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Nr. 91 47. Jahrgang

don1.

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 23. Februar 1930

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Die

We The Karzetten Wenkarzetten

Es ist noch nicht zu lange her, da ging durch die Zeitungen die Nachricht von einem Selbstmord, einem Selbstmord, der eigentlich gar nichts Sensationelles an sich hatte. Es hatte keine Verkehrsstörung gegeben, der Mann hatte sich nicht unter die Stadtbahn geroorfen, er hatte sich still aufgehängt. Wenn man aus der täglichen Selbstmorddhronik trotzdem diesen Fall besonders hervorhob, so um des merkroürdigen. Berceggrundes .roillen. Der Mann war ein abgebauter Bankbeamter, roar einer van denen, die bei der großen Fusion der Deutschen Bank und der Disconto- Gesellschaft als überzählig ausrangiert roorden roaren. Er hatte sogar eine so große Abfindungssumme erhalten, daß er sich damit eine Kneipe gekauft hatte und in der Stunde, in der man seine Möbel aus seiner Wohnung trug, als der Möbelmagen vor der Tür hielt und er in die neue Wohnung, in das neue Geschäft übersiedeln sollte, da ging er hin und erhängte sich. Er hatte einen schnellen Tod langem Elend vorgezogen. Elend? Es mag roohl manchem Arbeiter merkroürdig klingen, hier von einem Elend zu sprechen; mas denn? Arbeitslos roerden ist Arbeiterschicksal, passiert dem Proleten ein paarmal im Jahr, arbeitslos sein ist geroiß eine Hölle, in der nur zu viele leben und fast jeder schon ein Gastspiel absolviert hat.

Die Abfindung.

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Es ist ja wahr, es sieht imponierend aus, wenn man so erfährt, mas ein älterer Angestellter unter Umständen friegen fann: Denn Die Deutsche Bank zahlt ohne Klage auf dem Wege freiwilliger Ber. einbarung bis zu zwanzig Monatsgehältern, fogar die Beihnachts gratififationen merden gerechnet. also so rundrum fönnen bis zu 20 Monatsgehälter rauskommen. Das macht dann wirklich une gefähr 7500 Mart für die höheren Angestellten aus, manchmal laffen fich auch noch ein paar hundert Mark aus einer anderen Ede raus­holen, zudem tann man von der Bant noch billiges Geld zum Neu aufbau einer Eristenz geliehen befommen, aljo! Also wissen die Leute gar nicht, wie gut es ihnen eigentlich geht. Rein! Sie wissen nicht, wie gut es uns an ihrer Stelle ginge; aber es ist ja ihr Unglück, daß fie eben nicht aus ihrer Haut heraustönnen, daß fie in ihrem Beruf jo festgemurzelt sind, daß man, nimmt man ihnen die gewohnte Beschäftigung, zugleich die Wurzeln ihres Lebens durchschneidet. Sie können sich nichts anderes mehr denken, als daß fie heute von einem Schreibtisch aufstehen, um morgen an einem anderen mit der gewohnten Arbeit fortzufahren. Sie sind in er­fchredender Beife lebensfremd geworden. Es gibt Banfangestellte, die, eng eingefapfelt in eine Spezialtätigkeit, nach einer Banttätig. teit von anderthalb Dugend Jahren schließlich nicht mehr missen, wie man eigentlich einen Sched ausfüllt... Erfüllt sind sie aber von einer Erfenntnis: Das Geld, das sie da ausgezahlt bekommen, muß fie ernähren, sie müssen davon leben, selbstverständlich, und sider muß es sein, goldsicher! Selber jo was ganz neues anzu fangen, dazu haben die wenigsten den Mut; aber da sind ja soviel periodende Angebote, stille Teilhaberschaft, fabelhafte Erfindungen, für deren richtige Ausnugung bloß noch ein bißchen Kapital fehlt, Goldgruben von Geschäften! Diese Menschen, von der Panit der verlorenen ficheren" Gristenz" erfaßt, sind geradezu prädestiniert dafür, das Futter der Landhaien" zu werden. Manchmal dauert es zwei Monate manchmal ein Jahr; dann stehen fie mit leeren Händen da. Der geschäftstüchtige Teilhaber hat inzwischen sein Schäfchen ins Trodene gebracht. Und dann liegen sie auf dem Arbeitsmarkt, dann find fie eingereiht in die Armee der Hoffnungs lofen, an deren Unterbringung die Arbeitsämter schon lange ver 3meifeln, der älteren Kaufleute und Angestellten, für die Industrie und Handel durchaus feine Verwendung mehr zu haben scheinen.

Ein Kapitel vom Arbeitsmarkt.

Man sollte es nicht glauben, aber es ist mahr: Es gibt eine Sorte von Arbeitsträften, bie fo gefragt ist, daß das Arbeitsamt gar nicht alle Anforderungen erfüllen tann: Das sind die achtzehn, bis

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neunzehnjährigen Raufleute. Die sind ja erstens billiger als eine ältere raft, zweitens laffen fie fich auch viel leichter handhaben" als ein älterer Menscy; und so ist heute schon die Unterbringung eines mehr als Fündundzwanzigjährigen in der Industrie oder im Handel nicht immer leicht, über dreißig ist fie schwer und über vierzig ist sie so gut wie hoffuungslos. Dabei waren von den im Januar eingetragenen 11 713 Raufleuten 4859, von den 2198 Büro­angestellten 914 über vierzig Jahre alt. Ihnen Arbeit zu ver­schaffen, wäre so gut wie unmöglich, wenn nicht noch ein Rettungs­anfer da märe: Die Behördenstellung. Die Behördenstellung, die Hoffnung dieser Hoffnungslosen. Und verbissen bohren sie sich fest in den Gedanken: Du mußt reinkommen in dieses Paradies! und schlagen fogar jede andere Möglichkeit, wieder zu einer Eristenz zu tommen, aus, wenn sie von ihnen nur ein weng Umstellungs. vermögen verlangt. Andere werfen sich irgendeimer Sefte, irgend einem Wahn in die Arme, wie der ältere Kaufmann, der ständig dem Arbeitsamt in den Ohren liegt, man solle ihn vermitteln, dann würde er durch sein Gebet alle anderen auch vom Fluch der Arbeitslofigfeit erlösen. Es ist ja wahr, daß diese Menschen oftmals nur noch in einer halbmechanischen Tätigkeit, wie sie sich bei mancher Behörde bietet, zu brauchen sind, dort vielleicht sogar fehr gutes leisten fönnen. Und dann sehen sie sich von unbekannten räften immer wieder zurüdgestoßen, von diesem unfaßbaren Mächtefompler, den mir als ,, Beziehungen" bezeichnen, und der ihnen nicht zur Verfügung steht. Es ist einer der größten Schöden, daß von vielen Aemtern, von vielen Behörden die bei ihnen ein zustellenden Kräfte vom Arbeitsamt namentlich angefordert werden. Und diese Auslese richtet sich nicht nach der Tüchtigkeit, nicht nach und sie ist durchaus un der sozialen Notlage des Arbeitsuchenden abhängig von der Parteistellung des Anfordernden wie des Arbeit­fuchenden: Den Arbeitsämtern wird dadurch ihre Tätigkeit unendlid) erschwert; oft genug geht so ein hoher Gönner durch alle In­ftanzen, beschwert sich bei Pontius und Pilatus über das didtöpfige Arbeitsamt, das ihm statt seines Protegés einen Menschen zuschickt, der wohl genau so tüchtig und sozial viel hilfsbedürfiger, viel länger arbeitslos ift. Und beide Teile auf dem Arbeitsamt werden gleich verbittert: Die Beamten, die ihre Tätigkeit auf diese Weise sabotiert fehen, wie die Arbeitslofen, die sich hoffnungslos ausgeschaltet wiffen, Und das Meer der Hoffnungslosigkeit steigt und steigt.

Kampf um neuen Boden.

Am besten sind die daran, die nicht von Jugend airf fozusagen darauf breffiert wurden, daß nur eine faufmännische Stellung, nur

eine reine Bürotätigteit in Frage tommen tönnte. Die haben den Mut und die Bendigkeit, die Karre herumzumerfen, fich mit ihrer Broletari fierung abzufinden; fie stehen als Schaffner und Fahrer auf der Elektrischen, find untergekommen oder haben sogar selbständig einen eigenen Handel angefangen und wenn der bloß in einem Bauch laden besteht oder in einem Sponforb mit Spidaalen, die fie ,, austrudeln lassen. Es gibt da sogar Fälle, in denen ein solcher Berufswechsel materiell nicht einmal unbetömmlich war; so läßt ein früherer Bankbeamter heute mehrere Apfelsinenfarren laufen, die durch einen fleinen Reflametrid außerordentliche Anziehungs traft auf die Kundschaft ausüben: Man darf sich auf ihnen die Apfel­finen aussuchen. Ein anderer hat sich mit Hilfe seiner Abfindung und eines durch seine Organisation vermittelten Darlehens einen Räuchermarenladen aufgemacht und konnte dieses Darlehen in der Frist von menigen Monaten zurüdzahlen. Andere bringen sich menigstens mit Hilfe ihrer Frau schlecht und recht mit einem Heinen Handel durch. Ja, die Frau! Auf sie tommt es bei allen diesen Experimenten nicht weniger an als auf den Mann selbst. Ist sie ge­fund und tüchtig, stammt wenigstens fie nicht aus einer hoffnungs los verintellektuellifierten" Familie, dann fann noch alles gut werden. Aber je lebensfremder Mann und Frau find, deffo heftiger werden sie von der Panit erfaßt, desto übereilter find fie in ihren Entschlüssen: Menschen, die noch nie ein lebendes Huhn in der Hand hatfen, faufen sich eine Hühnerfarm ,,, meil das jetzt das beste Geschäft sein soll", andere legen sich eine Zucht von Chinchillafaninchen in ihrer 3meizimmerwohnung an oder man schafft sich eine Fremden­pension in einem unserer geliebten deutschen Vaterländer an, in dent jeder ,, Saupreiß" nhnehin nicht gut gelitten ist und denkt, daß von ganzen acht Sommergästen eine ganze Familie leben famt. Die ganze Familie! Ach, das ist es gerade, mas bie Fälle der älteren Angestellten so tragis macht: Hier geht ja nicht nur bic eine Eristenz, der Familienpater, zugrunde, sondern noch die Existenzen seiner Sinder. Da müssen Junge und Mädel von der Schule genommen werden; man sage nicht, daß es ihnen gar nicht schade, wenn sie eben dann nicht mehr auf die höhere Schule gingen: Eine halbe höhere Schulbildung ist schlechter und weniger als Die Ausbildung der eine vollendete Volksschulbildung. größeren Kinder muß brüst gebrochen werden; nicht der fleinste Zuschuß, nicht mal der einfache Lebensunterhalf tann mehr gegeben werden. So wird das Mädchen ,, in den Haushalt" gegeben vielleicht spielt sie Haustochter zu schlechteren Be­dingungen, als sich ein Proletariermädchen als Hausangestellte bieten laffen mürde; und die Söhne, jäh aus ihrem Studium gerissen, find

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Gefährliche Schleppfahrt der ,, Europa "

Das größte Schiff Deutschlands , der 51 000- Tons- Ozeandampfer Europa " des Norddeutschen Lloyd , kann nach seiner endgültigen Fertigstellung auf der Werft Don Blohm und Voß in Hamburg nur mit größten Schwierigkeiten die Elbe abwärts geführt werden. Nach mehrfachen Stockungen mußte das Riesenschiff gestern auf der Unterelbe bei Brunshaupten vor Anker gehen, da es ständig auf Grund geriet. Die Flutverhältnisse auf der Elbe sind auch weiter recht ungünstig.

Ein weiteres Telegramm meldet aus Hamburg : Die Europa ", die seit Unterbrechung ihrer Elb. fahrt oor Bützfletz vor Anker gelegen hatte, hat abends gegen 21 Uhr die Fahrt fortgesetzt. Das Schiff passierte um 214 Uhr Glückstadt .

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