften verhafteten, darunter die beiden Landtagsabgeordneten Sumpf und Müller.
Die Verhafteten wurden abtransportiert. Die preußische Polizei sperrte die preußische Grenze in der Richtung Wiesbaden - Frank furt a. M. ab. Zur Zeit ist die Fabrit noch abgeriegelf, um bei Arbeitsschluß alle Elemente, die fich nicht als Wertsangehörige aus meisen können, genau tontrollieren zu können.
den aus den blödsinnigen Erfindungen„ olle Kamellen, längst zurückliegende Dinge. Darauf wiederum hieß es: Darauf wiederum hieß es: alles Schwindel", womit also auch die ollen Kamellen wieder
dementiert waren.
Nach unseren letzten Feststellungen über die Angebote der fommunistischen Unterhändler an die Interessenten ist es in der kommunistischen Presse still geworden. Rote Fahne" und welt am Abend" schweigen in allen Tonarten. Dies Schweigen ist vielfagend wir wollen weiter. 6000 Mann der Belegschaft befinden sich an ihren indeffen nochmals versuchen, der kommunistischen Zentrale
Wie die Opelwerte mitteilen, läuft der Betrieb
Arbeitsplätzen.
Ablehnende Haltung der Arbeiter.
Frankfurt a. M., 12. Februar.( Eigenbericht.) Bon gewertschaftlicher Seite erfahren wir: Am Mittwochmorgen schlichen sich etwa 10 bis 12 Rom munisten in die Dpelwerte in Rüsselsheim ( Hessen ) ein. Sie standen unter der Führung des Landtagsabgeordneten Dstar Müller- Frankfurt und Sumpf- Mainz . Die eingedrungenen Kommunisten gingen durch die Büros in den Betrieb und verteilten
"
die Zunge zu lösen. Daß sie nicht aus eigener freier Entschließung reden darf, wissen wir; sie ist abhängig, so wie ihre Bresse abhängig ist.
Wir sind in der Lage, die Abhängigkeit des Zentralorgans der Kommunistischen Partei, der Roten Fahne", zahlenmäßig zu beweisen.
Die Gesamtauflage der Roten Fahne" beträgt 25 000 Exemplare. Von dieser Gesamtauflage werden 5000 Stück von der russischen Botschaft und Handelsvertretung in Berlin bezogen.
überall Flugblätter, in denen zu einer Protestver. Genau zwanzig Prozent der Gesamtauflage des kommunisti sammlung im Fabrithof und zur Stiflegung des Beschen Zentralorgans find also von den Moskauer Auftrag
triebes aufgefordert wurde.
Die Ursache zu diesem Borgehen liegt darin, daß drei tom munistische Betriebsratsmitglieder auf Befehl der Kommunistischen Bartei zum Bruch der Tarifverträge und zu wilden Streits aufgefordert hatten. Die Betriebsrats mitglieder waren daraufhin von der Werksleitung bis zu einer Entfcheidung des Arbeitsgerichts beurlaubt worden.
Die übergroße Mehrheit der 7000 Opel - Arbeiter verhielt sich völlig ablehnend, nur etwa 200 kommunistische Schreier schloffen sich den eingedrungenen kommuniffen an.
Der Betriebsratsvorsitzende, der vermitteln wollte, wurde mit Messern bedroht. Die Kommunisten hielten auf dem Fabrithof eine Bersammlung ab, in der sie die Stillegung des Be. triebs forderten und eine„ revolutionäre" Rampf. leitung wählten, die über den Kopf des Betriebsrats hinweg mit der Wertsleitung verhandeln sollte. Die Wertsleitung lehnte alle Verhandlungen ab, da sie nur mit den Gewerkschaften verhandele. Der Aufforderung, die Motoren abzustellen,
wurde nur an wenigen Arbeitsplähen Folge geleistet. Um die fremden Eindringlinge zu entfernen, rief die Werkleitung die hessische Landespolizei aus Darmstadt zu Hilfe. Die Polizei stellte sogleich die Ordnung wieder her, ohne daß Widerstand geleistet wurde. Die Anstifter der Unruhe wurden fast sämtlic) fe ft genommen und nach Darmstadt abtransportiert. Unter den Berhafteten befand sich wieder der preußische Landtagsabgeordnete
gebern abonniert.
Die Rote Fahne " ist ein von der Sowjetbot. schaft in Berlin fubventioniertes Blatt. Sie ist in solchem Maße subventioniert, daß selbst die von der Reichsbahn fubventionierte D23." nicht die Konkurrenz mit ihr aufnehmen tann. Angesichts der Gemeinheiten, die die ,, Rote Fahne" gewohnheitsmäßig gegen die deutsche Reichs regierung und die Preußenregierung zu schleutern pflegt, ist es von besonderem Interesse zu wissen, daß dies Blatt von der amtlichen Vertretung der Sowjetregie. rung in Berlin ausgehalten wird.
Man versteht, warum die Rote Fahne" plößlich nicht mehr reden fann. Sie zieht es vor, durch Schweigen au bestätigen, daß unsere Feststellungen über die arbeiter feindlichen Vorschläge, die die Zentrale der KPD . bei dem beabsichtigten Ramschgeschäft machen ließ, in allen Ein. elheiten richtig sind.
Abgerückt!
Demokratische Graftion gegen Berliner Tageblatt.
Im Haushaltsausschuß des Preußischen Land. tags rückte der demokratische Abgeordnete off am Mittwoch von dem Kampf der Berliner demokratischen Presse gegen den Volksschullehrer als Kultusminister entschieden ab. Die demokratische Fraft on babe leider keinen Einfluß auf diese demokratische Bresse
Die Anarchisten und Syndikalisten maßen die Temperatur des Proletariats, indem sie ihren eigenen Buls fühlten. In ihrer Selbsttäuschung haben sie der Arbeiterklasse nicht menig geschadet. Wie Maschinenstürmer im Anfang der Arbeiterbewegung, haben auch sie den berechtigten Protest der Arbeitslosen oft auf das falsche Geleise gelenkt. Aber sie waren weit davon, die Erwerbslojen als Kanonenfutter ausnußen zu wollen.
Anders steht es mit den Kommunisten. Das, was jetzt in allen Ländern nach dem Befehl aus Mostau getrieben wird, ist feine heilige Ignoranz, feine aufrichtige Selbsttäuschung, fein Fanatismus des Glaubens.. Es ist vielmehr eine faltermogene Butschtaftit, die die Leiden und die Ber zweiflung der Arbeitslosen als Sprengstoff auszunuzen sucht. Weltrevolution als Ziel wird durch die Weltrevolution als Ablenfungsmanöver abgelöst. Der Angriff auf die Festung des Weltkapitalismus wird durch den Angriff auf die internationale Sozialdemofratie erlegt.
-
Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Inspiratoren und tau fizen." Im Kreml wird mit Hochdruck gearbeitet. Die Leiter der revolutionären Arbeitslosenbewegung" in Mosinnere Lage Sowjetrußlands wird immer schlimmer um so wichtiger ist es für die Diftatur, die Weltrevolution" zu entfeffein. Die Ausbeutung der russischen Arbeiter bei der Durchführung des utopischen Fünfjahresplanes wird immer größer, die Ernährungs- und Wohnungsverhältnisse immer schlechter, die Arbeitslosigkeit immer aussichtsloser. Desto wichtiger ist es den Diftatoren im Kreml , zu zeigen, daß es den Arbeitern in den kapitalistischen Staaten noch schlechter gehe. Es ist nicht Wahrheit, aber wenn es wahrheit wäre ist dies eine Entschuldigung für eine Arbeiterregierung"? Die Sowjetpropaganda will die russischen wie die ausländischen Arbeiter verwirren. Das Zentralorgan der PKDSU, die Pramda", versucht in einem Leitartikel vom 2. Februar die westeuropäischen Arbeiter auf den grundfäßlichen Unterschied" aufmerksam zu machen, der zwischen der Arbeitslosigkeit und ihrer Bekämpfung in den kapitalisti schen Staaten und in der Sowjetunion besteht. Dort- die Einschränkung der Produktion, hoffnungslose Arbeitslosigkeit, gewaltsame Niederwerfung der Arbeitslosenbewegung; hier das gigantische Wachstum der Produktion, das zahlenmäßige Anwachsen der Arbeiterklasse, Verminderung der agrarischen llebervölkerung infolge der Kollektivifie rung der Landwirtschaft und die breitefte Sozialversicherung der Arbeitslofen. Aus dieser Gegenüberstellung sollen die breiten Arbeitermassen Westeuropas revolutionäre Schlußfolgerungen" ziehen.
Aber diese Gegenüberstellung ist wissentlich falsch. Die Lage der Arbeiterklasse und der Arbeitslosen in den tapitalistischen Staaten ist freilich ungemein schlecht. Aber noch schlimmer ist sie im ersten Arbeiterstaate". Das Heer der Arbeitslosen erreicht nach den offiziellen Angaben fast 1½ Millionen bei einer verhältnismäßig winzigen Dabei wird Dorfäßlich kaum die Industrie. Hälfte der Erwerbslofen in den Arbeitsnachweisen registriert, um damit die Unterstüßungsgelder zu sparen und die Reservearmee der Arbeitslosen von den Vertretern der enteigneten Klaffen und von den bäuerlichen Elementen zu reinigen". Die 3wangsfollektivierung und die Maschinisierung der Landwirtschaft führt nicht zur Verminderung, sondern im Gegenteil zu einer gefährlichen Steigerung der agrarischen lleb rvölkerung. Die Arbeitslosenversicherung in der Sowjetunion ...
"