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Eine harmlose Doppelehe. Zwei Frauen: eine deuische und eine französische. Hin Schachtmeister, Elsässer von Geburt, heiratete im Jahr: 1tU8 eine Französin. Das junge Ehegluck ist ungetrübt, bis dein hmtschorientierten Mann eines Tages Unannehmlichkeiten ent­stehen. Er wirb schikaniert und schließlich interniert. Also be, schließt er, Frankreich zu verlassen. Sein« Frau will ober nicht» davon hören, Eltern und Verwandte zu verlassen. Da läßt er seine französische Frau im Stich und siedelt ohne sie nach Deutschland über. Das war im Jahre 1321. Der 35jährig« Mann, an Familien, leben gewöhnt, hat es als Strohwitwer nicht leicht. Er schickt an seine Frau einen eingeschriebenen Brief noch dem anderen, fordert sie auf, zu ihm zu kommen, sie will nichts davon wisssn. Da kreuzt seinen Weg eine Witwe. Er trägt sich mit cheiratsgedanken. Wie wird es aber mit der Frau im Elsaß ? Er berät sich mit seinen Freunden am Stammtisch.Ach," sagen die,wat geht dich det an? Die is doch in Frankreich , und du bist in Deutschland . Natür- lich kannste heiraten." Und so heiratete er von neuem. Nun hat er zwei Frauen, eine deutsche und eine französische,«in« in Berlin und eine im Elsaß . Auf welche Weise die Frau ini Elsaß von der Frau in Berlin Kenntnis erhalten hat, ist nicht bekannt geworden. Jedenfalls regte sich in ihrem Herzen mächtig die Eifer- sucht und eines Tages flog auf den Schreibtisch des Staatsanwalts eine Anzeige wegen Bigami«. So stand nun der brave Schachtmoister vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte und hatte sich zu oerantworten. Der Staatsanwalt beantragte sechs Monat« Qk- fängnis, der Verteidiger plädierte für fahrlässige Bigamie. Es liege eigentlich«in Zivilirrtum vor, memt« er, der Angeklagt« habe es unterlassen, im Bürgerlichen Gesetzbuch nachzuschlagen und sich zu überzeugen, daß ein« Heirat bei nicht geschiedener Ehe unzu» lässig sei. Das Gericht konnte sich mit dieser vom Gesetz nicht vorgesehenen fahrlässigen Bigamie nicht befreunden und verurteilt« den Schachtmeister dem Antrage des Staatsanwalts gemäß zu sechs Monaten Gefängnis. Die Frau in, Elsaß wird nun zufrieden fein. Di« Frau in Berlin hat aufgehört, Frau des Schachtmeisters zu sein. Wäre sie nur seine Freundin geblieben, die Frau im Elsaß hätte ihren Mann nur wegen Ehebruchs belangen können. Erst die standesamtlich« Legalisierung des Zusammenlebens macht die Ehe strafbar.. Die Ehe wird jetzt wieder zum Konkubinat. Mißfällt der gesetzmäßigen Frau auch dieses Verhältnis, so wird sie Anzeig« wegen Ehebruch» erstatten. Der HousSieS beim Regierungspräsidenten. Oer Potsdamer Oberstaatsanwalt soll ihn nennen. Die Beamten der Potsdamer Regierung, die im Regierungszebäude wohnen, wollen den Verdacht nicht länger auf sich sitzen lassen, daß irgendeiner von ihnen mit den Diebstählen bevm Regierungsprösidenden zu hin gehabt hätte. Da» Ehepaar Dr. M o m m hat zu den Kriminalbeamten immer nur davon gesprochen, daß es sich um einenH a u s d i e b" handeln könne und das Wort Hausdieb ist auch in den öffentlichen Bekannt- machungen, die Polizei und Staatsanwalt herausgegeben haben, gebraucht worden. Auch die anderen Angestellten im Präsidium wollen, wie dl« Beamten, die Forderung aufstellen, daß der Oberstaatsanwalt, der den Hausdieb..zu kennen scheint, jetzt endtich den Namen preisgibt. Dem Oberstaatsanwalt Pfaffe wird im Potsdamer Amtsblatt ch reiche Geheimniskrämerei vorgeworfen. Durch diese' Geheimniskritperei fei ein G es ellschaftssk a ndal ersten Ranges hervorgebracht worden. Bei dem vorherigen Di�istahl ist ein ganzes Tafelbesteck aus Silber, für 18 Personen, gestohlen worden. Auch verschiedenen Damenpelzmäntel sind entwendet. Kriminalbeamte sind jetzt damit beschäftigt, dieses Silber wieder aufzufinden. Eigenartig berührt es, wenn Potsdamer Geschäftsleute öffent- lich erklären, daß die. Frau Regierungspräsident trotz mehrfacher Mahnungen kleine und größere Rechnungen nicht bezahlt hat. Die Geschäftsleute wurden mit den Worten vertröstet:Ich Hobe kein Geld, mein Mann gibt mir keinen Scheck."

Fahrlässige Fußgänger? Wegen Verschulden eines Autounfalls angeklagt und verurteilt.

vor der verkehrsableilung des Schöffengericht» Berlin- Mitte unter Vorsitz von Amlsgerichtsral Marggras gelangte der in der Kriminolgeschichle der Verkehr»unsälle bisher noch nicht dagewesene Fall zur Aburteilung, daß Fußgänger zur Verantwortung gezogen werden, weil st« durch ihr Ver- halten, und zwar durch liichlausweichen, ein Verkehrs» Unglück verursacht haben. Auf der Anklagebank erschienen die drai Brüder Simon, im Alter von 22, 23 und 25 Jahren. Ein vierter Angeklagter, der Kutscher Fritz Sternbeck, war nicht anwesend. Bon den vier Angeklagten sind die Kutscher Otto und Hennann Simon wegen fahrlässiger Tötung, der Arbeiter Paul Simon und Sternbeck der Ucbertretung beschuldigt. Es handelt sich um vier Fußgänger, die einen Radfahrweg benutzt haben. Die beiden wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Brüder Simon werden beschuldigt, nicht ausgewichen zu fein, so daß sie einen ihnen entgegen- kommenden Radfahrer zwangen, auf de« Fahrdamm hinunterzufahren, wo dieser von einem hinter ihm in der- selben Richtung fahrenden Lastkraftwagen in demselben Augenblick ersaßt und so schwer verletzt wuvd«, daß er nach kurzer Zeit v e r st a r b. Der Vorfall ereignete sich am IE September v. I. gegen 17 K Uhr, Auf dem Radfahrweg in der Storkau «? Straße kam zu dieser Zeit»on der Kniprodestrahe m der Richtung nach der Greifswalder Straß« der Ehauffeur Hugo Witteck aus seinem Fahrrade in schneller Fahrt. Witteck war nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, den Radsahrweg zu benutzen. Die vier Angeklagten kamen ihm entgegen und zwar gingen sie zu weit

hintereinander. Paul Simon und Sternbeck, die das vorder« Paar bildeten, sprangen, als der Radfahrer dicht vor ihnen war, noch zur Seite. Dagegen wichen die hinter ihnen gehenden beiden Fußgänger nicht aus. Hermann Simon beschimpft« den Radfahrer wegen zu schnellen Fahrens und soll auch eine bedrohliche Haltung eingenommen haben. Der Radfahrer wurde dadurch gezwungen, plötzlich auf den Fahvdomm auszuweichen und in diesem Augenblick geschah das Unglück. Die Anklage nimmt an, daß die Fuß- gänger durch ihr Nichtausweichen voraussehen mußten, daß dem Radfahrer, wenn er gezwungen wurde, auf den Fahrdomm abzu­biegen. bei seiner schnellen Fahrt ein Unglück zustoßen mußte. Die Angeklagten verteidigten sich dmnit, daß sie nicht gewußt hätten, daß sie sich auf einem Radsahrweg befanden. Denn es sei dort kein Bürgerstoig gewesen. Sie hätten seit 3% Jahren auf dem Gang nach ihrer Arbeitsstätte diesen Weg benutzt. Es fei immer gesagt worden, daß später ein Radfahrweg gemocht werden sollte. Damals sei aber nirgends eine Tafel gewesen, die den Radfahrerweg kennzeichnete. Staatsanwalt Brinkmann betont«, daß die Fuß- gänger durch die Derkehrsordmmg in chren Rechten geschützt würden. Auf der anderen Seite aber hätten sie auch Pflichten zu beobachten. Ein Verschulden der Angeklagten könne nur festgestellt werden, wenn feststehe, daß es sich um einen Radfahrerweg handele und da» müßte bejaht werden. Da» Schöffengericht verurteilte Otto Simon wegen fahr- lässiger Tötung und unbefugten Begehens eines Radfahrerweges zu sechs Monaten Gefängnis. Hermann und Paul S. wegen Uebertrettmg zu öv M. bzw. 20 M. Geldstrafe.

Tiefstes Bedauern!" ¥Jiote Fahne" wieder wegen Beleidigung verurteill. DU ständigen Beleidigungen namentlich sozialdemo­kratischer. In der Oefsentlichkeil flehender Personen durch die kommunistische..Rot« Fahne" führten gestern zu einer neuen Verurteilung de» verantwortlichen Redakteur» Firl. Am S. Oktober 1923 bracht« da» kommunistisch« Organ«ine List« der Personen, die von den Sklareks wertvoll« Anzüge bezogen haben sollen. In dieser Liste war auch der sozialdemo» tratisch« Stadtrat Schlichting verzeichnet. Seine Zu- gehörigkett zu unserer Partei war besonders hervorgehoben. Er ließ durch seinen Anwalt, den Genossen Rechtsanwalt Dr. Hans Schlesinger, ein« Berichtigung an dieRote Fahne" gelangen, der das Verleumderblatt die Worte anfügt«:.Hochkonjunktur für billige Dementis, die auf die Fälschung der Kleiderliste spekulieren. Niemand glaubt es ihnen." Darauf erfolgte Anzeige wegen B«- 1 e i d i g u n g, und durch die Staatsanwaltschaft wurde auf Antrag des Berliner Magistrats öffentliche Anklage erhoben. Ge- nosse Schlichting sagt« unter Eid aus, daß er mit den Sklareks in keinerlei Beziehungen gestanden hob« und sie nicht einmal kenn«. Nach bewährtem Muster glaubte der Redakteur derRoten Fahne" durch eine Bekundung seines tiefsten B«° daue rn» über den ihm unterlaufenen Irrtum davon zu kommen. Di« Gegenpartei ging auf die Ausflucht.nicht«in. Firl wurde zu 4 33 /Mark Gelöst r ä'f e verurteilt. Der Pörfißend«' betonte in seiner Urteilsbegründung, daß einem im öffentlichen Leben stelzenden Manns von unbestrittenen Berdiensten«in schwerwiegender Vorwurf gemacht sei und daß sich wohl bald niemand mehr dazu hergeben werd«, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wenn er derartigen frivolen Angriffen ausgesetzt sei. Hier darf hinzugesetzt werden, daß die frivolen unberechtigten Angriffe derRoten Fahne" seit langem auf den größten Teil der Berliner Bevölkerung keinen Eindruck mehr machen. Gleich- wohl ist es notwendig, daß die Vertrauensmänner der Sozialdemo- krati« den kommunistischen Beleidigern zu der Anprangerung verhelfen, die sie verdienen.

Ltm die Welikrastkonferenz. Der Vorsitzende der zweiten Wellkraftkonferenz in Ber­ lin . Generaldirektor Dr.-Zng. b. c. köttgen, machte im Zngenieurhaus RUlteilungen über die im Zum d. Z. in ver- lin stattfindende zweite weltkrastkonferenz. Der Ehrenpräsident Dr. von Miller wie» auf die ungeheure Wandlung hin, die sich in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der Energieausnutzung in der ganzen Well vollzogen hat und«u/s die Bedeutung, die die Erzeugung und der Verbrauch von Energie in der internationalen Zusammenarbeit der Völker habe. Wer hätte sich noch vor 40 Iahren träumen lasten, daß bw Wasserkraft, d« an irgendeinem Berge weit außerhalb der Großstädte in einem Wasterkraftwerk gesammell wird, oder in irgendeinem Bräunt ohle»- vorkommen erzeugt wurde, an irgendeiner Hobelmaschine in Mün- chen oder Berlin wieder verbraucht werden würde. Die Bedeutung der Konserenz Kege nicht nur darin, daß dort 430 hochwertige fachwissenschastliche Vorträge gehalten würden, son- dern daß man bei solchen Gelegenheiten andere Männer der Technik kennenlerne und Anregungen zur Aussprache erhalle. Um gerade dies« Dinge besonders w erleichtern, habe man mit allem nur mög­lichen Raffinement ein internationales Adreßbuch ge> schaffen, in dem die an der Kopferenz teilnehmenden Zweig- der Technik, di« Nationen, die Namen der Teilnehmer nach den verschiedensten Gesichtspunkten einregistrtert säien. so baß fever leicht da» herausfinden körn«, was er suche/ beispielsweise, wem»' jemand Herrn Hinterhuber gern sprechen wolle, so brauche er mir' seinen Namen in dieses Adreßbuch hinter Hinterhuber zu schreiben und alle» weiter« entwickele sich spielend von selber. Di« zweit« Wellkraftkonferenz wird vom 15. bis 25. Junl d. I. in den Krollschen Sälen in Berlin abgehalten werden. Man erwartet etwa 2300 bis 3333 Teilnehmer, davon etwa die Hälfte aus dem Auslande.

Die nächste Stadtverordnetenversammlung findet bereits am Dienstag, dem 18. März 1333, statt. Beginn der Beratungen um 18 Uhr. Der kommende Donnerstag bleibt sigungsfrei.

Jlbwu# 64]

Um neun Uhr kamen sie zu Hause an: Piedade war zu zerknirscht gewesen, um unterwegs zu sprechen. Sobald das Kind zu Bett gegangen war, suchte die Mutter bei ihren Tränen Zuflucht und oersicherte sich unter Schluchzen wieder und wiederJetzt ist es aus: endgültig aus." Sie erinnerte sich an ihre Flasche Paraty und trank einen Schluck. Darauf fühlte sie sich wohler und trank ein bißchen mehr. Und nach dem dritten Glase beschloß sie, m den Hof hinauszugehen und etwas von der guten Laune und der glücklichen Stimmung zu stehlen, mit der die Hausbewohner ihren Feiertag abschlössen. Das Dores hatte ein Diner gegeben. Man hörte ihr schrilles Lachen in seltsamem Gegensatz zu der tiefen heiseren Stimme ihres Freundes, die beide ab und zu von Machona übertönt wurden, wenn sie ihren Sohn Augusto, der ewig zu Vorwürfen Anlaß gab, zurechtwies. Von verschiedenen Teilen des Hauses erklang Gitarrenmusik und Gesang Aber nach dem Neubau hatte sich manches vqrändei't. Joao Romaos Wunsch gemäß war der Hof schmäler geworden, und der Raum zwischen den beiden Häuserreihen war jetzt nicht breiter als eine gewöhnliche, glattgepflasterte und von drei großen, in regelmäßigen Abständen aufgestellten Laternen beleuchtete Straße. Es gab jetzt auch sechs Latrinen, sechs Wasserröhren und vier Bäder. Raum für die winzigen Gärtchen hinten und für die kleinen Blumenbeetchen vor jeder Tür blieb nicht mehr , übrig. Der neue Block links versperrte die Aussicht auf Mi- randas Haus ganz und gar, und durch den zweiten Stock mit der Veranda um den ganzen Hof herum waren im ganzen für vierhundert Zimmer oder winzig kleine Wohnungen Raum geschaffen. Die Mauern waren weiß getüncht, Türen und Fenster grün, und die Dachrinnen rot. Wie gewöhnlich fehlte es nicht an Mietern, und keine einzige Wohnung stand lange leer. Vor vielen Fenstern waren Blumenbretter statt der früheren Beete angebracht, und eine Slnzahl der Sao Romao-Bswohner hatten ihr neues Heim mir übertriebener Sorgfalt geschmückt. In der Be- ziehung übertraf Albino alle anderen. Seine Wohnung lag im-Parterre, und vom Hof aus tonnte man die rote Tapete

sehen, die er sich für sein Wohnzimmer ausgesucht hatte. Die Möbel waren glänzend poliert, auf der Kommode standen Blumenvasen, der Spiegel über seinem Schreibtisch war mit künstlichen Rosen umkränzt, und sein Betschemel war mit ver- silberten und vergoldeten Palmblättern dekoriert. Und der bleiche Jüngling, immer in weißen Hosen und mit einem parfümierten Taschentuch um den Hals, wusch, polierte, wischte und klopfte alles in seiner Behausung, als erwart« er abends«inen hohen Gast. Die Nachbarn fanden nicht Schmeichelworte genug für solche Ordnung und Sauberkeit und bedauerten es außerordentlich, daß Albino in seinem Bett immer von Ameisen geplagt wurde Er führt« beständig Krieg gegen sie, aber sie vermehrten sich immer nur und ließen von ihrem offenbaren Liebling nicht ab. Gerade gegenüber lebten Bruno und seine Frau, deren Haus vollständig neu eingerichtet war. Eine der Hoflampen stand direkt vor ihren Fenstern, die den Lichtstrahl reflektier- ten und damit alle draußen vorübergehenden mißtrauisch zu beleuchten schienen. Jetzt aber lebte das Paar friedlich und froh, und Leocadia benahm sich höchst anständig. Alexandre schwor, daß er sie niemals, wann immer er auch am Tage oder des Nachts vorübergekommen sei, in irgendeiner kom- promittierenden Situation ertappt hätte. Was Augusta und Alexandre betraf, so meinten die Nach- barn einstimmig, Joao Romao hätte gut daran getan, den zweiten Stock zu bauen, denn sonst wäre niemals Platz ge- wesen für die Familie des Schutzmannes, die sich Jahr für Jahr vergrößerte. Auch Pataca und Ze Carlos. Jeronymos Komplicen, wohnten in Sao Romao. Ihnen gegenüber hauste ein ruhiges Individuum, ein Postbeamter, der morgens pünktlich das Haus verließ und regelmäßig um zehn Uhr abends heim- kehrte. An Sonn- und Feiertagen ging er nur zu den Mahl- zeiten aus und blieb den Rest des Tages in seinem Zimmer, ohne je mit einem der Nachbarn zu sprechen. Der ganze Charakter der Siedlung hatte sich verändert. Die meisten neuen Bewohner standen sozial auf einem höheren Niveau als die allen. Es waren allerhand Studenten und Schreiber darunter, und andere, deren Benehmen und Kleider darauf hinwiesen, daß sie eine bessere Kinderstube hatten als der alte Kreis, auf den Joao Romao seinen Wohlstand gegründet hatte. Im Obergeschoß wohnten viele Italiener, und sowohl der Wirt als auch die Nachbarn führten beständig gegen sie Krieg, well sie mit Vorliebe Abfälle auf den Hof hinunter- warfen. Machona war im Erdgeschoß wohnen geblieben, und Neuem stellte die Fenster immer voll Blumen.

Mirandas Haus schien ein paar Fuß zusammeu- geschrumpft zu sein, aus Angst, mit seinem hochaufgeschossenen Nachbarn in zu nahe Berührung zu kommen, und sah aus, als blicke es flehend auf die noch vornehmere Besitzung von Joao Romao, die jetzt ein imposantes Gebäude war und deren seidene Fenstervorhänge auf die reiche Einrichtung im Innern schließen ließen. Das Portal der Siedlung ging Mckn mehr auf die Straße, sondern lag ein paar Meter weiter zu- rück. Der Raum zwischen Straße und Tor war in einen kleinen Garten verwandelt worden oder vielmehr der stein- gepflasterte Weg war von«in paar blühenden Büschen und «in paar Gartenbänken umsäumt damit man von den Fenstern des reichen Wirtes aus eine schönere Aussicht ge- nösse. Kein Schild verkündete mehr den Borübergehenden, daß sich hier die Mietskaserne von Sao Romao befand. Rein, wahrlich nicht. Auf einem soliden Granitblock stand jetzt in deutlichen Buchstaben gemeißelt: Aoenida Sao Romao." Die Katzenkopfgemeinde ließ beschämt den Kopf hängen und fühlte sich besiegt nnd erdrückt. Ihre eingestandene Nie- drigkeit gab ihr nicht den Mut. mit diesem aus der Asche auferstandenen Phönix zu konkurrieren. Da das Wohnhaus von Joa Romao immer populärer wurde und an Achtung zunahm, sank der frühere Konkurrent nur noch tiefer und kam in schlechten Ruf. Es verging kaum eine Woche, in der die Polizei nicht die einst so stolze Festung der Katzenköpfe heimsuchte, und viele der besten Mieter wurden so zum Ab- fall getrieben und suchten Unterkunft in dem imposanten Bau der Stockfische, wo man in Frieden leben und sein Da- sein genießen tonnte, ohne von den verkappten Verbrechern bedroht zu werden. Aber seit Rita Bahiana ausgezogen war, gab es keine nächtlichen Chorados und Sambas mehr. Keiner tonnte tanzen wie Rita und wenige oersuchten es. Die neue Raum- Verteilung rief die Leute ins Haus, wo Tee serviert wurde und die Gäste Strümpfe und gestärkte Hemden trugen. Wenn der Raum einigermaßen groß war, wurde unaufhörlich Polka und Quadrille getanzt, und manche andere moderne Idee sickerte aus der Welt der Kapitalisten durch. Als daher Piedade an diesem Sonntag von ihrem vergeblichen Besuch bei Jeronymo heimkehrte, war es im Haufe ruhig und still. Hier und dort standen kleine Gruppen vor einer Tür und lauschten einem Sänger, den ein« Gitarre begleitete. Am angeregtesten ging es offenbar bei Das Dores zu: also lenkte Piedade traurig und deprimiert ihre Schritte dorthin. _(Fortsetzung folgt.)