Der Abend
Erfdetuttaglio esser Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts Bezugspreis betde Ausgaben 85 Vf. pro Woche, 3,60. pro Monat. Redaktion und Erpedition; Berlin SW 68, Lindenstr. 3
Spätausgabe des„ Vorwärts
10 Pf.
Nr. 102
B 51 47. Jahrgang
66- anzetgensrets: Die einfaltige Nonpareillezeile
80 Vf.. Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Vetticheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b... Berlin Nr. 87536, Fernsprecher: Donhoff 292 bis 297
Zum Besuch der Parteiführer Dr. Brüning( 3.) und Scholz( D. Bp.) beim Reichspräsidenten wird von unters richteter Stelle erklärt, daß der Reichspräsident als seine persönliche Meinung hingestellt haben dürfte, daß der
Der Verachtung preisgegeben!
jenige Teil der Bevölkerung, der gegen Arbeitslosigkeit Front aller Anständigen gegen Ehren- Grüßner.- Kollegen wenden sich von ihm ab
gesichert ist, das Notopfer aufbringen sollte. Im Inter esse der Volksgemeinschaft sei das notwendig.
Der Reichspräsident, so wird hinzugefekt, wolle damit feinesfalls einen Druck auf irgendeine Partei aus üben oder sich in die Erledigung der Frage einmischen. Er habe lediglich seine persönliche Meinung und Ueber. seugung zum Ausdruck gebracht.
Der Polizeifonflift beigelegt.
Aussprache Zörgiebel- Wes- Heimannsberg. Der Bolizeipräsident teilt mit:
Die in der Deffentlichkeit über Gebühr behandelten Unst im migteiten zwischen dem Bolizeivizepräsidenten Dr. Weiß und Dem Kommandeur eimannsberg haben jest nach der Rüd tehr des Bettgenannten ihre Erledigung gefunden. Der Bolizeipräsident hatte mit beiden Herren eine eingehende Aus. iprache. Hierbei gelang es, alle Unstimmigkeiten und Miß verständniffe restlos auszuräumen. Soweit bei der Besprechung grundsägliche Fragen der Polizeiorganisation er örtert, murden, besteht, wie, gegenüber irrigen Preffemeldungen her vorgehoben werden muß, Dolliges Einverständnis darüber, daß die Schußpolizei in gleicher Weise wie jede andere Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums dem Bolizeipräsidenten und somit auch dem Polizeivizepräsidenten untergeordnet ist. Das er zielte Ergebnis berechtigt zu der bestimmten Erwartung, daß die nertrauensvolle Zusammenarbeit der beiden bewährten Beamten für die Zukunft gewährleistet ist.
*
Dazu erfahren wir, daß die schnelle Beilegung des Streitfalles zwischen den beiden führenden Beamten des Berliner Polizeiprä fidiums auf das energische persönliche Eingreifen des Polizeipräft tenten Börgiebel zurückzuführen ist, der nach Rückkehr des Kom mandeurs Heimannsberg Dom Urlaub sofort die nötigen Grundlagen dafür schaffte.
S
Es zeigte sich ferner, daß die von Sörgiebel eingeschlagene Tat tit, bie Angelegenheit nicht bürokratisch zu erledigen, sondern zuerft eine Aussprache der Beteiligten herbeizuführen, die rich tige war, well nut jo eine restlose Beilegung des Streitfalles etreicht werden fonnte,
Keine Verbindung mit Ruhrgas A.-G.
Die Finanzlage der Stadt Berlin bessert sich. Zu den Zeitungsnachrichten, daß die Ruhrgas A.-G. der Stadt Berlin einen Kredit angeboten hat, tellt uns das Nachrichtenamt der Stadt Berlin mit, daß zwar ein derartiges Kreditangebot vorliegt. Die Stadt Berlin hat aber teinerlei Berhandlungen aufgenommen, um diesem Angebot näherzutreten. Die Stadt ist nicht mehr in der Zwangslage, wirtschaftliche Konzefflonen machen zu müssen, um Kredite zu crlangen.
Sie müssen hungern und gegen Bauern marschieren! Warschau , 1. März
Bie„ Expreß Porannn" meldet, hat gestern nacht bei Luninjec eine aus 20 Goldaten bestehende Abteilung der Sowjetgrenzwache unter der Führung ihres Kommandanten die Grenze überschri ten und sich beim polnischen Bolizeikommando in Luninjec gemeldet. Die russischen Soldaten erklärten dort, daß sie sich schon seit längerer Zeit mit der Absicht getragen hat en, die Reihen der Roten A ince zu verlaffen; sie würden in Sowjetrußland völlig ungenu. gend ernährt leberdies hätte man fie neuerdings gegen die Bauern geführt, die sich gegen die Enteignungen verteid gen mollen. Da bie Soldaten daraufhin zum Teil den Gehorsam ver. megerten und nicht gegen die Bauern fämpfen wollten. habe man Die Disziplin derart verschärft, daß sie zu Slaven herab. gewürdigt wurden.
Das widermärtige Treiben des Senatspräsidenten Grügner beginnt sich gegen feinen eigenen Urheber zu wenden. Die ,, B. 3." veröffentlicht einige Zitate aus dem Brief, den Grüßner gefiffentlich an die Fraktionen und an eine Reihe von Einzelpersonen über bie privaten Angelegenheiten des Genossen Grzesinsfi richtete. Das genannte Blatt bemerkt mit Recht, daß dieser Brief in seiner Art und feinem Ton in der politischen Geschichte einzig, dafte he. Bon der Art dieses efelerregenten Denunziantentums fann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, was Herr I Grüner im einzelnen zu bemängeln hat. So beschwert sich herr Grüßner, daß bei einem Bolizeifest, zu dem notabene jedermann gegen Bahlung des Eintrittsgeldes Zutritt hatte, der Minister zu nächst in her Chrenloge geseffen habe, dann aber nady einer Beile diese verlassen und neben feiner jeßigen Bebensgefährtin Blas genommen habe. Herr Grüßner ftoht in diesem Berhalten einen restlosen Berstoß des Ministers gegen die preußische Beamtenzudt"!! Gr befigt ferner den Geschmad, dieses durchaus taftvolle Berhalten, bes Minifters in Barallele zu stellen mit dem Fall eines ehemaligen Oberpräsidenten, der im alten Staate entlassen worden sei, weil er im Eisenbahnabteil eine fremde Frau geschlechtlich attadiert habe! Grüßner versteigt sich zu der Erklärung, daß durch das Berhalten des Ministers die Einrichtung der Königsmätreffe aus der 3eit der französischen Ludwige in der Republif fröhliche Urftädt" feiere und schließt daran die taum verhüllte Drohung, daß er als Präsident eines Disziplinarsenats bet Gelegenheit von Disziplinarverhandlungen es zulassen würde, daß sich Angeklagte auf das Verhalten des Ministers berufen würden, dem auch Herr Grügner nichts weiter porzuwerfen vermag, als daß er nach jahrzehntelang zurückliegender Berrüttung seiner Ehe einen freien Lebensbund mit einer anderen Frau geschlossen hat. Die ,, B. 3." bemerkt zu dem Briefe Grüßners:
Diese Tatsachen haben dazu geführt, daß sich eine einmüfige Front aller Anständigen gegen Grübner gebildet hat. Für die fozialdemokratische Frattion des Landtages war es felbft verständlich, daß sie einstimmig beim Parteivorstand den Antrag fteüte, Grüßner wegen ehrlofen und parteiwidrigen Berhaltens aus der Partei auszustoßen. Aber das Berhalten Grüßners hat weit darüber hinaus zu fchärffter Abwehr folcher persönlich gehäffigen Kampfesweise herausgefordert. Hohe und höchste Beamte der Reichs- und Staatsverwaltung haben erklärt, daß fie diesen disziplinarisch nicht zu faffenden Senatspräsidenten nicht mehr in ihren Amtsräumen empfangen, ihn über jehen, ihm nicht mehr die hand geben werden. Die
Bombenleger Henning haffentlassen
Untersuchungshaft
Te
Dieser Henning tommt sicher wieder. Bei 5 Jahr Buchthaus Mindeßßira, e.
Kollegen Grügners vom Oberverwaltungsgericht find von Grüner abgerüdt, der Chefpräsident Drews wird sich noch heute mit Grüßuer ausfprechen. Auch der Borstand des Republikanischen Richterbundes wird sich mit dem Berhalten feines bisherigen Mitgliedes Grüßner beschäftigen, und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß Grüßner 3 um sofortigen Austritt aufgefordert wird.
Es wird in der„ B. 3. dann noch ausgeführt, daß die politische Kampfesmeise hier einen Zustand erreicht hat, der taum unter boten werden kann, und wie es ihn in feinem anderen Kulturftaat im politischen Leben gibt.
Der von seinem Amt zurüdgetretene preußische Minister des Junern Brgefinski hat sich heute vormittag unt 10 Uhr von den Beamten, Angestellten und Arbeitern des preußischen Innenminifteriums verabschiedet und mill einen längeren Erholungsurlaub nach der Schweiz antreten. Der neue Minister a entig gedenkt am Dienstag fein Amt zu übernehmen.
Der Hafenkreuzler als Regierungsrat.
Berhandlungen vor dem Reichsdisziplinargericht.
Im Reichsministerium des Innern began heute morgen die Disziplinarverhandlung gegen den hakenkreuzlerischen Regierungsrat Fabricius. Den Vorsitz führt Senatspräsident Dr. Großmann, Beisitzer sind ein Kammergerichtsrat, ein Landgerichtsrat, ein Postinspektor und ein Botenmeister.
Der Verteidiger des Fabricius stellt zunächst einen Ableh nungsantrag gegen den Borfizenden des Gerichts. Seinen Antrag begründet er folgendermaßen: Wer Vertrauen zur Rechtspflege wünscht, muß Unabhängigkeit der Richter fordern. Dies ist aber nicht möglich, wenn wie im gegebenen Falle ein Richter poli tisch gebunden ist. Der Senatspräsident Großmann ist Reichsbannermann und Mitglied der Sozialdemokratie, gehört also der Bartet des matrismus an, die von der Partei des Angeschuldigten aufs schärffte befämpft wird. Senatspräsident Großmann ist im Jahre 1926 aus dem Deutschen Richterverein auss geschloffen worden. In einem offenen, von 12 000 Richtern unter abre 1926 schriebenen Brief hieß es, daß Senatspräsident Großmann von Parte fanatismus befeelt fet und Politik in den Gerichtsfaal trage. Senatspräsident Großmann habe aber außerdem auch öffentlich für die Fürstenente gnung Stellung genommen und zum Ausdruck gebracht, daß im Zwiespalt zwischen Recht und Wohl der Republif das letztere den Ausschlag geben müsse. Ein Mensch, der sich dogmatisch derart festgelegt hat, fann in diesem Falle nicht objektives Recht sprechen.
Das Gericht lehnte ben Antrag als unbegründet ab und trat in die Verhandlung ein.
Der Angeklagte machte furze Angaben über seine Persönlich feit. Sohn eines Oberstloutnants, vor dem Kriege Referendar, geriet er während des Krieges in französische Gefangenschaft, machte später sein Assessor- Eramen, wurde Regierungsassessor und im Jahre 1928 Regierungsrat beim Finanzamt.
Die Unilage enthält fünf Punkte. Dem Angeklagten wird zur Laft gelegt: Erstens, daß er in einem Artikel der Wochenbeilage zum Völkischen Beobachter": Patrouillen in das Leger ber Schwarz- Rot- Gelben" die Republit verächtlich gemacht, die Reichsflagge in der öffentlichen Meinung herabgelegt und sich über den Bizepolizeipräsidenten in herabjeßender Weise geäußert hat, zweitens im Bölfischen Beobachter" Nr. 64 in einem Artikel Deutschland erwache an der Polizei als Organ der Staatsgewalt in einer über das Maß des Buläffigen hinausgehenden Weise Kritif geübt bat, drittens in seiner Dienststelle ein Platat, das sich auf die Teilnahme der Beamten an dem Inflationsbegehren bezog, entfernt habe, viertens, daß er in einem Schreiben an seinen Vorgesezten in unzuläffiger Weise an dessen Maßnahmen Kritit geübt. und fünftens, daß er in dem Brief an den Präsidenten des Landesfinanzamts in unzulässiger Weise einen Erfaß des preußis fchen Finanzministers über die Enthaltung der Beamten Don der Teilnahme an dem. Inflationsbegehren tritifiert habe. 10