Gonniag 23. Februar 1930
Unterhaltung und AVissen
Beilage des Vorrrörts
flCaffalte und Qeorg
Am ihrem ffirieftredijel
' Prinz ans G«n?eland, leick� elnherschreitend in funkelnd«r Rüstung und mst blitzendem Schmerle"— so kennzeichnet Franz Mehring den sozialen Dichter Georg Weerth , mit besonderem Hin- blick aus dessen Tätigkeit als Feuilletonist an der„Neuen Rheinischen Zeitung " von 1848/49, in welcher dieser die wuchtigen Arlitel des politischen Teils mit seinen ausgelassenen Satiren unter dem Strich „wie«in lustiger Kometenschweif" begleitete. In eben dieser Zeit, da Weerth mst Marx und Engels in Köln zusamnienwirkte an jenem berühmten Organ des proletarischen Freiheitskampses, ist er auch dem dritten großen Führer der proletarischen Bewegung nahe- getreten: Ferdinand Lassalle der im benachbarten Düsseldorf lebte, mit der Führung der Prozesse der Gräfin Hatzseldt beschäftigt. Diese Riesenarbeit, sowie die fürsorgliche Aufmerksamkeit der königlichen Behörden, welch« Lassall« lang« Zeit in Untersuchungshast hielten, hat es mit sich gebracht, daß dieser sich nur wenig an den politischen Kämpfen des Jahres 1848/49 beteiligen konnte. Gleichwohl warmer in ständiger Verbindung mit der Neuen Rheinischen Zeitung und kam so auch mit Weerth in Berührung. Die beiden geistreichen Rebellen fühlten sich sehr zueinander hingezogen und verbrachten manchen Abend miteinander in langen Gesprächen in Köln und Düsseldorf , wobei auch öfter die Gräfin Hatzfeldt zugegen war, jene von einem brutalen Gatten mißhandelte, von ihrer ganzen Kaste ver- femte Unglücklich«, welche die treueste Anhängerin ihres Wohltäters Lassall« weit über dessen Tod hinaus geblieben ist. In Tagebuchnotizen spricht Weerth von lustigen Briefen, die er In jenen Jahren mit Lassalle gewechselt hat. Leider sind nur zwei dieser Briefe erhalten, und zwar von Weerth a n Lassalle . Der erst«, noch nicht gedruckt, befindet sich im Staatsarchiv zu Düsseldorf und lautet: „Köln , 20. X. 1848. Lieber Herr Lassalle i Es hat mich aufrichtig gefreut, daß ich Ihnen neulich nicht zu schreiben hatte. Jellachich wurde nämlich, wie Sie wissen, nicht gehängt. Dieser ausgezeichnet« Mann lebt noch immer— und der Wiener Reichstag ist erst recht oben aus. Dieser Wiener Reichstag wird auch nicht gehängt. Ich Höste große Lust, die Bölkergrundsuppe. die jetzt um Wien herumschwimmt, ein- mal an Ort und Stelle zu studieren. Welcher Stoff für schlechte Witze! Uebrigens habe ich vor, ganz reaktionär zu werden. In den, Artikel des Standard, den, Die in unsrer Samstagnummer abge- druckt finden, sind ganz meine Ansichten ausgesprochen. Ich liebe den Standard. Do«in Esel von einem Tory ist ein ehrenwürdiges Tier. Ein Esel ist überhaupt ehrwürdig. Ich Hab« vor den Eseln stets Respekt gehabt. Ein Esel ist ein vollkommenes Wesen: er ist nichts Halbes— er ist etwas Ganzes'. Kompakte Dummhest! Dummhest in ihrer ganzen Reinheit Ein Esel ist mir doch lieber wie ein konstitutionelles Pferd! Nicht wahr? Der Esel ist ein dumm«, Tier, Der Elefant kann nichts dafür. Außerdem fließt das Leben so ruhig dahin wie das Wasser in einer Gosse. Wir Menschen sind Göster, deshalb sind wir verwöhnt: es gefällt uns nichts mehr, der Himmel am allerwenigsten. Sie sehen aus diesem Briefe, wie es in Wien aussieht! ,W«r ahnt was Grauses!' Doch noch eins? Die hiesigen Demokraten wollen sich morgen zu Ehren Freiligraths in außerordeistlicher Sitzung bei einem heiligen Abendmahl« versammeln, welches di« Nacht hindurch per» manent bleiben wird. Auf breitester Grundlage wird man essen, und der Wein erfreut des Menschen Herz... Wollen Sie nicht auch kommen? Jedenfalls leben Sie recht wohl! Mit Glaub«, Liebe und Oeffnung
Ihr ergebener
G. Weerth/
Bon einer Begegnung mit Lassallc unter etwas ungewöhnlichen Umständen erzählt Weerth in einem Briefe an seine Mutter am 11. April 1849: „Neulich war ich auch in Düsseldorf bei der Gräfin 5)atzfeldt, wo ich stets Quartier habe. Wir gingen zusammen ins Gefängnis und besuchten Lossalle, den geistreichsten Menschen, den ich außer Marx kenne. Wir trafen bei ihm den jetzt in Freilzeit gesetzten Eantador, früher Kommandant der Düsseldorfer Bürgerwchr, und da der Gefängnisinspektor«in guter Mann ist, so durften wir im Cachot einen herrlichen Maltrank aus Champagner und Moselwein machen, was uns natürlich allen viel Spaß machte. Um 6 Uhr abends wurden wir aber entfernt und der Gefangene wieder ver- schlössen. Am 30. dieses Monals erscheint er vor der Jury, um jedenfalls freigesprochen zu werden"*) Die letzte Voraussage ging in Erfüllung: Lassalle wurde frei« gesprochen und kam aus dem Gefängnis heraus, sein Freund Weerth dagegen mußte einige Zeit später hineinwandern, und das kam so: Aus Grund seiner in der Neuen Rheinischen Zeitung veröffentlichten Novelle, /Leben und Taten des berühmten Ritters Schnapphahnski" wurde er unter Anklage gestellt„wegen Beleidigung des Fürsten Lichnowsky". In diesem Abgeordneten des Frankfurter Parlaments, einem der unangenehmsten Exemplare der preußischen Iunkerkaste, hatten nämlich die preußischen Gerichte scharfsinnig das Urbild des Ritters Schnapphahnski entdeckt, von dem Georg Weerth so viele peinliche Assären in jener Novelle mit beißendem Spost ans Licht gebracht hatte. Als Lichnowsky infolge seiner herausfordernden Haltung während der Franksutter Septembsrunruhen(1848) von bewaffneten Bauern erschlagen war. hast« Weerth die weitere Ver- ösfentlichung der Novell ««ingestellt. Eist als di« öffenlliche Anklage wegen Beleidigung des nunmehr toten Fürsten Lichnowsky gegen ihn erhoben wurde, druckte er die Satire zu Ende ab, um die An. klag« zu entkräften. Der Prozeß schleppte sich viele Monat« durch die Instanzen hin. Bor der entscheidenden Verhandlung des Revisions- und Kassatwns, Hofe in Berlin hat Lassalle mit seinem«normen iuristlschen Können eine gründlich« Perteidigunfl-ichrift für Weerth ausgearbeitet, die dessen Rechtsbeistand, der Advokatanwalt Hagen, dem Gericht ein- reicht«. Aber es half alles nichts: Weerth wurde endgültig zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, die er 1830 in Köln absaß. *> Es handelie sich um Lassalles Agitation zum gewaltsamen Widerstand gegen die Gewaltpolitik des Ministsrlums Brandenburg vom November 1848.
Ueber«inen Versuch von ihm. die Zelt der unfreiwilligen Muße so angenehm wie möglich auszufüllen, erzählt Lassalle , welcher dem gleichen Schicksale wie Weerth wieder einmal entgegensah. In einem Briese an Marx vom 12. Februar 1830: „Vor kurzem schrieb mir der liebenswürdige Weerth und macht« mir den herrlichen Vorschlag, er wolle, wenn ich sitze, auch kommen
und mit mir zusammensitzen. Sage ihm also, daß ich jedensalls In Düsseldors sitzen werde, und daß er atso durch Hage» oder direkt an John sich wenden und um die Erlaubnis bitten soll, gleichfalls in Düsseldorf zu sitzen. Er soll aber nicht eher kommen, bis ihm die Gräfin schreiben wird, daß ich bereits sitze." Aus dem folgenden Jahr haben wir wieder einen„lustigen" Brief Weerths an Lassalle vom 3. Mai 1831 aus Hamburg , der
sich bei Gustav Mayer in, Lossalle-Nachlaß abgedruckt findet: er beginnt so: ,,£ i e b e r L a I s a l l e! Da ich gar nicht wußte, ob und wo Dich mein Bries treffen würde, so hatte ich meine neulichen Zellen absichtlich so kurz gefaßt. Jetzt weiß ich, daß Du wieder in Deiner alten Umgebung bist, und ich beeile mich, Dir mein« herzlichen Grüße hinüberzuscnden, indem ich Dich bitte, mich der Gräsin sehr empfehlen zu wollen. Du mußt von jetzt an recht für Deine Gesundheit sorgen: Viel sckjlosen, regelmäßig spazieren gehen gut essen und trinken und wenig denken. Dies allein führ: zur Glückseligkeit. Ja, es wäre das beste, wen» Du die Gräfin veranlassen könntest, alle Prozesse an den Nagel zu hängen. Du würdest sie dann nach Italien be- gleiten. Dort setzet Ihr Euch an das blaue Mittelmeer und stu- diertet den Dante oder meine interessanten Briefe— die Myrten und Orangen würden Euch lieblich umdusten, die See rauschte, und alle Not wäre vergessen. Statt dessen zankt Ihr Euch fortwährend mit verderblichen Advokaten, mit Kerls, die Gott in seinem Zorne erschaffen hat aus Käserinden und Sternschnuppen-Schnäuze. Ihr verbittert Euch das Leben, verliert Euer Geld und Eure Prozesse, und in dieser ewigen Angst, ja, In dieser ewigen Hatzfeldtschen Hetzjagd streichen die schönsten Jahre vorüber, und das Alter kommt, wo das Blut nicht mehr perlt, und wo wir alle Schafsköpfe werden. Drum tue, was ich Dir raie. Weisheit spricht aus meinem Munde. Ich bin ja ein alter Mann(er war damals 29 Jahre. Anm. d. Red.), vielleicht der einzige alte Mann, der noch kein Schafskopf Ist: ich muß wissen, was der Jugend frommt— und mittlerweile sorgt die Welt- geschichte für das Uebrig«, und es wird sichspäter finden, ob sie Dich noch einmal nörtg hat..." In der Fölgezeit haben Lassalle und Weerth ssch, wie es scheint, nur noch einmal kurz gesehen, denn bald daraus ging Weerth als Agent eines deutsch -engiischen Handelehauses nach Amerika , wo er schon 183S gestorben ist. Durch den plötzlichen Tod des erst 34jährigen Freundes wurde Lassalle ebenso wie Marx und Engels in tief« Betrübnis versetzt, und das Andenken an den Derstorbenen ist bei ihnen stark lebendig geblieben. Das nebenstehende Bild ist nach einem Daguerrotyp aufge- nommen, das aus dem Nachlaß von Betty Tendering stammt, die eine Schwester von Lina Duncker war. X. Wcertb.
Setix Seherret: löd* 3
Di? nadMolflsaic CtcäÄIirna ist finan noch nicht verSkk-ntlichttn Buch. Der Tollor steint� von tkelir Schcrwt entnonunen. So hat den Untertitel: Leenen auo einer alten Stadt, und behandelt di« ?«it der Inflation in der tsreien Stad! D a n»t«. Da» Buch erscheint im Laus« des Jahre» im.Bllcherln i»'. Zur selben Zeil tasteten sich zwei Gestalten durch stille Straßen. Es brannte keine Laterne. Der Senat spart« an der Straßen- beleuchtung, wenn der Kalender Bollmond anzeigte. „Durch schöne Straßen schleppen Sie mich", knurrte Rabiw»' witsch Fritz Frehse an. „Wir sind bald da." Fritz flüstert«. Rabinowitsch wurde es sehr ungemütlich. Cr hatte di« Brief, tasche mit Geld gespickt, und wenn auch«in gutes Geschäft in Aussicht i stand, so braucht« es nicht notwendig in dieser geheimnisvollen ! Gegend realisiert zu werden. „Woher kennen Sie den Mann?" Rabinvwllfch erhob die Stimm«.„Ist er sicher? Laufen wir keine Gefahr? Warum jetzt mitten in der Nacht?" „Rabinowitsch, ich sagt« Ihnen schon im Restaurant," Fritz ent- wickelte betulichen Eifer,./daß der Mann die Ware erst abends aus dem Freihafen bringen kann. Er ist Matrose auf einem deutschen Dampfer, der«ben aus Stettin eingetroffen ist." „Aber wir gehen doch nicht zu dem Matrosen!" Rabinowitfch wurde ungeduldig. „Nicht so laut," beschwichttgt« Fritz,„der Matrose kennt«inen Mann, den ich kenne, und zu dem gehen wir." Sie bogen in ein« ganz schmale Gass««in. Ein breiter Mann konnte mit ausgestreckten Armen beide Häuserreihen berühren. Vor emer Hütte blieben sie stehen. Ein spitz zulaufende» Dach drückte auf die Tür. Die Fenster hatten sich gesackt. Da» Ganze ächzt« gichtbrüchig vor Alter. .�ier wohnt der Mann. Er ist Flickschuster und heißt Pro- kriefke." Fritz klopft« dreimal scharf an den Fensterladen. Drinnen schlurften Schritte. In der Tür. von hinten beleuchtet, stand ein kleines, schiefe» Wesen. „Ach, Herr Frehsei Der Männ ist schon da." meckerte der Klein«.„Haben Sie ihren Herrn mitgebracht? Na. dann ist ja alles put." Sie mußten zwei Stufen hinunteriteigen. In dem Raum blakte ein tle'n-s Petroleumlämpchen. Schiistertisch und Stuhl bildeten das einzig« Mobiliar. Trotzdem war e« st», eng, daß man ssch kaum be- wegen konnte. Es roch penetrant nach ausgebratenem, ranzigen Fett. In Rabinowitsch stieg«ine beginnende Uebelkell auf, die er tapfer bekämpfte. In der Swbe hin", um die Tischlampe dicker Pfeifenqualm. Der Fettgeruch war hier noch erstickender. Zwei Betten mit karierten Decken standen an ier Wand, darüber hingen Heiligenbilder. Ein Schrank, dell«« Tür sich nicht mebr s-bließen ließ, und ein eisernes Waf�aeftell verschönten die andere Seit«. Ein Neiner Tisch füllte den Raum dazwischen. D'e iieie Stubendecke lastet? schwer über dem Gan»«n. In der Küche hörte man furchtbar wirtschaften. Ein untersetzter, schlecht rasierter Mann Im dicken, blauen Schiffs. sweater erhob sich. Sein Kopf berübrte die Deck«. „Also Karl, hier sind die Herrenl Denn man los!" Der Seemann knurrte absol"t UnverstäMiches, da er nicht daran dachte, die Pfeif« au» dem Mund»u nehmen. Er begrüßt« auch die He-ren nicht, er schielte sie nur kräftig an. „Geld hoben S'e mit?" Ein aewaltiaer»aß dröhnt« durch die Stube...Fein« Ware, sag' ich �hnen. Onginalpockiinq!" „Karl bringt immer seine Ware," kichert« dos fchiech« Wesen. „cherr Prokrieik«. Nmn können wir anfangen, über den Brei» sind wir un?!a einig." Fr'tz versuch«« es mit der geschäftlichen Gest«. Unter Stöhnen und Gn,n«en hob der Seemann ein« große, elegante Ressetasche auf den Tisch. Umständlich sucht- er den passen- den Schlüssel und noch umständlicher nahm er drei Flaschen heraus. Es waren di« ühlichen Flaschen, in denen di« Magdeburger Fabrik Kokain in die iDelt schickte. „Untersuchen Sie die Siegel. Nicht« ist kaputt. Alle» in Ord-
nung!" Der Seemann bequemt« sich endlich, die Pfeife aus dem Mund zu nehmen und schlug mit ihr aus die Flaschen. Rabinowitsch setzte sich auf einen wackligen Stuhl und zückte eine Lupe. Er unterwarf ein Siegel nach dem anderen eingehender Prüfung. „Die Siegel sind in Ordnung! Warten Sie einen Moment, Ich muß noch die Ware untersuchen." Rabinowitfch wallte gerade eines der Siegel lösen, als der Seemann losdonnerte: „Sie, halt, das gibt es nicht! Die War« ist«cht. ich Hab' sie in Stettin getauft. Sie nehmen sie so, wie sie ist, oder Sie bekommen sie gar nicht!" „Aber erlauben Sie mal.. „Nichts erlaub' ich, verstehen Sie mich!" Der Seemann streckte seine Pranken vor und fchob den rechten Aermel in die Höh«. Der bieder« Seemann zog sich zunächst einmal den Gürtel stramm. Dann studierte(t einige Augenblicke die mächtigen Fäuste, räusperte sich und spuckte mitten in das Zimmer. Darauf griff er in die für feine Verhältnisse zu elegant« Reisetasche und zog«inen ansehnlichen Dolch in einer Lederscheid« heraus, den er vor sich auf den Tisch legte. Er tat das mit einer auf die Nerven fallenden Ruhe und Bedochtfamkeit. Fritz war auf eines der Betten gesunken und stierte mit hervorquellenden Augen auf diefe Vorbereitungen, die nicht dazu angetan waren, seinen Mut zu beleben. „Glaubt ihr Scheißkerle, ich lasse mich von euch zum Narren hallen? Die Ware ist gut, und ihr werdet sie kaufen, verstanden?!" Der Seemann nähert« sich Rabinowitfch. „Ich will das gefälscht« Zeug nicht!" Rabinowitsch sprang auf. In dem Zigarrenhändler erwachte ein schlunzmernder Held.„Ich leg Sie verhaften, Sie dürfen überhaupt nicht mit Kokain handeln." Zuerst ein herzhafter Seemannssluch und daraus ein brüllendes Lachgn, das Fritz noch stärker erschütterte, als vorher der Anblick des Messers,„illa, und ihr?! Ihr habt wohl gerade die Erlaubnis. damit zu handeln, was? Ihr müßt doch das Maul halten, sonst fliegt ihr selbst in den Kahnl Wißt ihr was, ihr könnt mir mal!" Er schüttelt« sich vor Lachen und hustete dann hervor:„Jetzt aber das Geld!" Eine miiskelhart« Faust packte Rabinowitsch an dem Gürtel des Regenmantels.„Na. wird's bald?" „Geben Sie ihm bloß das Geld," wimmerte Fritz vom Bell aus. Rabinowitsch zerrte die Brieftasche heraus und warf ein paar Dollar- noten auf den Tisch.„Da!" konnte er nur hervorstöhnen. Ein Feixen antwortete ihm. Sehr bedächtig zählten Herr Protrlefke und sein ehrerwerter seemännischer Gast die Noten. Rabinowitsch packte die drei Flaschen in sein« Hosentasche. Fritz stand an der Tür, den Hut auf dem Kopf, er trat nervös von einem Fuß auf den anderen und konnte es kaum erwarten, bis Rabinowitsch d!« Flaschen verstaut hatte. Es regnete sanft und mit zäher Ausdauer. Sie liefen fast durch die finsteren Gassen, stießen sich an unmotiviert vorspringenden Bord- ichwellen und zuckten be! jedem Geräusch zusammen. Einmal schrie Fritz auf, er biell ein Gerüst, das aus dem Dunkel hervorwuch«, für einen Mann, der alles andere eher als friedfertige Absichten zu hegen schien.- Erst auf dem Fischmarkt endet« der Dauerlauf. Rabinowitsch verschwand in einer Bedürfnisanstalt, hier brannte wenigstens«in« anfpruchsiose, in treuen Magistratsdiensten erblindete Gaslateroe. Rabinowitsch riß ein Fläschchen aus der Mappe, entfernte das Siegel und befchnuperte die weiße Mass«. Fritz nahm die Gelegen- hell wahr, um den Drang des Irdischen abzuschütteln. Plötzlich erhielt er in den Rücken einen gutgezielten Stoß, der ihn an hi« frisch- geteert« Wand quetschte, dann donnerte Rabinowitsch:„Kochsalz! Idiot, dir verdank ich das!" Fäuste hämmerten auf Fritz herum. Keiner der beiden tonnt« sich auf der Polizeiwach« entsinnen, was eigentlich geschehen war. Ein Schupo hatte durchdringend« Schrei« gehört qnd zwei Männer gefunden, die sich auf dem Boten rollten, mit zerrissenen Kleidern aus Kratz- und Bißwunden blutend ineinander verkrampft und völlig verschmutzt. Jeder bemühte sich, das Gesicht des anderen in j>ie Jauche hineinzudrücken. Zwei Mitteieuropäer hatten ihre wahr« Natur enthüllt.