zu überzeugen, dem neuen Rabinett ihren Beiffand zu lethen. Falls dieses Angebot abgelegt werden follte, würde Tardieu ein Kabinett bilden, das im großen und ganzen die gleiche Richtung haben würde mie das voraufgegangene.
Die radikale Kammer- und die Senatsfraktion haben gemeinfam beschlossen: Die vereinigten Fraktionen erklären einmütig, daß fie an einem Kabinell unter Borjih Tardieus nicht mitarbeiten fönnen. Diefe Tagesordnung erläuterte Senator Sarraut jo: Wenn ein Kabinett von einer anderen Persönlichkeit als Tardieu gebildet werden sollte, würden wir nichts dagegen einzuwenden haben, wenn Tardieu ein Ministerposten übertragen wird, der seinen technischen Fähigkeiten entspricht.
Das Eintagsfabinett.
CA
Der Reichstag beriet am Mittwoch nachmittag zunächst die Aber es ist etwas ganz anderes, wenn die Deutsche Boltspartei und Aenderung der Reichshaushaltsordnung.
Berichterstatter Abg. Stüdlen( Sog.) führt aus, daß die vor gefchlagenen Wenderungen das Kontrollrecht des Reichstags richtig wirksam machen sollen. Die Stellung des Finanzministers mird ganz wesentlich gestärkt. Da er verantwortlich ist, muß er auch gegen Ausgaben einschreiten tönnen, die er nicht verantworten tann. Heute schon fann der Finanzminister im Rabinett verlangen, Mit billigem Biz begleiten die Blätter der deutschen Reaktion daß Abstimmungen, bei denen er unterlegen ist, wiederholt werden, und gewisse Berliner Sensationszeitungen, die fich liberal nennen, und bleibt die Mehrheit bei ihrem Standpuntt, dann trägt der den raschen Sturz des Kabinetts Chautemps. Gewiß entbehrt die Reichstanzler die Berantwortung, die der Finanzminister nicht Tatsache, daß ein Kabinett nur einen Tag besteht, nicht einer gewissen glaubt, übernehmen zu können. Außerplanmäßige Ausgaben werden Drolerie, aber die Kritikaster sollten an die Stelle ihrer müßigen an die Zustimmung des Finanzministers gebunden; er ist nicht verBetrachtungen über den kläglich gescheiterten Bieberbelebungspflichtet, sondern ermächtigt, die vom Reichstag bewilligten Aus. versuch des Linkstartells" beffer ein Studium der Zeitgeschichte vor gaben zu machen. In dem Maß, wie die Einnahmen oder Aus. nehmen. Bor etwa sechs Jahren nämlich gab es in Frankreich auch gaben gegen den Voranschlag sich ändern, wird m Zutunft auch ein Einlagstabinett, dieses Kabinett aber fegte fich aus den Ber - die Anleiheermächtigung des Ministers geändert. Die Einsichtnahme tretern der Reattion zusammen. Die Frühjahrsmahlen von 1924 des Rechnungshofs in Atten erfordert die Zustimmung des Ministers, hatten dem Linkstartell den großen Erfolg gebracht, der zum ersten die- mit Ausnahme ganz geheimer Aften nicht verweigert Rabinett Herriot führte. Der Präsident der Republit, der real werden wird. Sparfommiffar muß der Reichstag felbft sein, wie werden wird. Sparfommissar muß der Reichstag felbst sein, wie tionäre Millerand, berief den Reaktionär François- es früher gewesen ist.( Beifall.) Marfal zur Kabinettsbildung. François- Marsal stellte sich mit fetnem Minifterium der neuen Rammer vor, am 10. Juni 1924 wurde das Kabinett nach ein tägiger Lebensdauer gestürzt. Präsident Millerand mußte zurücktreten.
Wizchen und Mäßchen über den Sturz Chautemps' find also müßig. Noch müßiger ist es, aus der Neuberufung Tardieus eine tatastrophale Niederlage der Linfen zu fonstruieren. Sie ist eine Selbstverständlichkeit. Richtig ist aber die Feststellung, daß die Demokratie in Frankreich lebendig ist, ob sie nun gegen die Rechte oder die Linte ausschlägt.
ellonidated
Kundgebungen am Ebert- Tage bigmund am 16 März geffattet.
13m preußischen Landtag gab am Mittwoch bei der Aussprache über den Haushalt des Innenminifteriums Staatsfetretár Dr. Abegg zwei Erlaffe befannt, wonach das kund. gebungsverbot am 28. Februar anläßlich der fünfjährigen Wiederkehr des Todestages des ersten Reichspräsiden len Ebert und für den 16. März aus Anlaß des vom Boltsbund deutscher Kriegsgräberfürforge vorgesehenen Boltstrauerfages infofern aufgehoben wird, als Beranstaltungen unter freiem Himmel zugelaffen werden, die sich im Rahmen der Gedenkfeier und Trauerfundgebungen bewegen. Gefchloffene An- und Abmärsche sind jedoch nicht gestattet sail m
Regierungsbildung in Sachsen .
Demokraten lehnen Nazi- Blod ab.
Die bemotratifche Bandtagsfraktion hat folgendes Schreiben an die Frattion der Wirtschaftspartei gerichtet:
Reichsfinanzminister Moldenhauer
die Wirtschaftspartei einen vollkommen unabhängigen, nur den Gelegen unterstehenden Spartommiffar als oberste Reichsbehörde einfegen wollen. Der Reichsetat enthält Ausgaben von 10 mi.
liarden Mart.
Da.
Draußen im Cande glaubt man noch, es wäre leicht, mit dem Rotstift die Kleinigkeit von ein paar hundert Millionen zu ffreichen. Aber ein etheblicher Teil dieser Ausgaben fann überhaupt nicht gestrichen herden, ein anderer großer Teil nur dann, wenn zuvor die zu diesen Ausgaben verpflichteten Gesetze aufgehoben oder geändert würden.
zur Balancierung des Etats find höchstens 1200 bis 1400 Millionen Wir wollen nicht behaupten, daß daran nicht noch gespart werden fönnte. Wir meinen, daß z. B. beim Wehretat nod recht erheblich gespart werden fönnte. Aber diejenigen, die den Reichssparkommissar zur obersten Reichsbehörde machen wollen, dic wollen zwar nicht am Wehretat, aber dafür am Sozialetat große 2bftriche machen. Keine Reichsregierung und fein Reichstag fann die Bedürfnisse des öffentlichen Lebens lediglich unter dem Gesichtspunft des Sparens betrachten, sondern muß daneben immer noch fozialen, fulturellen und wirtschaftlichen Erwägungen Raum geben und danach beurteilen, ob Ersparungen an einer Stelle nicht größere Ausgaben an anderen Stellen hervorrufen oder Nachteile für das Gemeinwohl erzeugen.
Ein jeder Verantwortung entrüdfer und vollkommen fethftändiger Reichsiparfommiffar fönnte für solche Ersparungen, wie wir sie nicht wünschen, ein durchaus brauchbares Inftrument werden. Dafür aber sehen wir uns nicht ein.- Nach dem Antrag der Wirt. ichaftspartei soll der Reichspräsident auf Berlangen von einem Drittel des Reichstags bereits in Kraft stehende Geseze wieder aufheben, Haushaltsüberschreitungen und Ausgabenbewilli zulegen, augung berbieten tönnen, lebach follen berartige Verordnungen
erklärt sich mit den vom Ausschuß vorgenommenen Aenderungen einverstanden. Im Ausschuß ist viel darüber gesprochen worden, wie man Hemmnisse gegen die Ausgabefreudigkeit der Regierung und des Parlaments einbauen fönnte. Die verfassungsrechtlichen Fragen eines Einspruchsrechts für den Minister sowie der Einfehung eines Haushaltsministers bitte ich jetzt beijeite zu laffen, damit die Vorlage möglichst rasch erledigt wird. Die Reichsregierung ist entsprechend dem sozialdemokratischen Antrag bereit, Gutachten des Spartommiffars dem Reichsrat und Reichstag wenn die Regierung anderer Meinung iſt,
Abg. Heimann( Soz.):
Lange Zeit bestand für die große Mehrheit des Reichstags die Hauptaufgabe in der Etatsberatung. Dagegen wurde die Rechnungse prüfung als eine gleichgültige oder sogar minderwertige Sache be trachtet. Unsere Partei hat in diefen Anschauungen langfam, aber gründlich Wandel geschafft. Es gibt heute fein Mitglied des Haus haltsausschusses mehr, das nicht überzeugt wäre, daß
zur wirksamen Ausübung des Budgefrechts die Rechnungskontrolle mindestens ebenso notwendig ist, wie die Aufstellung des Haushaltsplans.
( 3uftimmung.) Diefe durch die Sozialdemokratie eingeleitete Braris ist zugleich ein wirtfames Mittel zu sparfamerer Wirtschaftsführung. Bei der Rechnungskontrolle werden nach und nach auch Lücken der Haushaltsordnung erkannt, die ausgefüllt werden müssen. Abänderungsanträge zur Vorlage stellen wir nicht, weil mir ihre schleunige Verabschiedung für fo notwendig halten, baß wir fie nicht verzögern wollen.
höchstens gelten, menn seine
zwischen abläuft. Es ist ganz ausgeschlossen, daß eine solche Ver fassungsänderung zustande kommt: fie würde alle Zuständigkeiten und Verantwortungen über den Haufen werden und den Reichspräsidenten zum Finanzdiktator machen, der ohne jedes parlamen tarische Bekleidungsstück in die Arena des politischen Kampfes hineingeftellt würde. Der Etat muß mindestens ein Jahr vor dem Beginn seiner Laufzeit festgestellt sein, und dazu ist die genaueste Kenntnis der wirtschaftlichen Lage und des gesamten Reichshaushalts erforder. lich. Das alles soll der Reichspräsident machen, gegen den Willen der Reichsregierung und einer Reichstagsmehrheit, nur geftüßt auf das Gutachten des unsichtbaren und verantwortungslosen Reichs spartommiffars!
Bon allen anderen Notverordnungen nach Artifel 48 muß der Reichspräsident dem Reich lag unverzüglich Kenntnis geben und muß, wenn der Reichstag es wünscht, fie unverzüglich aufheben. Aber auf zwei Jahre foll dieses Notstandsrecht zum obersten Gefeß werden!
Wir werden niemals einer folchen Finanzdiftatur zustimmen, die vielleicht nur Schrittmacher für eine noch weitergehende Diftatur jein foll.( Sehr richtig! links.) Wir erfuchen um Annahme unferer Ent ichließung, wonach die Gutachten des Reichssparkommissars dem Reichsrat und dem Reichstag vorgelegt werden sollen und bitten Sie, Antrag der Wirtschaftspartei abzulehnen( Lebhafter anhaltender Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Obwohl im Ausschuß der volksparteiliche Abg. Dr. Cremer angekündigt hat, daß der Antrag über den Reichsspartommiffar, welcher Antrag von hervorragenden Männern aus verschiedenen Barteien monatelang ausgearbeitet worden sei, hier wieder ein. gebracht werden würde, hat der Minister joeben gesagt, daß dieferten Antrag nicht wieder eingebracht wird. Es ist immer wieber die Geschichte von der Gilberpappel, deren Blätter gang. verschieden ausleben, je nachdem man fie von oben oder Don
Wenn mir den Sinn Ihres Schreibens richtig verstehen, streben Sie die Reubilbung des Rabinetts auf der bis.punten fieht,( heit. 3uftimm.) Im Bande mird eine lebhafte Bropa. herigen Grundlage an. Wir sind der Ansicht, daß eine Regierung, die sich auf Nationalsozialisten ftüht oder auch nur von ihrer Dulbung abhängt, nicht von Dauer fein tann und zur Be mältigung der schweren Aufgaben, die in Zukunft zu lösen find, nicht fähig ist, da sie fich auf eine ausreichende und sichere Mehrheit nicht ftügen tann. Wir bedauern deshalb, Ihnen unsere Unter ftügung für Ihren Plan der Regierungsbildung nicht zusagen
zu fönnen."
ganda getrieben mit der Behauptung, der Reitstag bemillige in unverantwortlicher Weise Ausgaben. Diese Agitation mird jetzt, mo ein Volksparteiler Finanzminister ist, nicht aufhören, sondern meitergehen. Der erwähnte Antrag mollte dem Budgetrecht Klammern anlegen; im Laufe einer Wahyperinde sollte danach dem Reichstanzler oder einem Reichsminister das Mißtrauen mur durch qualifizierte Mehrheit ausgesprochen werden dürfen, der Reichstag follte auch das Recht verlieren, ohne Zustimmung der Regierung und des Reichsrats Ausgaben zu erhöhen oder neu einzusehen, es wäre denn, daß die mangelnde Zustimmung dieser beiden Instanzen in abermaliger Beratung durch eine qualifizierte Mehrheit des Reichstags erfegt werden tönnen, und schließlich follte dem Reichs finanzminifter ein vollkommen unabhängiger und nur den Gefeßen
Abg. Dr. Herat( Driat): Im Gegensah za früher fehlt bemBartament der Be zur Ordnung in der Finanzwirtschaft. Das ftrenge Berantwortungsbemußtsein, das früher die Bürokratie bes herrschte, mußte verloren gehen im parlamentarischen System, wo der Minister nicht mehr ein freier Mann, sondern der Exponent einer Bartei oder einer Raalition ift.
Die Abhängigkeit von der Maffe muß zu übertriebener Bemigungsfreudigteit führen.
Die Machterweiterung für den Finanzminister erscheint uns beben? lich. Bir münschen möglicht weitgehende Befugnisse des Rechnungs hofs, aber er darf nicht über seine Aufgabe hinausmachen, und er darf nicht bie Finanzpolitit der Reichsbant beeinfluffen. ftimmen ber Borlage zu, der Antrag der Wirtschaftspartei bedarf noch der Ergänzung.
Wir
Saftentlaffung eines Bombier unterworfener Reichsfparfommissar als oberste Reichsbehörde auf erreichen, menn bahinter die richtige politische Willensbildung steht.
Gegen 10000 M. Scherbeitsleiffung freigelaffen. In der Voruntersuchung wegen der Bombenattentate hat die 3. Straftammer des Landgerichts gegen den Widerstand der Staatsanwaltschaft beschlossen, daß der Angeschuldigte Sennings von der weiteren Untersuchungs haft verschont werden soll, wenn er eine Sicherheit von 10 000 Reichs. mart beibringt.
Die Haftenlaffung des Angefchuldigten Beschte war am Dienstag von der gleichen Straftammer abgelehnt worden. In der Meldung über diese Ablehnung des Haftentlaffungsantrags des Beschte war in einem Teil der Bresse berichtet worden, die Staatsanwaltschaft habe ihm widersprochen, weil die Justizbehörde an geordnet habe ,, daß weitere Anträge der Angeschuldigten auf Haft. entlassung in der Bombenfache nicht mehr genehmigt werden sollten". Diese Meldung ist, wie die Justizpressestelle jeẞt mitteilt, unrichtig. Eine solche Anordmung ist von der Justizbehörde weder allgemein nach in diesem besonderen Falle gegeben worden. Die Staatsanwaltschaft hat vielmehr dem Haftentlassungsantrage des Meschte widersprochen, da ihm nicht nur ein Verbrechen gegen 85 und 6 des Sprengstoffgefeges( mindest strafe 5 Jahre 3uchthaus), sondern auch meineid zur Bast gelegt wird und bei der Schwere der angedrohten Strafen nach Ansicht der Staats. anwaltschaft der Fluchtverdacht nicht durch Sicherheitsleistung beseitigt werden kann.
die Nase gefeßt werben; menn er auch nur Gutachterbefugnisse haben follte, so wollte ihn der Antrag doch solche Rechte geben, daß der Reichsfinanzminister neben ihm nur ein unfreier Mann fein würde, Wir aber halten den entgegengesetzten Weg für richtig. Nicht Hemmung des Budgetrechts und Einengung der Boltsvertreter, fondern Steigerung der Zuständigkeit und damit der Berantwortung erscheint uns als das Heil und die Gefundung!( Sehr wahr! linis.) Je stärker die Stellung des Parlaments ist, um so größer wird fein Berantwortungsgefühl werden,
Selbstzucht und Selbstserantwortung des Barlaments, immer zufammen mit der Bereitschaft der Reichsregierung, für das, was fie als richtig und notwendig erkennt, jederzeit das volle Gewicht ihrer Stellung und Autorität in die Waagschale zu werfen
Darin liegt der fefte und fichere Schluß für die Wirtschaft des Reiches und für eine verantwortungsvolle Bolitif.( Lebhafte 3u Stimmung lints.) Da nur auf dem Boden gefunder öffentlicher Finanzen die Wirtschaft aufblühen tann, ist es unfere Pflicht und eine unserer vornehmsten Aufgaben, für das Gleichgewicht im Haus. halt und für gesunde Kaffen und Finanzverhältnisse zu sorgen. Niemand im Reichstag wird bestreiten fönnen, bis wir dieser unserer Pflicht mit großem Ernst und Eifer nachgegangen find. Wir prüfen mit Sorgfalt alle Befferungsvorschläge, aber was mir bisher davon gesehen haben, scheint uns nicht geeignet zu sein, um die Berant, mortung in der wünschenswerten Weise zu stärken.
Taufende Berordnungen außer Kraft. tag als ben Sündenbod und oft das Reichstabinett als ben un
Bas 30 Jahre alt ist, muß verschwinden. Der preußische Innenminister läßt, wie der Amtliche Breußische Breffedienst mitteilt, einen Beschluß veröffentlichen, wonach fämtliche Bolizeiverordnungen der Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten. Kreis- und Ortspolizeibehörden, soweit sie vor dem 1. Januar 1900 erlaffen sind( mit Ausnahme derjenigen Polizeiverordnungen, die die Strom, Schiffahrts. oder Hafenpolizei betreffen), mit Birtung Dom 1. Mai 1930 außer Kraft zu sehen sind. Dieser Beschluß bezieht sich auch auf diejenigen vor dem 1. Januar 1900 erlaffenen Bolizeiverordnungen, die nach diefem Datum abgeändert sind.
Die von dem Außerkraftfehungsbeschluß betroffenen Balizeiverordnungen find, soweit fie fich als unabweisbar notwendig er geben, nodmals neu zu erlassen. Bon dem Beschluß merben 688 Polizeiperordnungen betroffen, nachdem bereits 3937 Berordnungen aus der Zeit von 1890 bis 1900 norher aufgehoben waren.
3ur weiteren Bereinigung des Bolizeiverordnungswesens er. fucht der Minister des Innern munmehr in eine Nachprüfung ber in der Zeit vom 1. Januar 1900 bis zum 1. Jamiar 1910 erlaffenen Polizeiverordnungen einzutreten.
Wir fürchten nicht die Agitation im Bande, die den Anträgen der Boltspartei und der Wirtschaftspartei entspricht, und die den Reichs. tag als den Sündenbod und oft das Reichsfabinett als ben un schuldigsten Engel hinstellt. Denten Sie nur an die SubDentionsanträge der Wirtschaftspartei und anderes mehr. Biele dieser Anträge waren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht einmal zu diskutieren, fie wurden aber angenommen, und zwar unter dem Druck von Mitgliedern der verschiebenen Reichskabinette. Das Reich hat für solche Subventionen 1,2 Milliarden Mark aus gegeben.( hört, hört!) Bir Sozialdemokraten haben gefordert, baß dieje Flut von Subventionsanträgen eingedämmt wird, und zwar durch Verschärfung der Bestimmungen über ihre Behandlung. Es war die Sozialdemokratische Partei und Ihr Finanzminifter Dr. Hilferding, die schließlich die früheren Bestimmungen vollkommen aufgehoben haben, so daß eine Behandlung der Subventionsanträge eingeführt wurde, die zu ihrer starten Elafchränkung geführt hat
Wir halten die Grundlagen, auf denen der Reichsfparfommissar heute arbeitet, für die gegebenen und richtigen; fte beruhen nicht auf einem Gesez, sondern auf einem vertraglichen Bertrauensverhältnis. Würde dieses Verhältnis geändert, jo tönnte es zu Konflikten zwischen bem Reichsspartommissar und dem Reichsfinanzminister fommen, bas wollen mir nicht. Darum sind wir gegen eine Wenberung. Wir mollen aber feineswegs dem Reichssparkommissar das Bertrauen verjagen und sind deshalb bereit, wenn einzelne Worte in unserer Entschließung nach dieser Richtung gebeutet werden, fie zu ftreichen.
Abg. Dr. Schreiber( 3.): Die Borlage fann ihren Zwed mur Der Reichstag gibt mit dieser Borlage das Schwergewicht der Macht an den Finanzminister ab. Der Antrag der Wirtschaftspartei be deutet die Flucht des Parlaments aus der Berantwortung. Damit legt man Dynamit an die Verfassung und schmächt die Autorität des Reichspräsidenten . Die Tätigkeit bes Sparfommiffars hat auch ihre Grenzen. Bei Prüfung der Notgemeinschaft der Wissenschaft rügten die Beamten des Sparfommiffars Ausgaben für Kels und Schokolade. Dann stellte sich aber heraus, daß Profeffor Eugen Fischer die Anschaffung dieser Süßigkeiten für Experimente an Säuglingen angeordnet hatte.( hört, hört!) Es ist eine leberSpannung des Sparprinzips, wenn heute im Reichsgesundheitsamt jeber telephonische Anruf registriert werden muß Der Redner lehnt die Almachteftellung des Sparfommissars ab.
Abg. Dr. Cremer( D. Bp.): Wir sind über den Verdacht erhaben, Feinde des parlamentarischen Systems zu sein. Dieses System wird aber nicht gefährdet, wenn wir nach dem Muster der ältesten Demo fratie, ber englischen, als Parlament Selbstbeschränkung üben und die Ausgaben unter stärkere Kontrolle ſtellen. Unsere Anträge sind nicht gestellt, um das parlamentarische System zu unterhöhlen, fondern um es zu feftigen.
Wir wollen den Celler der Finanspolitik bewahren vor dem parlamentarischen Wetterwechsel
und wollen damit die bauernde tonfequente Linie der Finanzpolitik fichern. Es ist eineriei, ob wir diese Bersönlichkeit Sparfommisfar oder Haushaltsminister nennen. Der Reichstag würde besseren El bld in das Getriebe der Bürokratie gewinnen, wenn ihm der Haushaltsminister auf Berlangen jederzeit Auskunft geben muß. Abge. ordneter Hergt hat der Bergangenheit ein Loblieb gesungen.
Wenn Rechnungshof und Rechnungsau schuk vor 1918 eine fo strenge Kontrolle geübt hätten tole jeht, dann würde das Bild der vergangenen Zeit sich wenia von dem der Gegenwart Aus den Berichten des Rechnungshofs ergibt sich, daß die Sünden and Me? et unterscheiden gegen die Sparjamteit bei der Bürofratie mindestens so groß und zahlreich waren wie beim Parlament: Phöbus- Affäre und ähn liches! Die Arbeit des Sparfommiffars hat uns schon viele Mionen erspart. Er wird bei erweiterten Befugnillen noch weit mehr Mugen ftiften fönnen, besonders wenn seine Stellung auch der Bürokratie gegenüber geftärft wird. Nicht bloß im Reiche. fonbern auch in den Ländern und Gemeinden bedarf die Finanzpolitik einer gründlichen Reform, etwa durch
fliegende Sommissionen, die z. B. auch die Wirtschaft Berlins prüfen follien
Die Jozialdemokratische Resolution über die Berichte des Spartommiffars ift fein Fortschritt auf dem von uns gewiesenen Wege, fondern könnte eher diesen Beg persperren. Das machen mir nicht mit.
Abg. Dr. Bredt( Wp): Große Teile des Volfes haben das Vertrauen zum Reichstag verloren, daß er die Reichsfinanzen in Ordnung bringt. In vielen Ländern hat der Parlamentarismus
26