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Morgenausgabe Nr. 77

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47.Zahrgang

Wöchentlich SS Pf, monatlich S�V M. tm voraus zahlbar. Postbezug 4�2 M. einschließlich 60 Pfg.Postzettungs» und 72Pfg Poftbestellgebühren. Auslands» abonncment 6« M. pro Monat. DerSSenDörts* erscheint wochentSg« (ich zweimal. Sonntag» und Montags einmal, die Abendausgaben für Verlin und im Handel mit dem Titel.Der Abend-. Illustrierte Beilaaen»Volk und Zeit- und.Kinderfreund-. Ferner .Unterhaltung und Wisien-..Frauen« stimme"..Technik"..Blick in die Bücherwelt- und.Iugend-Lorwärts*

wv-VW f. Berliner Solksvlatt

Sonnabend 15. Februar 1930 Groß-Äerlin 10 Pf- Auswärts 15 pf.

Die c t Ii 1 p a 1 1 1 g c Nonpareillezette 80 Pfennig. Reklame eile 6 Reichs» mark.Kleine Anzeigen' das enge» druckt» Won 25 Pfennig(zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das �erste 15 Pfennig, jedes we«

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Schritt der Großmächte in Moskau ? Inoffizieller Protest gegen die religiösen Verfolgungen.

Die Telegraphen-Union meldet: I« ausländ!» schen diplomatischen Kreisen verlautet, dah drei Großmächte, die Botschaften in Moskau unter- halten und in guten Beziehungen zum Vatikan stehen. den Appell des Papstes, daß Sowjetrußland die Verfolgung der Glaubensbekenntnisse in der Sowjet- onion einstelle« möge, zu unterstehen beabsichtigen. Die drei diplomatischen Vertretungen würden die Sowjet- regierung darauf hinweise», daß die gegenwärtige Politik der Sowjetregierung gegen die Kirchen im Auslande keine Unterstützung finden könne und daß sie selbst- verständlich zu einem Rückschlag der Sympathien für die Sowjetunion im Ausland führen müsse. Dieser Schritt soll in inoffizieller Form erfol- gen, da sich die drei Großmächte nicht in die inneren Angelegenheiten Rußlands einmischen wollen. Sie wür- den aber darauf hinweisen» daß die Maßnahmen gegen die Kirchen in der Sowjetunion eine internationale Bedeutung erhalten haben, die den Mächte« die

moralische Pflicht gebe, entsprechende Borstellun» gen in Moskau zu erheben. An zuständiger deutscher sowohl wie sowjetrussischer Stelle in Berlin konnte die Nachricht bisher nicht bestätigt werden. Valdwin fordert auf zum Protest. London , 14. Februar. In«inein Bericht über die Religionsverfolgungen in Sowjet- rußland erklärt« Baldwin, memals sei das Gewissen des Landes so gerührt gewesen wie heute. Niemals werde Großbritannien vor solchen Versolgungen gleichgültig bleiben. Seine Pflicht sei, wit allen Kräften dagegen zu protestieren. Der Rationalnat der freien evangelischen Kirchen Englands nahm ein« Entschließung an, in der er seinen Abscheu gegen die Verfolgung der christlichen und anderen Retrgionen in Sowjetruß­land aussprach und um Gebet« für die Verfolgten bittet.

Oer Ramsch ist im Gang! Das Hamburger parieihaus der KPO. ist verkauft.

Gegenüber den dummen Ableugnungsversuche« der kommunistischen Zentrale und ihrer Presse stelle« wir fest, daß die Berhandlunge« zur Berramschnitg des immobilen Vermögens der KPD. immer noch im Gange sind, daß sie zum Teil bereits Ergebnisse gehabt haben. Das Hamburger ParteihauS der Kommuuistischr« Partei am Valentiuskamp ist vor etwa 10 Tagen der- kauft worden, und zwar a« den Hamburger Staat! Es war die Absicht der kommunistischen Zentrale, das Haus gegen Barzahlung zu verkaufen. Der Kauf- preis sollte zu einem größeren Teile an die Zeutrale, zum kleineren Teil an de« Bezirk Wasserkante der KPD. verteilt werden. Der Verkauf ist jedoch nicht den Wünschen der Jen- trale der KPD. entsprechend erfolgt. Der Kaufpreis betrug nach unseren Jnforma- tioncn rund 360 000 M. Er ist nicht in bar gezahlt worden, vielmehr ist der weitaus größte Teil in Schuldverschreibungen des Hamburger Staates entrichtet worden. Es steht also fest: die..revolutionären" Hamburger Kommunisten haben ihr Haus an den Hamburger Staat verkauft den sie doch bis aufs Messer bekämpfen. Sie haben für den Verkauf nicht einmal Bargeld er- halten, sondern Schuldverschreibungen des Staates, die eigentlich in ihren Augen das Papier nicht wert sein müßten, auf dem sie gedruckt sind. Alles i« allem: ei« schlechtes Geschäft, mit einem Worte Ramsch! Uud das soll nun so weiter gehen! Wir warten aus das nächste, mft ohnmächtige« Be- schimpfunge« gespickte Dementi derRoten Fahne" und wiederhole« zugleich unsere Frage: wie steht es mit dem Menschenhandel, wie steht es mit der Empfehlung an die Interessenten. Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten der KPT.-Betrlebe um jährlich 1 Million Mark zu drücken? Wenn sie schon reden! Nach längerem befehlsgemäßen Schweigen durfte dieRote Fahne " gestern wieder reden. Reden das heißt lügen und leugnen. Erste Lüge: in einer Konferenz im preußischen Innen- Ministerium sei im Einverständnis mit dem Reichsinnenministerium ein Handstreich auf die Sowjeibotfchast und die Handelsvertretung vorbereite: worden. Diese Zweckerfindung ist zu allem Ueberfluß auch noch amtlich als das festgestellt worden, was sie ist eine einfache Lüge. Der Zweck ist offenkundig hinter dem Geschrei: die Sowjcwertretung ist bedroht, sollen die tödlichen Verlegenheiten der KPD. -Zentrale verschwinden.

Erste Ableugnung: dieRote Fahne " will von Sowjet- gelb nichts wissen. Sie nimmt es nur; denn es bleibt dabei: mit sowjetrussischem Geld werden S00l> Exemplar« derRoten Fahne" bezahlt. Zweite Ableugnung: die Auflagenziffer derRoten Fahne" betrage nicht WOOO Stück. Wir geben allenfalls einen Irrtum zu- aber nur nach obenl

Preußen vor dem Siaaisgerichishof. Die Klage der Splittergruppen Leipzig . 14. Februar.(Eigenbericht.) Der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich befaßte sich am Freitag mit der Klage der preußischen Splittergruppen über die Gülttgkeit des preußischen Landeswahlgesetzes. Die Verhandlungen dauerten den ganzen Tag über an bis abends 7 Uhr. In der gestrigen' Sitzung wurde zunächst der Fragen- komplex erörtert, wa» im Sinne der Borschriften des Artikels 17 der Reichsverfassung diegleiche" Wahl im Rahmen des Verhältniswahlsystems be- deutet. Als Vertreter der klagenden Parteien bezeichneten Dr. Körner. Professor Bauser, Senatspräsident Lobe und Rechtsanwalt Dr. Holstein die Bestimmungen gegen die Splitter- Parteien als unvereinbar mit der Vorschrift der Gleichheit Roch dem jetzt geltenden Gesetz sei es unmöglich, das richtige und gerecht« Verhältnis zwischen der Zahl der Wähler und der Abgeordneten zu finden. Ministerialrat Dr. Kaisenberg sprach über die staatsrecht- der preußischen Regierung dar. Wenn die angegriffenen Bestimmun­gen für gültig erklärt würden, würde daraus sofort eine Ungleich- heit zugunsten d<r kleinen Parteien entstehen. Der Gedanke der Einschränkung der Bildung von Splitterparteien sei absolutes Gemeinbekenntnis des ganzen europäischen Kulturkreises. Ministerialrat Dr. Kaisenberg sprach über die swtsrecht- lichen Grundlagen des Wahlsystems und über die Absicht des Gesetzgebers, dessen ausdrücklicher Wille es gewesen sei, eine allzu große Zersplitterung zu verhindern. Es gehe nicht an. einzelne Teil« aus dem kunstvollen Bau des Wahlsystems herauszunehmen und damit dem ganzen System eine andere Gestalt.zu geben, die der Gesetzgeber bewußt nicht gewollt habe. Nach den Repliken wurde die Aussprache über diesen Fragen- komplex abgeschlossen. Am Sonnabend soll die Frage behandelt werben, inwieweit das Retchswahlgefetz auf die Reichsversassung einwirkt und auf die Lanbeswahlrechtc zurückgewirkt hat. Das Urteil ist nicht vor Montag zu er- warten._ Provinz Sachsen im TUichsroi. Sozialdemokrat pau' Weber al» Vertrete« g.wädlr Merseburg . 14. Februar.(Eigenbericht.) Als Vertreter des Provin.ziallandtages der Provinz Sachsen im Reichsrat wurde der sozialdemokratische Oberbürger- meister von Halberstadt , Paul Weber , gewählt. Bisher wurde di« Provinz durch den früheren Oberp'räfidenten Hörfing vertreten.

Llniernehmerrevue. Bericht der Bereinigung der Arbeitgeberverbände. Die Vereinigung der deutschen Arbeit- geberverbände veröffentlicht soeben ihren Geschäfts- bericht für die Jahre 19Z7/1929. Der Bericht ist sehr umfang- reich, wenn auch nicht immer sehr aufschlußreich. Immerhin gestattet der Bericht einige Einblicke in die Struktur der Ver- einigung der deutschen Arbeitgeberverbände, die die Spitzen- organisation der deutschen Unternehmerorganisationen ist. und auch in den G e i st, der gegenwärtig das deutsche Unter- nehmertum beherrscht. Und da muß von vornherein gleich festgestellt werden. daß sich hier eine starke Unsicherheit bemerkbar macht. Man ist heute nicht mehr felsenfest von der Gottähnlichkeit der kapitalistischen Privatwirtschaft überzeugt. So wird in der Schlußbetrachtung eine etwas mühsame Polemik gegen jede Planwirtschaft versucht und dann gesagt: Wenn also eine planwirtschaftliche Gestaltung der gesamten Wirtschaftsführung sich als eine Utopie«rwcistt, so wird es doch auch andererseits niemanden geben, der jede Einwirkung der öffent- lichen GewaUen auf die Wirtschaft verneint. Es hat noch niemals irgendwo einen Zustand gegeben, in dem der Einfluß des Staates und der von ihm bevollmächtigten Tröger der öffent- lichen Gewalt auf die Wirtschaft vollkommen ausgeschaltet war. Di« Wirtschaft kann und darf sich nur im Rahmen der Staats- Notwendigkeiten bewegen Die Frage, die umstritten ist, ist lediglich Umfang und Inhalt der stoallichen Einwirkung." Daßlediglich Umfang und Inhelt" der staatlichen Ein- Wirkung umstritten ist, ist eine Behauptung, die nicht be- wiesen werden kann. Immerhin zeigt es, wie stark die zum Sozialismus drängende Entwicklung auch auf die Unternehmerhirne einwirkt, wenn die Ber- einigung der deutschen Arbeitgeberverbände anerkennt, daß die Wirtschaft sichim Rahmen der Staatsnotwendigkeiten" bewegen muß. Natürlich wird in diesen Betrachtungendie Notwendig- lest einer in ihrer Initiative, ihrem Wagemut und ihrer Eni- schlußfreiheit nicht durch Kontrollen beengte, auf sich selbst gestellte Führung" der Wirtschaft Propaganda gemacht. Aber daß in unseren Tagen der Kartelle, Syndikate und Trusts der Einzelunternehmer in feiner Initiative, seinem Wage- mut und seiner Entschlußfreiheit nicht durch Kontrollen beengt ist, wird man in der Bereinigung wohl kaum behaupten. Darum spricht der Bericht auch sehr vorsichtig von der F ü h r u n g". die nicht durch Kontrollen beengt sein dürfe. Daß diese Führung aber heute läng st nicht mehr bei dem Einzelunternehmer, ja auch nicht beini Kapitalbesitzer liegt, sondern bei einer dünnen Oberschicht von Generaldirektoren, ist offen- kundig. Diese Entmachtung der Kapitalbesitzer durch die Generaldirektoren ist eine in vieler Beziehung sehr interessante Entwicklung, die weder theoretisch noch praktisch ! sich in Einklang bringen läßt mit der oielgerühmten Initia- tive des Privatunternehmers. Die im Bericht besprochenePlanwirtschaft", d. h. die Einwirkung der öffentlichen Hand auf die Gestaltung der Wirtschaft wird nicht ohne weiteres von der Hand ge- wiesen. In der Zoll- und Außenhandelspolitik wird sie für notwendig gehalten. Auch die planvolle Ber- gebung von Aufträgen durch die öffentliche Hand und dieplanmäßige Einwirkung" auf technische und organffatorische Einzelfragen der Produktion und BerteUung im Sinne der Bereinheittichung und Berbilligung wird gut- geheißen. Das alles sind Konzessionen an die öffentliche Wirtschaft, die gewiß nicht leichten Herzens gegeben werden. Selbstverständlich wird in dem Bericht geklagt über die steigenden Lasten, die auf der Wirtschaft liegen. Der Bericht behauptet, daß die Steuerlast von Reich, Län- dern und Gemeinden in den letzten drei Jahren um 5.4 Mil- liarden gestiegen sei. Die jährliche Mehrausgabe an L ö h n e n u n d G e h ä l t e r n sei in der gleichen Zeit für 20,7 Millionen Angestellte und Arbeiter um mehr als 11 Milliarden gestiegen. Dazu käme noch die g e st e i g e r t e Z i n s l a st, die mit min- destens einer halben Milliarde berechnet werden müsse, so daß der auf den Selbstkosten lastende jährliche Mehraufwand mindestens 17 Milliarden betrage. Das ist eine etwas eigenartige Rechnung Wir wollen hier gar nicht untersuchen, ob und wie weit die Zahlen über die sogenannte Mehrbelastung stimmen. Wir haben bisher angenommen, daß z. B. die Zinsen nicht der Arbeiter- schast, sondern dem Kapital zugute kommen. Der Bericht der Bereinigung scheint aber anzunehmen, daß es die Arbeiter-