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BERLIN  Freitag

14. März 1930

Der Abend

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Der Volfsentscheid erledigt.

Endgültiges Urteil des Wahlprüfungsgerichts.

Das Wahlprüfungsgericht beim Reichstag trat am Frel- 1 tag unter Borfih des Reichstagsabg. Reichsminister a. D. Dr. Bell zur Prüfung des Ergebnisses des Boltsentscheids vom 22. Dezember 1929 zusammen. Als Belfiger wirkten mit die Reichstagsabgg. Schul3- Bromberg( Dnat.) und Ditt­mann( So3.), ferner die Reichsgerichtsräte Sch mit und Dr. Bos. Als Reichsbeauftragter nahm Ministerialdirektor Dr. Reisenberg an der Sihung teil.

Der Borsitzende Abg. Dr. Bell eröffnete die Sigung mit fol­gerden Ausführungen: Das Wahlprüfungsgericht hat nach§ 22 tes Gesetzes über den Boltsentscheid vom 27. Juni 1921 das Er. gebnis der am 22. Dezember 1929 erfolgten Abstimmung über den zum Boltsentscheid gestellten Entwurf eines Gefeßes gegen die Berstlapung des deutschen Rolfes" zu prüfen und über die Gültige feit der Abstimmung zu entscheiden. Die Feststellung des Reichswahlausschusses, die nach gefeßlicher Vorschrift der Brüfung und Entscheidung des Wahlprüfungsgerichtes voraus geht, liegt vor.

Hierauf erhielt zunächst der Berichterstatter Reichsgerichtsrat Schmi

bas, Worf. Er erklärte, daß er sich hinsichtlich der Beurteilung und der Gültigkeit oder Ungültigkeit einzelner Stimmzettel dem Reichs beauftragten anschließe. Ein Zuständigkeitsstreit sei ent­standen über den Antrag des Reichsbeauftragten: Das Wahl­prüfungsgericht wolle erfennen:

,, Die Abstimmung bei dem Boltsentscheid vom 22. De­zember 1929 über den Entwurf eines Gesetzes gegen die Ver­Elavung des beutschen. Boltes" ift gültig. An der Abstimmung hat sich nicht die Mehrheit der Stimmberechtigten beteiligt."

In der politischen Tagespreffe ist vielfach die Meinung ver­treten worden, das Wahlprüfungsgericht jei gar nicht zuständig, die im letzten Satz des Antrages enthaltenen materielle Entscheidung fiber Erfolg oder Mißerfolg eines Balfsentscheides zu treffen. Die überwiegende Meinung der Sachverständigen geht dahin, daß das Wahlprüfungsgericht zu einer solchen Entscheidung berechtigt sei, zumal auch bei dem Bolfsentscheid über die Enteignung der Fürsten  das Wahlprüfungsgericht eine solche Entscheidung getroffen habe. Der Berichterstatter erklärte zum Schluß, er schließe sich dem An­frag des Reichsbeauftragten an. Sämtliche Staatsrechtslehrer und Publizisten hätten den Artikel 70 dahin ausgelegt, daß es auch einest ablehnenden Reichstagsbeschluß erfassen wolle. Die vom Grafen Westarp und auch von Professor Bredt dargelegte gegenteilige Auf. faffung fei nicht durchschlagend.

Hierauf trat das Wahlprüfungsgericht in die nichtöffent liche Beratung ein.

In dieser nichtöffentlichen Sigung bestätigte das Wahlprüfungsgesetz entsprechend dem Antrag des Be­richterstatters den Beschluß: Die Abstimmung bei dem Wolfsentscheid vom 22. Dezember 1929 ist gültig. An der Abstimmung hat sich nicht die Mehrheit der Stimm berechtigten beteiligt."

Im letzten Satz ist das Scheitern des Gesetzes aus­gesprochen.

Verhaftung von Reichswehroffizieren.

Unter der Anklage des Hochverrats.

München  , 14. März. Ju UIm sind neuerdings zwei jüngere Meichs. wehroffiziere verhaftet worden. Sie werden berdächtigt, nationalsozialistische Propaganda getrieben zu haben.

Diese Berhaftungen sind bereits vor mehreren Tagen erfolgt, Burden aber ber Deffentlichkeit nicht bekanntgegeben. Sie stehen im Zusammenhang mit den Treibereien, die Reichsinnen minister Severing gestern in feiner Reichstagsrede er. wähnte, und die zu dem Erlaß Groeners gegen die national fozialistischen und tommunistischen Berfegungsbestrebungen geführt haben. Die Verhaftung ist unter der Anklage des Hochverrats

erfolgt

isdia

Rammer ratifiziert sofort.

Young- Gesetze werden nächste Woche eingebracht.

Paris  , 14. März.( Eigenbericht.)

Ministerpräsident Tardieu reist am Freitag abend zum Wochenende nach Chequers  . Er wird sich während seines kurzen Aufenthaltes auf der englischen Kanalfeite mit Außenminister Briand   auch über die Rafifizierung des Boung- Planes

und der Hager Vereinbarungen verständigen. Die Ratifikation der Gesetze soll am Donnerstag in der Kammer eingebracht und noch vor Mouafsende erledigt werden.

Wie das Havas- Büro berichtet, fann angesichts der Quertreibe. reien Dr. Schachts auf der Notenbankkonferenz in Rom  , wo er die Nennung der deutschen   Aufsichtsratsmitglieder für die Reparations bank verweigerte, das Bafeler Zahlungsinflitut nicht schon am 1. April, sondern erst am 1. mai feine Geschäftstätigkeit beginnen.

Franfreichs guter Wille" in London  .

Paris  , 14. März.( Eigenbericht.)

Mit einer Mischung von Stepsis und Schadenfreide berichtet die Pariser   Breffe über die verzweifelten Bemühungen Macdonalds, die Abrüstungskonferenz noch in letzter Minute zu retten". Man betont auf französischer Seite offen, daß man diesen Bemühungen feine Erfolgsaussichten beimesse, versichert aber, daß

Erinnerung aus den Kapptagen

2. Die Rechte des Arbeiters bleiben uns angetastet bestehen. Der Reithakangler Rapp

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Verordnung

Wer streikt, wird erschossen.

Der Oberbefehlshaber Lüttwitz  

Die Zusammenarbeit der militärischen und zivilen Stellen flappte vorzüglich.

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fomohl Tardieu mie Briand nach wie vor ben besten Millen an Den Tag zu legen entschloffen feien. Frankreich   fönne aber weder feine Tonnageforderungen vermindern, noch Jialien die Flotten gleichheit zugestehen. Der Betit Parifien" behauptet fogar, daß die Berechtigung der französischen   Tonnageforderungen Jezt felbft von England zum Teil anerkannt worden seien. Frankreich   brauche für Indochina   dret Kreuzer, für Guyana  , Madagaskar   und Neu­ Kaledonien   je einen Kreuzer, und für die Nordsee   zmei Vorposten treuzer. Dabei würde in den indochinesischen Gewässern, wo Frant reich vor dem Kriege genau wie England eine Flotte von 70 000 Tonnen beseffen habe, diese nur noch halb fo start feien mie

Hollands  . Für das Mittelmeer   würden ihm nur noch fechs Streuzer bleiben, um die Küsten Nordafrifas und Syriens   zu schützen. Große Mehrheit für Macdonald. Bergbauvorlage wird vielleicht zurückgezogen.

Loudou, 14. März.

Der Mißtrauensantrag Balbmins gegen die Regierung wegen deren Stillschweigen in der Frage der fünftigen Tarifpolitif murde Dom Parlament nach einer sehr eingehenden Aussprache unit 308 gegen 235 Stimmen abgelehnt. Im Berlaufe der Verhandlungen hatte nach Baldwin, Snowden und Herbert Samuel   als Vertreter der Liberalen noch Churchill   das Wort ergriffen. Er verlangte, daß unabhängig pon pahltechnischen Erwägungen in jedem einzelnen Bezirk entschieden merden folle; ob die Beibehaltung oder Neu einführung von Schutzöllen für die betreffenden Industriezweige zweckmäßig sei oder nicht.

Das Kabinett beschloß, eine Abstimmungsniederlage bei der meiteten Behandlung der Rohlenbergbauvorlage nicht als Grund für einen Rücktritt aufzufassen, sondern dann die gesamte Borlage zurüdzuziehen. Die Bedeutung des Kabinettsbeschlusses liegt darin, daß diejenigen Kreise der Grubenbefizer, die die ganze Berg­bauvorlage entschieden befämpfen, nun mit Nachdruck auf eine Zu tüdziehung der Vorlage dringen. Die Bergarbeiter. Dereinigung hat noch am Donnerstag eine Zusammenkunft nach London   einberufen, um eine Zurüaziehung der Bergbauvorlage unter allen Umständen zu verhindern. Man ist besorgt, daß die für die Bergarbeiter allein entscheidende Frage einer Arbeitszeitver fürzung von 8 auf Stunden dadurch unerledigt bleiben tönnte.

Die Wahl von Hindenburg  . Der Zentrumsanfturm abgewehrt.

Hindenburg  , 14. März.

In der am Donnerstag abgehaltenen Stadtverordnetensitzung faid die Angelegenheit der Oberbürgermeisterwahl ihren endgültigen Abschluß. Nach Beanstandung des Beschlusses vom 7. März, wonach der Oberbürgermeisterposten ganz gestrichen merden sollte, durch den Magistrat wäre den Antragstellern bei Annullierung, der Wahl nur der Weg des Verwaltungsstreitver­fahrens übrig geblieben. Dies ist aber vom Zentrum in einer Er flärung abgelehnt worden. Die Wahl des Bürgermeisters Franz zum Oberbürgermeister besteht also zu Recht. Die Bestätigung wird jeden Tag hier erwartet.

Der weiße Tod in den Alpen. Berliner   Architekt bei Arofa tödlich verunglüdt.

Der Berliner   Architekt Regierungsbaumeister Kurt Vogler, Mifinhaber der Firma K. Bogler u. Risse in der Paulsborner Straße 3 in Berlin- Charlottenburg  , ist bei einem Erholungsaufenthalt in rosa in der Schweiz   einem Sport­unfall zum Opfer gefallen. Mit ihm ist ein Herr Waller Zauber aus Zürich   tödlich verunglückt. Nach den bisher vorliegenden Nachrichten hat sich das Unglüd wie folgt zuge­tragen:

Die beiden Berunglückten befanden sich in Begleitung eines Dritten, deffen Rame noch nicht feststeht, auf einer Stitour am Barparner Rothorn, bas 2900 Meter hoch ist. Die Gruppe mar pom Aelpliſee aufgestiegen und befand sich etwa 1 Kilometer unterhalb des Rothorns. Bahrscheinlich haben die drei Touristen ein sogenanntes Schneebett betreten und sind mit den abrutschenden Schneemaffen in die Tiefe gestürzt. Der eine hatte das Glüd, imperlegt wieber an die Oberfläche zu fommen und fuhr ins Tal, um für die Rettung der im Schnee be­grabenen Kaneraden zu sorgen. Während er noch im Tal war, fam eine andere Touristengruppe, die die Katastrophe beobachtet hatte, herbei, und es gelang ihr, nach mühevoller Arbeit einen der Berschütteten, den Architekten Vogler, leider nur als Leiche, zu bergen.