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BERLIN  Dienstag

11. März 1930

Der Abend

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B 59 47. Jahrgang

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Regierung will weiter führen.

Erklärung Moldenhauers vor dem Reichsrat.

Das Ergebnis der Finanzberatungen, die bis heute| tionspartet mit den Parteien ugenbergs und Hitlers  mitternacht zwischen den Regierungsparteien ohne Bolts- doch nicht mittommen. Eine spätere Zeit wird unserer Bar. partei gepflogen wurden, sollte vereinbarungsgemäßfalls tei bestätigen, daß fie unter der Führung Dr. Stresemanns eine feine der beteiligten Fraktionen Einspruch erhebt heute große innenpolitische Miffion erfüllt hat."( Starter Beifall) 2 Uhr nachmittags dem Reichskanzler und dem Reichsfinanz­minister unterbreitet werden.

Die Biersteuererhöhung und ihr Ertrag soll den Län­dern überlassen bleiben. Die dem Reich dadurch entgehenden 150 Millionen Mark werden auf folgende Weise wiedereingebrach:: Benzinzoll und mineralwasserste u er sollen dem Reich zugute fominen. Außerdem foll eine innere 2bgabe für in Deutsch  land erzeugten Benzin oder Benzol erhoben werden, ferner wird die Umsatzsteuer von 0,75 auf 0,80 Broz.( von drei Biertet auf vier Fünftel Prozent) erhöht.

Eine zweite Renderung der Umfagsteuer besteht darin, daß der bisher umfaßsteuerfreie erfte Umschlag aus dem Ausland im. portierter. Baren fünftig gleichfalls umsatzsteuerpflichtig sein soll. Der Ertrag dieser zweiten Aenderung der Umsatzsteuer foll die Be feitigung der Kapitalertragsteuer für festper. instiche Werte ab 1. Ottober 1930 ermöglichen. Der durch fie entstehende Ausfall wird für das zweite Halbjahr des am 1. April beginnenden Rechnungsjahres auf 45 Millionen geschäßt. Bon, der Beseitigung der Kapitalertragsteuer erhofft man fuch eine Belebung Des Baumarites.

Schließlich wird eine Senfung der Einkommensteuer geplant, die ob 1. April 1931, also erst im nächsten Jahr, in Kraft treten soll. Die aus der Regierungsvorlage übernommene, also noch aus der Zeit Hilferdings stammende Novelle erhöht das steuerfreie Existenzminimum und fenkt die Lohn- und Einkommensteuer um durchschnittlich 12% Prozent.

Es ist nicht anzunehmen, daß der Reichskanzler und der Reichsfinanzminister zu diesen Vorschlägen sofort abschließend Stellung nehmen werden. Dazu ist einmal die Materie zu kompliziert, dann aber wohl auch die Einholung der Meinung des kabinetts notwendig. Das Kabinett hat nun freilich fchon seine Vorlagen dem Reichsrat unterbreitet. Ob es vor der Stellungnahme des Reichsrats sich darüber äußern fann, wie es sich zu Abänderungsvorschlägen aus dem Reichstag stellen würde, ist zum mindesten zweifelhaft. Immerhin rechtfertigt der Stand der Finanzverhand­lungen die Erwartung, daß die Young- Gefehe heute in zweiter Lesung, morgen in der dritten, mit der starken Ueber­zeugungsmehrheit, die im Reichstag vorhanden ist, an­genommen merden. Prilo

Rein Rücktritt Moldenhauers.

Gegen Mittag verbreitete sich im Reichstag bas Gerücht, daß der Reichsfinanzminister Molden. hauer dem Reichskanzler seinen Rücktritt ange. boten habe.

In der Reichskanzlei war von einem derartigen Vorgang jedoch nichts bekannt.

Brüning   bei Hindenburg  .

Der Borsitzende der Zentrumsfraktion, Abg. Brüning, wurde heute vormittag vom Reichspräsidenten Hindenburg empfangen.

Nöte der Volkspartei.

Hamburg  , 11. März.( Eigenbericht.) 3m Provinzialausschuß der Deutschen Bolts partei für Schleswig Holstein, der sich in geboe mit der politikken Lage beschäftigte, führte der Reichstagsabg. Dr. Runtel aus:

Obwohl diese Ausführungen starten Beifall fanden, wurde am Schluß der Diskussion dennoch einstimmig eine Entschlie Bung angenommen, in der sich der Provinzialausschuß zu den Forderungen der Parteileitung, des Reichsaus schusses und der Reichstagsfraktion bekennt und der Erwartung Ausdruck gibt, daß die Reichstagsfraktion bis zur legten Stonsequenz bei den aufgestellten Grundsäzen bleibe. bei den aufgestellten Grundsägen bleibe.

Moldenhauer vor dem Reichsrat.

Der Reichsminister der Finanzen leitete hente die Sihung der vereinigten Ausschüsse des Reichstats, in der mit der Beratung der

neuen Steuergesetze begonnen wurde. Der Reichsfinanzminister- et­flärte, es sei wichtig, einige Worte den Verhandlungen vorauszu fdhiden, um zu verhindern, daß durch die Besprechungen der letzten Tage Verwirrung in die Verhandlungen gebracht würde.

Die Reichsregierung habe dem Reichstat ihre Dedungsvorlage zur Beschlußfaffung vorgelegt, und nur diese Gefehesvor­lage sei Gegenstand der Verhandlungen. Er gebe diese Erklärung fomohl als Reichsfinanzminister wie auch im Namen des Reichstanzlers ab, der ihn ausdrücklich zu ihr ermächtigt habe. Die Regierung werde die Borlage, wenn sie durch den Reichs­rat verabschiedet sei, an den Reichstag bringen.

Die zur Zeit im Gange befindlichen Besprechungen zwischen einzelnen Parteigruppen häften, wenn überhaupt, dann nur für die Haltung der Parteien im Reichstag   Bedeutung. Die Regierung deute nicht daran, in dieser Frage die Führung aus der Hand zu geben.

Die Banditen von Röntgental.

7 Haftbefehte bestätigt, 4 weitere Festnahmen.

Die Ermittlungen der Candeskriminalpolizeiffelle Berlin   in Zu­fammenarbeit mit der Ortspolizeibehörde zur Aufklärung des Ueber­falles in Röntgental, wo bekanntlich durch Nationalfozia­liften Mitglieder des Reichsbanners überfallen und durch Schüffe verleht und ein Unbeteiligter namens Kubow, der der PD. nahesteht, erschossen wurde, haben jetzt zur Festnahme von vier weiteren Nationalsozialisten geführt. Auch diese stehen im Berdacht, an dem Feuerüberfall teilgenommen zu haben. Wer den tödlichen Schuß auf Kubom abgegeben hat, fonnte bisher noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Der zu­ständige Richter des Amtsgerichts Bernau   hat gegen fieben der bisher Festgenommenen Haftbefehle erlassen, und zwar gegen die Nationalsozialisten Mengelsberg, Kudelinski, Schwab, Wildies, Unruh. Pankrath und Wudffe. Am Mittwoch nachmittag 15.30 Uhr findef in Röntgental die Beisehung des erfchoffenen Arbeiters Kubow statt, und die KPD.   ruft ihre Mitglieder auf, sich am Bahn­hof Röntgental zur Teilnahme an dem Trauerzug zu versammeln. Die Polizei hat aus diesem Grunde besondere Sicherungsmaßnahmen während der Beerdigung getroffen.

Gegen die neuerdings festgenommenen Nationalsozialisten, die fämtlich der Berliner   Gruppe der NSDAP  . angehören, wird vor. aussichtlich noch im Laufe des Tages Haftbefehl erlassen werden.

Stresemanns Erben.

Dr. Stresemannt

Dr Scholz

,, Eine andere Regierung als die heutige ist unter den gegebenen Verhältnissen gar nicht möglich. Scheidet die Volks. parter heute aus, nuß fie morgen wiei er Berhandlungen aufnehmen. Die Berhältniffe haben sich so entwickelt, daß die Deutsche Volks. partei am tommenden Mittwoch oder Donnerstag die Regierung. Derlassen wird.( Bravo  !) a, Bravo  ! Es ist sehr eicht Brücken abzubrechen. Es handelt sich hier um die Frage: Wollen wir mit der Mitte gehen ober rabitale Opposition treiben? Dazu bamerte ich: Unsere Partei wird eine Mittelpartei fein oder Da ich bemerkt babe. fie wird nicht sein! Darf ich an unsere Haltung im Breußenparla. daß das Bi dnis des Verstorbenen die Aufmertiamfeit ment erinnern? Damals hatten wir einen pollsparteilichen Kultus. eines Teiles der Anwesenden von unseren Verhand uncen minifter, heute einen sozialt emofratischen. Ich stehe auf dem Stand­ablenit, habe ich es verhängen laffen. Wir tommen jetzt punit: mur opfern die Partei, wenn wir das Baterland retten tönnen. Wir müssen bedenten, daß wir als reine Oppofizur Frage des Besißopiers..

Borsitzender Scholz:

Briand   verläßt London  .

Geetonferenz bringt nur Rüftungsstillstand. Paris  , 11. März.( Eigenbericht.) Außenminister Briand   beabsichtigt, wie die Pariser Presse be.

richtet, Freitag dieser Woche die Londoner Konferenz endgültig 3u verlassen. Die Berhandlungen über den Abschluß eines mittelmeerpattes tönnten als endgültig gescheitert ange­sehen werden, obwohl Briand   einen neuen Borstoß für diese Idee in der Bollfihung der Konferenzen am Donnerstag unternehmen

Nicht viel weniger hoffnungslos. scheinen nach den Angaben der Preffe die Verhandlungen über die Tonnageziffern zu stehen. Man zeigt sich heute in Paris   förmlich irritiert darüber, daß Frank­ reich   am Montag vor der englischen Delegation seine Forderungen ,, wie ein Angeflagter vor dem Untersuchungsrichter" habe rechtfertigen müssen. Frankreich   hätte mehr Rücksicht erwarten fönnen, fchreibt Petit Parisien", denn es habe die Flottenforde­rungen der übrigen Mächte auch nicht bestritten. Außerdem fei Amerika   auf der Flottenkonferenz von Washington   bereit gewesen, ihm die Flottenmacht von fünf zu drei, also die Parität mit Japan  zuzugestehen. Wenn Frankreich  , heute derartige Schwierigkeiten habe, um seine berechtigten Wünsche zur Anerkennung zu bringen, so liege die Schuld ausschließlich an Italien  . Das Blatt schließt brohend, es sei aber zu erwarten, daß Italien   einem genau so pein lichen Kreuzverhör ausgesetzt werde, wie am Montag Frankreich  .

Tardieu dürfte am Freitag abend nach London   abreisen, um mit Macdonald das Wochenende in Chequers   zu verbringen. Es fei aber faum zu hoffen, erklären sämtliche Pariser   Blätter, daß die Londoner Konferenz mehr erreichen werde als einen furzen Rüstungsstillstand bis 1936.

Mordgeständnis Tehners.

Er hat den unbekannten Autogaft lebendig verbrannt. Regensburg  , 11. März.

Der des Mordes und Mordverfuchs beschuldigte Kaufmann Zehner aus Celpzig haf bei einer zweiten Bernehmung in der Untersuchungshaft endlich ein Geständnis abgelegt. Danach hat er den Unbekannten, den er zwischen Leipzig   und Hof zur Miffahrt eingeladen hatte, mit Benzin übergossen und das Benzin entzündet, so daß der Unglüdliche bei vollem Be­wußtsein verbrannte. Tehner hat jetzt auch den zuerst ab­geleugneten Mordverfuch an dem Mechaniker Ortner zuge. geben. Seine Frau, jo wird von ihm versichert, habe von dem Plan gewußt und ihn gebilligt; dagegen werden die Berdachts­momente gegen die ebenfalls verhaftete Kaffiererin Nagel aus Regensburg  , die der Mitwisserschaft beschuldigt wird, immer mehr entkräftet, so daß ihre Haftentlassung in Aussicht genommen ist.