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(19. Sortfefeung.) Glücklich sein hieß: Weisser trinken, wenn man Bier nicht mehr bezahlen kann, und Kohlrüben essen, wenn die Kartoffeln zu teuer wurden. Wer auf der nackten Erde schlafen muß, entbehrt de». Strohsack. Wer im Regen eines unbekannten Landes marschiert, schwelgt in der Erinnerung an das armselige Dach in der Heimat. Den Schutz vor schlechtem Wetter, vor der Unbill der Jahreszeiten, weiß erst zu schätzen, wer durch die grundlosen Wege der Eben« ziehen und alles hinnehmen muß, was der Himmel schickt. Ms W« Evakuierten zurückkehrten, fanden sie ihre Häuser voll siegreicher Engländer. Diese vollendeten, was die besiegten Deut- schon begonnen hatten. Soldaten sind gewöhnt, sich m engen Räu- inen zusammenzudrücken. Die kleine Behausung eines Webers kann viele beherbergen, die brüderlich miteinander umgehen. Nie- mand bleibt draußen, auch wenn das Dach eine noch so kleine Fläche liedeckt Dutnaux durste sich in seiner Wohnung ausstrecken zwi- schen einem großen, rotbärtigen Kerl, der als Schotte einen Rock trug wie eine Frau, und einem zweiten, der di« Pfeif« nicht aus den Zähnen ließ. Er kam sich in seinem Keller rechtloser vor als ein« Ratte. Kaum waren die schrecklichen Engländer abgerückt, da hatte sich Dutriaux nach Arbeit umgesehen. Er hatte nachgefragt in Bertry, in Clory. Hier wurden Fantasiestoffe gewebt: eine Mischung aus Seid« und Leinen. Nochgefragt hatte er in Haspres, Saulzoir und in Villers, wo man nur das klassische Wsiß herstellte: nachgefragt auch in Quieoy und Walincourt: Orten, in denen, als Dutriaux jung war, die protestantischen Arbeiter beim Weben in den Kellern Psalmen sangen. Er hatte all« Swfse unter der Hand gehabt, die in Cambrcsis gewebt wurden: vom Genter Taschentuchleinen bis zum Taschentuch des Schnupfers: nichts gefiel ihm aber so gut wie der Batist und das Leinen von Avesnes-les-Aubert. Wie freute inan sich über den Faden! Konnte es Schöneres geben für«inen Arbei.«r, als regelmäßig fechzigmal m der Minute das Schiffchen zu werfen?. Aber wieviel Vorbereitungen waren nötig, ehe man so&eit war: die Kette anzubringen: dreitausenidachthundert Fäden auf achtzig Zentimeter: man mußte den nchltgen Abstand halten zwischen der Lade und dem Kamm: all« Endchen festkleben und mit Hilfe der Schere die Fusseln wegschneiden. Im irdenen Topf war der stets« Mehlkleister.. Der durste nicht gären und von keinem Rattenzahn berührt sein. In den Wohnungen der Weber muß immer ein« Katze sein. Das alles war.nicht einfach. Nachdem Dutriaux den Preis mit Herrn Waoefst durchge- sprachen hatte, hatte er nur noch Gedanken für some Arbeit. Er ließ keinen Faden fehlen. Die kleinsten Unebenheiten schnitt er mit der Schere weg: dann hielt er den Topf mit der Holzglut unter die gespannte und geglättete Kette, sie zu erwärmen und einzuwachsen. Erst nach dieser langen, geräuschlosen Arbeit setzt« er den Webst hl in Betrieb und fing an, den Einschußfaden durchzuwerfen. Der Schlag seines Webstuhls war wie das Klopfen seines Herzens. Cr lebte in diesem Geräusch und freute sich seiner Regelmäßigkeit. Einen Fuß auf dem Trittschemel, lenkt« er die Fäden. Di« rechte Hand warf das Schiffchen: di« link« schob die Lade hin und her. Schöner Faden: schöne Arbeit: glücklicher Mann bei seinem altüber- lieferten Handwerk am Webstuhl seiner Vorfahren. Das Klappern des Webstuhls füllt« das Haus. Es war so niedrig, daß man m't der Hand das Dach berühren konnte Ging jemand am Haus vor- über, so fiel fein Schotten auf das Gewebe. Dutriaux unterhielt sich mit seinem Webstuhl. Wieviel hatte er ihm schon erzählt, seit sie beide zusammenlebten! Er sah in'hm kein wies Ding aus Holz und Bindfaden: er sah in ihm einen nahe> Verwandten. So alt er war, neben dem Webstuhl fühlte er sich wie ein junger Mann neben einem erfahrenen Greis. Cr sagte:W'll man gut weben, dann muß der Webstuhl mithelfen." In seinem Kopf lebt« das Klappern des Schiffchens. Cr hörte es auch nachts. Nie war er allem. All die Menschen, di« vor'hm hier gearbeitet halten, sprachen zu ihm im Ticktack des Holzes. Und Erinnerung nahm Gestalt an in der Dämmerung des Abends. Da sah er sie vor sich, die alten verelendeten Weber und ihr« feinen Gewebe. Ihre Stimmen zitterten im Schütteln des von vielen schon toten Händen blank polierten Webstuhls. Im Keller nebenan hörte man Lollard singen. Er tonnte nicht weben, ohne dabei zu singen. Bei der Arbeit g'ngen ihm noch an- der« Gedanken durch den Kopf als Dutriaux: Gedanken an Po'it k und Revolte. Die Kalkwände feines alten Kellers trugen Buchst' b n- spuren, di« in die Steine gemeißelt waren. Man konnte das Wort Gott  " entsiffern. Lollard behauptete, daß dieser Keller der ältesie im ganzen Lande wäre. Seine Vorfahren hatten h er Choräle angestimmt, und er sang heute Lieder, in denen sich verelendete Masse reimte auf Arbeiterklasse. Er war ein Fanatiker seiner Ueberzeugung. Abertds rief er die Weber zu sich herein, um ihnen Reden zu halten. Kein« Gott- heit erkannt« er an außer der Gottheit der Gerechtigkeit. Man fürchtete ihn: dabei war er sanftmütig. Hatte er sein Tagewerk be- endet, klopft« er cm die Scheiben der Nachbarkeller. Dann kamen di« Männer mit ihren Pfeifen und die Frauen brachten ihre'Spinn- räder mit. Lollard mit blauen Augen und bleichen Lippen legte die magere Hand aus den Kops dieser Arbeiter und erzählte ihnen vom alten Elend: Im Jahre 1905 habe ich die Weber und Spmnevinnen singend hinter der roten Fahne erziehen sehen. Der Kampf gegen die Unternehmer begann, und das war gut so, denn die besten Arbeiter verdienten nicht einmal immer vier Franken den Tag. Man sor- derte, daß d.« Arbeil ihrem Werte noch bezahlt werde. Manche Aengsttichen waren nicht mitgegangen, saßen im Keller und webten. Denen schloß man di« Fensterläden: da konnten sie nicht mehr schen und mußten aushören zu arbciten." Lollard erinnerte sie an die Bauern, die dadurch reich geworden waren,.daß sie Garn zum Weben an ander« ausgaben. So kam es zur Trennung von reich und arm. Das gleich« Gesetz blieb fest Be- ginn der Welt: die. die nur zu seborchcn v:rstanden. konnten weder ihre Felder noch' ihren Derdienst über das hinaus vergrößern, was ihre Hände bearbci«ten. aber di« anderen, die zu defehken v:rstän. den. vermehrten ihren Grund und Boden und scheffelten Gewinn mit Hilfe gemieteter Arbeitskräfte.
Weber, was sie vom Kunden nicht nehmen konnten. Dem Arbeiter ließen sie zum Leben nur die Kartoffeln, ein wenig Butter und selten nml ein Stückchen Fleisch. Die Kinder, die von früh auf mithelfen mußten, lernten nicht einmal lesen. Vom achten Lebensjahre ab wurden sie an das Spinnrad gefetzt. Zur Schule gingen sie nicht mehr: denn wenn der Vater das Webschiffchen ruhen lassen mußte, um zu spulen, dann konnte die ganze Familie Hungers sterben. Der Arbeitgeber betrog den Arbeiter, indem er ihn stückweise bezahlte, ohne die Meterzahl festzusetzen. Und immer länger ver- langte er das Stück, einhundertundzehn statt einhundert, dann ein- hundertundzwanzig: schließlich sogar einhundertundfünfzig. Der Arbeiter sucht« sich dadurch schadlos zu halten, daß er Garn zurück- behielt. Er webte nur sechzehn Schuß im Zentimeter statt siebzehn. Jetzt über stand die Gewerkschaft hinter den Heimarbestern. Bisher waren sie mit ihrem Hunger und dem Krachen des Webstuhls allein in ihrem Keller gewesen. Nunmehr bestanden sie auf dem richtigen Maß der Kette. Aber jetzt forderten auch die Arbeitgeber das überschüssige Garn zurück und gingen mit Klagen vor wegen Diebstahls. Fast mit Gewalt schleppten die Gewerkschaftler die ver­ängstigten Arbeiter nach dem Gemeindeamt und ließen die Kette nachmessen. Di« gewissenhaften Arbeiter wandten ein, daß das Garn darunter leide. Di« Arbeitgeber behielten einen Teil des Lohnes ein, angeblich, weil durch das Messen des Garns schlecht« Stellen entstanden. Die Arbeiter waren sich selbst feind, handelten gegen ihre eigenen Interessen, weil sie Angst hatten vor weiterer Verschlechterung ihrer Lage. Sie fürchteten die Vorwürfe des Fabri- kanten und hätten gern gesagt, daß von den Gewerkschaf en aus ein Zwang auf sie ausgeübt würde, daß si« selbst gar nicht revoltierten und daß sie darum das Recht hätten, friedlich zu leben und zu arbeiten. Eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern funk- tionierte als Arbestsgericht. Dieses Arbeitsgericht verurteilte die Arbeiter, den fünffachen Wert des gestohlenen Garns zu bezahlen, und es oerurteilte den Arbeitgeber, wenn er bei der Preisfestsetzung oder beim Maß betrog, den dreißigfachen Wert des zu wen'g be- zahlten Lohnes dem Arb öfter zu geben Diesen Beschluß des Ar- bsitsgerichts beantworteten di« Arbeitgeber dadurch, daß sie genaue Nachforschungen bei den Krämern anstellten, denen die Arbeiter das gestohlene Material gegen Kaffee, Zucker und Wacholderschnaps verkauften. Im Jahre 1914 wurden zweiundzwanzig Hehler verurteilt. Man fand zehnmal unterschlagen« und vorkaufte Spulen. Der Arbestcr gewann bei vier oder fünf Zentimertern eine Schußlänge Garn. » Herr Wäoelet war ein so großer Kenner, daß er beim Anfassen des S offes auch ohne Faden-ähler fühlt«, ob er richtig gewebt war. Er ließ auf der Straße die Frauen ihre Deckelkörbe aufmachen, um
nachzusehen, ob sie Spulen darin hatten, die sie beim Kaufmann in Zahlung gaben. Denunziationen und Untersuchungen nahmen m den Dörfern kern Ende. Dann war der große Krieg gekommen, di« Invasion, und hatte diesen Kampf zunächst in den Hintergrund gerückt. .Jetzt ist der Krieg zu Ende," sagt« Lollard;»die Arbeit geht wieder ihren Gang, und der Kampf zwischen Kapitalist und Arbei­ter bleibt derselbe. Man will den Weber wieder ins Elend stoßen. Gesteht einmal, Atter, wieviel Lohn Ihr kriegt?" Er stellte diese Frag« grob an einen Arbeiter, der für Herrn Massin handgesponnenes Garn webte. Choin, so hieß der Arbeiter, warf das Webschiffchen nur mtt der Hand. Für gröberes Wertzeug war der Faden zu fein. Es war dies di« West«, kunstvollste Art des Webens. Eure Arbeit", fuhr Lollard fort,kann gar nicht hoch genug . beahlt werden. Ihr seid der geschickteste Arbeiter in ganz Com- bresis. Ihr braucht drei Stunden, um eure Ketle von achtzig Zenti- meter Brette zurechtzumachen, und ihr braucht einen Monat, um ein Stück von 32 Metern, das nur ein halbes Pfund wiegt, zu weben. Und bei dieser Art Arbeit seid ihr damit zufuieden, wenn man euch einen Schandlohn von acht Franken pro Tag gibt." (Fortsetzung folgt.)-
eBuch
Jach Xondon:»Die glücklichen SnSeln9.'* Di« glücklichen Inseln, das ist Hawai   und sein« Inselgruppe. Em Land schöner, körperlich und geistig bevorzugter Menschen mtt einem'Klima, das alle Wonnen des Daseins erhöht und all« Schatten- fetten leichter erträglich macht, ein Land seltsamer, aber gesunder Rassenmischungen. Und ein Land der Phantasie und des Wen- teuers. Denn hier trifft die Sturzflut moderner europäischer Ge- brauch« auf di« Brandung Wer Ueberlieferungen. Jack London   erzähll uns in diesem Rooellenbande vom Tod« Kahekilis, der zur Folge hatte, daß Kumuhana nur mtt knapper Not einem schlimmen Schicksal entging, weil sie ihn dazu ausersehen hatten. Kahekili, der ein Häuptling war, auf der Fahrt in die andere Welt zu begleiten. Und von Koo'rni, dem Aussätzigen, der seine aussätzigen Untertanen gegen die Landpolizei führt«, wett er«in Anhänger der Freiheit war und nicht wie ein Gefangener leben wollte, interniert auf der Insel der Aussätzigen. Zwei Jahre lang trieben sie ihn wie ein Tiv durch die unwegsamen FelsNüft« des Hochlandes. Und er war ihnen ein ehrlicher Feind, denn er tötete nur, wenn sie ihn angriffen. Und er starb nicht von ihren Kugeln, sondern allein und in der Freiheit. Viele dieser Geschichten befassen sich mit dem dunklen Punkt des Infellebens, dem Aussatz. Mit dieser geheimnisvollen Krankhett, deren Ansteckungszeit sieben Jahr« dauert, und die gesunde, kraft- strotzend« Männer in lebende Leichnam« verwandelt Zwei wunder- bore Chinesengefchichten beschließen dos Buch. Die Erzählungen Jack Londons packen uns darum immer wieder, wett wir in ihnen zweierlei finden, das in solcher Mischung wenige Dichter besitzen: Leben und Schöpfertum. Wer lebt, kann nicht schaffen und um- gekehrt: Der Schaffende findet kaum Zeit, sein eigenes Leben zu durchkosten. Jack London   konnte beides, daher der wahrhaft« Atem seiner Erzählungen..Alexander von Sacher-Masoch. * Deutsch  « Verlag sonstalt.
WAS DER TAG BRINGT.
Die kleinen Kapitalisten in Cambresis lebten vom Elend der Arbeiter. Gedrückt von den Pariser Einkäufern, nahmen sie vom
MuiimuimiiramuiimoiimimiiiwnaiiiiuimiMmHiNiiiMiii Der Siegeszug des Telephons. Gelegentlich der bevorstehenden Ausgabe des neuen Berliner  Telephonbuchs wird bekannt, daß di« OPD. mit einer Steigerung von 25 000 Anschlüssen Im Jahr in der Reichshauptstadt rechnet. Insbesondere die am 1. Ianuot 1929 eftigetretene Gebühren­ermäßigung hat eine ganz außerordentliche' Steigerung der An, schlüsse mit sich gebracht. Schon jetzt hat JBeritn rund 300 000 Haupt- und 215 000 Nebenstellen, also mehr als ein« halbe Million Telephon- anschlüss«. Im Jahr« 1929 sind 475 Millionen Ortsgespräche geführt worden. Die Todesstrafe in Polen  . Nach einer Statistik des polnischen Justizministeriums sind In Polen   im Laufe der letzten sechs Jahre 218 Todesurteile vollstreckt worden, davon im Jahre 1924 98 Todesurteile, 1925 79, 1926 24. 1927 10 und 1928 nur sieben Todesurteile. Im vergangenen Jahr 1929 ist kein Todesurteil vollstreckt worden. Ein ungemütlicher Passagier. Als er nachts von einem auswärtigen Patienten nach Haufe fuhr, wurde der praktische Arzt Dr. Stern aus Veitshöchheim   a. M von einer Frau angehalten und gebeten, si« in seinem Auto mitzu- nehmen. Während die Frau«in ziemlich schweres Köfferchen im Wagen verstaute, bemerkte der Arzt plötzlich, daß sie unter'm Rock  lange Hosen an hatte. Er gab plötzlich Gas. fuhr davon und ließ si« einfach stehen. Der Koffer, den er bei der nächsten Polizeiwache abgab, enthielt ein« geladene Pistole,«inen Dolch, mehrere Schlag- ringe und komplettes Einbruchswerkzeu'g. Arzneipillen aus Tonerde. Ein Vorfall, der fast wortwörtlich an eine Geschichte von Johann Peter Hebbel erinnert, ereignete sich im Rheinland  . Mehrer« sunge Leute hatten sich als Aerzte aufgetan und in vielen Netnen Orten Sprechstunden" abgehalten, und dabei verkauften st« Pillen aus Tonerde mit Schokolade überzogen als Universalmittel gegen Krank  - heilen aller Art. Di« Pillen wurden auch gegen Nachnahme ver- sandt, wodurch die Betrüger größere Geldsummen in die Hand be- kamen. Das führte indessen auch zu ihrer Entlarvung. Dieser Tage stand die Aerztegcsellschast in Koblenz   vor dem Richter, der die Mehrzahl derAerzte", arbeitslose Handwerksburschen, abzu- urteilen hatte. Kino In Japan  . Obzwar es in Japan   berette 1120 Kinematographencheater gibt, di« bis auf sechs ausnahmelos in einheimischen Händen sind, werden ständig neue Lichtbildbühnen gebaut. In Tokio   allein sind äugen- blicklich, wie dieOstastatische Rundschau" berichtet, mehrere Lichi- bildtheater mit einem Fassungsraum von je 4000 Personen im Bau. Tonfilme werden schon in Tokio  . Osaka und Kyoto   vorgeführt. Dorläufig werden sie von den USA  . eingeführt,.sollen aber dem- nächst in Japan   selbst hergestellt werden. Während von stummen Filmen vor sieben Iahren nur etwa jeder zehnte Film in Japan  
selbst hergestellt war. beträgt die Zahl solcher FUme jetzt 83 Prozent. Di« restlichen 15 Prozent vertetten sich zu 70 Prozent auf die Vereinigten Staaten  , 20 Prozent auf Deutschland  , 5 Prozent auf. England und 5 Prozent auf Italien   und Frankreich  als Herstellungsländer. Bürokratenorgie in Frankreich  . Vor etwa vier Iahren warf eine Frau aus Chatelet bei Dijon  ein totes Kaninchen in die Sanne Sie konnte damals nicht ahnen, welche Scherereien dies für sie haben sollt«. Zunächst nahm die Wasserpolizei Anstand an der Sache und leitete ein Verfahren ein,, weil.der Kadaver des Kaninchens, so klein er auch sei, die Strom- schiffahrt stören könne. Sie berief sich dabei auf ein im Jahr« 1727 erlassenes Gesetz. Di« Angelegenhest wurde so ernst genommen, daß sich auch der Departementsrat der Präfektur mit ihr beschäftigte. Das Gremium kam indessen nach langen Beratungen zu der Er- kenntnis, daß es In der Sache nicht zuständig sei. So gelangte denn dieAffäre Lapin" mit all ihren verwickelten Einzelheiten zur Entscheidung an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, zum großen Leidwesen der Referetrten, die genötigt waren, über den zu einem dicken Band« angeschwollenen Akten zu brülen und ihren suristischen Scharfsinn an das im Wasser beigesetzte Kaninchen zu verschwenden. Aber auch da» Mlnistenum fand keinen Ausweg aus der Sackgasse und überwies deshalb die Akten an den Bor- sitzenden des Staatsrats. Dieser entschied endlich dahin, daß di« erste Instanz im Recht gewesen sei, sich aus dos Gesetz vom Jahre 1727 zif stützen, und daß man dieses Gesetz auch richtig ausgelegt habe. So eröffnet sich denn der Oeffentlichkeit die Aussicht, auch fernerhin über die leichtsinnige Frau auf dem Laufenden erhalten zu werden, die Ihrem Kaninchen im Wasser ein feuchtes Grab bereitete. Ein Karren Mädchen tür 100 M. In den Hungergebieten Chinas   blüht der Handel mit Mädchen, denn die unglücklichen Cltern suchen sich auf diese gewinnbringende Weise der hungrigen Mäuler zu entledigen, vi« großen Massen, die auswandern, um in der Mandschurei   ein neues besseres Leben zu gewinn«,, empfinden ine große' Zahl der Kinder, di« si« mit- schleppen, als ein Hemmnis. Wie in denBerliner   Missionsberich- ten' mttgeteill wird, sind allein im ersten Bezirk von Kuang Ping im Südzipsel der Tschtti-Provinz von 12 000 Bewohnern über 2200 Männer und gegen 1200 Frauen seit dem Dezember 1928 aus- gewandert. Im fünften Bezirk verließen über 3000 Menschen das dürre Land, und aus diesem kleinen Gebiet allein wird der Verkauf von 441 Mädchen und 7S Knaben gemeldet. Di« Mädchen werden nicht seltenim Ramsch" abgegeben. So sollt« ein« Karrenladung von 13 Mädchen im Alter von 15 bis 20 Jahren 100 120 M. ein­bringen, und solcher Karren sieht man viele auf den Wegen, und ein schwunghafter Handel wird mtt dieset lebenden Ware betrieben. In der Schantung- und Hopei-Provinz hat man 32 Kreise für die schlimmsten erklärt: daneben gibt es noch schr viele, bsi denenRot zweiten Grades" herrscht.