Rr. 107 47. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sparmaßnahmen im Schulwesen.
Stadtverordnetenversammlung fordert Prüfung in einem Sonderausschuß.
Antrag noch dahin, daß die Sigungen im Rundfunk übertragen merden sollten. Der Ueberweisung an einen Sonderausschuß wurde schließlich mit großer Mehrheit zugestimmt. Mit den
Sind die vom Berliner Magistrat beschlossenen Spar| maßnahmen im Schulwesen in dem Umfange notwendig, den der Beschluß vorsicht? Stadtschulrat Nydahl glaubt das nicht und er hat in der gestrigen Stadtverordneten= fizung, wo die Angelegenheit zur Sprache fam, feinen Zweifel Sparmaßnahmen bei der Schulverwaltung über seine abweichende Meinung gelassen. Als Dezernent beschäftigten sich 2nträge der Sozialdemokraten, denen für das Schulwefen der Stadt hat er den Beschluß zu vertreten und fich die Zentrumsleute anschloffen, und der Nationalsozialisten. Die auszuführen, aber als Schulmaun hält er ihn für zu weit gehend. sozialdemokratische Fraktion erhob in ihrem Antrag Protest Das ist auch die Meinung der sozialdemokratischen Frat| gegen die Sparmaßnahmen des Magistrats bei der Schulverwaltung tion, die gestern zusammen mit der Zentrumsfraktion eine noch und die damit verbundene eraufiehung der Klassen= malige Prüfung der Sparmaßnahme durch einen einzufrequenz und forderte die Durchberatung aller Sparabsichten sezenden Sonderausschuß forderte. Stadtverordneter Genosse bei der Schule in cinem Ausschuß. Die Nationalsozialisten wandten Kreuziger trug in überzeugenden Ausführungen die sehr sich ebenfalls gegen die Klaffenfrequenz und forderten weiter Maßnahmen der Berkehrsgesellschaft für die Beförderung von Schülern. In sehr wirkungsvoller Weise beschäftigt sich Stadtv. Kreuziger ( S03.) mit allen Fragen, die mit den Schulsparmaßnahmen zu jammenhängen. Kreuziger betonte, daß man vernünftigerweise die Schulverwaltung allein nicht von der Sparerei ausschließen fönne. 2lber besonders die Herauffehung der Klassenfrequenz fei sehr gefährlich, weil bei der heutigen Unter. richtsart die Ueberlastung der Lehrer viel leichter eintritt. Schon eine Klaffenbelegung von 30 Schülern jei bedenklich. Der Abbau der 350 Junglehrer sei eine Fehlmaßnahme, weil ständig Lehrererfaz gebracht wird, so daß es passieren kann, daß jekt Lehrer entlassen und morgen neue eingestellt werden. Bei einer Berwirklichung der nationalsozialistischen Forderung, die Gehälter der Schulaufsichtsbeamten zu türzen, um damit die Schulklassen zu erhalten, würden bei felbst radikalstem Gehaltsabbau noch nicht die Mittel für eine einzige Klasse herauskommen. Die Nationalsozialisten seien wahl Antragsfabrikanten, aber nicht Rechner.( Bravo bei den Sozial
ernsten Bedenken vor, die man um der Schule millen und auch wegen der Junglehrer gegen eine so starke Heraussetzung der Klassenfrequenz haben muß. Was da geplant wird, bezeichnete er als ganz unmöglich. Die Einsetzung eines Sonderausschusses zur
Prüfung wurde beschlossen.
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Bor Eintritt in die Tagesordnung gab Stadtv. Pied( Komm.) eine Erklärung ab, die fich mit dem vom Bormärts" am Sonntag veröffentlichten Aufruf der kommunistischen Opposition um die Stadträte 2e und Raddas herum beschäftigt. Die Erklärung Töfte bei der Versammlung Lach stürme aus, man bezeichnete Herrn Bied als Fastnachtsredner, der am falschen Orte rede. Schließlich ging die Rede des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei und ihrer Stadtfraktion in allgemeiner Heiterfeit unter. Das ist eigentlich in langen, langen Jahren parlamentarischer Bragis nur Herren Bied in dem Umfange passiert, wie es gestern geschah. Die Erklärung ist ein so hervorstechendes Fabrifat tommunistischer Geistesverwirrung, daß mir sie im Wortlaut bringen wollen:
Die fommunistische Stadtverordnetenfraktion stellt fest, daß im Zusammenhang mit der Anwendung aller Machtmittel der Staatsgemalt( Bolizeiterror, Klassenjustiz, Berleumdungsfeldzug. Ausnahmegesek) gegen die Kommunistische Partei die SPD. bei der Bestätigung der kommunistischen Stadträte aufs neue beweist, daß sie als Partei der Bourgeoisie ihre Funktionen im Staatsapparat in erster Linie zum Kampf gegen
Mittwoch, 5. März 1930
demokraten.) Die Reiner der Bolkspartei, der Demokraten und der Wirtschaftler schlossen sich im wesentlichen diesen Ausführungen an. Stadtschalrat Nydahl betonte gegenüber einem Borredner, daß er im Plenum die Meinung des Magistrats zu vertreten habe unbe schadet seiner Meinung als Echulmann. Ale Anträge wurden dann cinem Ausschuß überwiesen. Gegen die Nachttare bei den flädhischen Verkehrsmitteln wandten sich die Komunisten. Der Behaup tung des Stadiv. Behrendt( Komm.), die erhöhte Nachttare müßten nur spät heimkehrende Arbeiter bezahlen, weil Nachtschwärmer Auto und Droschte fahren, trat Stadtv. Flatau( S03.) entgegen, der an Hand von Statistiken feststellte, daß die Nachtmagen der BBG. in der Hauptsache gerade von Nachtbummlern benußt merden, die zu ihren Ausgaben für Vergnügungen ruhig noch die erhöhte Nachttare tragen fönnten. Für die Nachtarbeiter seien aber Ausnahmen dringend notwendig. Flatau brachte folgenden Zusatzanirag ein:
Für Arbeitnehmer und Kleingewerbetreibende, die beruflich Nachtarbeit zu leisten haben und Fahrgelegenheit benutzen müssen, sollen Ausweisfarten eingeführt werden, die auf Grund einwandfrei erbrachten Nachweises den nachtarbeitenden Arbeilnehmern ausgehändigt werden und zur Benuhung der Berfehtsmittel der Stadt Berlin zum normalen Tagesfahrpreis berechtigt, auch während der Zeit, für die die erhöhte Nachtfare fonft gift.
M
Kommunisten gegen das Demonstrationsverbot, gegen die Die Abstimmung wurde ausgesetzt. Protestanträge der Durchsugung des Liebknecht Hauses und ähnlicher Angelegenheiten begründete Stadtv. Pied ( Komm.) vor völlig geleerteni Hause in langer Rede. Es war die alte Platte aus dem„ Lauiarchiv" der Kommunistenzentrale, unseren Lesern non vielen Gelegenheiten her bekannt. Herr Pied schloß schließlich mit einem dreifachen„ Rot- Front ", in das die ganze kommunistische Gesellschaft mit um 90 Grad gewinkeltem rechten Arm einstimmte. Die Nationalsozialisten hatten ebensolche Anträge für ihr Reffort eingebracht. Um 10 Uhr langweilte dann noch Stadtv. Engel( Nat.Soz.) die Bersammlung mit ,, lichtvollen" Ausführungen.
600 Arbeiter in Lebensgefahr!
die revolutionäre Arbeiterschaft und die KPD . benußt und as Ganze Landstrecken in Südfrankreich fortgeschwemmt. fortgeschwemmt.- Bisher 37 Tote.
führende Kraft bei der Faschisierung der Staatsgemalt tätig ist. Diese Tatsache wird auch dadurch bestätigt, daß der Oberpräsident im Auftrage der preußischen Koalitionsregierung und auf Initiotine ihrer sozialdemokratischen Minister und der sozialdemo fratischen Magistratsmehrheit die Stadträte Lez und Raddah bestätigt, weil sie sich vorher nerpflichtet hatten, eine Erklärung der Sozialfaschisten zum Kampf gegen die KPD. zu unterzeichnen.( Stürmische Heiterkeit bei den Sozialdemo fraten.) Diese Korrumpierung von Funktionären durch Versprechen irgendwelcher mit materiellen Vorteilen verbundenen Wir stellen fest, daß die Stadträte Leh und Raddak ohne ZuBosten fennzeichnet das Wesen der Sozialdemokratischen Partei. ftimmung der Kommunisten die Stadtratsmandate angenommen haben. Diese Stadträte haben ihre Boften auf Grund einer geger. Die Kommunistische Partei und die revolutionäre Arbeiter fchaft verübten Täuschung erlangt.( Erneute Heiterkeit.) Auch die Stadtverordnete Frida Rosenthal hat ihren llebergang zu den Sozialfaschisten pollzogen, nachdem ihr von diesen eine städtische Beamtenstelle verschafft wurde. Die revolutionäre Ar beiterschaft würde unter der proletarischen Diktetur diese torrupten
Elemente an die Wand stellen!
Für die zur Beratung fommenden Anträge wird die Abstiminuing vertagt, fie findet am Donnerstag in der ordentlichen Sigung statt. Die Boltspartei hatte beantragt, die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung einer nachprüfung zu unter
ziehen. Berbunden mit diesem Antrag ist die Beratung der Anträge Fortführung jeder Plenarsizung bis zur Erledigung der Tagesord Körperschaften und der Anträge der Nationalsozialisten, die die nung forderten. Während der Beratung, die besonders bei den Reden der Stadtv. Bied( Komm.) und Treff( Nat.- 503.) oft stürmische Heiterfeit brachte, erweiterten die Nationalsozialisten ihren
Der Kommunisten auf Deffentlichkeit der Sizungen aller städtischen
Aluizio Azevedo
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Ein Ora Manischer Mietshaus
16.
Während all dieser Stunden erwartete Piedade de Jesus ihren Gatten. Sie hatte unruhig vor der Tür geseffen und hatte die Uhr schlagen hören- acht, halb neun, neun, halb zehn. Heilige Mutter Gottes, was fonnte ihrem Mann wohl geschehen sein?
Er war doch noch immer schwach und frank, und seit er nach Lisch verschwunden war hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Noch nie hatte er etwas Derartiges getan. Zehn Uhr. Sie rief Maria, die Heilige Menschenmutter um Hilfe an. Dann rannte sie ans Portal, aber niemand hatte Jeronymo gesehen, niemand konnte ihr irgend etwas fagen. Also lief fie die Straße hinauf bis zur Ede, aber auch hier war von ihrem Mann feine Spur, und sie fehrte verzweifelt zurüd. lim halb elf schloß sie die Tür zu, setzte sich hin und wartete; ihr Herz schlug ihr bis zum Halfe hinauf, und ihre Ohren lauschten gespannt auf seinen Fußtritt. Endlich legte fie fich todesmatt wieder aufs Bett, ohne sich jedoch auszuziehen oder die Lampe auszulöschen. Im Nebenzimmer wartete auf dem Lisch noch das fertige Abendbrot, das sie ihm rechtzeitig bereitet hatte.
Sie fand feinen Schlaf; tausend lengste und Bermutun gen jagten ihr durch den Kopf. Sie sah im Geiste ihren Mann in unzählige Rämpfe verwidelt und von unzähligen Messern durchbohrt. Und in all den blutigen Szenen spielte Firmo die Hauptrolle. Zulegt gab ihr müder Körper nach, und sie ver fiel in einen Halbschlaf, aus dem fie der leiseste Laut medte. Dann stürzte fie ans Fenster. Aber weher das erste, noch das zweite, noch das dritte, noch irgendeins von den anderen Malen, wenn sie so begierig ins Dunkel hinausstarrte, war es Jeronymo.
Als es anfing zu regnen, muchs Piedades Qual noch mehr, denn jetzt stellte sie sich ihren Mann im offenen Boot auf hoher See draußen vor und fah ihn nor Kälte erstarrt. Sie troch zu ihrem Betschemel und betete mit vor Angst heiferer Stimme. Bei jedem Bliz und dem leiseften Donner.
Paris , 4. März. werk wurde von den Wassern fortgeschwemmt. 3chn Soldaten ertranken. 600 Arbeiter in einer Nah: rungsmittelfabrik sind noch immer von den Fluten eingeschlossen, ohne daß ihnen Silfe gebracht werden könnte.- Von sozialistischer Seite ist in der Kammer ein Antrag eingebracht worden. einen Kredit von zehn Millionen Franken für die Geschädigten zur Verfügung zu stellen.
Die Ueberschwemmungen in Südfrankreich haben einen tatastrophalen Charakter angenommen. Das Ueberschwemmungsgebiet stellt ein Bild wüste ster Zerstörung dar. Große Landstrecken sind einfach verschwunden, die Hänge der Weinberge fortgeschwemmt, Eisenbahndämme vollkommen zerstört und dem Erdboden gleichgemacht. Der Tunnel von Malund Häuser durch Unterspülung vollkommen eingestürzt bes ist auf über die Hälfte zusammengebrochen. In Castres sind zwanzig Tote, in Montauban vier, in Mazamet zwei und in Cahuzac ein Toter zu beklagen. Feuerwehren, Infanterie und Pioniere Teisten aufopfernd Hilfe, doch ist es oft nicht möglich, an die gefährdeten Stellen heranzukommen. Zahlreiche Personen befinden sich in äußerster 2ebensgefahr. Beson: ders in der Gegend von Castres ist es nicht möglich, allen Silfe zu bringen. Berzweifelte Rufe dringen aus den unterspülten Häusern. Doch hieße es Selbstmord begehen, wenn man es wagen würde, sich mit einem Boot Toulouse und Albi- Castres sind unterbrochen. Heute früh wurde stürzte ein Haus ein, ohne daß auch nur eine Spur der Carcassonne liegt jeder Verkehr still. In Bessières stürzten auf den reißenden Fluß zu begeben. Am Ufer des Agout gemeldet, daß die Garonne zwei Meter gefallen ist. Der Canal ou Midi ist über seine Ufer getreten. 3mischen Narbonne und chemaligen Baustelle zu erbicken ist. An den Ufern des 15 Häuser ein. Auch die Eisenbahnverbindungen Toulouse - LanZarn ist die Gefahr besonders groß. Ein Elektrizitäts- guedoc und Toulouse- Narbonne sind unterbrochen.
schlag duckte sie sich entsetzt zusammen. Ihre Phantasie schuf ihr immer größere Leiden. Der Regen vom Dach flüsterte ihr schreckliche Dinge zu; der Rauch von der Lampe schlängelte sich zur Decke hinauf, als wolle er versuchen, Unglücksbotschaften in die Luft zu schreiben. Als ihr Blick auf einen alten Rock und Hut an einem Nagel an der Wand fiel, schrie fie vor Angst auf, so lebhaft erinnerte sie das an einen Körper, der am Galgen hängt. Zitternd und schwach befreuzigte fie fich und troch wieder ins Bett. Sie hätte gern gewußt, wie spät es war, fcheute sich aber, auf die Uhr zu sehen. Ihr schien, als seien Tage vergangen, seit sie ihre einfame Bache begonnen hatte. Wieder verfiel sie in einen. Dämmerschlaf, aus dem sie plötzlich aufschredte. Gewiß, sie hatte draußen im Hof Stimmen gehört, Unglücksboten, dachte sie. Sie hielt den Atem an und lauschte gespannt, aber es herrschte bald wieder Stille. Es war wohl Alexandre, der von seinem Nachtdienst zurückkam. Vielleicht fonnte der ihr helfen. Und sie versuchte aufzustehen und zu ihm zu gehen, aber sie zitterte von Kopf bis Fuß und war zu schwach zum Laufen. Allmählich bekam sie das Gefühl, es würde nie mehr Tag merben. Es war August, und die Sonne schien sich por dem falten Morgennebel zu fürchten. Um fünf Uhr- sie hörte die Kirchenglocke fünfmal schlagen vernahm sie Stimmen auf dem Hof: gedämpfte Laute und Santa Maria- fonnte das die Stimme ihres Mannes sein? Wie ähnlich sie flang! Und die andere war eine Frauenstimme. ber nein, wenn Jeronymo gekommen wäre, wäre er doch bestimmt gleich nach Hause gegangen, um sie von der Angst zu befreien, in der er sie sicher mußte. Bohrlich, diese Schredensnacht hatte ihre Nerven aufgerührt, und sie hörte Dinge, die gar nicht geschahen.
Aber es wurde doch heller; allmählich fing das Haus an lebendig zu werden, und seine Einwohner gingen mit dem Widerwillen, mit dem man immer die Woche beginnt, an die 2rbeit. Die Räpfe taten ihnen von den Ausschweifungen der lustigen Sonntagsfeier noch weh, und fein stürmischer Empfang begrüßte den Anbruch des neuen Arbeitstages. Aber die Häuser wurden aufgeschlossen, und der morgendliche Lärm vor den Wasserleitungen begann von neuem.
Piedade warf sich einen Schal um die Schultern und lief in den Hof. Machona stand schon auf ihrer Schwelle und hatte gerade mit großem Hallo ihre ganze Familie gewedt. ,, Guten Morgen, Nachbarin, und wie geht es Ihrem Mann? Beffer, hoffentlich."
Die aus den lleberschwemmungsgebieten eingetroffenen Nach richten laffen nur annähernd erkennen, wieniel Bersonen bei der Katastrophe ins Leben gefommen sind, und mit welchen Sachschäden zu rechnen ist. Rur die Zahl der Opfer einzelner Ortschaften ist be fannt. Die Stadt Caftres( Departement Tarn ) selbst steht vollkomAus Mazamet im men unter Wasser; 7 Häuser sind eingestürzt. zahlreichen Fabriken können nicht arbeiten. Der durch das Wasser gleichen Departement wird ein Toter gemeldet. Die hier gelegenen angerichtete Schaden wird auf 20 Millionen veranschlagt. Auch die Ortschaft Cahuzac hat einen Toten zu beklagen. Am schwersten dürfte mohl die Stadt St. Sulpice mitgenommen sein, in der nicht weniger als 21 Säufer eingestürzt sind. Die Eisenbahnstrecken Albi
Piedade antwortete unter Stöhnen: Ach, fragen Sie mich nicht."
,, Was ist denn los geht's ihm schlechter?" ,, Er war die ganze Nacht nicht zu Hause." ,, Nicht zu Hause Herr des Himmels, wo war er denn?"
,, Ich hab', weiß Gott , teine Ahnung."
,, Na, ist er denn noch immer nicht zurück?" ,, Nein, und ich bin total taputt. Ich hab' die ganze Nacht fein Auge zugetan. Ich bin die unglücklichste Frau der Welt." ,, Ja, glauben Sie denn, es ist ihm etwas passiert?"
Statt aller Antwort fing Piedade an zu schluchzen und wischte sich die Tränen mit dem Zipfel ihres Schals ab, während die andere ihre Stimmtrompete ansette und dem ganzen Hause die sensationelle Neuigkeit mitteilte, Jeronymo hätte die ganze Nacht keinen Fuß in sein Haus gesetzt.
,, Vielleicht ist er ins Krankenhaus zurückgegangen", meinte Augusta, die ihrem Papageientäfig die Reinigung zuteil werden ließ, die er dringend nötig hatte.
,, Nein, er ist doch gestern endgültig aus dem Krankenhaus entlassen worden", mandte die andere ein.
,, Und außerdem wird man da nach acht 1hr abends gar nicht mehr eingelaffen", fügte eine andere Baschfrau hinzu.
Es wurden noch allerhand Hypothesen aufgestellt, und man schien allgemein geneigt, Jeronymos seltsames Benehmen zum Tagesgespräch zu machen. Biedade beantwortete alle an fie gerichteten Fragen fühl. Sie mar bloß und fassungslos und machte feine Anstalten, an ihre Wäsche zu gehen. Sie hatte noch immer die gestrigen Kleider an, und das Essen widerstand ihr. Sie fonnte nichts weiter tun, als meinen und wehflagen. ,, Ich unglückseliges Geschöpf", wiederholte die Arme ondauernd.
,, Wenn Sie so meiter machen, werden Sie sich ja schön runterbringen", warnte Machona, die ihre Arbeit unterbrochen hatte, um in ein Butterbrot zu beißen. Warum ftellen Sie fich denn bloß so furchtbar an? Ihr Mann ist doch nicht tot, und Sie sollten sich nicht soviel grämen
P
,, Woher weiß ich denn, daß er nicht tot ist", jammerte die Frau ,,, wenn Sie wüßten, was ich heut nacht für entsetzliche Dinge gesehen habe."
Haben Sie ihn im Traum gesehen?" fragte Machona sichtlich erschüttert. ( Fortsetzung folgt.)