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Kr. 123* 47. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts Breifos 14. Järs 1930

Die neuen Agrarpläne.

Die Attacke der Grünen Front".- Vielfach undiskutable Absichten.

Der Reichsernährungsminister verfolgt, teils wohl aus eigenem Entschluß angesichts der ungünstigen Roggenpreise, teils unter dem Drud der Grünen Front", ein neues Programm von Agrarzöllen und anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Roggenpreise.

Seit im Dezember 1929 die neuen Agrarzölle eingeführt worden find, haben sich die Preise für Weizen nicht wesentlich ge ändert; sie liegen heute einige Mart pro Tonne unter den Preisen vor der Zollerhöhung. Die starte Preissenkung auf dem Weizen weltmarkt hat sich nicht auf den deutschen Weizenpreis ausgewirkt. Die Roggenpreise tonnten durch die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen, in erster Linie durch die starke Inter­ventionstätigkeit der Getreidehandelsgesellschaft, bis vor acht Tagen auf rund 160 Mart pro Tonne, das heißt 10 Mart unter dem Dezemberpreis gehalten werden. In der letzten Woche hat die Ge­treidehandelsgesellschaft ihre Stügungsfäufe eingestellt, der Preis ist infolgedessen um 20 Mart pro Tonne gesunfen

Der Futtergerstenpreis stand im Dezember vorigen Jahres auf rund 170 Mart, trotz Zollerhöhung von 20 Mart auf 50 Mart beträgt die gegenwärtige Notiz für Futtergerste nur 145 Mart.

Daß diese Entwicklung der Preise maßlosen neuen Zoll­forderungen der Grünen Front" Anlaß gegeben hat, ist fein Wunder. Aufgabe der Sozialdemokratie wird es sein, diesen über­spannten Forderungen entgegenzutreten und durch planDolle

zwang von neuem durch Nicodem Caro ausgegraben wurde, Stellung genommen haben.

Im Bereich vernünftigerer Diskussion. Eine Möglichkeit vernünftiger Preisbeein. fluffung scheint uns jedoch vielleicht auf dem Gebiet des Gersten­zolles und des Maiszolles zu liegen. Entgegen der Forderung der Sozialdemokratie, den Gerstenzoll auf seiner früheren Höhe von 20 Mart für diejenigen Gerstenbezieher zu belassen, die gleichzeitig mit der Gerste 30 Proz Futterroggen faufen und verfüttern, ist mit der Berfte 30 Proz Futterroggen faufen und verfüttern, ist durch die Quertreibereien der Bayerischen Volkspartei im Dezember letzten Jahres der Futtergersten zoll schematisch Futtergersten zoll schematisch auf 50 Marf erhöht worden. Diese Maßnahme hat sich als ein Fehlschlag erwiesen, weil dadurch die Roggenverfütterung er schwert wurde. Es wird notwendig sein, diesen Fehler wieder gut­zumachen und die damals geplante Differenzierung im Futtergerſten zoll einzuführen.

Auf einen Fal1 darf allerdings diese Differenzierung so erfolgen, wie fie angeblich vom Ernährungsminister vorgeschlagen wurde, daß nämlich ein beweglicher Zoll in den Grenzen von 50 bis 120 Mart pro Tonne geschaffen wird. Vielmehr sollte für die auch Roggen verfütternden Landwirte der alte 3oll von 20 Mart pro Tonne wiederhergestellt werden, für diejenigen Landwirte, die feinen Roggen verfüttern wollen, fonnte allerdings eine Erhöhung Höhe von 120 Mart zugestanden werden. überreichen Baltanernte und einer sehr großen in Argentinien er Von der Maiseinfuhr, die in diesem Jahre nach einer

B

Freitag,

Brozentfat t im Jahre 1929 auf 40,36 Pro3. gestiegen. Der Umjag der GEG. Produttivbetriebe erhöhte fich von 10,44 millionen Mart im Jahre 1914 und 104,72 Millionen Mart im Jahre 1928 auf 123 Millionen Mart im Jahre 1929. Im Jahre 1914 machte dieser Umsatz 2,12 Broz. des genossenschaftlichen Um. fages aus, im Jahre 1928 9,31 Broz. und im Jahre 1929 9,97 Proz.

Die Sparkraft finft.

3m letzten Jahr 500 Millionen weniger Eparüberschüßſe.

scharfen Rückschlag erfahren. Die Ueberschüsse der Ein­zahlungen über die Auszahlungen, also das Wachsen der Spar­Im ganzen Jahr 1929 sind die Spareinlagen bei den deutschen Spar­einlagen, ist seit Anfang 1929 bedenklich zurückgegangen. tassen nur um 1,5 milliarden gegenüber 2 Milliarden im Jahre 1928 gestiegen.

Die Spartätigkeit der Bevölkerung hat im letzten Jahr einen

In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres war der Rüdgang der. Spartätigkeit überwiegend eine Folge der harten Frosta periode, die die Bevölkerung zu erhöhten Ausgaben zwang. Einen ganz besonders schweren Schlag aber erfitt die Spartätigkeit durch die Währungshege der Hugenberger, die auf dem Höhepunkt der Pariser Reparationsfrise im April vorigen Jahres das Gespenst der Inflation an die Wand malten Welche Folgen diese politische Heze für die Spartätigkeit gehabt hat, geht daraus hervor, daß der Einzahlungsüberschuß im zweiten Bierteljahr 1929 auf 210,7 Millionen, also weniger als die Hälfte der entsprechenden Zeit von 1928 zurüdging. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres konnte Er hat sich im Gegenteil durch die rasch zunehmende Berschärfung auf dem Arbeitsmartt noch verstärtt, so daß insgesamt ein Ausfall des Sparzucachjes von 500 millionen gegenüber dem Vorjahre eingetreten ist.

Maßnahmen, wie das auch bisher das Bemühen der Sozialdemo- des Futtergerſtenzolles über 50 Mart, aber nicht auf die phantastische dieser Rückschlag nicht mehr aufgeholt werden.

fratie war, gegen einen übermäßigen Sturz der Getreidepreise anzu­tämpfen, gleichzeitig aber auch Sicherungen gegen jede zufünftige Breisüberhöhung zu erreichen.

Erhöhung des Weizenzolls und Berbrauchsabgabe. Ms völlig undistutabel muß die Forderung auf Er­höhung des Weizenzolles bezeichnet werden. Bereits der bis berige Zoll von 95 Mart pro Tonne ist sehr hoch, die Grüne Front will aber 200 Mart( das heißt, einen mehr als 100prozentigen Wertzoll!) haben. In bestimmten Kreisen wurde auch erwogen, mit der Weizenzollerhöhung eine inländische Weizenverbrauchs­abgabe zu erheben. Die Erhöhung des Weizenzolles sollte also nicht der Landwirtschaft in Form höherer Inlandserzeugerpreise, sondern der Reichstaffe zugute tommen. Die durch diese Weizen brotsteuer erzielten Mehreinnahmen sollten zur Sanierung der Arbeitslosenversicherung Verwendung finden. Von der so bewirkten ein Anreiz zu Weizenverteuerung wurde verstärttem Roggenbrottonfum erwartet. Wenn auch durch den Ge­danten einer inländischen Weizenausgleidjefteuer zugestanden wurde, daß der deutsche Weizenpreis nicht ungünstig ist( was auch unsere Meinung ist), so bedarf eine so unfo3lafe 3bee, ausgerechnet durch eine Brotsteuer das deutsche Getreideproblem zu lösen und die Reichstaffen zu füllen, feiner weiteren Kritit. Der Reichsernährungs. minister hat dies wohl auch eingesehen, denn er hat diese For derung der Grünen Front" nicht mit in fein Programm aufgeführt.

Beimahlungszwang für Roggen.

Dagegen hat ber Ernährungsminister leider einen aften Ladenhüter der Getreidepolitit, nämlich den bereits vor Monaten von den verschiedensten Seiten aufs schärffte abgelehnten Beimahlungszwang DON Roggen zu Weizen als wesentliches Hilfsmittel für die Roggenpreise in fein Programm auf genommen. Er schlägt eine 20 prozentige Beimahlung von Roggen zu Weizenmeht und eine entsprechende Behandlung des eingeführten reinen Weizenmehls vor und erhofft sich von dieser Maßnahme eine Hebung des menschlichen Roggenverzehrs. Wir find der Meinung, daß der Reichsernährungsminister durch eine folche Maßnahme das erst fürzlich von ihm vorgelegte Brot gefeß, das in erster Linie Berbesserungen der Brotqualität mit einem Kennzeichnungszwang für die verschiedenen Standardbrote anstrebte und dem wir weitgehend zustimmen, zerstören würde. Nicht Steigerung des Brotkonsums, sondern Rückgang des Brot­verbrauchs wäre die Folge einer solchen Zwangsmaßnahme, gegen die wir übrigens bereits vor einigen Tagen, als der Beimahlungs­gens bere

warteten Ernte unter startem Preisdruck steht ist ebenfalls, wenn der Maispreis ins Bodenlose abzustürzen droht, eine Gefahr für den Roggenpreis zu erwarten. Eine Erhöhung des Maiszolles ist jedoch nicht nur handelspolitisch infolge vertrag licher Bindung dieses Bolles unmöglich, sondern sie müßte, besonders wenn sie in starrer Form vorgenommen würde, von der Sozialdemokratie als planlos abgelehnt werden. Durch die Einführung eines Maiseinfuhrmonopols

laffen sich diese Schwierigkeiten umgehen. Handelspolitisch wäre sie nicht so bedenklich wie eine Bollerhöhung. Durch planmäßige Be Durch planmäßige Be­einfluffung des Gersten- und Maispreises läßt sich also vielleicht manches zur Befferung der deutschen Getreidepreisbildung tun Das Getreideproblem ist nicht das" deutsche Agrarproblem.

Biel zu wenig wird heute bedacht, daß das Getreideproblem zwar ein wichtiges, aber feineswegs das deutsche Agrarproblem ist, nachdem von dem gesamten Verkaufserlös der deutschen Landwirt Schaft nur 10 bis 15 Broz auf Getreide entfallen. Lediglich in ostelbischen Großbetrieben erreicht der Prozentsatz des perkauften Getreides teilweise 25 his 30 Broz. Es besteht auch heute noch keine Veranlassung, eine Ueberteuerung der Getreide preise herbeizuführen, nur um eine fleine Zahl oftelbischer Groß betriebe vor Schwierigkeiten zu bewahren. Die Sorge um die Roggenpreise ist auf dem Wege, eine politische Bighofe zu werden. Berhältnismäßig niedrigen Roggenpreisen wird sich die landwirtschaftliche Produktion anpassen müssen. wenn augen­blicklich in vernünftigem Rahmen auch noch manches geschehen mag.

Noch aus einem anderen Grunde muß man sich scharf gegen alle Bestrebungen wehren, die Getreidepreise allzu start zu steigern. Die Begünstigung der Getreide verlaufenden Großlandwirtschaft muß eine entscheidende Benachteiligung der bäuer. richen Beredlungswirtschaft nach fich ziehen. Jeder Bestrebung, die Getreidepreise start zu steigern, müßten neue Forderungen nach Zollerhöhung für Eier und andere Edelprodukte zur Folge haben.

Die Sozialdemokratie ist bereit, wie sie das bisher bereits getan hat, aftio daran mitzuarbeiten, wenn es gilt, die Landwirtschaft vor Erschütterungen durch ausgesprochene Rata­strophenpreise zu schüßen nicht aber notwendige Betriebsver­befferungen und Umstellungen durch überhöhte Preisgarantien oder Zölle, wie sie die Grüne Front" wünscht, aufzuhalten.

Kapitalstärkung der Konsumvereine

Die Entwicklung im Jahre 1929.

ffene

Der Sentralverband deutscher Konsumvereine eine vermehrte zuweisung an die offenen Rüd gibt einen Ueberblid über die Entwidlung während des Jahres 1929, dem wir folgendes entnehmen:

gerbes ennemen: 1928

1914

Zahl der angeschloffenen

Genossenschaften

1109

Zahl der Mitglieder.

1 717 519

Umfah in Millionen Mr.

486,41

Durchschnittsumsat

je

Mitglied( Mart )

283,27

Geschäftsguthab. je Mit­

glied( Mark)

19,41

desgl. in Prozenten bes

Jahresumsanes

6,85

79,10

Spareinlag in Mill Mt. Spareinlagen je Mitglied

in Mart

46,06

1924 1275

1024

1929

991

3 444 218 2896 756 2 992 278 548,74 1124,49 1242,40 159,32 388,19 415,17 4,35 18,32 20,42 2,73 4,72 4,92 49,48 297,49 374,01

14,37 102,70 124,99

Die am Jahresschluß ausgewiesenen eigenen Betriebsmittel in der Höhe von 123 Millionen Mart genügen dem jeßigen großen Ilmfang ber fonsumgenossenschaftlichen Güterversorgung nicht. Bur argielung eines Umfages von 1,25 Milliarden Mart soll nach ben seit langem geltenden, bewährten Grundsägen der deutschen Konsumgenossenschaften ein erheblich höherer Betrag an eigenen Betriebsmitteln perfügbar sein. In der Vor friegszeit war das Verhältnis zwischen den eigenen Betriebsmitteln und dem Umfaz der Konsumgenossenschaften wesentlich günstiger ats im Jahre 1929. Der tonfumgenossenschaftliche Umsatz des Jahres 1914 in Höhe von 486 Millionen Mart wurde mit einem tonsum­genossenschaftlichen Eigenkapital von 58 Millionen Mart erzielt. Während die eigenen Betriebsmittel im Jahre 1914 noch 11,96 Proz. des Jahresumsazes darstellten, betrug der Berhältnissäß für das Jahr 1929 nur 9,87 Broz

Der weiteren Berschlechterung Bann vorgebeugt werden durch

lagen( für die sich in den legten Jahren gute Anfäße gezeigt haben) und durch die in der Nachkriegszeit vielfach vernachläffigte Erhöhung des Geschäftsanteils.

Die grundlegende Ursache der in den meisten Konfumgenoffen fchaften betriebenen Hinauszögerung der längst notwendig gewor benen Geschäftsantellerhöhung ist in dem Umstand zu fuchen, daß in den letzten Jahren in den Berbrauchergenossenschaften trotz der immer größer werdenden Anforderungen an die tonsumgenossen­schaftliche Güterversorgung ein. Mangel an Betriebsmitteln nicht vorhanden war. Der unaufhörlich fließende Strom der fonfum genossenschaftlichen Spareinlagen forgte ftets für eine gewisse Geldfülle. Das ist so geblieben bis auf den heutigen Tag. Doch das Schwimmen im Gelbe", das den Konsumgenossenschaften von ihren mittelständlerischen Freunden" nicht ganz ohne Recht be scheinigt wird", darf nicht dazu führen, daß die seit jeher von den Verbrauchergenossenschaften anerkannten grundsätzlichen Notwendig feiten unbeachtet bleiben. Zu diesen konsumgenoffenfchaftlichen Not wendigkeiten gehört die Schaffung eines gesunden Berhältniffes zwischen den eigenen und den fremben Betriebsmitteln. Den ver. antwortlichen Körperschaften des größten Teiles der im Zentral verband vereinigten Konsumvereine erwächst in der kommenden Zeit die Pflicht, dafür zu forgen, daß die feit mehreren Jahren ein wenig in den Hintergrund getretene Stärkung der eigenen Betriebs­mittel nunmehr mit dem erforderlichen Verantwortungs- und Pflicht bewußtsein in Angriff genommen und durchgeführt wird.

Der Umfaß der Großeintaufs- Gesellschaft Deutscher Consumvereine( GEG.) hat sich von 157,5 Millionen Mart im Jahre 1914 und 444,4 Millionen Mart im Jahre 1928 auf 501,4 millionen Mark im Jahre 1929 erhöht. Im Jahre 1914 machte der Umsatz der GEG. 31,95 Proz. des Gesamtumfazes der Konsumgenoffenschaften aus, im Jahre 1928= 39,52 Prog. Der

Zu Anfang dieses Jahres waren bereits 61 Prozent der Spar einlagen als städtische und landwirtschaftliche Hypotheten oder als Kommunaldarlehen langfristig festgelegt. Mit Rücksicht auf die Flüffighaltung dürfte eine wesentliche Steigerung dieses langfristigen Kredites bei den Sparkassen nicht mehr möglich fein. Im laufenden Jahr werden sich daher die für die Roma munen und die Bauwirtschaft so wichtigen langfristigen Spartaffentredite im Rahmen des Wachstums der Spareinlagen halten müssen.

Hier zeigt sich mit aller Deutlichkeit, welche große Bedeutung die Rapitalbildung von unten, also bie Spartätigkeit wirtschaft hat. Während seit Monaten von den Unternehmern einz der breiten Maffen der Bevölferung, für die gesamte Bolts intensiver Feldzug im Intereffe einer forcierten industriellen Kapitol. bildung geführt und aller Segen für die Wirtschaft nur von auf­gefpeicherten Unternehmergewinnen erwartet wird, beweist die Entwicklung bei den deutschen Spartassen, daß es höchste Zeit ist, das Reale intommen ber Massen und damit bie Kapitalbildung von unten zu heben.

Warum wird Hartmann stillgelegt? Ein schwerer Schlag für den fächsischen Arbeitsmartt.

Die Sächsische Maschinenfabrif vormals Richard Hart. mann A.-G., früher das bedeutendste Maschinenbauunternehman in Sachfen, das auf eine fast hundertjährige Bergangenheit zurüd­blidt, foll, völlig überraschend für die Belegschaft, stillgelagt

Die Gründe zu dieser folgenschweren Maßnahme liegen nach der Mitteilung des Aufsichtsrats in der anhaltenden schweren 20ko­motivtrise und in den Mißerfolgen, welche die Betriebs= umstellung bei Hartmann gezeitigt hat. So fei durch die Absatz­trife in der Tertilindustrie der Bau von Spezial- Tertilmaschinen nicht zur Entwidlung gefommen. Der Auftragsbestand sei daber trotz aller Bemühungen auf einen Refordtiefstand gesunken. Es sei somit unausbleiblich, daß bei Weiterführung des Betriebes die Bankschuld der Gesellschaft wieder ins Ungemessene steigen würde, so daß die Gefahreines 3usammenbruches des Unternehmens dadurch in greifbare Nähe rücken müßte.

Soweit der Bericht der Hartmann- Berwaltung. Die Hartmann A.-G. ist seit dem Ende der Inflation aus den Schwierig­feiten nicht herausgekommen. Dividenden wurden seit 1924 nicht mehr verteilt. Es hat sich bei diesem Unternehmen bitter gerächt, daß die frühere Verwaltung viel zu lange mit einer durchgreifen. den finanziellen Sanierung, die natürlich mit Opfern der Aktionäre verknüpft war, gezögert hat.

Bon den früheren Glanzzeiten, in denen mehr als 6000 Arbeiter bei Hartmann beschäftigt waren, ist also nicht mehr viel übrigge­blieben. Von der beabsichtigten Stillegung werden jedoch auch jetzt noch 1900 2rbeiter und 500 Angestellte, also einschließlich der Familienmitglieder etwa 10 000 Personen, betroffen, wodurch die schon schwere Belastung des Chemnißer Arbeitsmarttes für die Stadt eine fatastrophale 3ufpigung erfährt.

Deutsche Elektrowirtschaft.

Der Dritte Unterausschuß der deutschen Wirtschafts. en quete veröffentlicht jezt das Ergebnis feiner Untersuchungen über die deutsche Elettrizitätswirtschaft. Mit dem vor­liegenden Bericht erhalten wir die erste einheitliche und zusammen­faffende Darstellung über die Elettrizitätswirtschaft eines Landes überhaupt. Die statistischen Angaben sind bei allen technisch- wirtschaft­lichen Dingen bis Ende 1928 ergänzt und reichen bei den finanziellen meit in das Jahr 1929 hinein. Bon besonderer Wichtigkeit ist die untersuchung der Wirtschaftlichkeit bei fommunalen Unternehmungen in Gemeinden von über 10 000 Einwohnern, die ebenfalls neu iſt. Hinsichtlich der großen Bersplitterung, besonders bei den Elektrizitätsgenossenschaften, wird die Konzentration in der Berteilung empfohlen.

Die Publizität der öffentlichen Unternehmun gen wird als noch sehr unzulänglich und unzureichend hingestellt. Borgeschlagen wird ein Einheitsschema für die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnung. Zu der hochpolitischen Frage der gerade jest wieder zutage getretenen Bestrebungen, öffentliche Betriebe zu privatisieren, äußert sich der Bericht fehr vorsichtig. Immerhin wird festgestellt, daß man nicht die besten Werke privatisieren, die schlechten dagegen der öffentlichen Hand über­laffen darf, daß die öffentliche Elettrizitätswirtschaft vielfach eine wirtschaftliche Fürsorgeangelegenheit ist und daß die stärkste Privati­fierung nichts hinsichtlich des Kapitalversorgungsproblems bejagt.